Aktuelle Dermatologie 2012; 38(11): 443-458
DOI: 10.1055/s-0032-1325782
Abstracts
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Frankfurter Dermatologentagung

21. November 2012, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am MainAnnual Frankfurt Dermatology MeetingNovember 21, 2012, Department of Dermatology and Allergology, Johann Wolfgang Goethe-University Frankfurt, Main
E. Valesky
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität (Direktor: Prof. Dr. med. R. Kaufmann)
,
J. Schäfer
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität (Direktor: Prof. Dr. med. R. Kaufmann)
,
R. Kaufmann
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität (Direktor: Prof. Dr. med. R. Kaufmann)
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Korrespondenzadresse

Dr. Eva Valesky
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität
Theodor-Stern-Kai 7
60590 Frankfurt am Main

Publication History

Publication Date:
13 November 2012 (online)

 

Lupuspannikulitis (Lupus erythematodes profundus)

P. Weber

Ananmese: Die konsilarische Vorstellung der damals 24-jährigen Patientin erfolgte zur weiteren Abklärung einer seit 3 Monaten bestehenden und trotz antibiotischer Therapie persistierenden Schwellung der rechten Gesichtshälfte (v. a. im Bereich der Parotis).

Die im Vorfeld durchgeführte Lymphknotenexstirpation und die MR-Untersuchung waren gut vereinbar mit einer chronisch-phlegmonösen Entzündung.

Untersuchungsbefund: Unscharf begrenzter, indurierter Plaque mit Überwärmung und Schwellung fazial und zervikal rechts. Narben präaurikulär und zervikal rechts ([Abb. 1 a]).

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Abb. 1 Lupuspannikulitis. a Initialstadium: Schwellung, Rötung und Überwärmung der rechten Gesichtshälfte. b Im Verlauf: Atrophie der rechten Gesichtshälfte.

Diagnostik: Die Histologie zeigte junktional und in der Dermis ein lymphozytenreiches, perivaskulär akzentuiertes Infiltrat. Vereinzelt fanden sich zytoide Körperchen in der basalen Epidermis. Im tiefen Bindegewebe und im Fettgewebe sah man ein dichtes gemischtes Infiltrat aus Lymphozyten, Makrophagen, Epitheloidzellen, Plasmazellen sowie Kernfragmenten. In der Alcian-PAS-Färbung sichtbare Muzinanreicherung. Labor: ANA-Titer: 1 : 160, anti-Ro/SSA 52-60: positiv, Proteinurie (312 mg/24 h).

Therapie und Verlauf: Unter der Diagnose einer Lupuspannikulitis (4/11 ARA-Kriterien positiv) leiteten wir nach nephrologischer Vorstellung eine Kombinationstherapie mit Methylprednisolon in ausschleichender Dosierung (Anfangsdosis 60 mg/d) sowie Chloroquin (3,5 mg/kg KG 1 ×/d) ein. Dies erwies sich im Verlauf als nicht ausreichend. Daher wurde die Methylprednisolondosis erhöht, Chloroquin beibehalten und zusätzlich mit Methotrexat (MTX) 15 mg s. c. pro Woche behandelt. Darunter kam es zum deutlichen Anstieg der Leberwerte, sodass die Dosis von Methotrexat auf 10 mg s. c. pro Woche reduziert wurde. Es kam erneut zu einer Ausbreitung der klinischen Induration von der Wange auf den Hals. Bei Nebenwirkungen und unzureichender Wirksamkeit von MTX wurde dieses abgesetzt und stattdessen Dapson zusätzlich zu Chloroquin und systemischen Steroiden verabreicht. Inzwischen manifestierte sich eine Atrophie der Wange ([Abb. 1 b]). Außerdem entstanden zunehmend neue Knoten. Deshalb wurde die Therapie um Azathioprin (100-0-50 mg) erweitert. Darunter konnte schließlich eine Stabilisierung des Befundes erzielt werden.

Kommentar: Die Lupuspannikulitis wurde erstmals 1875 von Kaposi beschrieben. Die Erkrankung ist eine seltene Manifestation des kutanen Lupus erythematodes (ca. 2 – 3 % der Fälle). Sie zeichnet sich durch dermale und subkutane schmerzhafte entzündliche Knoten aus. Häufig erfolgt eine Abheilung mit atrophen Narben.

Das Krankheitsbild wird überwiegend bei weiblichen Erwachsenen zwischen dem 20. und 60. Lebensjahr beobachtet. In der Literatur werden erfolgreiche Therapien mit Steroiden, Antimalariamitteln, Dapson, Azathioprin, Cyclophosphamid, MTX, Mycophenolat Mofetil, Tacrolimus, monoklonalen Antikörpern, Immunoglobulinen, Etanercept und Rituximab beschrieben.

Bei therapierefraktärem Verlauf und der Gefahr der Fettgewebsatrophie ist der frühzeitige Beginn einer suffizienten systemischen Therapie essenziell, um Folgeschäden zu vermeiden. Auch bei unserer Patientin wurde die Erkrankungsaktivität nach therapierefraktärem Verlauf erst durch eine Kombinationstherapie aus Steroiden, Dapson, Resochin und Azathioprin gebremst. Eine unilaterale Fettgewebsatrophie der rechten Gesichtshälfte konnte dennoch nicht verhindert werden.


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Literatur

1 Espirito Santo J, Gomes MF. Intravenous immunoglobulin in lupus panniculitis. Clin Rev Allergy Immunol 2010; 38: 307 – 318

2 Sticherling M, Bonsmann G, Kuhn A. Diagnostik und Therapie des kutanen Lupus erythematodes. JDDG 2008; 6: 48 – 61

3 Ujiie H, Shimizu T, Ito M. Lupus erythematosus profundus successfully treated with dapsone: review of the literature. Arch Dermatol 2006; 142: 399 – 401

4 Wenzel J, Bieber T, Uerlich M. Systemische Therapie des kutanen Lupus erythematodes. JDDG 2003; 9: 694 – 704


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Gesichtsödeme – seltene Differenzialdiagnosen

W. Hofmann

Fall 1

Anamnese: Ein 34-jähriger Patient berichtete über seit 5 Wochen bestehende, rezidivierende Ödeme des Gesichtes, Schluckbeschwerden und Atemnot. Es erfolgten in der Vergangenheit unter dem Verdacht auf allergische Angioödeme mehrfach not- und fachärztliche Behandlungen mit Glukokortikoiden und Antihistaminika.

Befunde: Klinik: generalisierte Gesichtsschwellung ([Abb. 2 a]), Uvula leicht geschwollen, keine Urtikae, keine Zungenschwellung, verschärftes expiratorisches Atemgeräusch, feine Gefäßerweiterungen im Bereich der unteren Thoraxapertur (Sahlischer Venenkranz) ([Abb. 2 b]); Labor: keine Auffälligkeiten; Bildgebung: CT-Thorax: 82 × 111 × 114 mm große Raumforderung im oberen Mediastium mit Überschreitung der Mittellinie, subtotaler Kompression der V. cava superior und Kompression des rechten Vorhofes, basaler Perikarderguss, Pleuraerguss rechts, Kompressionsdystelektasen im rechten Unterlappen und Mittellappen, keine Lymphadenopathie.

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Abb. 2 Obere Einflussstauung. a Diffuses Ödem des Gesichtes mit Lippen- und Augenschwellung. b Sahlischer Venenkranz: feine Gefäßerweiterungen im Bereich der unteren Thoraxapertur als Zeichen der intrathorakalen Drucksteigerung.
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Therapie und Verlauf: Nach histologischer Sicherung eines großzelligen B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphoms im oberen vorderen Mediastinum erfolgte eine Chemotherapie mit Cyclophosphamid, Methotrexat, Cytarabin, Vincristin, Etoposid, Ifosfamid, Adriamycin, Rituximab sowie eine konsolidierende Radiotherapie.

Diagnose: Das Mediastinallymphom verlegte neben der Vena cava superior auch den rechten Vorhof und bedingte somit eine intrathorakale Drucksteigerung (klinisches Zeichen u. a. Sahlischer Venenkranz) sowie eine obere Einflussstauung, die sich unter dem Leitsymptom „Gesichtsschwellung“ präsentierten.


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Fall 2

Anamnese: Ein 34-jähriger Patient wurde uns konsiliarisch zur weiteren Einordnung einer ausgeprägten postoperativen infraorbitalen Schwellung vorgestellt. Vorausgegangen war eine CT-gesteuerte Entfernung eines eingesprengten Metallspanes. Die Wundhöhle wurde im Rahmen der Operation mehrfach mit Octenidin-haltigen Lösungen gespült.

Befunde: Klinik: rechtsseitige Gesichtsschwellung infra- und supraorbital mit zentralem Gewebsdefekt, kein Fieber ([Abb. 3]); Labor: keine Auffälligkeiten, CRP, BB normwertig; Bildgebung: CT Kopf: Ausschluss einer retroorbitalen Schwellung oder Augenaffektion.

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Abb. 3 Aseptische Gewebsnekrose: Schwellung der rechten Gesichtshälfte und periorbitale Rötung nach Spülung mit einer Octenidin-haltigen Lösung.

Therapie und Verlauf: Unter kühlender Lokaltherapie, körperlicher Schonung und langfristiger Antibiose mit Cephalosporinen nach bislang ca. 3 Monaten insgesamt nur langsame Besserung.

Diagnose: Nach Ausschluss einer infektiösen Genese (z. B. Orbitaphlegmone) konnte die Diagnose einer aseptischen Gewebsnekrose mit chronischer Entzündung und persistierender subkutaner Ödembildung nach Spülung eines engen Wundkanals mit Octenidin-haltigen Lösungen gestellt werden. Octenidin ist entsprechend der Fachinformation als Antiseptikum zum Aufsprühen oder Auftragen auf Schleimhaut und angrenzende Haut zugelassen. Es sollte unter keinen Umständen mit Druck ins Gewebe (z. B. Hohlraumwunden oder Stichkanäle) eingebracht werden, v. a. wenn ein Abfluss in Form einer Lasche oder Drainage nicht sicher gewährleistet werden kann. Die zytotoxischen Effekte von Octenidin (aseptische Fettgewebsnekrose, subkutane Ödeme) bei unsachgemäßer Anwendung in Form ausgeprägter und langwieriger Schwellungen des Umgebungsgewebes sind bekannt und mehrfach beschrieben. Bei ausgeprägter Gewebeschädigung und ungünstiger Lokalisation kann es durch Erhöhung der Kompartmentdrücke zu Durchblutungsstörungen, nervalen Irritationen, Kontrakturen oder fibrotischem Muskelumbau kommen. Eine Besserung auf Antibiotika, Kortikosteroide oder operative Revisionen wurde bislang nicht beschrieben.

