Transfusionsmedizin 2024; 14(01): 11-12
DOI: 10.1055/a-2241-3643
Aktuell referiert

Kommentar

Contributor(s):
Ulrich Sachs

Die Rolle des Komplementsystems bei der Auslösung der transfusionsassoziierten akuten Lungeninsuffizienz (TRALI) ist bislang wenig beachtet worden. Dabei wurde schon in den frühen Arbeiten zur TRALI gezeigt, dass die Anwesenheit einer Komplementquelle für die Entstehung einer kritisch erhöhten Permeabilität der Lungenkapillaren und das daraus resultierende Lungenödem relevant sein kann [1]. Dabei kommt dem Antikörper selbst eine entscheidende Rolle zu: manche Antikörper können auch in Abwesenheit von Komplement eine schwere TRALI im Lungenmodell induzieren [2]. Diese älteren Befunde werden in der Arbeit von van der Velden et al. zusammengeführt und weiterentwickelt. Dabei zeigt sich, dass die Auslösung einer TRALI in der Maus bei bestimmten monoklonalen Antikörpern gegen MHC-Klasse I von der Verfügbarkeit von Komplement abhängig ist. Offenbar kann es nach der Bindung des monoklonalen Antikörpers an seine Zielstruktur auf dem Lungenendothel der Maus zur Generierung von Komplementfragment C5a kommen, das die Einwanderung neutrophiler Granulozyten begünstigt. Dieser Befund ist immunologisch zunächst nicht überraschend. Es ist länger bekannt, dass der Sequestrierung und Aktivierung von neutrophilen Granulozyten in der Lunge eine Schlüsselbedeutung in der Pathophysiologie der TRALI zukommt [3]. Auch die histologischen Bilder von an TRALI Verstorbenen zeigen in der Regel mit neutrophilen Granulozyten regelrecht „verstopfte“ Lungenkapillaren. Daher ist ebenfalls nicht unerwartet, dass die in den Lungenkapillaren „gefangenen“ Neutrophilen in den maximalen Aktivierungszustand der NETosis übergehen, und dass ein (statistischer) Zusammenhang zwischen der C5a-Konzentration und Markern der NETosis zu beobachten ist.



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Article published online:
19 February 2024

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