Neonatologie Scan 2012; 01(02): 122-123
DOI: 10.1055/s-0032-1325843
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HIV in Entwicklungsländern
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Antiretrovirale Therapie senkt postpartale HIV-Transmissionsraten beim Stillen

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Publication Date:
01 December 2012 (online)

Stillen HIV-infizierte Mütter, erhöht sich das HIV-Transmissionsrisiko für das Neugeborene. Die konsequente Durchführung einer antiretroviralen Therapie bei Mutter oder Kind kann diese Gefahr erheblich verringern.

Obwohl global die Übertragung des HI-Virus von der Mutter auf das Kind weitgehend verhindert werden kann, stellt die nachgeburtliche HIV-Transmission insbesondere in Industrie- und ressourcenarmen Ländern eine Herausforderung dar. Ob auf das Stillen verzichtet werden soll oder nicht, und damit auf einen gefährlichen Übertagungsweg, ist in diesen Ländern keine vertretbare Option. Die WHO Leitlinien empfehlen daher, dass HIV-infizierte Mütter, deren Kinder nicht infiziert sind oder es unklar ist, ob diese bereits infiziert sind, in den ersten 6 Monaten ausschließlich stillen sollten. Unter Verwendung geeigneter Beikost soll das Stillen fortgesetzt werden, bis das Kind 12 Monate alt ist. Voraussetzung ist aber eine antiretrovirale Behandlung der stillenden Mütter oder der Kinder in diesem Zeitraum.

In der BAN-Studie (Breastfeeding, Antiretrovirals and Nutrition) wurde die Wirksamkeit einer 28-wöchigen antiretroviralen Prophylaxe von Mutter oder Kind im weiteren postpartalen Verlauf nach 48 Wochen untersucht. Die Studie wurde in Lilongwe in Malawi zwischen April 2004 und Januar 2010 durchgeführt. Dabei wurden insgesamt 2369 HIV-infizierte stillende Mütter mit einer CD4-Zellzahl von 250 /µl oder mehr und ihre neugeborenen Kinder nach Randomisierung einer von 3 Gruppen zugewiesen. Alle Studienteilnehmer wurden initial mit Zidovudin und Lamivudin sowie Nevirapin über 7 Tage behandelt. Danach erhielten 849 Mütter eine antiretrovirale Tripletherapie, bestehend aus Zidovudin und Lamivudin 2-mal täglich über 28 Wochen und Nevirapin 200 mg zuerst 1-mal täglich, anschließend von Tag 15 bis Woche 28 2-mal täglich. Aufgrund von Sicherheitswarnungen durch die US Food and Drug Administration (FDA) wurde Nevirapin als Studienmedikation ab Februar 2006 durch eine Kombination von Lopinavir und Ritonavir ersetzt. Die prophylaktische Behandlung von insgesamt 852 Neugeborenen als Vergleichspopulation, bestand in einer 1-mal täglichen Gabe von Nevirapin über den gesamten Untersuchungszeitraum, wobei die Dosis altersentsprechend von ursprünglich 10 mg in den ersten 14 Tagen bis auf 30 mg ab Woche 19 gesteigert wurde. Schließlich bildeten 668 Mutter-Kindpaare die unbehandelte Kontrollgruppe. Da im Verlauf der Studie sichtbar wurde, dass in der Kontrollgruppe die HIV-Übertragungsrate deutlich erhöht war, wurde diesen Teilnehmern angeboten, in eine der Behandlungsgruppen zu wechseln.

Die Ergebnisse nach 48 Wochen machten deutlich, dass eine antiretrovirale Prophylaxe bei Mutter oder Kind über 28 Wochen im weiteren postpartalen Verlauf die HIV Übertragungsraten reduziert. So war das Risiko einer HIV-Transmission in der unbehandelten Kontrollgruppe mit 7 % signifikant höher als in den antiretroviral behandelten Gruppen (jeweils 4 %). Darüber hinaus traten schwere Nebenwirkungen, wie Diarrhoe, Malaria, Wachstumsverzögerungen, Tuberkulose und Tod bei den Neugeborenen in der Behandlungsphase wesentlich weniger auf, als in der Phase zwischen Woche 29 und 48. Die erhöhte Morbidität bei den Kindern war offensichtlich dem früheren Abstillen geschuldet, denn bei der 28-Wochenvisite, das entsprach der 32. Woche nach der Geburt, stillten 96 % der Mütter in den Interventionsgruppen und 88 % der Mütter in der Kontrollgruppe bereits nicht mehr.