Kommentar: Ödeme des Gesichts lassen zunächst an häufige Differenzialdiagnosen allergologischer (Angioödeme, Typ-I- oder Typ-IV-Allergien, irritative Dermatitiden) oder infektiöser Genese (Erysipel, Weichteilabszesse, Herpesvireninfektionen) denken. Weitere dermatologische Erkrankungen mit ähnlicher Symptomatik stellen der M. Morbihan, Kollagenosen wie Dermatomyositis, granulomatöse Entzündungsreaktionen wie die Cheilitis granulomatosa beim Melkersson-Rosenthal-Syndrom und das weite Spektrum der kutanen Neoplasien (v. a. Adenome, Adenokarzinome, Lymphome) dar. Die beiden Kasuistiken präsentieren zwei seltene Manifestationen aus dem internistischen bzw. chirurgischen Krankheitsspektrum, welche durch Affektion und Ödembildung der Gesichtshaut in den dermatologischen Fokus gerückt sind.


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Literatur

1 Franz T, Vögelin E. Aseptic tissue necrosis and chronic inflammation after irrigation of penetrating hand wounds using Octinicept. The journal of hand surgery 2011; 37: 61 – 64

2 Högele AM, Neu J. Wundverschluss nach Wundspülung mit Octinisept ohne Abflussstörung. Unfallchirurg 2011; 114: 70 – 72

3 Papier A, Tuttle DJ, Mahar TJ. Differential Diagnosis of the swollen red eyelid. American Family Physician 2007; 76: 1815 – 1824


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Unilateraler Morbus Morbihan

G. Ghulam

Anamnese: Ein 47-jähriger Patient stellte sich mit seit ca. 9 Monaten bestehender, persistierender, unilateraler, periorbitaler Schwellung zur weiteren Abklärung vor. Augenärztliche Voruntersuchungen sowie Laborwerte waren anamnestisch unauffällig, ebenso ein CT des Schädels. Im MRT des Schädels zeigte sich ein Lidödem. Ein Therapieversuch mit systemischen Steroiden führte nur zu einer minimalen Besserung. Bei dem Patienten ist seit Jahren eine Rosazea bekannt.

Untersuchungsbefund: Unilateral periorbital rechts fand sich ein diffuses, nicht eindrückbares Ödem. Weiterhin stellte sich eine zentrofaziale Rötung dar ([Abb. 4]).

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Abb. 4 Morbus Morbihan. Zentrofaziales Erythem und Ödem mit Betonung der rechten Gesichtshälfte.

Diagnostik: Labor: keine wegweisenden Auffälligkeiten. Histologie: Man sieht ein intaktes Epithel mit orthokeratotischer Verhornung. In der leicht aufgelockerten Dermis kommt ein mildes lymphohistiozytäres Infiltrat zur Darstellung, des Weiteren Angiektasien.

Therapie und Verlauf: Unter der Diagnose M. Morbihan wurde nach Ausschluss weiterer Differenzialdiagnosen einer Gesichtsschwellung eine kombinierte systemische Therapie mit Isotretinoin (30 mg/d) und dem Mastzellstabilisator Ketotifen (2 mg/d) sowie manueller Lymphdrainage über mehrere Monate durchgeführt. Der Verlauf ist bis zum heutigen Tage therapierefraktär.

Kommentar: Namensgebend für dieses Krankheitsbild ist die Region Morbihan in Westen der Bretagne, aus der der erste, 1957 von Robert Degos beschriebene Patient stammte. Die Ätiologie des M. Morbihan ist bislang ungeklärt. Der M. Morbihan gilt auch als die ödematöse Verlaufsform der Rosazea. Er ist gekennzeichnet durch ein persistierendes und nicht eindrückbares Ödem der oberen Gesichtshälfte. Charakteristisch sind das klinische Bild mit chronischem Verlauf und eine weitgehende Therapieresistenz. Es gibt keine diagnostisch wegweisende Laboruntersuchung; auch das histologische Bild ist eher unspezifisch.

Unilaterale Verlaufsformen des Morbus Morbihan sind zwar selten, aber ebenso beschrieben wie die einseitige Manifestation der Rosazea. Differenzialdiagnostisch müssen ein Erysipel, Quincke-Ödem oder Melkersson-Rosenthal-Syndrom ausgeschlossen werden. In der Literatur werden Clofazimin (Lamprene, 4 ×/Woche p. o.) oder Thalidomid (Off-Label-Use, 100 mg/Tag) als weitere mögliche Therapieoptionen erwähnt. Die Kombination von Isotretinoin und Ketotifen wird als die am häufigsten wirksame Therapie beschrieben. Allerdings bleibt die medikamentöse Therapie häufig sehr unbefriedigend. Bei persistierender Augenlidschwellung besteht die Möglichkeit, durch eine Blepharoplastik eine Besserung der Beschwerden zu erzielen. Dies kam bei unserem Patienten bei insgesamt sehr diffusem Ödem nicht in Frage.


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Literatur

1 Lamparter J, Kottler U, Cursiefen C et al. Morbus Morbihan: A rare cause of edematous swelling of the eyelids. Ophthalmologe 2010; 107: 553 – 557

2 Plange J, Rübben A, Merk H, Megahed M. Morbus Morbihan: Eigene Entität oder Komplikation entzündlicher Gesichtsdermatosen. Hautarzt 2006; 57: 447 – 448

3 Renieri G, Brochhausen C, Pfeiffer N, Pitz S. Chronisches Lidödem assoziiert mit Rosazea (Morbus Morbihan): Differenzialdiagnostische Schwierigkeiten und Therapieoptionen. Klin Monbl Augenheilkd 2011; 228: 19 – 24


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Staphylococcal Scalded Skin Syndrome oder Toxisch Epidermale Nekrolyse?

P. Kleimann

Anamnese: Durch die Kollegen der Pädiatrie erfolgte die notfallmäßige Vorstellung eines reifen, weiblichen Neugeborenen. Der Säugling entwickelte innerhalb der ersten Lebenstage am gesamten Integument zahlreiche Blasen und Erosionen. Da die Mutter trotz eines Substitutionsprogrammes während der Schwangerschaft zahlreiche psychotrope und plazentagängige Substanzen zu sich genommen hatte, musste der Säugling aufgrund der Entzugssymptomatik intensivmedizinisch behandelt werden.

Untersuchungsbefund: Im Bereich der Wangen, Ohrhelices, am Abdomen und an den Händen fanden sich flache Erosionen auf erythematösem Grund, die Mundschleimhaut war ebenfalls mitbetroffen ([Abb. 5 a]). Im Verlauf zunehmende Erythrodermie und Entwicklung von Pusteln in den Intertrigines.

Diagnostik: Um eine möglichst schnelle Differenzierung zwischen dem Staphylococcal Scalded Skin Syndrom und einer toxisch epidermalen Nekrolyse zu erzielen, wurden das Blasendach sowie eine Probebiopsie der Haut des Unterbauchs histologisch untersucht. In der Kryo-Schnellschnittdiagnostik des Blasendachs fand sich kompaktes Hornmaterial, angelagert vereinzelt Zellen des Stratum granulosum und Bakterienkolonien. In der vom Unterbauch entnommenen Haut zeigte sich eine eindeutige subkorneale Spaltbildung bei vitalen Keratinozyten und erhaltener Integrität der Epidermis, sodass die Diagnose eines Staphylococcal Scalded Skin Syndroms gestellt werden konnte ([Abb. 5 b]).

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Abb. 5 Staphylococcal Scalded Skin Syndrome. a Erytheme und Erosionen im Bereich von Gesicht, Abdomen und Händen. b Subkorneale Blasenbildung, HE-Färbung 200-fache Vergrößerung.

Therapie und Verlauf: Es erfolgte umgehend die Einleitung einer systemischen Antibiotika-Therapie. Der Säugling erhielt Cefuroxim i. v. über 12 Tage. Darunter besserte sich der Befund bis zur Restitutio ad integrum. Nach abgeschlossenem Entzug konnte die kleine Patientin im Alter von etwa drei Monaten in gutem Allgemeinzustand entlassen werden.

Kommentar: Das Staphylococcal Scalded Skin Syndrome (SSSS) ist auch als Dermatitis exfoliativa neonatorum Ritter von Rittershain oder staphylogenes Lyell-Syndrom bekannt. Die Staphylokokkentoxin-bedingte Dermatose betrifft vor allem Säuglinge und Kleinkinder. Auslöser ist meist eine extrakutane Infektion mit Staphylokokkus aureus, zum Teil sind auch klinisch unauffällige Staphylokokken-Nischen Ausgangsherd der Erkrankung. Es kommt zu einer massiven Ausschüttung der Staphylokokkentoxine Exfoliatin A und B in die Blutbahn und zu einer Ablösung der oberen verhornten Epidermisschichten. Dies beruht auf der spezifischen Aufspaltung des Desmoglein 1 der Desmosomen durch die als Serinproteasen wirkenden Exfoliatine, wodurch eine Auflösung der Zell-Zell-Kontakte des Stratum granulosum und die für das Krankheitsbild typische schlaffe Blasenbildung bewirkt wird. Die Diagnose lässt sich anhand des klinischen Bildes und histologisch anhand der typischen subkornealen Spaltbildung stellen. Blutkulturen und Abstriche auf Staphylokokken sind ebenfalls wegweisend. Differenzialdiagnostisch kommt, insbesondere im oben beschriebenen Fall, aufgrund der pränatalen Intoxikation des Säuglings durch die Mutter und der manifesten Schleimhauterosionen die toxische epidermale Nekrolyse (TEN) in Betracht. Im Gegensatz zum SSSS zeigt sich bei der TEN eine breitflächige Nekrose der Epidermis. Die Therapie des SSSS besteht aus hochdosierten staphylokokkenwirksamen Antibiotika und symptomatischer antiseptischer Lokaltherapie. Die rasche Diagnosestellung ist entscheidend, da durch eine frühzeitige Behandlung dieses potenziell sehr bedrohliche Krankheitsbild (Gefahr des hypovolämischen Schocks, Pneumonie, Sepsis) gut therapierbar und die Prognose der Kinder gut ist (Letalität 3 %).


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Literatur

1 Coleman JC, Dobson NR. Diagnostic dilemma: extremely low birth weight baby with staphylococcal scalded-skin syndrome or toxic epidermal necrolysis. J Perinatol 2006; 26: 714 – 716

2 Elias PM, Fritsch P, Epstein EH. Staphylococcal scalded skin syndrome: Clinical Features, Pathogenesis, and recent microbiological and Biochemical Developments. Arch Dermatol 1977; 113: 207 – 219

3 Ladhani S, Evans RW. Staphylococcal scalded skin syndrome. Arch Dis Child 1998; 78: 85 – 88


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Stevens-Johnson-Syndrom bei Mykoplasmen-Pneumonie

A. Messerschmidt

Anamnese: Die Vorstellung der 21-jährigen Patientin erfolgte notfallmäßig aufgrund von Erosionen und Bläschen oral und genital. In der Woche zuvor hatte die Patientin unter einem grippalen Infekt mit produktivem Husten gelitten.

