Rofo 2011; 183(3): 216
DOI: 10.1055/s-0031-1274584
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Niedrigdosis-MDCT-Aufnahmen bei koronaren Kalzifikationen – Visuelle Beurteilung des kardiovaskulären Risikos

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Publication Date:
22 February 2011 (online)

 

Mit der MDCT und Niedrigdosisprotokollen, die für die Frühdiagnose von Bronchialkarzinomen optimiert sind, können gleichzeitig koronare Kalzifikationen beurteilt werden. Damit ergibt sich die Möglichkeit, das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse bei reduzierter Strahlenbelastung zu bestimmen. Shemesh et al. untersuchten, inwieweit sich dafür eine visuelle ordinale Bewertung eignet.

Radiology 2010; 257: 541–548

Hochgradige, überwiegend nicht kalzifizierte Stenose des Ramus circumflexus bei einem 65-jährigen Patienten mit atypischer A. pectoris und negativem Belastungs-EKG (Bild: Radiologische Uniklinik Tübingen).

Die Daten für ihre Studie erhob die Arbeitsgruppe aus einer prospektiven Kohorte von 8782 Männern und Frauen mit hohem Lungenkrebsrisiko, die an einem Niedrigdosis-MDCT-Screening teilnahmen. Alle Teilnehmer waren mindestens 40 Jahre alt und ehemalige oder weiterhin gewohnheitsmäßige Raucher. Kalzifikationen wurden in der linken Koronararterie mit Ramus interventricularis anterior und Ramus circumflexus sowie in der rechten Koronararterie beurteilt und von einem Radiologen mit 0–3 (keine, leichte, mäßige, schwere Kalzifikation) klassifiziert. Daraus ergab sich für jeden Teilnehmer ein koronarer Kalzium-Score von 0–12, der in 0, 1–3, 4–6 und 7–12 aufgeteilt worden ist.

Aus den Informationen über die Rauchgewohnheiten bildeten die Mediziner 3 Kategorien für die Packungsjahre: < 30, 30–59, 60 Packungsjahre. In der Analyse wurde auch berücksichtigt, ob die Personen bei Studieneinschluss noch rauchten (A) oder damit innerhalb von 4 Jahren (B), 5–10 Jahren (C) und > 10 Jahren (D) vor diesem Zeitpunkt aufgehört hatten. Angaben zum Tod eines Teilnehmers stammten von Familienangehörigen, Ärzten oder vom nationalen Todesregister (National Death Index). Als Follow-up galt entweder der Zeitraum zwischen CT-Untersuchung und Tod oder bis der Teilnehmer nicht mehr zur Verfügung (Loss to Follow-up) stand oder bis zum 31.12.2007, je nach dem, was zuerst eintrat.

In Bezug auf ihren Raucherstatus entfielen 34% aller Studienteilnehmer auf die Gruppe A, 11% auf B, 12% auf C und 43% auf D. Bei 59% der Gesamtpopulation wurden koronare Kalzifikationen festgestellt. Davon waren 60% der zum Zeitpunkt des CT-Screenings noch rauchenden Teilnehmer betroffen. Von den ehemaligen Rauchern der Gruppen B, C und D wiesen 56, 60 und 59% entsprechende Gefäßveränderungen auf. Koronare Kalzifikationen kamen signifikant häufiger vor

bei höherem Alter (60–69 Jahre: Odds Ratio [OR] = 3,2; ≥ 70 Jahre: OR = 6,7), zunehmenden Packungsjahren (30–59 Packungsjahre: OR = 1,4; ≥ 60 Packungsjahre: OR = 1,8) sowie bei anhaltendem Rauchen bzw. Nichtraucher bis zu 4 Jahren (OR = 1,1).

Innerhalb des medianen Follow-ups von 72,3 Monaten starben 193 Studienteilnehmer aufgrund kardiovaskulärer Erkrankungen. Der Anteil dieser Todesursache nahm mit steigendem koronarem Kalzium-Score von 1,2% (0) auf 1,8% (1–3), 5,0% (4–6) und 5,3% (7–12) zu. Mit einer Punktschätzung der OR von 4,7 erwies sich ein koronarer Kalzium-Score von ≥ 4 als signifikanter Prädiktor für kardiovaskulären Tod. Nach der Korrektur in Bezug auf Alter, Geschlecht, Packungsjahre und Zeit des Nichtrauchens nahm die OR ab, blieb aber mit 2,1 signifikant.

Fazit

Die visuelle quantitative Bewertung koronarer Kalzifikationen in Niedrigdosis-MDCT-Aufnahmen liefert auch mit einer ordinalen Skala klinisch relevante prognostische Informationen zum kardiovaskulären Mortalitätsrisiko. Nach Ansicht der Autoren sollte die Methode bei jeder CT-Untersuchung des Thorax angewendet werden. So ließen sich Strahlenbelastungen und Kosten reduzieren.

Matthias Manych, Berlin (Medizinjournalist)

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