Psychiatr Prax 2010; 37(4): 208-209
DOI: 10.1055/s-0030-1254202
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Psychotherapie der Borderline-Persönlichkeitsstörung

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Publication Date:
18 May 2010 (online)

 

Die Therapie der Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) wurde in den letzten Jahrzehnten von wechselnden Strömungen beeinflusst. Nach dem Einsatz psychoanalytischer Langzeittherapie, medikamentöser Behandlung sowie Gruppen- und Familientherapien, konnte Marsha Linehan in den 90er-Jahren mit der dialektisch behaviouralen Therapie (DBT) den Fortschritt in der Behandlung der BPS entscheidend vorantreiben. In dieser Zeit entstand auch die mentalisierungsgestützte Therapie (MBT), eine von Bateman und Fonagy entwickelte Therapieform mit psychoanalytischem Hintergrund, deren Effektivität in einer randomisierten kontrollierten Studie nachgewiesen konnte. Die MBT leitet sich aus der Entwicklungstheorie ab und stellt die Identifizierung mentaler Zustände sowohl der Patienten als auch besonders ihrer Mitmenschen in den Mittelpunkt, um dadurch deren Verhalten verstehen zu können. Im Gegensatz zu klassischen psychoanalytischen Verfahren werden die kognitiven Prozesse im Hier und Jetzt betont.

Im vorliegenden Buch werden im ersten Kapitel die Kenntnisse des Lesers rund um die BPS unter Bezugnahme auf Phänomenologie, Epidemiologie und Ätiologie aufgefrischt. In den folgenden beiden Kapiteln werden verschiedene Behandlungsmethoden einschließlich der Verordnung von Medikamenten in ihrer Effektivität verglichen sowie ein mentalisierungsgestütztes Verständnis der BPS aufgebaut und mit der Bedeutung des bindungstheoretischen Ansatzes verknüpft. Im vierten Kapitel werden verschiedene aktuelle Behandlungsmodelle vorgestellt. Diese 4 ersten Kapitel sind angereichert mit mannigfaltigen Informationen und durch die vielen Literaturhinweise z.T. unübersichtlich und schwer zu lesen. In den nächsten Kapiteln, die sehr flüssig geschrieben und somit ein Lesegenuss sind, stellen die Autoren letztendlich ihre eigene Methode vor. Es wird zunächst die Behandlungsorganisation beschrieben. Im Anschluss daran folgen die Organisationsmerkmale wie z.B. Struktur, Beziehungsfokus, Konsistenz etc. Für alle einzelnen Merkmale werden die Prinzipien erklärt, die Rationale dazu geliefert und zuletzt die Implementierung vorgestellt. Durch diese Strukturierung wird die Übersichtlichkeit gefördert. Das Einweben von Fallbeispielen erhöht die Anschaulichkeit. In den beiden folgenden Kapiteln werden Strategien zur Verbesserung der Mentalisierung sowie Behandlungstechniken zur Identifizierung und angemessenen Äu.ßerung von Affekten illustriert durch hilfreiche Fallvignetten präsentiert. Den Abschluss bildet ein Kapitel mit Anregungen, wie die MBT in die eigene Tätigkeit integriert werden kann. Im Anhang finden sich Fragebögen und weiteres Ausbildungsmaterial.

Wer sich durch die ersten anstrengenden Kapitel nicht abschrecken lässt und weiter liest, wird in diesem Buch sehr viel über die Mentalisierung sowie ihre Herleitung aus der Bindungstheorie erfahren und darüber, wie jeder einzelne Therapeut sie in seinem ganz persönlichen Behandlungskontext verwenden kann. Soll die MBT als Stationskonzept eingesetzt werden, ist sicherlich ein sehr erfahrenes, homogenes und motiviertes Team nötig. Aber auch ohne das gesamte Manual zu implementieren, bekommt jeder, der mit Patienten aus dem Formenkreis der BPS arbeitet, wertvolle Anregungen, die die tägliche Arbeit erleichtern können, sodass es auf jeden Fall lohnenswert erscheint, sich mit diesem Buch und damit der MBT zu beschäftigen.

Susanne Bachthaler, Ravensburg

Email: susanne.bachthaler@zfp-zentrum.de

Bateman AW, Fonagy P. Psychotherapie der Borderline-Persönlichkeitsstörung – ein mentalisierungsgestütztes Behandlungskonzept. Bibliothek der Psychoanalyse. Bonn: Psychosozial-Verlag, 2008, 509 S., 79,90 €, ISBN: 9783898064736

  • 01 Bateman A W, Fonagy P . Psychotherapie der Borderline-Persönlichkeitsstörung – ein mentalisierungsgestütztes Behandlungskonzept. Bibliothek der Psychoanalyse. Bonn: Psychoanalyse-Verlag; 2008. 509 S., 79,90 €, ISBN: 9783898064736
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