Untersuchungsbefund: Initial zeigten sich enoral und genital multiple Erosionen und Bläschen. Erst im Verlauf entwickelten sich am gesamten Integument disseminierte Bläschen, Erytheme und kokardenartige Hautveränderungen ([Abb. 6]).

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Abb. 6 Mykoplasmen-induziertes Stevens-Johnson Syndrom. Kokardenförmige exanthematische Effloreszenzen und Erosionen der Mundschleimhaut.

Diagnostik: Röntgen-Thorax: zunächst basal retrokardial links diskrete infiltrative Veränderungen, vier Tage später Progredienz des Infiltrats und neues Thoraxwandemphysem sowie Pneumothorax. HIV-, Hepatitis-, Lues-Serologie und ANAs waren negativ. Im Sputum kein Nachweis von Bakterien. Schließlich serologischer Nachweis einer Mykoplasmen-Infektion (IgG und IgM positiv).

Therapie und Verlauf: Unter dem initialen Verdacht auf das Vorliegen einer Herpesinfektion wurde zunächst eine Therapie mit Aciclovir und Analgetika eingeleitet. Nach Auftreten kokardenartiger Hautveränderungen am gesamten Integument wurde die Diagnose eines medikamenten- oder infektassoziierten Stevens-Johnson-Syndroms gestellt und eine Therapie mit systemischen Glukokortikoiden begonnen. Aufgrund des pneumonischen Infiltrates initiierten wir eine Therapie mit Ceftriaxon und Clarithromycin. Zusätzlich erfolgte enoral und genital eine supportive antiseptische und anästhesierende Lokaltherapie. Zur intensiveren Überwachung wurde die Patientin bei Pneumothorax und Thoraxwandemphysem auf die Intermediate Care Station verlegt. Schließlich konnte durch serologischen Nachweis einer Mykoplasmen-Infektion der Auslöser des Stevens-Johnson-Syndroms diagnostiziert werden. Nach Therapie mit Levofloxacin zeigt sich eine deutliche Besserung der Infektparameter und der klinischen Beschwerden, sodass die Glukokortikoide rasch reduziert werden konnten.

Kommentar: Beim Stevens-Johnson-Syndrom handelt es sich um eine mitunter schwer verlaufende Erkrankung der Haut und Schleimhäute, die häufig medikamentös induziert ist oder im Gefolge einer Herpes-simplex-Typ-1-Infektion auftritt. Meist gelangen Patienten unter dem klinischen Bild eines postherpetischen Erythema exsudativum multiforme zur stationären Aufnahme. Assoziationen mit anderen Infektionen wie z. B. Streptokokken, Mykoplasmen, Herpes simplex Typ 2, Orf-Virus sind möglich. Das klinische Bild ist geprägt durch makulöse, teils großflächige Erytheme, typische Kokardenläsionen, Ausbildung von Bläschen sowie hämorrhagische Erosionen der Schleimhäute (Stomatitis, Balanitis, Kolpitis, Konjunktivitis und Blepharitis). Häufig sind Fieber und Unwohlsein die ersten Symptome der Erkrankung. Als Komplikation kann es durch die Epidermisablösung zu Flüssigkeits- und Elektrolytverlust sowie Infektionen bis hin zur Septikämie kommen. Histopathologisch zeigt sich eine zytotoxische Interface-Dermatitis.

Neben dem Herpes-simplex-Virus müssen insbesondere im Kindes- und Jugendalter sowie im jungen Erwachsenenalter auch Mykoplasmen als zugrunde liegende Infektionen in Betracht gezogen werden. Bei unserer Patientin wurde die Mykoplasmen-Pneumonie durch einen Pneumothorax kompliziert und die Diagnose erst im Rahmen des stationären Aufenthaltes gestellt.

Bei zugrundeliegender Infektion wird diese entsprechend antibiotisch bzw. antiviral behandelt. Des Weiteren erfolgt die Therapie mit systemischen Steroiden. Alternativ können intravenöse Immunglobuline verabreicht werden. Die Erosionen werden antiseptisch behandelt, Blasen können steril abpunktiert werden. Bei Augenbeteiligung oder Befall der Genitalschleimhäute sollte wegen der Gefahr der Entstehung von Strikturen eine konsiliarische Vorstellung bei den Kollegen der Ophthalmologie bzw. Gynäkologie/Urologie erfolgen.


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Literatur

1 Mockenhaupt M. The current understanding of Stevens-Johnson syndrome and toxic epidermal necrolysis. Expert Rev Clin Immunol 2011; 7: 803 – 815

2 Sauteur PM, Goetschel P, Lautenschlager S. Mycoplasma pneumoniae and mucositis – part of the Stevens-Johnson syndrome spectrum. JDDG 2012; DOI: 10.1111/j.1610-0387.2012.07951.x

3 Worswick S, Cotliar J. Stevens-Johnson syndrome and toxic epidermal necrolysis: a review of treatment options. Dermatologic Therapy 2011; 24: 207 – 218


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Erfolgreiche Therapie einer Epidermolysis bullosa acquisita mittels Plasmapherese in Kombination mit Rituximab

I. Hrgovic

Anamnese: Wir berichten über einen 48-jährigen Patienten mit seit ca. zwei Monaten bestehenden, größenprogedienten, bullösen Hautveränderungen an Stamm, Extremitäten und enoral der Mundschleimhäute. Als relevante Nebendiagnose ist eine Nierentransplantation (NTX) bekannt. Die begleitende immunsuppressive Therapie erfolgte mit Cyclosporin A.

Untersuchungsbefund: Es finden sich an Stamm und Extremitäten sowie vereinzelt enoral multiple, disseminierte, kleine bis mittelgroße, straffe, meist mit klarem Inhalt gefüllte, z. T. hämorrhagische Blasen auf erythematösem Grund. Weiterhin bestehen multiple kleine Erosionen und Krusten ([Abb. 7 a]).

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Abb. 7 Epidermolysis bullosa acquisita. a Ausgeprägte Blasenbildung im Bereich des Rumpfes. b Zustand nach Plasmapherese und einmaliger Rituximab-Gabe.

Diagnostik: In der direkten Immunfluoreszenz zeigten sich entlang der Basalmembranzone lineäre IgG- und C3-Ablagerungen, die in Zusammenschau mit dem eosinophilen Entzündungsinfiltrat gut vereinbar mit einem bullösen Pemphigoid waren. Überraschenderweise gelang im Immunoblot der Nachweis von zirkulierenden Antikörpern gegen Typ-VII-Kollagen, sodass die Diagnose einer Epidermolysis bullosa aquisita gestellt werden konnte.

Therapie und Verlauf: Unter einer Glukokortikoid-Monotherapie (2 mg/kg Prednisolonäquivalent) kam es zu keiner Kontrolle der Krankheitsaktivität, sodass die Behandlung um die i. v.-Gabe von Immunglobulinen (0,2 g/kg) und Colchicin (2 mg/die) erweitert wurde. Aufgrund des weiterhin nur unzureichenden Therapieansprechens und dem Auftreten von Nebenwirkungen erfolgte die Umstellung des Therapieregimes auf Plasmapherese-Behandlungen (12 Behandlungen in 16 Tagen), gefolgt von einer einmaligen Gabe von Rituximab (375 mg/m² KOF). Hierunter kam es zu einer kompletten Abheilung des Hautbefundes, die bereits seit 12 Monaten anhält ([Abb. 7 b]).

Kommentar: Die Epidermolysis bullosa acquisita (EBA) ist eine seltene, erworbene, blasenbildende Autoimmundermatose. Bei der EBA sind typischerweise Autoantikörper gegen Typ-VII-Kollagen, dem Hauptbestandteil der Verankerungsfibrille in der dermoepidermalen Junktionszone, nachweisbar. Klinisch und histologisch kann eine große Ähnlichkeit zum bullösen Pemphigoid bestehen. Die Inzidenz in Westeuropa liegt bei 0,25/1 Million Einwohner/Jahr. Die Besonderheiten in unserem Fall sind zum einen das therapeutische Regime bestehend aus Plasmapherese in Kombination mit Rituximab sowie die Erstmanifestation einer EBA trotz bestehender gewichtsadaptierter Immunsuppression mit Ciclosporin A. Die EBA ist insgesamt durch eine ausgeprägte Therapieresistenz gekennzeichnet. Zur Behandlung werden kortisonhaltige Externa, lokale Antiseptika sowie interne Kortikosteroide, Colchicin, Dapson, Cyclosporin A, IVIG und Plasmapharese empfohlen. In mehreren klinischen Fallserien konnte der erfolgreiche Einsatz von Rituximab, einem chimären monoklonalen CD20-Antikörper, bei unterschiedlichen Formen bullöser Autoimmundermatosen nachgewiesen werden.


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Literatur

1 Hassan G, Khalaf H, Mourad W. Dermatologic complications after liver transplantation: a single-center experience. Transplant Proc 2007; 39: 1190 – 1194

2 Hertl M, Schuler G. Bullöse Autoimmundermatosen. Teil 1: Klassifikationen. Hautarzt 2002; 53: 207 – 219

3 Ishii N, Hamada T, Dainichi T, Karashima T, Nakama T, Yasumoto S, Zillikens D, Hashimoto T. Epidermolysis bullosa acquisita: what’s new? J Dermatol 2010; 37: 220 – 230

4 Kasperkiewicz M, Zillikens D. Rituximab (anti-CD20) zur Behandlung von bullösen Autoimmundermatosen. Hautarzt 2007; 58: 115 – 121


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Stellenwert der Labordiagnostik bei bullösen Dermatosen

A. Clouth

Anamnese: Wir berichten über zwei männliche Patienten, welche sich jeweils aufgrund therapierefraktärer, juckender, urtikarieller Papeln und Plaques bei uns vorstellten. Patient 1 litt seit 2 Jahren an schubweise auftretenden, stark juckenden Hautveränderungen an den Armstreckseiten, gluteal sowie an den Oberschenkelinnenseiten ([Abb. 8 a]). Unter topischen Steroiden zeigte sich keine zufriedenstellende Besserung. Patient 2 stellte sich ebenfalls mit roten Makulae, teils urtikariellen Papeln sowie einzelnen, stammbetonten Krusten unbekannter Ätiologie vor ([Abb. 9 a]). Auch er klagte über Juckreiz und Schmerzen. Unter einer Systemtherapie mit Steroiden war der Befund zeitweise regredient.

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Abb. 8 Dermatitis herpetiformis Duhring. a Stark juckende erythematöse, teils urtikarielle Papeln und Plaques. b Mikroabszess und neutrophilenreiches Infiltrat in der oberen Dermis. HE-Färbung 400-fache Vergrößerung.
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Abb. 9 Laminin-y1-Pemphigoid. a Rote Makulae, teils urtikarielle Papeln. b Subepidermale Blasenbildung mit oberflächlichem neutrophilenreichem Infiltrat. HE-Färbung 200-fache Vergrößerung.
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Diagnostik: Die Histologie ergab in beiden Fällen neutrophilenreiche Infiltrate. Eine direkte Immunfluoreszenz war jeweils unspezifisch ([Abb. 8 b], [Abb. 9 b]).

