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DOI: 10.1055/s-0030-1250264
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Publication Date:
16 September 2010 (online)
Genomische Selektion
In der Rinderhaltung, im Besonderen in der Rinderzucht lässt sich mittels verschiedener normierter Verfahren der Genotyp eines Individuums anhand des Phänotyps dieses Individuums und seiner Familie abschätzen und von Umwelteffekten abgrenzen – Man spricht von der Zuchtwertschätzung; d. h. aus den Phänotypen des Einzeltiers, der Eltern, der Geschwister und seiner Nachkommen kann durch BLUP (Best Linear Unbiased Prediction) eine Zahl berechnet werden, die als Zuchtwert bezeichnet wird. Der Zuchtwert 100 drückt die durchschnittliche Vererbung aus; höhere Werte sprechen für eine Vererbung des Merkmals, niedrigere Werte für eine Reduzierung. Die Zuchtwertschätzung filtert landwirtschaftliche Nutztiere nach marktwirtschaftlichen Kriterien wie Fruchtbarkeit, Milchleistung, Gewichtszunahme und Nutzungsdauer (Lebenserwartung). Sie ist ein wesentliches Instrument für den Zuchtfortschritt.
Tierzuchtexperten erwarten für die kommenden Jahre noch höhere Anforderungen an die Hochleistungszucht und eine stärkere Globalisierung. In der Rinderzucht wird heute schon im Ansatz die genomische Zuchtwertschätzung in die aktuellen Zuchtprogramme integriert.
Seit einigen Jahren erfährt die Molekulargenetik eine rasante Entwicklung. 2003 wurde das Erbgut des Rindes entschlüsselt und hat somit auch den Nutztierbereich erreicht. 2008 ist die Typisierung eines Rindes möglich geworden. Die Entwicklung einer neuen Chip-Technologie macht es möglich, mehrere Tausend Milchrinder zu genotypisieren. Damit können ca. 50 000 DNA-Markertests gleichzeitig durchgeführt werden, was zu einer deutlichen Kostenreduzierung führt. Die SNP-Marker (SNP: Single Nucleotide Polymorphism) können nun erheblich effizienter genotypisiert werden als seither.
Bislang war es nicht durchführbar, festzustellen, ob das nachkommende Kalb bessere oder schlechtere Gene als der Durchschnitt von seinen Eltern geerbt hat; erst nach 2 Jahren, wenn die Eigenleistung der weiblichen Tiere und nach 5 Jahren die Töchterleistungen der männlichen Tiere bekannt war.
Da jedoch die Beziehung zwischen den SNP-Markern und den funktionalen Genen über mehrere Jahre besteht, können Rückschlüsse auf das Jungtier geschlossen werden.
Nach neuesten Untersuchungen kann der Ahnenindex mit der Information aus den SNP-Markern zu einem genomischen Zuchtwert verbunden werden, wodurch eine Sicherheit von ca. 60–70 % entsteht. Der Ahnenindex verspricht eine Sicherheit von 30–40 %. Die Sicherheit des genomischen Zuchtwerts eines weiblichen Kalbes entspricht mehreren Lakationsmessungen des Zuchttiers und seiner Töchter. Die SNP-Marker-Information und die ermittelten Leistungen können bei einer Kuh zu einer sicheren Schätzung des genetischen Wertes verbunden werden. Für ein männliches Kalb steht der genomische Zuchtwert dem Messwert von 12 seiner Töchter gleich.
In absehbarer Zeit werden Jungtiere vermarktet, die nur noch einen genomischen Zuchtwert aufweisen. Die Nachkommenprüfungen gehen zurück. Durch die genomische Information gewinnt auch der Embryotransfer eine Wertsteigerung.
Ausblick
Die Forschung im Bereich der Milchrinderzucht wird einen gewaltigen Anschub erfahren. So die Entwicklung eines kostengünstigen Verfahrens zum generellen Genotypisieren weiblicher Nachkommen in großen Milchviehbeständen. Die Entwicklung von Anpaarungsprogrammen auf der Basis der DNA-Testung verspricht einen außergewöhnlichen Zuchtfortschritt.
Ein Wermutstropfen dämpft die hoffnungsvollen Ergebnisse der bisherigen Genforschungen. Die genomische Selektion ist seither nur für die Rasse Holstein Erfolg versprechend. Vielleicht liegt es an der Anzahl der Herdengrößen.
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