psychoneuro 2008; 34(9): 437
DOI: 10.1055/s-0028-1091314
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Depression - Besondere Vorsicht bei Substitution von Antidepressiva

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Publication Date:
19 November 2008 (online)

 
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Generika dürfen ganz erheblich vom Originalpräparat abweichen und gelten doch als bioäquivalent. Dies kann bei kritischen Arzneimitteln zu Wirksamkeits- und Verträglichkeitsproblemen führen. Eine Substitution sollte man deshalb generell gut abwägen.

Nach der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 (Art. 10, Abs. 2 b) muss ein Generikum die gleiche qualitative und quantitative Wirkstoffzusammensetzung wie das Original aufweisen und muss in der gleichen Darreichungsform angeboten werden; zudem muss die Bioäquivalenz nachgewiesen werden.

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Was bedeutet Bioäquivalenz?

Für den Beleg der Bioäquivalenz genügen 12-24 gesunde männliche Probanden zwischen 18 und 55 Jahren (normalgewichtig, Nichtraucher), die für einige Tage das zu prüfende Generikum oder das Original erhalten. Am Ende wird dann über einen Tag die Pharmakokinetik verglichen. Erlaubt sind Schwankungen des Konzentration-Zeit-Verlaufs im Bereich zwischen 80 und 125 %. Ein Generikum könne damit ganz erheblich vom Original abweichen und gälte immer noch als bioäquivalent, schloss Prof. Hans-Peter Volz, Schloss Werneck. Die gesetzlich erlaubten pharmakokinetischen Abweichungen könnten bei Medikamenten mit enger therapeutischer Breite, bei schwierig stabilisierbaren Erkrankungen, wenn Wechselwirkungen ins Spiel kommen oder bei Risikopatienten klinische Folgen nach sich ziehen. In der Literatur wird von 10 % der Patienten berichtet, die von einem Originalpräparat auf ein Generikum wechseln und spürbare Probleme aufweisen [2], [3].

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Abb. 1 Aufbau der Trevilor® retard-Kapsel und der Mikrosphären.

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Umstellungen mit Folgen

Volz führte einen Fallbericht aus dem Bereich der Schizophrenietherapie an [1]: Ein Krankenhausapotheker hatte ohne Wissen von Patienten, Ärzten oder Pflegepersonal bei 7 Patienten einer Pflegeeinrichtung ein Clozapin-Generikum anstelle des bisher eingesetzten Originals ausgegeben. Erst retrospektiv wurde dieser Medikamentenwechsel als Ursache dafür erkannt, dass alle 7 Patienten nach kurzer Zeit einen schweren Rückfall erlitten, der in 5 Fällen eine Hospitalisierung erforderlich machte. Nach der Rückkehr zum Original bildeten sich die Symptome wieder zurück. Verhindern können Ärzte einen solchen Wechsel, indem das Aut-idem-Kreuz auf dem Rezept gesetzt wird.

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Besonders kritisch: Retardpräparate

Bei Medikamenten mit verzögerter Freisetzung hängen die Resorption aus dem Magen-Darm-Trakt und damit Wirksamkeit und Verträglichkeit entscheidend von der Galenik ab. Deshalb ist eine Substitution bei allen retardierten Arzneimitteln besonders kritisch.

Venlafaxin (Trevilor®) gehört zu den Substanzen, die wegen ihrer sehr hohen Wasserlöslichkeit schwer zu retardieren sind. Herkömmliche Verfahren wie die Hydrogel-Technologie erwiesen sich als nicht ausreichend tauglich. Die Retardierung gelang schließlich mit einer Mikrosphären-Technologie. Die in einer Gelatinekapsel verpackten Mikrosphären enthalten neben dem Wirkstoff kristalline Zellulose und Ethylzellulose und zeigen ein optimales Verhalten bei der Pylorus-Passage. Die Galenik erlaubt eine pH-Wert-unabhängige, kontinuierliche Freisetzung. Gerade in den ersten beiden Stunden nach Einnahme wird die Freisetzung stark verzögert. So wird ein relativ konstanter Plasmaspiegelverlauf mit wenig Fluktuationen aufgebaut.

Diese spezielle Galenik von Trevilor® retard ist noch bis 2 017 patentgeschützt.

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Doppelt so viele gastrointestinale Nebenwirkungen

Was dies für die Praxis bedeutet, zeigt ein Beispiel aus Kanada, wo ein Venlafaxin-retard-Generikum auf dem Markt ist. Dieses besteht aus einem Zuckerkern, der mit einer Schicht aus Venlafaxin und Hilfsstoffen überzogen und mit Ethylzellulose beschichtet ist (Drug layering). Eine verblindete, randomisierte Cross-over-Bioäquivalenz-Studie mit 24 Probanden hat gezeigt, dass die Bioäquivalenz des Generikums 124,5 % betrug: In den ersten 2 Stunden wurde aus dem Generikum 64 % mehr Wirkstoff im Vergleich zu Trevilor® retard freigesetzt, in den ersten 4 Stunden 38 % mehr. Mit dieser ungünstigen Kinetik verbunden waren eine im Vergleich zum Original doppelt so hohe Rate an gastrointestinalen Nebenwirkungen. Insgesamt 17 Patienten in der Generikum-Gruppe wiesen Symptome wie Übelkeit, Diarrhö oder erhöhte Leberwerte auf. Unter dem Originalpräparat wurden bei 9 Patienten Nebenwirkungen dieser Art beobachtet. Leberwertveränderungen traten jedoch nur bei dem retardierten Generikum auf.

Dr. Angelika Bischoff, Planegg

Quelle: Pressegespräch "Original oder Generikum in der Depressionstherapie" am 20. August 2008 in Grünwald bei München

Mit freundlicher Unterstützung durch die Wyeth Pharma GmbH, Münster

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Literatur

  • 01 Motsen et al . Clinical Therapeutics. 2001;  23 10
  • 02 Nuss P . et al . CNS Drugs. 2004;  18 769-775
  • 03 Simmenroth-Nayda A . et al . Med Klin (Munich). 2006;  101 705-710
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Literatur

  • 01 Motsen et al . Clinical Therapeutics. 2001;  23 10
  • 02 Nuss P . et al . CNS Drugs. 2004;  18 769-775
  • 03 Simmenroth-Nayda A . et al . Med Klin (Munich). 2006;  101 705-710
 
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Abb. 1 Aufbau der Trevilor® retard-Kapsel und der Mikrosphären.