Krankenhaushygiene up2date 2009; 4(1): 65-74
DOI: 10.1055/s-0028-1119610
Antibiotikaanwendung

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Mono- versus Kombinationstherapie bei Antibiotika

Sebastian  Lemmen
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Publication Date:
24 February 2009 (online)

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Kernaussagen

In vielen In-vitro-Untersuchungen konnte ein Synergieeffekt durch die Kombination unterschiedlicher Antibiotikasubstanzklassen im Vergleich zur Aktivität einer einzelnen Substanzklasse gezeigt werden. Dies gilt beispielsweise für die Kombination aus einem Betalaktam-Antibiotikum, wie z. B. Penicillin oder Cephalosporine, mit einem Aminoglykosid wie auch für die Kombination von Betalaktam-Antibiotika mit Gyrasehemmern, wie beispielsweise Ciprofloxacin, Levofloxacin oder Moxifloxacin. Für diese In-vitro-Modelle wurden meistens gramnegative Bakterien aus der Familie der Enterobacteriaceae oder häufig P. aeruginosa gewählt. Durch eine unterschiedliche eingesetzte Konzentration der gewählten Einzelsubstanzen konnte ergänzend ein verstärkter Abtötungseffekt nachgewiesen werden. Auch für grampositive Erreger wie Staphylococcus aureus oder auch Enterococcus spp. zeigte sich in vitro eine verstärkte und beschleunigte Abtötung bei Kombinationen im Vergleich zu Einzelsubstanzen.

In einzelnen Studien der 80er- und 90er-Jahre konnten diese In-vitro-Ergebnisse auch bei ausgewählten Patientenkollektiven bestätigt werden. So etablierte sich insbesondere für die Therapie von durch P. aeruginosa ausgelösten Infektionen die Empfehlung einer Kombinationstherapie bestehend aus einem Betalaktam-Antibiotikum und einem Aminoglykosid. Erst in mehreren Meta-Analysen der letzten Jahre konnte gezeigt werden, dass eine Kombinationstherapie bezüglich Letalität, klinischer Heilungsrate und bakterieller Eradikation einer Monotherapie nicht überlegen war. Diese Aussagen konnten sowohl für immunkompetente wie auch für immunsupprimierte/neutropenische Patienten mit unterschiedlichen ambulant und nosokomial erworbenen Infektionen dokumentiert werden. Auch die erhoffte Verzögerung einer bakteriellen Resistenzentwicklung durch eine Kombination wurde in einer Meta-Analyse nicht bestätigt. Im Gegensatz hierzu konnte bei Patienten unter der Kombinationstherapie signifikant häufiger eine durch Aminoglykoside indizierte Nephrotoxizität gesehen werden. Die meisten der Studien, die Eingang in die Meta-Analysen fanden, wurden in einer Zeit durchgeführt, in welcher Aminoglykoside 2- bis 3-mal täglich gegeben wurden. Im Gegensatz zu der heutigen Einmalgabe ist der nephrotoxische Effekt daher wahrscheinlich überschätzt.

Aus diesen Ergebnissen kann abgeleitet werden, dass insbesondere bei leichteren, nicht lebensbedrohlichen Infektionen initial mit einer Monotherapie begonnen werden sollte, welche unter Berücksichtigung der Infektionslokalisation und der lokalen aktuellen Resistenzsituation mit hoher Wahrscheinlichkeit adäquat ist. Nach wie vor gilt jedoch, dass eine Kombination indiziert ist, um eine erforderliche Erweiterung des antimikrobiellen Spektrums zu erzielen wie beispielsweise für die Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie – Betalaktam-Antibiotikum in Kombination mit einem Makrolid oder Tetracyclin für atypische Pneumonie. Da bekannt ist, dass insbesondere für schwere lebensbedrohliche nosokomiale Infektionen – v. a. bei Patienten auf Intensivstationen – die initiale empirische adäquate Therapie mit einer signifikant geringeren Letalität assoziiert ist im Vergleich zu Therapieoptionen, gegen welche der Erreger in vitro resistent ist, wird hier nach wie vor zumindest initial eine empirische Kombinationstherapie empfohlen. Hier steht jedoch nicht der Synergieeffekt im Vordergrund, sondern die Erhöhung der Wahrscheinlichkeit einer adäquaten Therapie bzw. die Minderung des Risikos, einen resistenten Erreger inadäquat zu therapieren.

Aufgrund der hier dargestellten Daten und dem Nebenwirkungsprofil werden von den meisten Fachgesellschaften heute weniger Aminoglykoside als vielmehr Gyrasehemmer als Partner für eine Betalaktam-Kombination empfohlen, auch wenn z. Z. die entsprechende klinische Studienlage für diese Empfehlung als Evidenz noch fehlt. Wird im weiteren Verlauf der Infektionserreger isoliert, besteht kein Grund, mit der initial begonnenen Kombinationstherapie fortzufahren, sondern es empfiehlt sich eine erregerspezifische Deeskalation als Monotherapie [15] [16] [17].