Neonatologie Scan 2012; 01(01): 14
DOI: 10.1055/s-0032-1310163
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Perinatales Management
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Frühgeburt: Risiko des Kindstods vorhersagen

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Publication Date:
23 August 2012 (online)

In Großbritannien wurden zwei Modelle zur Vorhersage des Mortalitätsrisikos bei extrem Frühgeborenen entwickelt, eines ausgehend von einem bei Einsetzen der Wehen lebenden Kindes und eines für Kinder, die lebend auf eine neonatalogische Intensivstation kommen. Solche Modelle müssen aber in anderen Populationen zunächst validiert werden, ehe sie dort angewendet werden können. Ewoud Schuit et al. untersuchten die Aussagekraft der Modelle für die Niederlande.

Im Gegensatz zu Großbritannien, wo die Untersuchungen explizit auch Kinder asiatischer Herkunft, vor allem aus dem indischen Subkontinent, einschlossen, beschränkten sich die Untersuchungen in Holland auf Kohorten von Kindern europäischer Herkunft. Von allen in den Niederlanden zwischen dem 1. Januar 2000 und dem 31. Dezember 2007 erfassten Frühgeborenen mit einem Gestationsalter von 22 bis 32 Wochen waren 17 582 bei Einsetzen der Wehen noch am Leben, 11 578 wurden in einer neonatologischen Intensivstation behandelt. Die Autoren erfassten die Mortalität bis zum 28. Tag nach der Geburt.

Von den Frühgeborenen, die bei Einsetzen der Wehen noch gelebt hatten, verstarben 16,7 % (n = 2939) unter der Geburt oder bis 28 Tage danach. Bei den Kindern, die lebend auf eine neonatologische Intensivstation gekommen waren, verstarben 7,8 % (n = 908) vor der Entlassung.

Obwohl die Population in Holland etwas anders war als in Großbritannien, zeigten beide prognostischen Modelle eine gute Kalibrierung und prognostische Diskriminierung zwischen Verstorbenen und Überlebenden. Das erste Modell für Kinder, die bei Einsetzen der Wehen noch lebten, diskriminierte sehr gut zwischen verstorbenen und überlebenden Kindern (C-Statistik-Koeffizienten 0,92), das zweite Modell für Kinder, die lebend die neonatalogische Intensivstation erreichten, etwas schlechter, aber ebenfalls noch gut (C-Statistik-Koeffizient 0,82).

Beide Modelle umfassen Faktoren, die im Alltag leicht zu bestimmen und damit sehr praxisrelevant sind. Für die Frühchen, die bei Einsetzen der Wehen noch leben, beinhaltet die entsprechende Modellrechnung als Faktoren eine Mehrlingsgeburt, das Gestationsalter und das Geburtsgewicht; das Modell für Frühgeborene, die auf einer Intensivstation behandelt werden müssen, zusätzlich das Geschlecht. Nach Ansicht der Autoren ist der Vorteil der Modelle, gegenüber der rein klinischen Einschätzung anhand dieser bekannten Risikofaktoren, die genauere Abschätzung des Mortalitätsrisikos durch die formale Gewichtung der Faktoren in der Berechnung. So lassen sich gesicherte Entscheidungen, z. B. über die Geburt in einer Klinik mit neonatologischer Intensivstation, über einen frühen Kaiserschnitt oder auch das weitere Austragen einer Mehrlingsschwangerschaft, treffen.