Unter Annahme der Erstmanifestation einer Dermatitis herpetiformis Duhring bei Patient 1 erfolgte die entsprechende Antikörperdiagnostik mit positivem Befund für anti-Gliadin-AK sowie anti-Transglutaminase-AK. Bei Patient 2 zeigte sich die Diagnostik diesbezüglich negativ mit Ergänzung derselben um weitere Biopsien und Untersuchung bezüglich weiterer Autoimmundermatosen. Hier konnte mittels Immunoblot die Diagnose eines Laminin-y1-Pemphigoids über den Nachweis zirkulierender IgG4-AK gegen die immunodominante Region von Laminin-y1 gestellt werden. In Zusammenschau der Befunde konnte bei Patient 1 eine Dermatitis herpetiformis Duhring diagnostiziert werden. Bei Patient 2 ließ sich die seltene Diagnose eines Laminin-y1-Pemphigoids sichern.

Therapie: In beiden Fällen zeigte sich unter einer Systemtherapie mit Dapson eine Befundregredienz. Patient 1 wurde über die Notwendigkeit einer lebenslangen glutenfreien Diät unterrichtet.

Diskussion: Bei der Dermatitis herpetiformis Duhring handelt es sich um eine seltene Dermatose, welche in engem Zusammenhang mit der glutensensitiven Enteropathie (Zöliakie) steht. Sie manifestiert sich klassischerweise in Form stark juckender sowie brennender, praller Blasen im Bereich der Prädilektionsstellen wie den Extremitätenstreckseiten und dem unteren Rücken. Histologisch zeigt sich eine subepidermale Blasenbildung mit zumeist neutrophilenreicher Infiltration. Hierdurch alleine lässt sich jedoch keine Abgrenzung gegenüber anderen Erkrankungen wie dem bullösen Pemphigoid, der linearen IgA-Dermatose oder der Epidermolysis bullosa aquisita treffen. Der Goldstandard besteht daher in der direkten Immunfluoreszenz mit dem Nachweis granulärer IgA-Ablagerungen in den Papillenspitzen oder aber auch kontinuierlicher IgA-Ablagerungen im Bereich der Junktionszone. Serologisch findet sich der Nachweis von IgA-Autoantikörpern gegen die epidermale Transglutaminase. Therapeutisch kommt neben der Einhaltung einer lebenslangen glutenfreien Diät Dapson zum Einsatz.

Das Laminin-y1-Pemphigoid, ehemals anti-p200-Pemphigoid, geht ebenfalls mit einer subepidermalen Blasenbildung einher, welche durch eine Antikörperbildung gegen ein 200-kDA Protein, das Laminin-y1, im Bereich der Junktionszone entsteht. Klinisch zeigen sich Verlaufsformen ähnlich dem bullösen Pemphigoid, der linearen IgA-Dermatose und der Dermatitis herpetiformis Duhring. Eine Schleimhautbeteiligung findet sich in etwa 20 % der Fälle. Histopathologisch finden sich eine subepidermale Blasenbildung mit Infiltraten von zumeist neutrophilen Granulozyten, aber auch eosinophile Infiltrate ähnlich dem bullösen Pemphigoid wurden beschrieben. Neben der direkten und indirekten Immunfluoreszenz kommt der Immunoblot-Diagnostik eine entscheidende Bedeutung zur Differenzierung zu. Die Therapie orientiert sich an der Behandlung des bullösen Pemphigoids und erfolgt mit Prednisolon, Azathioprin oder auch Dapson. Bei mildem Verlauf ist auch eine topische Steroidtherapie in Erwägung zu ziehen.


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Literatur

1 Dainichi T, Koga H, Tsuji T et al. From anti-p200 pemphigoid to anti-laminin y1 pemphigoid. Journal of Dermatology 2010; 37: 231 – 238

2 Dilling A, Rose C, Hashimoto T et al. Anti-p200 pemphigoid: a novel autoimmune subepidermal blistering disease. Journal of Dermatology 2010; 37: 231 – 238

3 Rose C, Bröcker EB, Zillikens D. Clinical, histological and immunopathological findings in 32 patients with dermatitis herpetiformis Duhring. JDDG 2010; 8: 265 – 270


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Terra Firma: Atypische Hyperpigmentierungen

A. Pinter

Anamnese: Die Vorstellung der 16-jährigen Patientin erfolgte aufgrund von seit 2 Jahren bestehenden, therapierefraktären und ätiologisch bislang ungeklärten Hyperpigmentierungen im Bereich des Halses und des Abdomens. Nur unter intensivstem, teils schmerzhaftem Reiben kam es bislang zu einer Aufhellung dieser schmutzig wirkenden Braunverfärbungen.

Untersuchungsbefund: Retroaurikulär, zervikal, abdominal, umbilikal sowie im Bereich des Mons pubis zeigten sich zahlreiche zu Plaques konfluierende, wenig erhabene, hellbraune Papeln, die wie oberflächliche Schmutzauflagerungen wirkten ([Abb. 10 a]).

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Abb. 10 Terra Firma. a Hellbraune Papeln zu Plaques konfluierend. b Nach einmaliger Behandlung mit 70 % Ethanollösung.

Diagnostik: Es zeigt sich eine ausgeprägte Orthohyperkeratose. Das Epithel weist eine geringe Akanthose mit teils verlängerten Reteleisten auf. Kein Entzündungsinfiltrat. Kein Nachweis intrakornealer Pilzhyphen.

Therapie und Verlauf: 70 %-Ethanollösung wurde unter leichtem Reiben mit einem Tupfer im Bereich der Hyperpigmentierungen aufgetragen. Innerhalb von wenigen Sekunden verschwanden die Verfärbungen und Keratosen komplett. Nach der Alkoholbehandlung verblieb für wenige Minuten ein leichtes, reaktives Erythem. Rezidive sind auch mehrere Monate nach dieser einmaligen Behandlung nicht aufgetreten ([Abb. 10 b]).

Kommentar: Der Name dieser Dermatose – Terra Firma – leitet sich vom Lateinischen für „trockene Erde“ ab. Beschrieben haben diese Hautveränderung 1987 Dr. W. C. Duncan et al., sodass diese Erkrankung im angloamerikanischen Raum auch als „Duncan’s Dirty Dermatosis“ bezeichnet wird. Charakteristisch für diese Dermatose ist, dass eine normale Körperhygiene diese „Schmutzauflagerungen“ nicht beseitigen kann.

Histologisch zeigen sich eine Akanthose und Hyperkeratose, jedoch kaum entzündliches Infiltrat. Als Differenzialdiagnose der Terra Firma kommen eine Akanthosis nigricans, die konfluierende retikuläre Papillomatose (Gougerot-Carteaud-Syndrom), Pityriasis vesicolor, Morbus Darier, selten auch ein epidermaler Nävus oder ein Omphalit (Nabelstein) in Betracht.

Terra Firma ist eine seltene, harmlose, häufig aber kosmetisch störende und sehr einfach zu therapierende Dermatose, die vornehmlich im Kindes- und Jugendalter auftritt. Eine Assoziation zu internistischen Erkrankungen ist nicht bekannt.


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Literatur

1 Akkasg L, Badran D, Al-Omari AQ. Terra Firma form dermatosis. Case series and review of the literature. JDDG 2009; 7: 102 – 107

2 Dalton SR, Pride H. The histopathology of terra firma-forme dermatosis. J Cutan Pathol 2011; 38: 537 – 539

3 Duncan WC, Tschen JA, Knox JM. Terra firma-forme dermatosis. Arch Dermatol 1987; 123: 567 – 569


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Neurothekome

J. Ter-Nedden

Anamnese: Seit dem ersten Lebensjahr kommt es bei der heute 25-jährigen Patientin zur Ausbildung rötlicher kleiner Papeln. Da der Vater der Patientin an einer manifesten Neurofibromatose leidet, wurde bei unserer Patientin ebenfalls ein möglicher Zusammenhang zwischen den Hautveränderungen und einer Neurofibromatose vermutet.

Untersuchungsbefund: Es finden sich verteilt über das gesamte Integument mehr als 50 rötlich- bis hellbraune, stecknadelkopfgroße Papeln ([Abb. 11 a]).

Diagnostik: Es zeigten sich in der Dermis myxoide Spindelzellproliferate. Das Vorliegen von Neurofibromen konnte ausgeschlossen werden ([Abb. 11 b]).

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Abb. 11 Neurothekome (Mischform). a Multiple, ca. 2 mm große, symptomlose, erythematös-bräunliche Papeln. b Dermale Spindelzellproliferation mit interstitiellem Muzin. HE-Färbung 100-fache Vergrößerung.
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Therapie und Verlauf: Wegen des gutartigen Charakters der Erkrankung, der multiplen Lokalisationen und der möglichen Narbenbildung aufgrund der Ausdehnung bis zur mittleren Dermis bei operativer oder lasertherapeutischer Entfernung wurde eine abwartende Haltung gegenüber den invasiven Maßnahmen verfolgt.

Kommentar: In dem beschriebenen Fall war die endgültige Einordnung des Befundes zwischen oberflächlichem Angiomyxom und multiplen, zellreich-myxoiden Neurothekomen nicht mit letzter Sicherheit möglich. Auch die histologische Referenzuntersuchung konnte keine abschließende Einordnung erbringen.

Das Neurothekom ist als eigenständiges Krankheitsbild erstmals von Gallager und Helwig im Jahre 1980 beschrieben worden. Das Neurothekom ist ein gutartiger Tumor mit bis heute nicht genau geklärter Ätiologie. Häufig ist dessen Diagnose eine histologische Zufallsdiagnose auf der Suche nach der Ursache des festen, meist jedoch singulär auftretenden bräunlich-roten Tumors. Es gibt S100-positive Neurothekome (Nervenscheidenmyxom) und S100-negative Formen (zellreiche Neurothekome). Vereinzelte Berichte von kleinen, papulösen und multipel auftretenden Hautveränderungen von Neurothekomen finden sich ebenfalls. Die mit Abstand häufigste Lokalisation des Tumors ist das Kapillitium, Größendurchmesser reichen von wenigen Millimetern bis hin zu einigen Zentimetern. Eine familiäre Häufung ist bekannt, diese seltenen Fälle sind histologisch von familiären Angiomyxomen abzugrenzen. Hierbei ist die Differenzierung durch ein gleichartiges immunhistochemisches Ansprechen erschwert. Wegweisend für ein Angiomyxom ist die vermehrte Darstellung von Muzin in der Alcian-PAS-Färbung.

Für beide Differenzialdiagnosen (zellreiches Neurothekom, Angiomyxom) ist charakteristisch, dass sie sich, wie auch im vorliegenden Fall, für S100 negativ zeigen. Eine Färbereaktion von dermalen dendritischen Zellen auf F XIIIa ist in beiden Fällen positiv.

