Neuroradiologie Scan 2012; 02(03): 158-159
DOI: 10.1055/s-0032-1309898
Diskussion
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

4-dimensionale Perfusions-CT bei Schlaganfall – Sinnvolle Ergänzung zur CTA

Für eine erfolgversprechende Behandlung des akuten Schlaganfalls sind 2 Faktoren entscheidend: die schnelle Diagnostik und die zuverlässige Darstellung der verengten Gefäße. Bei der multimodalen CT stellt die unverstärkte CT die bereits sichtbaren Infarktareale dar, bildet die Perfusions-CT die ischämiegefährdeten Regionen ab und zeigt die CT-Angiografie (CTA) mögliche intrakrankielle Gefäßstenosierungen. Die Ergebnisse sind die wesentlichen Entscheidungskriterien für oder gegen eine endovaskuläre Therapie. Frölich et al. zeigten, dass 4-dimensionale Bildrekonstruktionen der Perfusions-CT für das ganze Gehirn die Aussagekraft weiter erhöhen können.
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Publication History

Publication Date:
15 July 2012 (online)

Stroke 2012; 43: 97 – 102

Für die Analyse standen Aufnahmen von 57 Patienten zur Verfügung, die mit einem akuten Schlaganfall aufgenommen worden waren. Sie waren durchschnittlich 70,5 Jahre alt. Bei 30 Patienten betrug das Zeitfenster vom Symptombeginn bis zur Untersuchung 242 min. Für die übrigen gab es keine genauen Informationen, aber alle Untersuchungen fanden innerhalb von 24 h statt.

928 Gefäßsegmente wurden dargestellt. In der CTA hatten 51,7 % der Patienten eine intrakranielle Gefäßstenose. Bei 3 Patienten waren mehrere Gefäße betroffen. Die 4-dimensionale CTA hatte im Vergleich zur konventionellen CTA eine Sensitivität von 84,9 % und einen positiven prädiktiven Wert von 96,6 %. Neun Patienten hatten einen extrakraniellen Gefäßverschluss und 5 weitere eine nicht okkludierte Karotisstenose. Die kombinierte Auswertung von 4-dimensionaler CTA mit der Standardanalyse der Perfusions-CT ergab eine Verbesserung der Untersuchungsgüte mit einer Sensitivität von 94,1 % und einem positiven prädiktiven Wert von 100 % für die Diagnose einer intrakraniellen Gefäßstenose. Bei 5 Patienten änderte sich die Beurteilung der intrakraniellen Gefäße (8,6 %). Die Bildqualität der Standard-CTA und der rekonstruierten 4-dimensionalen Aufnahmen war vergleichbar (p = 0,545).

Die Autoren betonen, dass die 4-dimensionale CTA des kompletten Gehirns die Standard-CTA nicht ersetzen, aber eine wertvolle Ergänzung darstellen könne. Die Darstellung der Halsgefäße sei unerläßlich. Ihre Untersuchung bestätigte dies mit der Diagnose extrakranieller Gefäßverschlüsse oder relevanter Stenosen bei 14 Patienten.

Fazit

Die 4-dimensionale Rekonstruktion der Perfusions-CT hatte eine hohe diagnostische Genauigkeit für die Diagnose intrakranieller Gefäßstenosen. Diese wurde durch die Kombination mit den Ergebnissen der Perfusions-CT weiter gesteigert, so die Autoren.

Dr. Susanne Krome, Melle

1. Kommentar

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PD Dr. Christian A. Taschner, Klinik für Neuroradiologie, Neurozentrum Universitätsklinikum Freiburg, Breisacher Str. 64, 79106 Freiburg

Die neuroradiologische Untersuchung von Patienten mit Schlaganfallssymptomatik zielt darauf ab, möglichst schnell und zuverlässig eine intrazerebrale Blutung auszuschließen, die Lokalisation und Ausdehnung eines Infarkts zu definieren und einen zugrunde liegenden Gefäßverschluss anatomisch präzise nachzuweisen. Neben MRT-basierten Protokollen setzen eine Vielzahl von Zentren die Multidetektor-CT zur Schlaganfalldiagnostik ein. Die CT-gestützte Abklärung im Lysezeitfenster beinhaltet üblicherweise eine native CT des Schädels zum Blutungsausschluss, eine CTA zum Nachweis des Gefäßverschlusses und eine Perfusions-CT zur Beurteilung der Infarktausdehnung und der Abgrenzung der Penumbra.

Die in der Arbeit von Fröhlich et al. beschriebene Technik, CTA-Daten aus den Rohdaten der Perfusions-CT zu rekonstruieren, ist in ihrem Ansatz elegant und mit Blick auf die erzielten Ergebnisse vielversprechend. Die Vorteile dieser Methode liegen in der Verkürzung der Untersuchungszeiten, einer Reduktion der verabreichten Menge an Röntgenkontrastmitteln sowie einer herabgesetzten Strahlendosis bei kaum messbarem Informationsverlust im Vergleich zur herkömmlichen CTA. In ihrer ausgezeichneten Diskussion legen die Autoren die Grenzen der vorgeschlagenen Technik dar. Der wesentliche Nachteil der Methode ist die eingeschränkte Volumenabdeckung des Perfusions-CT. Die in der vorliegenden Studie gewählte Volumenabdeckung von 96 mm reicht nicht aus, um den gesamten Schädel abzubilden, sodass nur Teile der intrakraniellen Hirngefäße aus den Rohdaten der Perfusions-CT rekonstruiert werden können. Die herkömmliche CTA hingegen, die in vielen Zentren vom Aortenbogen ausgehend durchgeführt wird, liefert zusätzliche, für eine endovaskuläre Behandlung wichtige Informationen über etwaige Pathologien der supraaortalen Gefäße. Eine Erweiterung des Messvolumens um 50 %, die benötigt würde, um den gesamten Schädel mit der Perfusions-CT zu untersuchen, würde zu einem entsprechenden Anstieg der Strahlenbelastung führen.

