Der Klinikarzt 2008; 37(7/08): 331
DOI: 10.1055/s-0028-1083737
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Gleiches Geld für gleiche Arbeit?

A. Weizel
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Publication Date:
31 July 2008 (online)

Nach langen Verhandlungen gelten für die Ärzte im öffentlichen Dienst ab dem 1. April 2008 die neuen Tarife des Marburger Bundes. Konkret bedeutet dies eine Tariferhöhung im öffentlichen Dienst von etwa 8 % innerhalb von 2 Jahren. In den neuen Bundesländern ist nun auch eine Angleichung der Gehälter der Kolleginnen und Kollegen erfolgt. Für die gleiche Arbeit wird jetzt also das gleiche Geld bezahlt. Allerdings gibt es schon innerhalb des Marburger Bundes 2 verschiedene Tarifabschlüsse: einmal mit den kommunalen Arbeitgebern, zum andern mit den Ländern. Diese beiden Tarifverträge sind nicht identisch. So entsteht in Kliniken, die von beiden Trägern unterstützt werden, die paradoxe Situation, dass Mitarbeiter identische Arbeit verrichten, dafür aber unterschiedlich bezahlt werden. Darüber hinaus decken diese Tarifverträge nur einen Teil der Krankenhäuser ab.

Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft etwa haben sich diesem Abkommen nicht angeschlossen und nutzen eigene arbeitsvertragliche Regelungen, die für die Beschäftigten gegenüber den kommunalen und Landesverträgen zumindest teilweise von Nachteil sind. Eine weitere Variante betrifft die Träger privater Kliniken. Diese regeln die Bezahlung ihrer Ärzte häufig über Haustarife, die sich wiederum von den kommunalen und Landesverträgen unterscheiden. Während die meisten konfessionellen Tarifverträge noch Urlaubs– und Weihnachtsgeld sowie Zulagen für Arbeitnehmer mit Kindern einzeln abdecken, sind diese Komponenten in den übrigen Tarifverträgen mit in das Gehalt eingerechnet. Ein Vergleich der Tarifverträge ist für den Einzelnen daher so gut wie nicht mehr möglich.

Gerade private Kliniken versuchen mit außertariflichen Leistungen den Ärzten einen Anreiz zur Arbeit in ihrem Verband zu liefern. Neuerdings setzen sich die Krankenhäuser auch mit dem Problem der Ausbildung auseinander. An vielen Kliniken können die Klinikleiter nicht garantieren, dass die Mitarbeiter in überschaubarer Zeit die Ausbildung zur Qualifikation zum Facharzt bekommen. Im Verband der Rhön–Kliniken beispielsweise besteht jedoch seit einiger Zeit die Möglichkeit der strukturierten Ausbildung innerhalb einzelner Fächer. Dieses Programm soll eine planbare und individuelle Ausbildung versprechen – natürlich in der Hoffnung, künftige Leistungsträger frühzeitig an das Haus zu binden. Diese Bestrebungen tragen der Entwicklung Rechnung, dass es in absehbarer Zeit zu personellen Engpässen kommen wird.

Der Verwaltungsdirektor eines großen Hauses wies vor Kurzem darauf hin, dass ein Großteil der Bewerbungen derzeit von Frauen stammt. Demzufolge stehen die Kliniken vor der Herausforderung, Strukturen und Konzepte zu schaffen, die es Frauen ermöglichen, Kinder zu haben und gleichzeitig berufstätig zu sein. Zudem zeichnet sich ein weiterer klarer Trend bei den Bewerbungen von Ärztinnen ab: Künftige Arbeitnehmerinnen entscheiden sich häufiger für die nichtoperativen Fächer, Neu– und Nachbesetzungen in den operativen Fächern werden deshalb immer schwieriger.

Bleiben diese Trends in dieser Form bestehen, könnten zukünftig in einigen Fächern auf der Basis der Tarifverträge keine Kontrakte mehr abgeschlossen werden, sondern es müsste nach Nachfrage bezahlt werden. Im aktuellen Tarifvertrag des Marburger Bundes steht aber, dass leistungsorientierte Bezahlung keine inhaltliche Festlegung ist. Ob sich dieser Standpunkt halten lässt, das wird die Zukunft zeigen müssen.

Prof. Dr. A. Weizel

Mannheim