Durch dieses nicht spezifische Färbemuster und das histologische Bild der im Bereich von kleinen Blutgefäßen akzentuierten, myxoiden Läsion aus spindeligen Zellen ist in dem vorliegenden Fall weiterhin die Differenzialdiagnose eines oberflächlichen Angiomyxoms zu diskutieren.


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Literatur

1 Gallager RL, Helwig EB. Neurothekeoma: a benign cutaneous tumor of neural origin. Am J Clin Pathol 1980; 74: 759 – 764

2 Livasy CA, Woosley JT. Solitary nasal ala nodule in a young woman. Cellular neurothekeoma. Arch Dermatol 2003; 139: 531 – 536

3 Watanabe K, Kusakabe T, Hoshi N, Suzuki T. Subcutaneous cellular neurothekeoma: a pseudosarcomatous tumour. Br J Dermatol 2001; 144: 1273 – 1274


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Psoriasis vulgaris – Eine therapeutische Herausforderung auch im Zeitalter von Biologika

B. Malisiewicz

Anamnese: Die Patientin wurde erstmals im Februar 2006 mit dem Neuauftreten palmoplantarer Pusteln bei einer seit 2002 vorbestehenden Psoriasis vulgaris vorstellig. Therapeutisch kamen diverse topische Antipsoriatika, systemische Steroide sowie Fumarsäureester zum Einsatz. An Vorerkrankungen waren eine arterielle Hypertonie sowie eine Hypothyreose bekannt. Trotz eines cushingoiden Habitus lagen weder ein Diabetes mellitus noch eine Dyslipidämie vor. Eine Gelenkbeteiligung wurde ausgeschlossen.

Therapie und Verlauf: Nach Einleitung einer Acitretin-Therapie und initialem Ansprechen kam es im Verlauf zu einer erneuten Exazerbation, sodass eine zusätzliche PUVA-Therapie durchgeführt wurde. Eine Kontrolle der Krankheitsaktivität konnte nicht erzielt werden, sodass das Therapieregime gewechselt werden musste ([Abb. 12 a]). Der schlecht einzustellende arterielle Hypertonus stellte eine Kontraindikation für Ciclosporin A dar. Aufgrund mangelnder Wirksamkeit und Nebenwirkungen wurde Acitretin abgesetzt. In den nachfolgenden Jahren folgten Therapien mit diversen Biologika (Etanercept, Adalimumab, Infliximab) teilweise in Kombination mit Methotrexat. Erfolge waren allerdings nicht dauerhaft, was zu wiederholten Umstellungen der Therapieschemata führte. Zuletzt erfolgte die Einstellung auf Ustekinumab (90 mg alle 12 Wo.) in Kombination mit Methotrexat (20 mg 1 ×/Wo.) und der Addition steroidhaltiger Externa mit bislang gutem Ansprechen und guter Verträglichkeit ([Abb. 12 b]).

Kommentar: Die Psoriasis als chronische Erkrankung bedarf in aller Regel einer lebenslangen Therapie. Ungefähr 20 – 30 % der Erkrankten benötigen sogar eine dauerhafte systemische Behandlung zur Erzielung einer adäquaten Kontrolle. Da die Psoriasis – als eigenständiger Risikofaktor – mit einem signifikant erhöhten Risiko an kardiovaskulären Komorbiditäten einhergeht, sollten diese regelmäßig evaluiert werden. Konventionelle systemische Therapien wie Methotrexat, Ciclosporin A, orale Retinoide und PUVA sind Grundbausteine der Therapie. Sie zeigen gute Ergebnisse in der Kurz- und Langzeittherapie. Nichtsdestotrotz sind sie durch eine Assoziation mit ernsten Toxizitäten und dem Nachteil des häufigen Monitorings der Patienten oder der häufigen suboptimalen Krankheitskontrolle in ihrer Anwendung, insbesondere in der Langzeitanwendung, limitiert.

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Abb. 12 Langzeitmanagement der Psoriasis. a Vor Therapie mit Biologika. b Unter Therapie mit Biologika.

Die Biologika, als modernste systemische Therapieoption, konnten in Kurz- und Langzeitstudien eine starke Wirksamkeit mit gutem Sicherheitsprofil zeigen. Sie stellen eine heterogene Gruppe spezifischer antipsoriatischer Immunsuppressiva dar. Neben der Zusammensetzung der Antikörper (vollhuman oder humanisiert) spielen der Wirkmechanismus (direkter Antikörper vs. löslicher Rezeptor bzw. TNF-α-Inhibition vs. IL-12/23-Inhibition) und die Applikation (subkutan vs. intravenös) eine Rolle.

Da Biologika derzeitig nicht zu den First-Line-Therapien zählen, sollten sie erst nach Ausschöpfung der konventionellen Therapieoptionen eingeleitet werden. In diesem Fall empfiehlt sich eine frühzeitige Behandlung. Bei inadäquater Krankheitskontrolle besteht des Weiteren die Möglichkeit, das Biologikum zu wechseln oder es mit einem konventionellen Immunsuppressivum wie Methotrexat zu kombinieren. Nur so konnte auch im hier besprochenen Fall letztlich eine Kontrolle der Erkrankung erreicht werden.

Zusammenfassend spielen im modernen Langzeitmanagement der Psoriasis die regelmäßige Krankheitsevaluation mit konsekutiver Therapieanpassung sowie ein begleitendes Screening nach kardiovaskulären Komorbiditäten und einer Psoriasisarthritis eine zentrale Rolle. Neben den klassischen Immunsupressiva stellen die Biologika einen modernen und individualisierten Baustein der Therapie dar.


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Literatur

1 Boehncke WH, Boehncke S. Cardiovascular Mortality in Psoriasis and Psoriatic Arthritis: Epidemiology, Pathomechanisms, Therapeutic Implications and Perspectives. Curr Rheumatol Rep 2012; 14: 343 – 348

2 Nast A, Boehncke WH, Mrowietz U, Ockenfels HM, Philipp S, Reich K, Rosenbach T, Sammain A, Schlaeger M, Sebastian M, Sterry W, Streit V, Augustin M, Erdmann R, Klaus J, Koza J, Muller S, Orzechowski HD, Rosumeck S, Schmid-Ott G, Weberschock T, Rzany B; Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG); Berufsverband Deutscher Dermatologen (BVDD). S3-Guidelines on the treatment of psoriasis vulgaris (English version). Update. J Dtsch Dermatol Ges 2012; 10 (Suppl 2): 1 – 95; DOI: 10.1111/j.1610-0387.2012.07919.x

3 Salgo R, Thaci D. Treatment of moderate-to-severe plaque psoriasis. G Ital Dermatol Venerol 2009; 144: 701 – 711


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Ehlers-Danlos-Syndrom – Klassischer Typ (II, Mitis-Variante)

T. Weberschock

Anamnese: Ein 25-jähriger Patient stellte sich vor mit seit der Kindheit bekannten schlecht heilenden Wunden auch nach Minimaltraumen. Ein häufigeres Auftreten von Hämatomen wurde verneint. Der Patient lebt seit 4 Jahren in Deutschland. Auf gezielte Nachfrage gab der Patient an, dass der Vater ähnliche Probleme mit der Wundheilung habe.

Untersuchungsbefund: Es fanden sich extremitätenbetont fischmaulartige, atrophe Narben und eine deutliche Gelenküberstreckbarkeit sowie eine ungewöhnliche Überdehnbarkeit der Haut ([Abb. 13]). Insgesamt zeigte der Patient einen sportlichen Habitus ohne sichtbare Skoliose oder Gelenkdeformitäten.

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Abb. 13 Ehlers-Danlos-Syndrom, klassischer Typ: Hyperelastizität der Haut, Gelenküberstreckbarkeit, fischmaulartige, atrophe Narben.

Therapie und Verlauf: Nach klinischer Diagnosestellung eines Ehlers-Danlos-Syndroms Typ II (klassischer mitigierter Typ) wurde der Patient über seine Erkrankung aufgeklärt und eine humangenetische Beratung ggf. in Kombination mit einer molekularpathologischen Analyse empfohlen.

Kommentar: Beim Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) werden aufgrund klinischer und genetischer Unterschiede insgesamt sechs verschiedene Haupttypen klassifiziert. Der klassische Typ mit seinen Gravis (Typ I)- und Mitis (Typ II)-Varianten stellt mit einer geschätzten Prävalenz von 5/100 000 die häufigste Form dar und wird autosomal-dominant vererbt. Beide Ausprägungen weisen Genvarianten auf dem langen Arm des Chromosoms 9 auf, welche in einer defizienten Form von Kollagen V resultieren. Die Klassifizierung dient klinisch vor allem zur Planung der weiteren Abklärung und zur Risikoabschätzung für die Patienten. Die Leitsymptome des EDS Typ II sind Überstreckbarkeit der Gelenke, die Überdehnbarkeit der Haut sowie die erhöhte Fragilität der Haut mit weiten, atrophen Narben. In diesem Zusammenhang ist auch das vermehrte Auftreten von Hernien beschrieben. Prospektive Daten einer kleinen Kohorte von 42 Patienten mit klassischem EDS (Typ I und II) wiesen bei einem Drittel eine Dilatation des Aortenbogens nach. Eine aortale Beteiligung sollte daher auch bei diesem Typ ausgeschlossen werden. Eine umfassende Patienteninformation zur Prävention und eine genetische Beratung zur Familienplanung werden deshalb empfohlen, insbesondere da eine kausale Therapie absehbar nicht zur Verfügung stehen wird.


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Literatur

1 Beighton P, De Paepe A, Steinmann B et al. Ehlers-Danlos syndromes: revised nosology, Villefranche, 1997. Ehlers-Danlos National Foundation (USA) and Ehlers-Danlos Support Group (UK). Am J Med Genet 1998; 77: 31 – 37

2 Malfait F, Wenstrup RJ, De Paepe A. Clinical and genetic aspects of Ehlers-Danlos syndrome, classic type. Genet Med 2010; 12: 597 – 605

3 Fernandes NF, Schwartz RA. A „hyperextensive“ review of Ehlers-Danlos syndrome. Cutis 2008; 82: 242 – 248

4 Proske S, Hartschuh W, Enk A, Hausser I. Ehlers-Danlos syndrome -- 20 years experience with diagnosis and classification at the university skin clinic of Heidelberg. J Dtsch Dermatol Ges 2006; 4: 308 – 318

5 Wenstrup RJ, Meyer RA, Lyle JS et al. Prevalence of aortic root dilation in the Ehlers-Danlos syndrome. Genet Med 2002; 4: 112 – 117


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Koagulationsnekrose nach Warzenbehandlung

C. Schopper

Anamnese: Es erfolgte die notfallmäßige Einweisung einer 70-jährigen Patientin mit einer tiefreichenden Ulzeration im Bereich des vierten Zehenzwischenraums des rechten Fußes. Die Patientin berichtete, etwa drei Wochen zuvor eine Warze einmalig behandelt zu haben, indem sie eine Wattekugel mit einer freiverkäuflichen Monochloressigsäure (MCA)-haltigen Warzentinktur tränkte und mit einem Pflaster fixierte. Nach ca. 20 Minuten trat ein leichtes Brennen auf, worauf die MCA-getränkte Kugel entfernt wurde. Im Verlauf entwickelte sich eine Ulzeration mit Schwellung und Rötung des Vorfußes. Der zunächst konsultierte Hausarzt verordnete eine orale Antibiose mit Penicillin V 1,5 Mega 2 ×/d. Hierunter zeigten sich Schwellung und Rötung rückläufig, die Ulzeration jedoch progredient.

Untersuchungsbefund: Es zeigte sich zwischen D IV und D V eine tiefe, fibrinbelegte, bis auf den Knochen reichende Ulzeration, mit freiliegenden Beugesehnen von D IV und D V. Die Umgebung war reizlos ([Abb. 14 a u. b]). Ansonsten gab die Patientin Wohlbefinden an. Auffällig war, dass der Defekt fast völlig schmerzlos war.

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Abb. 14 a und b Koagulationsnekrose nach Warzenbehandlung mit Monochloressigsäure.

Diagnostik: Radiologisch ergab sich kein Anhalt für eine akute Osteomyelitis. Die Entzündungswerte waren leicht erhöht (CRP im Serum: 1,16 mg/dl [< 0,5]).

Therapie und Verlauf: Unter der Diagnose einer Koagulationsnekrose durch Monochloressigsäure folgte bei freiliegenden Knochen und Sehnen die Einleitung einer prophylaktischen antibiotischen Therapie mit Clindamycin 300 mg 3 ×/d und die umgehende chirurgische Vorstellung. Die Kollegen der Chirurgie stellten die Indikation zur Teilamputation der Zehe (D V).

Kommentar: MCA wird verwendet zur Herstellung von Carboxymethylcellulose, Mercaptoessigsäure sowie für Pflanzenschutzmittel, Farbstoffe und als Arzneimittel zum Verätzen von Warzen. Ab einer Konzentration von 1 % wirkt MCA reizend und ätzend auf Haut und Schleimhäute. Durch Resorption von MCA kann es zu einer systemischen Vergiftung kommen. Eine Benetzung von 6 bis 10 % der Körperoberfläche mit 80 %iger Lösung kann bereits zum Tode führen. Die endgültige Ausdehnung der Verätzung ist schwer einzuschätzen, da es durch die irreguläre Vasokonstriktion, welche typisch für MAC-Verätzungen ist, zu einer bis zu 50 %-Vergrößerung der ursprünglichen Läsion nach 2 – 3 Tagen kommen kann. In der Literatur sind bereits mehrere Fälle beschrieben, bei denen im Rahmen von Warzenbehandlungen mit hochprozentigen (98,6 %), aber auch in der Verwendung von niedrigprozentigen MAC-Präparaten tiefreichende Verätzungen auftraten. Bei unserer Patientin kam es letztendlich durch die nicht sachgerechte Anwendung einer freiverkäuflichen, niedrigprozentigen Tinktur zum Teilverlust einer Zehe. Dies zeigt, dass auch bei der Anwendung niedrigprozentiger MCA besondere Vorsicht geboten ist. Der geschilderte Fall wirft die Frage auf, ob Präparate dieser Art frei verkäuflich sein sollten. Eine medizinische Anleitung zur Anwendung und Kontrolle während der Therapie ist dringend erforderlich.


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Literatur

1 Chapman T, Mahadevan D, Mahajan A, Perez-Temprano, McDiarmid JA. Iatrogenic full-thickness chemical burns from monochloroacetic acid. J Burn Care Res 2006; 27: 545 – 547

2 Tan Baser N, Yalaz B, Yilmaz A, Tuncali D, Aslan G. An unusual and serious complication of topical wart treatment with monochloroacetic acid. Int J Dermatol 2008; 47: 1295 – 1297


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Defektverschluss mithilfe dermaler Hautersatzpräparate

C. Gieding

Fall 1

Anamnese: Ein 73-jähriger Patient stellte sich mit einem ulzerierten Plattenepithelzellkarzinom, Typ Bowen-Karzinom, G2 – 3, Tumordicke 16 mm am Kapillitium vor. Nach mikrografisch kontrollierter Exzision zeigte sich im Bereich des Kapillitiums ein Enddefekt von 10 × 8 cm mit freiliegender Tabula externa bei fehlendem Periost. Ein Defektverschluss mittels Nahlappenplastik war nicht möglich ([Abb. 15 a]).

Therapie und Verlauf: Eine Verkleinerung des Skalpdefektes konnte mittels Verschiebelappenplastik von lateral, dorsal und frontal erzielt werden. Im Bereich des zentralen Restdefektes (2 × 3 cm) erfolgte bei fehlendem Periost mithilfe eines Rosenbohrers die flächige Abtragung der Tabula externa. Die leicht blutende Diploe wurde mit dem dermalen Hautersatzpräparat Integra®, einer zweischichtigen bovinen Kollagenmatrix (Silikonschicht mit Folie oben, Kollagenschicht mit Glycosaminoglycanen unten) steril abgedeckt. Nach 5 Wochen entwickelte sich eine gut vaskularisierte Neodermis, sodass die schützende Silikonfolie entfernt und der Defekt simultan mittels Spalthaut gedeckt werden konnte. Im Verlauf von 5 Monaten zeigte sich ein allseits vitales Transplantat ([Abb. 15 b]).


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Fall 2

Anamnese: Eine 74-jährige Patientin stellte sich mit einem sklerodermiformen Basalzellkarzinom des linken Nasenflügels vor. Die endgültige Defektgröße nach mikrografisch kontrollierter Exzision betrug 2 × 2,5 cm und reichte zur Tiefe bis in die oberen Knorpelschichten ([Abb. 15 c]).

Therapie und Verlauf: Aufgrund der Tiefe des Defektes erfolgte zunächst seine Auffüllung mittels Dermisersatzpräparat (Integra®) als sog. „Single Layer“ (Kollagenmatrix mit Glycosaminoglycanen ohne Silikonschicht und ohne Folie). Dieses „Single Layer“-Produkt wurde bei entsprechender Wundtiefe doppelt in die Wundhöhle eingelegt. In gleicher Sitzung wurde die Spalthauttransplantation durchgeführt. Es zeigte sich im Verlauf ein vitales Transplantat mit sehr gutem kosmetischem Ergebnis. Schrumpfungsphänomene, wie sie nach Spalthauttransplantationen im Gesicht, v. a. an der Nase beschrieben werden, konnten auch 17 Monate nach der Operation nicht festgestellt werden ([Abb. 15 d]).

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Abb. 15 Einsatz von Dermisersatz in der Dermatochirurgie. a Skalpdefekt (10 × 8 cm) mit freiliegender Tabula externa. b Postoperatives Ergebnis von a nach Verschiebelappenplastik und Spalthauttransplantation in Kombination mit einem Dermisersatz. c Defekt im Nasenflügelbereich (2 × 2,5 cm). d Postoperatives Ergebnis von c nach Spalthauttransplantation in Kombination mit einem Dermisersatz.
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Kommentar: Aufgrund der demografischen Entwicklung und den damit einhergehenden zunehmenden Komorbiditäten der Patienten (z. B. vasoaktive und gerinnungshemmende Begleitmedikationen, Immundefizienz, demenzielle Erkrankungen) gilt es, Defektverschlüsse möglichst zeitnah, einfach und sicher zu gewährleisten. Nicht immer kann ein primärer Wundverschluss oder eine Nahlappenplastik zur Defektdeckung durchgeführt werden. Voll- und Spalthauttransplantationen sind bei freiliegendem Kochen ohne Periost häufig nicht möglich oder bedürfen nach erfolgter Trepanation einer wochenlangen Wundgrundkonditionierung. Diese wie auch die Sekundärheilung tragen das Risiko von Wundinfekten und der Chronifizierung der Wunden gerade bei älteren Patienten. Des Weiteren sind regelmäßige ärztliche und pflegerische Konsultationen erforderlich.

Unser erster Fall veranschaulicht, wie große Skalpdefekte mit freiliegendem Knochen bei fehlendem Periost mithilfe dermaler Hautersatzpräparate effektiv und schnell (hier innerhalb von 5 Wochen) verschlossen werden können. Der zweite Fall zeigt eine weitere Anwendungsmöglichkeit von Dermisersatzpräparaten als „Single Layer“ zur Auffüllung von Wundhöhlen mit simultaner Spalthautdeckung. Die Anzahl der Patientenvorstellungen und Verbandswechsel während der Phase der Wundgrundkonditionierung lassen sich auf diese Weise minimieren sowie das Risiko von Wundinfekten reduzieren.


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Literatur

1 Koenen W, Felcht M, Vockenroth K, Sassmann G, Goerdt S, Faulhaber J. One stage reconstruction of deep facial defects with a single layer dermal regeneration template. Acad Dermatol Venerol 2011; 25: 788 – 793

2 Meissner M, Kaufmann R. Operative Skalpdefekte, Wege zum Verschluß. Hautarzt 2011; 62: 354 – 361


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Ipilimumab und Vemurafenib – Eine Übersicht

R. Schlosser

Diese Fallpräsentation ist Bestandteil einer gesonderten Publikation im Rahmen einer klinischen Studie.


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Dermatomyiasis

J. Ter-Nedden

Anamnese: Der 27-jährige Patient stellte sich wegen entzündlicher Knoten an beiden Armen in unserem Notdienst vor. Unmittelbar vorausgegangen war ein Auslandsaufenthalt. In Namibia sei es zu kleinen Papeln im Bereich beider Ellenbogen gekommen. Diese hätten sich dann in den folgenden Tagen im mittleren Osten weiter vergrößert.

Trotz einer nach der Rückkehr in Deutschland begonnenen antibiotischen Therapie mit Cephalosporinen kam es zur Befundprogredienz.

Untersuchungsbefund: Linker Ellenbogen: zwei ca. 1 cm durchmessende Nodi, rechts: ein etwa gleich großer Nodus. Alle zeigen eine umgebende Rötung. Zentral jeweils ein dunkler Porus, umgeben von milchig-weißlichem, flexiblem Inhalt ([Abb. 16 a]).

Das restliche Integument inklusive der Kopfhaut ist unauffällig.

Therapie und Verlauf: Zunächst erfolgte eine Abstrichentnahme auf pathogene Erreger (Befund negativ); danach wurden (nach Aufklärung des Patienten) die Knoten jeweils mittels Stichinzision unter lokaler Betäubung eröffnet. Es konnten insgesamt drei Larven mittels einer Pinzette entfernt werden ([Abb. 16 b]). Angestrebt wurde eine Sekundärheilung unter Fortführung der antibiotischen Therapie.

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Abb. 16 Dermatomyiasis. a Entzündlicher Nodus mit zentral gelegenem dunklem Porus (Atemöffnungen). b Inzision und Exstirpation der Larve.

