Die Wirbelsäule 2024; 08(02): 70-71
DOI: 10.1055/a-2236-4866
Referiert und kommentiert

Kommentar zu Adoleszente Idiopathische Skoliose: Knochendichtemessung mittels MRT

Bernhard Michalski

Der VBQ-Score (VBQ: Vertebral Bone Quality) wurde erstmalig 2019 publiziert. Hierbei handelt es sich um ein simples Messinstrument, welches die Knochenqualität anhand von T1-gewichteten, lumbalen MRT-Schnittbildern bestimmt. Dabei führt reduzierte Knochenqualität auf Grund von verminderter trabekulärer Strukturen und vermehrter Verfettung zu einem erhöhten VBQ-Score [1]. Im Gegensatz zur Bestimmung mittels DEXA (Dual Energy X-ray Absorptiometry), welches aktuell der Goldstandard zur Knochendichtemessung ist, wird der betreffende Wirbelsäulenabschnitt dreidimensional dargestellt, ohne dass der Patient ionisierender Strahlung ausgesetzt wird.

Die vorgestellte Arbeit von Ramos et al. wendet den VBQ-Score erstmalig bei der am weitesten verbreiteten, pädiatrischen Deformität der Wirbelsäule an: Der adoleszenten Idiopathischen Skoliose (AIS). Die jungen Patienten im Alter von 10 bis 18 Jahren profitieren von den Vorteilen der MRT-basierten Methode. Neben der Meidung von Röntgenstrahlung ist aufgrund der Schnittbildgebung auch bei starker Deformität eine exakte Festlegung des Messareals garantiert, wohingegen die zweidimensionale DEXA-Messung zu einer Unterschätzung der Knochendichte neigt [2].

In der vorliegenden Studie besteht die gematchte Kontrollgruppe aus Probanden, bei denen die Indikation zum MRT aufgrund eines Traumas oder Schmerzen gestellt wurde. Abgesehen von der paarweisen Zuordnung nach Alter, Geschlecht und Ethnie ist die Geschlechterverteilung nicht weiter benannt. Neben einer möglichen Korrelation von Trauma oder gerade auch bestehender Schmerzen mit abweichender Knochenqualität können weitere Störfaktoren bestehen: Die Knochenmasse nimmt im Rahmen des Wachstums stetig zu, bis sie am Ende der zweiten Lebensdekade 90% des Maximalwertes erreicht. Dieser Zuwachs verläuft in probanden- und geschlechterspezifischen Schüben und hängt unter anderem mit dem interindividuellen Pubertätsbeginn zusammen [3]. Für asymptomatische, minderjährige Probanden liegt aktuell kein Normwert des VBQ-Scores vor.

Ramos et al. zeigen einen signifikanten Unterschied des VBQ-Scores (2,5; SD 0,4 vs. 2,1; SD 0,3) zwischen der AIS-Gruppe und der Kontrollgruppe, die sich lediglich auf die Diagnose zurückführen ließen. Technische Details der durchgeführten MRT-Untersuchungen liegen nicht vor. Der bereits etablierte VBQ-Score beinhaltet als Referenzwert die Signalintensität der Zerebrospinalflüssigkeit auf Höhe des dritten Lendenwirbelkörpers. Hierdurch sollen Unterschiede des MRT-Geräts bzw. der untersuchungsspezifischen Einstellungen ausgeglichen werden [1]. Weiterführende Untersuchungen zeigen, dass der VBQ-Score trotz integriertem Referenzwert weiterhin signifikant von weiteren technischen Faktoren wie der Feldstärke abhängt [4].

Zusammenfassend bietet der VBQ-Score eine zukunftsträchtige Alternative zur herkömmlichen DEXA-Untersuchung. Die MRT-basierten Vorteile können insbesondere für minderjährige AIS Patienten wertvoll sein. Zur standardisierten Anwendung werden altersspezifische Normwerte benötigt. Außerdem gilt es technische Unterschiede der MRT-Untersuchung zu evaluieren und zu bereinigen.



Publication History

Article published online:
16 April 2024

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