Die Wirbelsäule 2024; 08(03): 151-152
DOI: 10.1055/a-2246-1496
Referiert und kommentiert

Kommentar zu: Operationsbedürftige Anschlussdegeneration nach lumbaler Fusion

Basem Ishak

Die vorliegende Studie von Bains et al. untersucht die Reoperationsraten bei symptomatischer Anschlussdegeneration (ASD) nach verschiedenen Ansätzen zur lumbalen interkorporellen Fusion in Kombination mit Pedikelschrauben (PS) (ALIF+PS, PLIF+PS, TLIF+PS und LLIF+PS). Basierend auf einer retrospektiven Analyse von 5291 Patienten mit degenerativer Bandscheibenerkrankung aus dem Kaiser Permanente Spine Registry ist die Methodik der Studie robust, wobei Cox-Proportional-Hazards-Modelle verwendet wurden, um die Daten unter Berücksichtigung relevanter Kovariaten zu analysieren.

Die Ergebnisse zeigen keine signifikanten Unterschiede in den Reoperationsraten zwischen den verschiedenen Fusionsmethoden. Die 5-Jahres-Inzidenz von operativer ASD war bei ALIF+PS am niedrigsten (7,7%) und bei LLIF+PS am höchsten (9,3%), jedoch ohne statistische Signifikanz. Dies legt nahe, dass die Wahl der Fusionsmethode keinen wesentlichen Einfluss auf das Risiko einer ASD-Reoperation hat und ermöglicht Wirbelsäulenchirurgen eine flexible Entscheidung basierend auf individuellen Patientenanforderungen.

Ein bemerkenswerter Aspekt der Studie ist die Diskussion über biomechanische Faktoren und Segmentsteifigkeit, die zur Entwicklung von ASD beitragen können. Trotz früherer Studien, die Unterschiede in der Segmentsteifigkeit zwischen den Techniken vorschlugen, fand diese Studie keine signifikanten Auswirkungen auf die Reoperationsraten, was die Komplexität der ASD unterstreicht und trotz vieler bereits vorhandener Studien noch weitere erfordert.

Die Studie weist gewisse Limitationen auf, darunter das Fehlen von Daten zur sagittalen Balance und die Unterscheidung zwischen offenen und minimalinvasiven Verfahren. Zudem wurden Deformitäten ausgeschlossen und nur kurzstreckige Stabilisierungen ausgewertet. Diese Faktoren könnten wesentliche Auswirkungen auf die Ergebnisse haben und sollten in zukünftigen Untersuchungen genauer analysiert werden. Zudem ist die Inzidenz von operativ behandelter ASD geringer als die von radiologischer ASD, was auf asymptomatische Fälle oder Patienten, die keine Reoperation wünschen, zurückzuführen sein könnte. Dennoch argumentieren die Autoren, dass die operativ indizierte ASD ein nützlicher Outcome-Parameter ist, da sie zukünftige zusätzliche Kosten und Operationen widerspiegelt.

Die vorliegende Untersuchung bietet wertvolle klinische Einblicke und liefert starke Evidenz dafür, dass keine der untersuchten Fusionsmethoden hinsichtlich der Reoperationsraten für ASD überlegen ist. Dies unterstützt die Flexibilität in der wirbelsäulenchirurgischen Entscheidungsfindung und unterstreicht die Notwendigkeit weiterer Forschung, um andere potenzielle Risikofaktoren für ASD besser zu verstehen.

Ein weiterer Punkt der Studie ist die Betrachtung der Zeit bis zum Auftreten von operativer ASD, die sich zwischen den verschiedenen Fusionsmethoden nur minimal unterscheidet. Die durchschnittliche Zeit bis zur Reoperation betrug etwa 4,2 Jahre, was vergleichbare langfristige Ergebnisse zwischen den Ansätzen zeigt. Die Anzahl der fusionierten Segmente war kein signifikanter Risikofaktor für operative ASD, was früheren Studien widerspricht.

Insgesamt stellt die Studie einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Entscheidungsfindung in der Wirbelsäulenchirurgie im Lendenwirbelsäulenbereich dar und lädt zu einer vertieften Diskussion über das optimale Management bei Patienten mit degenerativer Bandscheibenerkrankung ein.



Publication History

Article published online:
13 August 2024

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