Klin Monbl Augenheilkd 2013; 230(2): 113
DOI: 10.1055/s-0032-1328236
Editorial
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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C. Erb
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Publication Date:
21 February 2013 (online)

Seit fast 150 Jahren besteht die Möglichkeit, ein Glaukom durch eine Augeninnendrucksenkung medikamentös zu therapieren und noch nie war die Vielfalt der zur Verfügung stehenden Substanzen so groß wie zurzeit. Neben den 6 großen Substanzgruppen nichtselektive Alphaadrenergika, selektive Alpha-2-Agonisten, Beta-Blocker, Carboanhydrasehemmer, Cholinergika und Prostaglandin-/Prostamid-Analoga stehen innerhalb dieser Substanzgruppen noch zahlreiche unterschiedliche Medikamente zur Verfügung, die sich galenisch und vom Wirkprofil zum Teil erheblich unterscheiden. Beispielsweise gibt es in Deutschland 5 verschiedene Betablocker (Metipranolol, Betaxolol, Levobunolol, Pindolol, Timolol) und 4 verschiedene Prostaglandin-/Prostamid-Analoga (Bimatoprost, Latanoprost, Tafloprost, Travoprost). Galenisch stehen die lokalen Antiglaukomatosa zum Teil als wässrige Form oder als Suspension zur Verfügung, haben Konservierungsmittel oder sind unkonserviert erhältlich. Vom Wirkprofil lassen sich die Substanzen mit Hemmung der Kammerwasserproduktion (Betablocker, Carboanhydrasehemmer) von den Wirkstoffen, welche zu einer Abflussverbesserung führen, unterteilen, wobei die Letzteren sich in einer Verbesserung des trabekulären Abflusses (Cholinergika, Prostaglandin-/Prostamid-Analoga) und einer Verbesserung des uveoskleralen Abflusses (nichtselektive Alphaadrenergika, Alpha-2-Agonisten, Prostaglandin-/Prostamid-Analoga) unterscheiden. Somit besteht eine erhebliche Vielfalt an Einflussmöglichkeiten, die dadurch noch vergrößert wird, dass einzelne Substanzen als Kombinationen mit einem Betablocker vorliegen. Neben rein pharmakologischen Gesichtspunkten gibt es eine Reihe von Aspekten, die bei der Glaukomtherapie zusätzlich zu beachten sind. Zum Beispiel müssen die Auswirkungen der antiglaukomatösen Wirkstoffe am Auge selbst berücksichtigt werden, wie die Verstärkung eines Trockenen Auges durch fast alle Substanzen, im Besonderen durch die Betablocker und auch durch das Vorliegen von Benzalkoniumchlorid als Konservierungsstoff. Weitere Beispiele für okuläre Effekte sind die verstärkte Irispigmentierung der Prostaglandin-/Prostamid-Analoga (kosmetische Wirkung mit juristischer Bedeutung) sowie die konjunktivale Hyperämie (kosmetische Wirkung von alltäglicher Bedeutung). Daneben gilt es, die systemischen Wirkungen der einzelnen Substanzen zu berücksichtigen. Einerseits können sie selbst gefährliche Reaktionen auslösen, wie zum Beispiel die Alpha-2-Agonisten einen Atemstillstand oder einen epileptischen Anfall bei Kindern bis zum 9. Lebensjahr oder Betablocker einen kompletten AV-Block bei vorbestehenden AV-Block II° oder III°, oder sie können eine bestehende Systemerkrankung negativ beeinträchtigen, wie zum Beispiel Alpha-2-Agonisten einen Morbus Parkinson oder eine arterielle Hypotonie, Betablocker einen Diabetes mellitus, Carboanhydrasehemmer eine eingeschränkte Leberfunktion und Prostaglandin-/Prostamid-Analoga ein Asthma bronchiale oder schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen.