Dialyse aktuell 2010; 14(4): 205
DOI: 10.1055/s-0030-1255410
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Langfristiges Transplantatüberleben im Blick

Christian Morath
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Publication Date:
25 May 2010 (online)

Die Nierentransplantation verbessert im Vergleich zur Dialyse nicht nur die Lebensqualität, sondern reduziert auch Morbidität und Mortalität. Bereits 244 Tage nach einer Nierentransplantation haben Transplantierte im Vergleich zu Patienten, die auf eine Transplantatniere warten, einen Überlebensvorteil, der über die Zeit stetig zunimmt. Dieser Erfolg der Nierentransplantation war erst durch die Einführung neuer Immunsuppressiva, vor allem der Calcineurininhibitoren, Mitte der 1980er-Jahre möglich geworden. Der Verlust eines Nierentransplantats durch eine akute Abstoßung ist selten geworden. Akute Abstoßung und Organverlust im 1. Jahr sind zwar immer noch primärer Endpunkt zahlreicher Transplantationsstudien, doch die Probleme in der Klinik haben sich in den letzten Jahren gewandelt. Ungelöste Fragen, die zunehmend in den Fokus rücken, betreffen die Verbesserung des Langzeitüberlebens.

Während akute Abstoßungsepisoden inzwischen meist gut beherrscht werden können, sind die Möglichkeiten zur Beeinflussung der langsamen Funktionsverschlechterung des Nierentransplantates jenseits des 1. Jahres sehr begrenzt. Überlebenskurven aus großen Registern zeigen über die Jahre eine stetige Verbesserung des Transplantatüberlebens, dies beruht allerdings vor allem auf einer stetigen Verbesserung der 1-Jahres-Überlebensraten. Der Begriff der chronischen Transplantatdysfunktion darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die zugrunde liegenden Schädigungen, die zur interstitiellen Fibrose und Tubulusatrophie führen, früh gesetzt werden, zum Teil schon bevor das Organ implantiert ist.

Eine Protokollbiopsiestudie an kombiniert Niere-Pankreas-transplantierten Patienten über 10 Jahre zeigt die Entwicklung chronischer Veränderungen der Transplantatniere ohne begleitende Veränderungen durch die Grunderkrankung (Diabetes mellitus Typ 1 durch Pankreastransplantation „geheilt“). In der Frühphase nach Transplantation treten tubulointerstitielle Veränderungen an der Niere auf, ausgehend von ischämischen Schäden sowie vorangegangener akuter klinischer oder subklinischer Rejektion. Später überwiegen Veränderungen wie chronische Rejektion, Calcineurininhibitortoxizität (bei 50–60 % der Patienten nach 2–7 Jahren und fast 100 % der Patienten nach 10 Jahren), sowie die zu der Zeit als „chronische Allograftnephropathie“ bezeichneten Läsionen (bei 58,4 % der Patienten nach 10 Jahren mit Sklerosierung von 37,3 % aller Glomeruli). Die tubulointerstitiellen und glomerulären Schädigungen waren irreversibel und haben zur Verschlechterung der Nierenfunktion und Transplantatverlust geführt.

Die vorgestellten Daten demonstrieren, warum es weiterhin dringend notwendig ist, neue Immunsuppressiva und immunsuppressive Konzepte zu entwickeln. Ziel dieser Anstrengungen muss es sein, Immunsuppressiva und immunsuppressive Protokolle zu erhalten, die größtmögliche Wirkung bei minimaler Nebenwirkung haben. Die Bestrebungen gehen vor allem dahin, sowohl die Calcineurininhibitoren Ciclosporin und Tacrolimus als auch Steroide einzusparen bzw. vollständig auf diese verzichten zu können.

Dabei sollten wir allerdings nicht vergessen, dass das Überleben von Patient und Nierentransplantat auch entscheidend davon abhängt, inwieweit Blutdruck und Blutzucker ausreichend kontrolliert sind. Die Effekte einer optimalen Blutdruckeinstellung auf das Transplantatüberleben sind in diesem Zusammenhang wahrscheinlich höher einzustufen, als der Effekt der Gabe des einen versus des anderen Calcineurininhibitors.

PD Dr. Christian Morath

Heidelberg