Dialyse aktuell 2009; 13(6): 275
DOI: 10.1055/s-0029-1237448
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Einführung in die Pathologie der Nierenbiopsie

Hermann–Josef Gröne
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Publication Date:
30 July 2009 (online)

Die Nierenbiopsiediagnostik ist bis heute das einzige Verfahren, eine glomeruläre oder tubulointerstitielle Erkrankung der Niere zuverlässig zu diagnostizieren. Sie nimmt deshalb in der nephrologischen Diagnostik einen unverzichtbaren und wichtigen Platz ein. In der Regel wird die Histopathologie renaler Erkrankungen nach klinischen Symptomen oder histopathologischen Kategorien eingeteilt. Wir haben uns entschlossen, die glomerulären Erkrankungen entsprechend der 3 residenziellen Zellen des Glomerulums zu gruppieren: Endothelzelle, Mesangiumzelle und viszerale Epithelzelle, auch Podozyt genannt.

Der Grund für dieses Vorgehen liegt in der unscharfen Korrelation zwischen klinischen Symptomen und histopathologischem Befund. In der Regel ist eine membranöse Glomerulonephritis mit einem nephrotischen Syndrom assoziiert. Tatsächlich gibt es jedoch auch Fälle, in denen eine membranöse Glomerulonephritis ohne wesentliche Proteinurie diagnostiziert wird. Eine IgA–Nephritis verläuft oft unter dem Bild einer symptomarmen mesangioproliferativen Glomerulonephritis mit Hämaturie. Es gibt jedoch auch IgA–Nephritiden, die sich durch ein nephrotisches Syndrom oder mit einer schnell fortschreitenden Niereninsuffizienz manifestieren. Das morphologische Bild einer Glomerulonephritis wird weniger durch infiltrierende mononukleäre Zellen – zumeist Monozyten/Makrophagen oder Granulozyten – bestimmt als durch Veränderungen der residenziellen Zellen des Glomerulums.

Die histopathologischen Veränderungen können nur durch den kombinierten Einsatz von konventioneller Lichtmikroskopie, detaillierten immunhistologischen Untersuchungen und ultrastruktureller Untersuchung mit dem Transmissionselektronenmikroskop hinreichend diagnostiziert werden. Die Qualität der Nierenbiopsiediagnostik wird essenziell durch den Einsatz dieser 3 Verfahren bestimmt. Die Biopsiediagnostik einer Eigenniere ohne Ultrastruktur entspricht nicht dem internationalen Standard und sollte im Interesse des Patienten hinsichtlich der Therapieplanung und der prognostischen Abschätzung nicht akzeptiert werden.

Diese Aussage gilt auch für glomeruläre Erkrankungen wie die IgA–Nephritis oder die diabetische Glomerulosklerose. Die diabetische Glomerulosklerose bei Diabetes mellitus vom Typ 2 tritt nicht selten gemeinsam mit einer zusätzlich bestehenden entzündlichen glomerulären Erkrankung oder einer tumorassoziierten glomerulären Erkrankung auf. Ungefähr 25–30  % aller Diabetiker mit einer schweren Proteinurie zeigen nicht ausschließlich typische Veränderungen der diabetischen Glomerulosklerose, sondern eine zusätzliche glomeruläre Erkrankung. IgA–Nephritiden können mit einer dünnen Basalmembran oder mit einem Alport–Syndrom assoziiert sein, oder – insbesondere bei jungen Frauen – im Rahmen eines Lupus erythematosus auftreten. Wie wir Ihnen in den Schwerpunktbeiträgen ab Seite 292 zeigen, sind diese 3 zusätzlichen Diagnosen allein durch die Ultrastruktur zu erfassen.

Univ.–Prof. Dr. Hermann–Josef Gröne

Heidelberg