Aufgrund dieser Einschränkungen kann die vorgeschlagene Technik die herkömmliche CTA zur Abklärung des Gefäßstatus bei Schlaganfallpatienten nicht ersetzen.

Die vorgeschlagene Methode erscheint jedoch trotzdem sehr attraktiv, da sie zeitaufgelöste CTA-Daten zu liefern vermag. Mit diesem einfachen Ansatz können zusätzliche, funktionelle Informationen in die Diagnostik von Schlaganfallpatienten einfließen, welche die herkömmliche CTA nicht bietet. Dazu zählen unter anderem die Darstellung leptomeningealer Kollateralen oder die genauere Beurteilung der tatsächlichen Thrombuslänge. Dies sind Informationen, die für die Auswahl des therapeutischen Vorgehens bei Patienten mit ischämischen Schlaganfällen eine wichtige Rolle spielen können.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der vorgestellte innovative Ansatz, eine zuverlässige und effiziente Darstellung intrakranieller Gefäße erlaubt. Die damit verbundene Bereitstellung zeitaufgelöster CTA-Daten scheint diese Technik für Schlaganfallpatienten im Lysezeitfenster zu prädestinieren. Die Methode ist allerdings aufgrund der eingeschränkten Volumenabdeckung nicht geeignet, die herkömmliche CTA vollständig zu ersetzen.

Literatur beim Verfasser

E-Mail: christian.taschner@uniklinik-freiburg.de


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2. Kommentar

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Prof. Stefan Rohde, Abteilung Neuroradiologie, Im Neuenheimer Feld 400, 69120 Heidelberg

Die multimodale CT-Bildgebung ist für die Diagnostik des akuten Schlaganfalls von entscheidender Bedeutung. Neben dem Ausschluss einer intrakraniellen Blutung und dem Nachweis von bereits demarkierten Infarktarealen ist insbesondere die Darstellung der intrakraniellen Gefäße zum Nachweis eines akuten Gefäßverschlusses für die weitere Behandlung, insbesondere für die Indikationsstellung zur endovaskulären Therapie, wichtig. Weiterhin können durch die CT-Perfusion minderperfundierte, aber noch nicht infarzierte Hirnareale detektiert werden, die durch eine Behandlung gerettet werden können.

Die Frage, ob sich die während der CT-Perfusion gewonnenen Datensätze der modernen „whole brain“-Multislice-CT auch für die angiografische Diagnostik der intrakraniellen Gefäße eignet, ist insofern von praktischer Relevanz, da hierdurch die Untersuchungsprotokolle vereinfacht und die Untersuchungszeit für diese Patienten weiter verkürzt werden könnte.

In ihrer methodisch sauber konzipierten, retrospektiven Auswertung der multimodalen CT-Datensätze von 58 Schlaganfallpatienten zeigen Frölich et al. in der vorliegenden Arbeit die hohe Sensitivität (85 %) der aus der CT-Perfusion gewonnenen, sogenannten 4-dimensionalen CTA im Vergleich zur konventionellen CTA, die sich durch einen Vergleich mit den Perfusionsbildern bis auf 94 % steigern lässt.

Größerer Nachteil der 4-dimensionalen CTA ist die unvollständige Abbildung der intrakraniellen Gefäße, weshalb derzeit noch nicht auf die herkömmliche CTA verzichtet werden kann. So wurden bei der Arbeit nur Gefäßsegmente der vorderen Zirkulation, der A. basilaris und der Aa. posteriores berücksichtigt, da die Vertebralarterien mit dem Perfusionsdatensatz nicht oder nur unvollständig erfasst wurden.

Darüber hinaus sind durch die 4-dimensionale CTA allenfalls indirekte Informationen über die extrakraniellen Gefäße erhältlich (z. B. verminderte Perfusion). Die Kenntnis der extrakraniellen Gefäßanatomie und möglicher pathologischer Veränderungen ist aber gerade für die Interpretation der zerebralen Gefäßsituation und die Entscheidung und Planung von endovaskulären Eingriffen wichtig, sodass weiterhin nicht auf die CTA verzichtet werden kann.

Die Arbeit gibt dennoch einen interessanten Ausblick auf mögliche Entwicklungen der „whole-brain“-CT-Perfusions-Technik und die sekundäre Auswertung von zeitlich aufgelösten angiografischen Datensätzen. So ermöglicht die 4-dimensionale CTA eine weitergehende Analyse des Kollateralflusses, der retrograden Füllung von verschlossenen Hirngefäßen sowie der Thrombusdetektion, die für die weitere Entscheidung bezüglich endovaskulärer Therapieverfahren zunehmend an Bedeutung gewinnt (Maas et al. 2009; Riedel 2011).

Literatur beim Verfasser

E-Mail: stefan.rohde@med.uni-heidelberg.de


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