Neonatologie Scan 2012; 01(02): 121-122
DOI: 10.1055/s-0032-1325842
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HIV in Entwicklungsländern
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Welches antiretrovirale Regime kann Neugeborene vor vertikaler Transmission am besten schützen?

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Publication Date:
01 December 2012 (online)

Neugeborene HIV-infizierter Mütter können mit antiretroviraler Prophylaxe wirksam vor vertikaler HIV-Transmission geschützt werden. Bei hohem Ansteckungsrisiko werden zunehmend kombinierte antiretrovirale Therapien (ART) eingesetzt, obwohl die Evidenz dafür noch gering ist. Nielsen-Saines et al. untersuchten die Effektivität und Sicherheit von 3 ART-Regimen bei Säuglingen von Müttern, die keine pränatale ART erhielten.

Die Studie wurde in Argentinien, Brasilien, Südafrika und den USA durchgeführt. Es konnten Kinder HIV-infizierter Mütter ohne pränatale ART teilnehmen, wenn folgende Bedingungen erfüllt waren: Alter ≤ 48 h, Gestationsalter ≥ 32 Wochen, Körpergewicht ≥ 1,5 kg, keine lebensbedrohlichen Zustände, Fähigkeit zur oralen Medikamenteneinnahme. Die Randomisierung auf eine der 3 Therapiegruppen wurde innerhalb von 48 h nach der Geburt durchgeführt.

Alle Neugeborenen erhielten über 6 Wochen Zidovudin 2-mal täglich in einer Dosierung von 12 mg bei einem Geburtsgewicht > 2 kg und 8 mg bei einem Geburtsgewicht ≤ 2 kg. Gruppe 1 erhielt nur Zidovudin. Gruppe 2 erhielt zusätzlich 3-mal Nevirapin (innerhalb von 48 h, 96 h und 192 h) in der gleichen Dosis wie Zidovudin. Die Therapie der 3. Gruppe bestand aus Zidovudin und zusätzlich Nelfinavir (200 mg bei Geburtsgewicht > 3 kg, 150 mg bei Geburtsgewicht > 2 kg und ≤ 3 kg, 100 mg bei Geburtsgewicht ≤ 2 kg) und Lamivudin (6 mg bei Geburtsgewicht > 2 kg, 4 mg bei Geburtsgewicht ≤ 2 kg) jeweils 2-mal täglich für 2 Wochen. Untersuchungen fanden zur Geburt und im Alter von 4 – 7 Tagen, 10 – 14 Tagen, 4 – 6 Wochen und von 6 Monaten statt. Eine bestätigte HIV-Infektion lag bei 2 positiven HIV-PCR-Befunden an unterschiedlichen Tagen vor.

In die Wirksamkeitsanalyse gingen die Befunde von 1684 (Gruppe 1: 566, Gruppe 2: 562, Gruppe 3: 556) und in die Sicherheitsauswertung die von 1735 Kindern ein. Insgesamt hatten 8,3 % der 1684 Kinder HIV-Infektionen. Bei 5,7 % der Neugeborenen kam es zu intrauterinen Infektionsübertragungen, wobei zu den Gruppen 2 und 3 keine signifikanten Unterschiede auftraten (p = 0,24 für beide Vergleiche). Dagegen waren intrapartale Transmissionen 3 Monate nach der Geburt unter Zidovudin-Monotherapie signifikant häufiger als unter den beiden anderen Therapieregimen: 4,8 % in Gruppe 1, 2,2 % in Gruppe 2, 2,4 % in Gruppe 3 (p jeweils = 0,046). Die Gesamtrate an HIV-Transmissionen betrug 11 % in Gruppe 1, 7,1 % in Gruppe 2 und 7,4 % in Gruppe 3 (p jeweils = 0,03). Das Risiko für eine Infektionsübertragung wurde unabhängig durch eine Zidovudin-Monotherapie, höhere mütterliche Viruslast und Missbrauch illegaler Drogen erhöht. Schwere Nebenwirkungen bestanden überwiegend in Neutropenie und Anämie. Dabei war Neutropenie die einzige Ursache, die mit 27,5 % in Gruppe 3 im Vergleich zu Gruppe 1 (16,4 %) und 2 (14,9 %) signifikant erhöht war (p jeweils < 0,001).