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DOI: 10.1055/a-2240-8400
Das weite Spektrum der Psychiatrie und Psychotherapie
Wie in jeder Ausgabe der PSYCH up2date werden auch diesmal wieder Beispiele aus der ganzen Bandbreite des Fachbereiches für Sie auf dem neuesten Stand aufbereitet und referiert. Von der Behandlung psychiatrischer Symptome bei Demenzerkrankungen, den Herausforderungen von Persönlichkeitsstörungen bis zu den somatischen Aspekten von Abhängigkeitserkrankungen.
Zeitgleich zum DGPPN Kongress im Dezember 2023 wurde die neue S3-Leitlinie Demenz veröffentlicht mit Überarbeitungen der Bereiche Diagnostik und Therapie. Als Living-Guideline wird diese 2024 zeitnah weitere mögliche Entwicklungen (Zulassung eines Anti-Amyloid-Antikörper in Deutschland) aufnehmen. Überarbeitungsrhythmen von 3 oder 5 Jahren sind in diesen Phasen eines schnellen Erkenntniszuwachs zu langsam. Diese Ausgabe der PSYCH up2date wird sich mit Bezug auf die neue Leitlinie mit der Therapie psychiatrischer Symptome bei Demenzerkrankungen beschäftigen, an denen ca. 1,8 Millionen Menschen in Deutschland leiden.
In einen ganz anderen Bereich der Psychiatrie und Psychotherapie führt der Artikel zum vulnerablen Narzissmus in dieser Ausgabe. Obwohl die ICD-11 die Beschreibung einer klar abgegrenzten narzisstischen Persönlichkeitsstörung zugunsten einer dimensionalen Sichtweise aufgegeben hat, wird im klinischen, wie auch im allgemeinen Sprachgebrauch der Begriff des Narzissten weiter existieren. Der Beitrag geht auf die bei solchen Persönlichkeitszügen auftretende Vulnerabilität ein, die gerade über das dadurch selbsterfahrene Leid in eine Therapie oder aber auch in eine suizidale Krise führen kann.
Einen weiteren Aspekt der Psychiatrie stellen die somatischen Komplikationen von Abhängigkeitserkrankungen dar. Der Entzug von Gamma-Hydroxybuttersäure kann im stationären psychiatrischen Kontext erfolgen, wenn Verschiedenes beachtet wird. Das Wichtigste ist sicher auch das Daran-Denken, zumal der Nachweis von Gamma-Hydroxybuttersäure nicht zu den Standarduntersuchungen auf Suchtmittel gehört und bei kurzer Halbwertszeit schnell negativ wird.
Eine Erfassung des Menschen in seinen verhaltensrelevanten biologischen und psychologischen Dimensionen stellt die Kernkompetenz einer Psychiaterin oder eines Psychiaters dar. Dies ist notwendig für die nachfolgende differenzierte, leitlinienorientierte Therapieausrichtung. Hier werden in Zukunft zwischen Psychotherapie und Tablette wahrscheinlich weitere Interventionen eine Rolle spielen. Für die Therapie gilt aber, dass der empirische Wirksamkeitsnachweis wichtiger als eine hypothetische-theoretische Ableitung ist.
So ist bei einer Depression bei Demenz ein körperliches Aktivierungsprogramm in Gruppen am wirksamsten. Trotz des Verlustes von subkortikalen Neuronen bei Demenzerkrankungen zeigen viele Antidepressiva-Studien keine oder nur geringe Wirksamkeit. Dies gilt auch für Psychotherapie bei beginnender Demenz, obwohl enorme psychologische Umstellungsprozesse stattfinden. Die Gefahr jedes Fachgebietes ist die Neigung zum reflexhaften Handeln. Hiervor bewahrt nur eine regelmäßige Aktualisierung des Wissens. Manchmal mag die Bandbreite in der Psychiatrie überwältigend wirken – sie ist aber nun mal so bunt wie das menschliche Leben.
Publication History
Article published online:
28 March 2024
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