Gesundheitswesen 2012; 74(07): 410-415
DOI: 10.1055/s-0031-1286272
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Medizinische und kommunale Herausforderungen einer alternden Gesellschaft im ländlichen Bereich

Ergebnisse einer Erhebung in der oberfränkischen Gemeinde Markt HeiligenstadtChallenges for Medical Staff and Local Authorities in an Aging Population in a German Rural AreaResults of a Cross-Sectional Survey
M. Karsch-Völk
1   Institut für Allgemeinmedizin, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München
,
P. Landendörfer
1   Institut für Allgemeinmedizin, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München
,
K. Linde
1   Institut für Allgemeinmedizin, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München
,
A. Egermann
2   Lehrstuhl für Regionalentwicklung und Raumordnung, Technische Universität Kaiserslautern
,
G. Troeger-Weiß
2   Lehrstuhl für Regionalentwicklung und Raumordnung, Technische Universität Kaiserslautern
,
A. Schneider
1   Institut für Allgemeinmedizin, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München
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Publication History

Publication Date:
19 October 2011 (online)

Zusammenfassung

Ziel:

Erfassung der gesundheitlichen und sozialen Situation von Senioren im ländlichen Raum sowie deren Wünsche und Bedürfnisse zum Wohnen und der medizinischen Versorgung im Alter.

Methoden:

In der oberfränkischen Gemeinde Markt Heiligenstadt wurde eine Querschnittserhebung unter der über 50-Jährigen Bevölkerung bezüglich ihrer Wünsche und Bedürfnisse für das Wohnen und Leben im Alter durchgeführt.

Ergebnisse:

513 (39%) Einwohner nahmen an der Befragung teil. Das Durchschnittsalter lag bei 66 Jahren (± 11 Jahre). 53% der Teilnehmer waren weiblich. 49% leiden an Bluthochdruck und 17% an Diabetes mellitus. Funktionseinschränkungen im Alltag sind überwiegend durch Erkrankungen des Bewegungsapparates begründet. Zusätzlich werden von den über 70-jährigen Befragten in 40% Hör- und Sehminderungen angegeben. Die meisten Befragten leben trotz relativ geringen Einkommens im Eigenheim (81%) und äußern den Wunsch, auch im Alter zu Hause zu leben und versorgt zu werden (90%). 75% der Befragten sind verheiratet oder haben einen Lebenspartner. 90% haben Kinder und bei 55% leben die Kinder mit im selben Haus oder in der Gemeinde. Am Ort gibt es 2 Hausärzte, keine spezialisierten Fachärzte und keine Klinik. Fast alle Teilnehmer (98%) haben einen Hausarzt. 17% der Teilnehmer würden wegziehen, wenn es in der Nähe keinen Hausarzt gäbe, 6%, wenn es keinen Facharzt und 4%, wenn es kein Krankenhaus gäbe.

Schlussfolgerungen:

Die Einwohner von Markt Heiligenstadt unterscheiden sich in ihren gesundheitlichen und funktionalen Problemen nicht vom Bundesdurchschnitt. Die medizinische Versorgung ist sehr stark hausarztzentriert. Die starken sozialen Netzwerke der Befragten und das überwiegende Vorhandensein von Wohneigentum stellen eine sehr gute Ressource dar, um dem häufig geäußerten Wunsch nach einer Versorgung im Privathaushalt im Alter zu entsprechen. Die hausärztliche Versorgung muss insbesondere im ländlichen Raum aufrechterhalten und gegebenenfalls vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft intensiviert werden.

Abstract

Objective:

The aim of this survey is the assessment of health and social situation of elderly persons in rural regions as well as their requests and needs concerning accommodation and medical care in the old age.

Methods:

In a cross-sectional survey, inhabitants of the rural commune Markt Heiligenstadt, Upper Franconia, aged over 50 years were interviewed. Sixty-eight questions were asked regarding wishes and needs concerning accommodation and living in the old age.

Results:

513 (39%) inhabitants participated. Their mean age was 66 years (± 11 years) and 53% were female. 49% are suffering from hypertension and 17% from diabetes mellitus. Reduced autonomy in everyday life is predominantly caused by diseases of the musculoskeletal system. 40% of the respondents aged over 70 years reported hearing and visual impairments. Most of the participants are living in their privately owned home (81%) despite their comparatively low income and express their wish to live and be cared for in their own home in old age (90%). 75% of the respondents are married or living in a partnership. 90% have children and in 55% the children are living in the same house or in the commune. There are 2 local family doctorsʼ practices, but no specialistsʼ practices and no hospitals in the commune. Almost all the respondents (98%) have a regular family doctor. 17% of the participants would relocate if there was no family doctor nearby, 6% if there was no specialist and 4% if there was no hospital nearby.

Conclusion:

Health problems and functional limitations among the inhabitants of Markt Heiligenstadt are similar to those reported in German nationwide surveys. Medical care is strongly depending on general practitioners. The strong social networks of the participants and the predominant presence of residential property are important resources needed to accomplish the preference for home care in old age. This implies increasing challenges for the primary care providers. In future, the general practitioner will be a central coordinator of medical care and professional nursing together with the care by family members.