Kommentar: Die Tumbufliege (Cordylobia anthropophaga) lebt im tropischen Afrika südlich der Sahara. Das Fluginsekt (Pterygota) gehört zur Familie der Schmeißfliegen (Calliphoridae) und zur Gattung Cordylobiae.

Ihre Eier legt sie v. a. auf sandigen Böden. Nach dem Schlüpfen können die Larven bei direktem Körperkontakt in die Haut eindringen. Anschließend Reifung innerhalb von etwa zwei Wochen im subkutanen Gewebe. Ein alternativer Infektionsweg ist der über die Eiablage in zum Trocknen auf dem Boden abgelegter Wäsche. Hier erfolgt das Eindringen in die Haut erst nach Tragen der mit Larven infizierten Wäsche. Die Dasselfliege (Oestridae) aus der Ordnung der Zweiflügler (Diptera) zeigt bei einem unterschiedlichen Infektionsweg ein ähnliches klinisches Bild. Sie lebt v. a. im mittleren und südlichen Amerika. Hier erfolgt die Infektion über direkte Ablage auf der Haut des Wirtes. Die Larven sind immer parasitisch und entwickeln sich entsprechend der unterschiedlichen Unterfamilien an unterschiedlichen Körperregionen der Wirte (z. B. Hautdasseln [Hypodermatinae] oder Rachendasseln [Cephenemyiinae]). Vor der Verpuppung werden sie von ihrem Wirtstier ausgeschieden (oder wandern selbstständig aus) und entwickeln sich im Boden weiter.

Bei beiden Fliegen bildet sich in den Tagen nach der Infektion um die Larve eine derb-elastische, in der Regel nicht druckdolente, wenige Millimeter bis mehrere Zentimeter durchmessende Schwellung. Der zentrale Porus dient zur Atmung und nach ca. acht bis zwölf Tagen als Schlupfkanal.

Vorwiegend im Bereich bedeckter Haut, wie z. B. am Rumpf und den Beinen, bestehen meist mehrere Läsionen. Es können auch mehrere Larven pro Wunde gefunden werden.

Die wahrscheinlich häufigste Differenzialdiagnose ist die eines infizierten Insektenstichs. In beiden Fällen ist die Komplikation eines Erysipels zu bewerten und ggf. zu behandeln.

Folgende Therapieansätze sind beschrieben:

  • Chirurgische Erweiterung der Öffnung und Entfernung der Larve mit einer Pinzette.

  • Bei entzündlichen Befunden kann die komplette Exzision der Larve erwogen werden.

  • Okklusiver Film aus Öl oder Vaseline. Durch eine Hypoxie kommt es zur Migration der Larven.

  • Wasserbäder bewegen die Larven ebenfalls zur Migration.

  • „Ködertechnik“ mit Aufbringen eines Speckstückes auf die Atemöffnungen. Hier kommt es nach ca. 1 – 2 Stunden zur Migration der Larve in den Köderspeck.


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Literatur

1 Frieling U, Nashan D, Metze D. Kutane Myiasis – ein Urlaubssouvenir. Hautarzt 1999; 50: 203 – 207

2 Meissner M, Kippenberger S, Valesky EM, Kaufmann R. Dermatobia shominis infection in a 3-year-old child. Hautarzt 2012; 63: 325 – 328

3 Tamir J, Haik J, Orenstein A, Schwartz E. Dermatobia hominis myiasis among travelers returning from South America. J Am Acad Dermatol 2003; 48: 630 – 632


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Hereditäres Lymphödem mit Proteinmangelsyndrom

A. Pinter

Anamnese: Der 15-jährige Patient stellte sich zur Abklärung einer seit der Kindheit bestehenden, ödematösen Schwellung beider Unterschenkel sowie einer seit 2 Jahren progredienten Ödemneigung des Skrotums mit einer lymphatischen Hydrozele testis sowie rezidivierenden Nebenhodenentzündungen vor. Die Ödemneigung behindere den Patient in sportlichen Aktivitäten oder beim Ankleiden. Eine manuelle Lymphdrainage der unteren Extremitäten zeigte eine geringe Verbesserung des Befundes, wurde aber nur unregelmäßig durchgeführt.

Weiterhin ist eine intestinale Lymphangiektasie mit Proteinverlust diagnostiziert worden, was in der Vergangenheit zu einer klinisch relevanten Dysproteinämie mit Schwellung im Bereich des Gesichtes und Gedeihstörung führte. Nach Beginn einer gezielten eiweißreichen Ernährung waren diese Symptome vollkommen regredient. Die körperliche und geistige Entwicklung ist unauffällig.

Untersuchungsbefund: An den unteren Extremitäten zeigte sich bis zum oberen Drittel der Unterschenkel ein mäßig ausgeprägtes Lymphödem Grad I – II mit beginnender Dermatolipofasziosklerose im Bereich beider distaler Unterschenkel ([Abb. 17]). Das Stemmer-Zeichen war positiv. Zusätzlich fiel ein rechtsbetontes Ödem des Skrotums auf. Der restliche Haut- und Schleimhautbefund stellt sich unauffällig dar.

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Abb. 17 Hereditäres Lymphödem mit Proteinmangelsyndrom, Hennekam-Syndrom. Lymphödem im Stadium II.

Diagnostik: Eine chronische venöse Insuffizienz bzw. venöse Malformationen wurden duplexsonografisch ausgeschlossen. Weitere Ursachen für ein sekundäres Lymphödem wie Operationen, Traumata, Röntgenbestrahlung, Lymphadenopathie oder rezidivierende Erysipele waren ebenso wenig nachweisbar. Das Gesamteiweiß und Albumin sowie Immunglobulin vom Typ IgG waren unterhalb des Normbereiches. Bioptisch ergab sich kein Anhalt für eine Zöliakie als Ursache des Proteinmangels.

Therapie und Verlauf: Aufgrund einer angeborenen Lymphangiodysplasie erfolgt eine symptomatische Behandlung der Lymphödeme mittels manueller Lymphdrainage und anschließender Bandagierung sowie das kontinuierliche Tragen flachgestrickter Kompressionsstrümpfe der Klasse II. Darunter stabilisiert sich das periphere Lymphödem. Eine kausale Therapie zur Verbesserung der Lymphabflussstörung existiert nicht. Dem Proteinmangel wurde durch eine eiweißreiche Ernährung mit mind. 1,2 g Protein/kg KG entgegengewirkt. Diese zusätzliche Substitution verbesserte die klinischen Komplikationen des Eiweißmangels.

Kommentar: Zusammenfassend ist in diesem Fall von einer hereditären Lymphadenopathie auszugehen. In Kombination mit der intestinalen Lymphadenopathie und daraus resultierender Dysproteinämie kann an ein Hennekam-Syndrom gedacht werden. Das autosomal rezessiv vererbte Syndrom ist neben dem bereits beschriebenen Lymphödem und den intestinalen Lymphangiektasien zusätzlich auch durch eine geistige Retardierung und faziale Dysmorphien gekennzeichnet. Dysmorphien und geistige Retardierung sind bei unserem Patienten nicht vorhanden, werden aber in der Literatur als sehr variabel in ihrer Ausprägung beschrieben. Die Ödemneigung manifestiert sich beim Hennekamp-Syndrom im Säuglings- oder frühen Kindesalter und ist an den unteren Extremitäten und im Gesicht besonders ausgeprägt. Durch die Proteinverlust-Enteropathie kann es zu Wachstumsretardierung, Aszites und Mangelerscheinungen kommen. Physiognomisch werden teilweise ein flaches Gesichtsprofil, breite und flache Nasenwurzel, Hypertelorismus, Epikanthus, kleiner Mund und tiefsitzende Ohren mit engem Gehörgang beschrieben. Die Ätiologie der Mutation ist bis dato noch nicht sicher bekannt, die Prävalenz der Erkrankung ist < 1 : 1 000 000.

Ein weiteres hereditäres Lymphödem, das häufig mit einer ‘loss-of-funktion’-Mutation im VEGFR-3 (vascular endothelial growth factor receptor-3) einhergeht, ist die Milroy-Krankheit. Durch den Verlust der VEGFR-3-Aktivität entwickelt sich das Lymphsystem in der Embryogenese nur insuffizient. Dadurch kommt es klinisch postpartal zu peripheren Ödemen der unteren Extremität sowie Hydrozelen, prominenten Venen, dysmorphen Fußnägeln oder einer Papillomatosis. Diese Erkrankung wird autosomal-dominant vererbt.

Das Cholestase-Lymphödem-Syndrom (Aagenaes-Syndrom) fällt ebenfalls durch ein hereditäres Lymphödem der unteren Extremitäten und durch eine schwere Cholestase mit ausgeprägtem Ikterus im Neugeborenalter auf. Die Gallengänge sind dabei abnorm erweitert. Die Symptomatik der Cholestase zeigt sich in der Adoleszenz regredient, einzig das Lymphödem bleibt. Eine begleitende Dysproteinämie wird nicht beschrieben. Diese Erkrankung kommt gehäuft in Norwegen vor.

Zusammengefasst stellt sich hier ein Fall eines primären Lymphödems dar. Es handelt sich am wahrscheinlichsten um eine milde Ausprägung des Hennekamp-Syndroms. Untersuchungen des Exoms könnten zu einer genaueren Beurteilung der Mutation und somit Sicherung des pathologischen Mechanismus führen.


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Literatur

1 Aagenaes O, Medbø S. Hereditary intrahepatic cholestasis with lymphedema-Aagenaes syndrome. Tidsskr Nor Laegeforen 1993; 113: 3673 – 3677

2 Hennekam RC, Geerdink RA, Hamel BC, Hennekam FA, Kraus P, Rameloo JA. Austosomal recessiv intestinal lymphangiectasia and lympedemma with facial anormalies and mental retardation. Am J Med Genet 1989; 34: 593 – 600

3 Jensen MR, Simonsen L, Karlsmark T, Bülow J. Lymphoedema of the lower extremities -- background, pathophysiology and diagnostic considerations. Clin Physiol Funct Imaging 2010; 30: 389 – 398

4 Raffa V, Campra D, Guarino R, Angellotti P, Ballardini G, Boscardini L, Guala A. Congenital Milroy Oedema: a case report of a family. Pediatr Med Chir 2012; 34: 100 – 103


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Pachydermodaktylie

K. Schultheis

Anamnese: Ein 18-jähriger Patient berichtet über seit 3 Jahren bestehende, schmerzlose, symmetrische Schwellungen der Finger mit bislang ungeklärter Ätiologie. Relevante Grunderkrankungen sind nicht bekannt.

Untersuchungsbefund: Es zeigt sich eine symmetrische, derbe Weichteilschwellungen bei fehlender Überwärmung und Rötung zwischen den Metacarpophalangeal- und den proximalen Interphalangeal-Gelenken der Digiti II – IV rechts und der Digiti II – V links ([Abb. 18]). Die Beweglichkeit der Finger ist uneingeschränkt möglich.

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Abb. 18 Pachydermodaktylie. Derbe Weichteilschwellungen im Bereich der Metacarpophalangeal- und der proximalen Interphalangeal-Gelenke.

