intensiv 2009; 17(2): 56-57
DOI: 10.1055/s-0028-1109337
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Jana Rupprich1 , Holger Beuse1
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Publication Date:
16 March 2009 (online)

Geringere Mortalität auf Intensivstationen durch selektive Darmdekontamination?

Die selektive Darmdekontamination (SDD) und die selektive oropharyngiale Dekontamination (SOD) werden als präventive Antibiotikatherapie auf vielen Intensivstationen angewandt. Hintergrund ist die Annahme, dass nosokomiale Infektionen wie die Sepsis (Ursache z. B. Erreger der Darmflora) oder eine Pneumonie (Ursache z. B. absteigende Infektionen des Rachenraumes) durch die SDD oder SOD verhindert werden können und so die Überlebenschancen von Intensivpatienten gesteigert werden können.

Da mit Antibiotikatherapien Resistenzen einhergehen, wird diese Form der Prophylaxe von der Deutschen Sepsis-Gesellschaft und der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin nur eingeschränkt empfohlen.

In einer neueren Studie aus den Niederlanden, durchgeführt mit 6000 Patienten, bei denen man annahm, dass sie länger als zwei Tage beatmet werden würden und deren Liegedauer drei Tage überschreiten würde, untersuchten die Forscher die 28-Tage-Sterblichkeit.

Die Probanden wurden in drei Gruppen aufgeteilt. Die Patienten der ersten Gruppe erhielten über vier Tage Cefotaxim intravenös, jeweils 4-mal tgl. erhielten sie Tobramycin, Colistin und Amphotericin B buccal und über die Magensonde verabreicht.

In der zweiten Patientengruppe wurde nur 4-mal tgl. buccal eine SOD durchgeführt. Im dritten Arm der Studie wurde keine Antibiotikaprophylaxe durchgeführt.

Auf den ersten Blick ergaben sich bezüglich der Mortalität der Patientengruppen keinerlei Unterschiede. Es verstarben zirka 27 % der Patienten in allen Gruppen, trotz nachweislicher Reduktion der nosokomialen Infektionen. Nach statistischer Korrektur ergab sich jedoch, dass die Sterblichkeit bei den Patienten, die mit SDD behandelt wurden um 3,5 % sank und bei den mit SOD behandelten Patienten um 2,9 %.

Bei Durchführung der Studie konnten keine vermehrten Resistenzen festgestellt werden; um jedoch eine Aussage über die langfristigen Folgen auch in Hinblick auf die Resistenzproblematik der prophylaktischen Antibiotikatherapie zu machen, war die Dauer der Studie zu kurz.

Trotz geringer Tagestherapiekosten und Wirksamkeit im Hinblick auf die nosokomialen Infektionen dürfte die Studie die Hoffnung in die Darmkontamination eher mindern (Decontamination of The Digestive Tract and Oropharynx in ICU Patients, NEJM 2009; 360: 20–31). (jr)