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DOI: 10.1055/a-2542-4011
Scheinbares Masquerade-Syndrom durch bilaterale syphilitische Panuveitis
Apparent Masquerade Syndrome Caused by Bilateral Syphilitic Panuveitis
Ein 88-jähriger Patient stellte sich mit langsam progredienter Visusminderung beidseits seit 6 Wochen vor. Der Visus betrug rechts Lichtschein und links Handbewegungen (s. c.), der letzte dokumentierte Visus vor 6 Wochen war bestkorrigiert beidseits 0,63. Spaltlampenmikroskopisch zeigten sich Descemet-Falten und Vorderkammerzellen (einfach positiv) beidseits sowie ein Hypopyon rechts, jedoch keine keratitischen Präzipitate und kein Fibrin. Die Beurteilung des hinteren Augenabschnitts war bei kräftigen weißlichen, z. T. zellulären Glaskörperverdichtungen beidseits nicht möglich. Die 10-MHz-Sonografie zeigte echoreiche Glaskörperstrukturen beidseits ([Abb. 1 a], b). Aufgrund des Alters des Patienten bei Vorstellung wurde bei Verdacht auf ein zerebrales Lymphom mit beidseitiger okulärer Beteiligung ein zerebrales MRT initiiert, und bei ausgeprägtem Sehverlust erfolgte die stationäre Aufnahme und lokale und systemische Therapie mit Kortikosteroiden. Da differenzialdiagnostisch eine herpetische Genese nicht ausgeschlossen werden konnte, wurde zusätzlich Aciclovir i. v. angeordnet. Das MRT zeigte keinen Anhalt für ein Lymphom. Zur weiteren Ursachenabklärung wurde anschließend eine diagnostische Vitrektomie rechts durchgeführt. Weder die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) noch die Kultur aus dem gewonnenen Glaskörpermaterial ergaben einen Erregernachweis. In der Durchflusszytometrie konnte zudem ein intraokulares Lymphom ausgeschlossen werden. Die postoperativ durchgeführte optische Kohärenztomografie (OCT) der Makula rechts zeigte einen Verlust der äußeren Rezeptorbanden, eine Aufhebung der retinalen Schichtung und eine generalisierte Hyperreflektivität mit vereinzelten intraretinalen hyperreflektiven Foci, insbesondere nasal der Fovea ([Abb. 1 c]). Am 3. stationären Tag erbrachte das Aufnahmelabor den Nachweis einer aktiven Syphilisinfektion (IgG und IgM positiv, VDRL positiv). Die Therapie wurde daher auf Penicillin G i. v. umgestellt und die Therapie mit Aciclovir i. v. abgesetzt. Nach 6 Tagen intravenöser Penicillintherapie zeigte sich ein Visusanstieg auf 0,1 rechts bzw. 0,2 links (jeweils c. c. m.). Weitere 5 Tage später konnte der Patient bei reizfreiem intraokularem Befund und stabilem Visus nach Hause entlassen werden. Die vor Entlassung durchgeführte OCT der Makula rechts zeigte einen Rückgang der oben beschriebenen Auffälligkeiten ([Abb. 1 d]). Bei der poststationären Verlaufskontrolle nach 3 Wochen wurde ein weiterer Visusanstieg auf 0,25 rechts bzw. 0,4 links (c. c. m.) festgestellt. Die klinische Präsentation im vorliegenden Fall mit einer bilateralen Panuveitis mit ausgeprägter Glaskörperbeteiligung wird selten im Rahmen einer okulären Syphilis beobachtet. Zudem fehlten weitere klinische Hinweise wie typische dermatologische Effloreszenzen. Dies unterstreicht einmal mehr die hohe Variabilität hinsichtlich der klinischen Präsentation der okulären Syphilis. Obwohl die infektiöse Uveitis durch Syphilis in Deutschland einen eher kleinen Teil aller Fälle abbildet [1], sollte sie im Rahmen einer jeden Uveitisbasisdiagnostik ausgeschlossen werden [2].
Publication History
Received: 11 January 2025
Accepted: 16 January 2025
Article published online:
23 April 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Jakob E, Reuland MS, Mackensen F. et al. Uveitis Subtypes in a German Interdisciplinary Uveitis Center–Analysis of 1916 Patients. J Rheumatol 2009; 36: 127-136
- 2 Sektion Uveitis der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG). https://dog.org/wp-content/uploads/sites/11/2023/01/Kurzanleitung-Uveitisdiagnostik-15.01.2025.pdf