Neuroradiologie Scan 2011; 1(1): 18-19
DOI: 10.1055/s-0030-1256913
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Rosso C, Attal Y, Hevia-Montiel N et al. Hyperglycemia and fate of apparent diffusion coefficient-defined ischemic penumbra. AJNR Am J Neuroradiol 2011; 32: 852–856

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Publication Date:
12 October 2011 (online)

ADC-gewichtetes cMRT nach Schlaganfall: Hyperglykämie fördert Umwandlung von Penumbra in Infarktgebiet

Die ADC-gewichtete (ADC = apparenter Diffusionskoeffizient) cMRT erlaubt nach einem Hirninfarkt die Darstellung der Penumbra ohne Verwendung von Kontrastmittel. Charlotte Rosso und ihre Kollegen aus Paris untersuchten im Rahmen einer Single-Center-Studie den Einfluss von Blutzuckerspiegel und Revaskularisation auf die Penumbra und die resultierende Infarktgröße.

An der Studie nahmen 94 konsekutive Patienten teil, die mit einem Hirninfarkt in der Stroke Unit aufgenommen wurden. Bei allen Patienten wurde innerhalb von 6 h nach Beginn der Symptomatik ein MRT durchgeführt und die ADC-definierte Gefährdungszone bestimmt. Innerhalb von 7 Tagen erfolgte eine erneute MRT zur Bestimmung der endgültigen Infarktgröße. Schon bei der Aufnahme wurde der Blutzucker gemessen. 34 Patienten wurden der Hyperglykämiegruppe (> 7 mmol/l) und 60 der Normoglykämiegruppe zugeordnet.

Patienten mit Hyperglykämie wiesen schon bei der Basisuntersuchung einen höheren NIHSS-Score (NIHSS = National Institutes of Health Stroke Scale) auf als normoglykämische Patienten. Verglich man die vorhergesagte mit der beobachteten Infarktgröße, lag die Steilheit der Regressionsgraden in der Hyperglykämie-Gruppe fast bei 1 (0,98) – in der Normoglykämiegruppe dagegen nur bei 0,38 (p = 0,0008). Somit war die Normoglykämie mit einem verminderten Risiko für die Umwandlung von Penumbra in Infarktzone verbunden.

Bei fehlender Revaskularisation scheint Hyperglykämie besonders ungünstig

In der Multivarianzanalyse zeigte sich der Einfluss der Revaskularisation, die bei 67 Patienten durchgeführt worden war. Durch die Revaskularisation der A. cerebri media wurde die Umwandlung der Penumbra in Infarktzone signifikant reduziert (p = 0,001). Die Hyperglykämie wirkte sich sowohl in der revaskularisierten als auch in der nicht revaskularisierten Gruppe negativ aus. Bei fehlender Revaskularisation war der Effekt der erhöhten Blutzuckerspiegel aber deutlich ausgeprägter: Die ischämische Transformation war hier 2,8-mal größer als bei revaskularisierten Patienten. Dies spricht dafür, dass sich die Toxizität der Hyperglykämie direkt auf die Penumbra-Infarkt-Umwandlung auswirkt und weniger mit einem Reperfusionsschaden zu tun hat, schreiben die Autoren.

Die Studie bestätigt die neurotoxische Wirkung einer Hyperglykämie bei Hirninfarkten. Die Blutzuckerkontrolle könnte somit ein therapeutischer Ansatz zur Beschränkung der Infarktgröße sein, was aber noch in randomisierten kontrollierten klinischen Studien belegt werden muss. Vieles spreche dafür, dass das therapeutische Fenster für die Maßnahme sehr klein ist und der Blutzucker so bald wie möglich nach dem Infarkt in engen Grenzen kontrolliert werden muss. Am Erfolg versprechendsten erscheint die Maßnahme bei fehlender Revaskularisation.

Fazit
Laut den Autoren lässt sich mit dem ADC-gewichteten MRT die Penumbra nach einem Hirninfarkt darstellen. Eine Normoglykämie scheint vor der Umwandlung von Penumbra in Infarktgebiet zu schützen – insbesondere bei Patienten ohne Rekanalisation der A. cerabri media.

Maria Weiß, Berlin

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