Diagnostik: Der Patient wurde im Vorfeld verschiedensten Fachdisziplinen vorgestellt. Die bildgebende Diagnostik (Röntgen, MRT, Sonografie der Hände beidseits) sowie endokrinologische und rheumatologische Abklärungen erbrachten keine relevanten pathologischen Befunde. Daraufhin erfolgte die Überweisung in die Dermatologie, sodass hier die klinische Diagnose einer Pachydermodaktylie gestellt werden konnte.

Therapie und Verlauf: Über die Möglichkeit einer Triggerung der mechanischen Manipulation durch psychische Faktoren wurde die Familie aufgeklärt. Dieses wurde vom Patienten verneint. Auf eine Vorstellung in der Psychosomatik wurde daher verzichtet. Um zukünftig unbewusste mechanische Irritationen zu vermeiden, wurde dem Patienten das Tragen von Fingerlingen angeraten.

Kommentar: Pachydermodaktylie (PD) ist eine erworbene, gutartige Dermatose mit symmetrischer, spindelförmiger Schwellung der seitlichen Interphalangealgelenke, teilweise mit bräunlichen, flächenhaften Hyperkeratosen der Palmae. Sie gehört zu dem Formenkreis der gutartigen Fibromatosen. Die Mehrzahl der in der Literatur beschriebenen Fälle umfasst den klassischen Typ. Hier sind vor allem männliche Jugendliche betroffen. Ursache ist meist die kontinuierliche mechanische Manipulation im Rahmen emotionaler Belastungssituationen oder im Rahmen neurotischer Erkrankungen. Bei eindeutiger Anamnese und klinischem Befund kann auf die Durchführung aufwendiger Untersuchungen verzichtet werden. Differenzialdiagnostisch kommen die idiopathische juvenile Arthritis, Psoriasisarthritis, echte („knuckle pads“) und unechte Fingerknöchelpolster (z. B. Saugschwielen), Akropachie im Rahmen von Schilddrüsenfunktionsstörungen oder eine Pachydermoperiostose (primär oder sekundär) in Betracht. Histologisch sind eine reaktive Hyperorthokeratose und eine Vermehrung der Fibroblasten zu erkennen. Therapieoptionen sind der Schutz vor mechanischer Manipulation, ggf. lokale Steroidinjektionen oder bei Bewegungseinschränkungen plastisch-handchirurgische Eingriffe. Aufgrund einer hohen Spontanheilungsrate ist zunächst immer eine abwartende Haltung zu empfehlen. Eine psychologische Betreuung der Patienten kann den Behandlungserfolg zusätzlich unterstützen.


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Literatur

1 Beltraminelli H, Itin P. Pachydermodactyly -- just a sign of emotional distress. European Journal of Dermatology 2009; 19: 5 – 13

2 Kopera D, Soyer HP, Kerl H. An update on pachydermodactyly and a report of three additional cases. British Journal of Dermatology 1995; 133: 433 – 437


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Porokeratosis linearis unilateralis

P. Weber

Anamnese: Vorstellung eines 9-jährigen Jungen zur Mitbeurteilung aufgrund asymptomatischer, „warzenähnlicher“ Hautveränderungen am linken Bein, welche seit dem 4. Lebensjahr bestehen würden.

Dermatologischer Befund: Am linken Bein zeigten sich systematisiert, den Blaschko-Linien folgend, vom proximalen Unterschenkel ventral bis zum mittleren Oberschenkel dorsal mehrere rötliche bis bräunliche, flache, zentral zum Teil atrophe Plaques (bis ca. 4 mm durchmessend) mit diskreter randständiger Schuppenkrause ([Abb. 19]).

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Abb. 19 Porokeratosis linearis unilateralis. Multiple, braune, atrophe Papeln mit randständiger Schuppenkrause, den Blaschko-Linien folgend.

Histologie: Es findet sich eine kompakte orthohyperkeratotische Verhornung mit abschnittsweise schlotförmiger Parakeratose (kornoide Lamelle). Im Bereich der Parakeratosebasis ist das Stratum granulosum deutlich verschmälert, Keratinozyten weisen pyknotische Atypien und ein perinukleäres Ödem auf.

Therapie und Verlauf: In Zusammenschau von Klinik und Histologie wurde die Diagnose einer Porokeratosis linearis unilateralis gestellt. Unter der konsequenten Pflege mit harnstoffhaltigen Externa und der Behandlung einzelner prominenter Plaques mittels Kryotherapie konnte eine Besserung des Hautbefundes erzielt werden.

Kommentar: Die Porokeratosis linearis unilateralis zählt zu den sog. „Porokeratosen“, einer Gruppe autosomal-dominanter Genodermatosen. Während die Porokeratosis Mibelli jedes Lebensalter betreffen kann, tritt die eher seltene Form der Porokeratosis linearis unilateralis bereits bei Geburt oder im Kindesalter auf. Die Porokeratosis linearis unilateralis manifestiert sich bevorzugt mit braunroten, zentral abgeflachten Papeln, die in ihrer Anordnung den Blaschko-Linien folgen. Der Krankheitsverlauf ist chronisch progredient. Wie bei der Porokeratosis Mibelli handelt es sich um eine fakultative Präkanzerose, da sich im späteren Leben in etwa 10 Prozent der Fälle auf dem Boden der Läsionen Karzinome entwickeln (spinozelluläre Karzinome, M. Bowen). Aufgrund dieser potenziellen Entartungsmöglichkeit wird die prophylaktische Exzision kleinerer Herde empfohlen. Bei größeren Läsionen kommen Kryotherapie, die Abtragung mittels Erbium-Laser oder die lokale Anwendung von Imiquimod, Calcipotriol oder topischen Retinoiden infrage. In ausgeprägten Fällen werden auch systemische Retinoide eingesetzt. Einige Kasuistiken beschreiben ein gutes Ansprechen auf die photodynamische Therapie.


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Literatur

1 Borroni RG, Poddighe D, Zecca M, Brazzelli V. Efficacy of acitretin for porokeratosis in a child with chronic cutaneous graft versus host disease. Pediatric Dermatol 2011; DOI: 10.1111/j.1525-1470.2011.01610.x

2 Tay YK, Onj BM. Linear warty lesions in a child. Linear porokeratosis. Arch Dermatol 1999; 135: 1544 – 1548

3 Cox GF, Jaratt M. Linear porokeratosis and other linear cutaneous eruptions of childhood. Am J Dis Child 1979; 9: 1258 – 1259


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Danksagung

Den Firmen Abbott Immunology, Almirall Hermal, Bauerfeind, Biogen Idec, GlaxoSmithKline, Intendis, Johnson & Johnson, La Roche-Posay, Leo Pharma, Mice service group, Novartis Pharma, Pierre Fabre und Roche Pharma danken wir für ihre Unterstützung unserer Tagung.


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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Dr. Eva Valesky
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität
Theodor-Stern-Kai 7
60590 Frankfurt am Main


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Abb. 1 Lupuspannikulitis. a Initialstadium: Schwellung, Rötung und Überwärmung der rechten Gesichtshälfte. b Im Verlauf: Atrophie der rechten Gesichtshälfte.
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Abb. 2 Obere Einflussstauung. a Diffuses Ödem des Gesichtes mit Lippen- und Augenschwellung. b Sahlischer Venenkranz: feine Gefäßerweiterungen im Bereich der unteren Thoraxapertur als Zeichen der intrathorakalen Drucksteigerung.
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Abb. 3 Aseptische Gewebsnekrose: Schwellung der rechten Gesichtshälfte und periorbitale Rötung nach Spülung mit einer Octenidin-haltigen Lösung.
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Abb. 4 Morbus Morbihan. Zentrofaziales Erythem und Ödem mit Betonung der rechten Gesichtshälfte.
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Abb. 5 Staphylococcal Scalded Skin Syndrome. a Erytheme und Erosionen im Bereich von Gesicht, Abdomen und Händen. b Subkorneale Blasenbildung, HE-Färbung 200-fache Vergrößerung.
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Abb. 6 Mykoplasmen-induziertes Stevens-Johnson Syndrom. Kokardenförmige exanthematische Effloreszenzen und Erosionen der Mundschleimhaut.
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Abb. 7 Epidermolysis bullosa acquisita. a Ausgeprägte Blasenbildung im Bereich des Rumpfes. b Zustand nach Plasmapherese und einmaliger Rituximab-Gabe.
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Abb. 8 Dermatitis herpetiformis Duhring. a Stark juckende erythematöse, teils urtikarielle Papeln und Plaques. b Mikroabszess und neutrophilenreiches Infiltrat in der oberen Dermis. HE-Färbung 400-fache Vergrößerung.
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Abb. 9 Laminin-y1-Pemphigoid. a Rote Makulae, teils urtikarielle Papeln. b Subepidermale Blasenbildung mit oberflächlichem neutrophilenreichem Infiltrat. HE-Färbung 200-fache Vergrößerung.
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Abb. 10 Terra Firma. a Hellbraune Papeln zu Plaques konfluierend. b Nach einmaliger Behandlung mit 70 % Ethanollösung.
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Abb. 11 Neurothekome (Mischform). a Multiple, ca. 2 mm große, symptomlose, erythematös-bräunliche Papeln. b Dermale Spindelzellproliferation mit interstitiellem Muzin. HE-Färbung 100-fache Vergrößerung.
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Abb. 12 Langzeitmanagement der Psoriasis. a Vor Therapie mit Biologika. b Unter Therapie mit Biologika.
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Abb. 13 Ehlers-Danlos-Syndrom, klassischer Typ: Hyperelastizität der Haut, Gelenküberstreckbarkeit, fischmaulartige, atrophe Narben.
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Abb. 14 a und b Koagulationsnekrose nach Warzenbehandlung mit Monochloressigsäure.
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Abb. 15 Einsatz von Dermisersatz in der Dermatochirurgie. a Skalpdefekt (10 × 8 cm) mit freiliegender Tabula externa. b Postoperatives Ergebnis von a nach Verschiebelappenplastik und Spalthauttransplantation in Kombination mit einem Dermisersatz. c Defekt im Nasenflügelbereich (2 × 2,5 cm). d Postoperatives Ergebnis von c nach Spalthauttransplantation in Kombination mit einem Dermisersatz.
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Abb. 16 Dermatomyiasis. a Entzündlicher Nodus mit zentral gelegenem dunklem Porus (Atemöffnungen). b Inzision und Exstirpation der Larve.
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Abb. 17 Hereditäres Lymphödem mit Proteinmangelsyndrom, Hennekam-Syndrom. Lymphödem im Stadium II.
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Abb. 18 Pachydermodaktylie. Derbe Weichteilschwellungen im Bereich der Metacarpophalangeal- und der proximalen Interphalangeal-Gelenke.
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Abb. 19 Porokeratosis linearis unilateralis. Multiple, braune, atrophe Papeln mit randständiger Schuppenkrause, den Blaschko-Linien folgend.