Klinische Neurophysiologie 2011; 42(1): 31-32
DOI: 10.1055/s-0030-1261959
Erfahrungsbericht

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Erfahrungsbericht über den Aufenthalt an der Cleveland Clinic (Cleveland, Ohio, USA)

Unterstützt durch ein Stipendium der DGKNReport on Participation in a Training Course at the Cleveland Clinic (Clevelan, Ohio, USA)Supported by a Grant from DGKNM. Dogan1
  • 1Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsklinikum Münster
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Publication Date:
10 February 2011 (online)

Im Jahr 2008 hatte ich die Möglichkeit, an einem elektrophysiologisch ausgerichteten Kurs der Cleveland Clinic Foundation teilzunehmen, der mittlerweile zu einem der größten Kurse avanciert und Anziehungspunkt für Ärztinnen/Ärzte und Studentinnen/Studenten aus dem Fachbereich der Neurologie weltweit ist. Die Cleveland Clinic Foundation ist eine im Bundesstaat Ohio gelegene Klinik mit 900 Betten. Das „Cleveland Clinic Neurological Institute” ist multidisziplinär ausgerichtet und setzt sich aus den Fachbereichen Neurologie, Neurochirurgie, Neuroradiologie sowie Psychiatrie und Psychologie zusammen. Das Institut ist in mehrere krankheitsspezifische Einheiten aufgeteilt. Ein Schwerpunkt liegt im Bereich der Epilepsiechirurgie. Hier arbeiten die Mitarbeiter der oben aufgezählten Fachbereiche in Teams zusammen. Die Epilepsiechirurgie ist national sowie international hoch angesehen. Neben der Patientenversorgung legt das Institut besonderen Wert auf die Ausbildung seiner Ärztinnen und Ärzte. Zu diesem Zweck wird seit mehreren Jahren der dreimonatige elektrophysiologische Kurs durchgeführt. Die Zielsetzung des Kurses ist das Verständnis der Grundlagen und die Analyse des EEGs.

Der Kurs ist in mehrere Abschnitte gegliedert. In den ersten Wochen wurden Vorlesungen über die Prinzipien der EEG-Analyse, wie elektrophysiologische Grundlagen, die Entstehung eines EEGs sowie die Bedeutung der einzelnen Montagen gehalten. In den nachfolgenden Wochen wurde ein größerer Klinikbezug hergestellt, indem Themen wie Anfallsklassifikation und „Prinzipien der Epileptologie” behandelt wurden.

Neben der Analyse des EEGs wurden uns die Grundlagen der Evozierten Potenziale gelehrt. Weiterhin gab es eine Unterrichtseinheit mit dem Thema Schlafmedizin, in dem die aktuelle Klassifikation der Schlafkrankheiten erläutert und anhand von Beispielen verdeutlicht wurde. Das Themenfeld reichte vom Obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom bis hin zu Hypersomnien. Im Vordergrund standen die differenzialdiagnostischen Abgrenzungen zu epileptischen Anfällen. Besonders lehrreich war die Unterrichtseinheit „Neuroimaging”, in der sowohl Dozenten aus der Radiologie und Neurologie Vorlesungen hielten. Der Fokus lag hierbei auf dem Gebiet der Neuroanatomie. In zahlreichen Beispielen wurden uns interessante Patientenfälle präsentiert, deren Hirnläsionen ursächlich für epileptische Anfälle und neuropsychologische Defizite waren. Im Anschluss an die Vorlesungen bearbeiteten wir täglich in Kleingruppen mehrere EEGs, in denen wir das Erlernte direkt an Beispielen anwandten. Innerhalb der Teams tauschten wir unsere Kenntnisse aus, wiederholten das Gelernte und konnten somit unser Wissen vereinheitlichen. Am Ende der Woche wurden EEGs mit Wiederholung der wichtigsten innerhalb der Woche vermittelten Aspekte in der gesamten Gruppe besprochen. Uns wurde ein Minimum an Vorinformationen präsentiert mit der Zielsetzung unsere Interpretationsfähigkeit zu stärken und das EEG in einer logischen Art zu analysieren. Im fortgeschrittenen Stadium erhielten wir einen kleinen Einblick in die Grundlagen des invasiven EEGs. Die Interpretation dieser Form des EEGs kann jedoch nicht innerhalb einiger weniger Tage erlernt werden.

Der Kurs legte neben der Theorie auch großen Wert auf Praxisbezug. Als Kursteilnehmer nahmen wir daher an den täglichen Visiten teil, in denen die Video-EEG-Aufzeichnungen der Patienten besprochen und ausgewählte Abschnitte analysiert wurden. Wir konnten aktiv an der Besprechung teilnehmen und täglich unser in dem Grundlagenunterricht erworbenes Wissen mit einbringen. Durch den starken praktischen Bezug konnten wir unser Verständnis für das theoretisch angeeignete Wissen vertiefen und das Erlernte in der Analyse verschiedener Patientenfälle einbringen. Zusätzlich gab es wöchentlich interdisziplinäre Konferenzen, in denen die Fälle von Patienten in Vorbereitung auf einen epilepsiechirurgischen Eingriff diskutiert wurden. An diesen Konferenzen nahmen das Team der Epileptologie, die diagnostische und prächirurgische Video-EEG-Monitoreinheit, die Kollegen der Epilepsiechirurgie, der Neuropädiatrie sowie der Neuroradiologie teil. Durch das Zusammentreffen der verschiedenen Fachdisziplinen wurde ein Fall aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet und die weiteren Therapieschritte in 20- bis 25-minütigen Diskussionen ausführlich besprochen. Hierbei war der Lernerfolg besonders ausgeprägt.

Einmal pro Woche stellten Assistenzärzte abwechselnd besonders interessante Patientenfälle aus dem Gesamtbereich der Neurologie vor. Neben der klinischen Ausbildung wurde auch dem Anspruch der Forschung Rechnung getragen, indem einmal pro Woche die Arbeitsgruppen des Instituts selbst oder Gastredner ihre Forschungsergebnisse vorstellten. Diese Vorträge waren nicht nur auf den Bereich „Epilepsie” fokussiert, die Gastredner wurden zu verschiedenen Themen wie Demenz, Schlaganfälle sowie Bewegungsstörungen eingeladen. Der Großteil der (Lehr-)Veranstaltungen sowie der Besprechungen wurde mit den Kollegen aus der „Kinderepileptologie” abgehalten, sodass wir durch die Vorstellung der Krankheitsbilder, die vorwiegend im Säuglings- und Kindesalter vorkommen, einen allumfassenden Eindruck vom Krankheitsbild Epilepsie gewannen.

Rückblickend war der Kurs für mich außerordentlich gewinnbringend und entsprach in allen Punkten meinen Erwartungen. Die Kursinhalte wurden anschaulich vermittelt. Durch die interdisziplinäre Organisation des Kurses wurde ein breites Spektrum an Themen vermittelt. Zusammenfassend erhielt ich innerhalb der 3 Monate eine fundierte Ausbildung mit einem tiefen Verständnis für die Grundlagen des EEGs sowie das Entstehen, die Entwicklung und die klinische Ausprägung der verschiedenen Epilepsieformen. In meinen klinischen Alltag profitiere ich weiterhin sehr von dem erworbenen Wissen.

An dieser Stelle bedanke ich mich für die Unterstützung und Förderung durch die DGKN.

Korrespondenzadresse

Dr. med. M. Dogan

Email: mdogan@uni-muenster.de

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