Allgemeinmedizin up2date 2024; 05(03): 213-227
DOI: 10.1055/a-2232-6485
Allgemeines - Notfall - Prävention

Stuhlinkontinenz: ein unterschätztes Krankheitsbild mit erheblichem Leidensdruck

Jessica Schneider

Die Stuhlinkontinenz ist ein häufiges Krankheitsbild und verursacht eine Einschränkung der Lebensqualität. Gleichzeitig dauert es aufgrund des Schamgefühls häufig Jahre, bis sich Betroffene einem Arzt/einer Ärztin anvertrauen. Dabei kann oftmals schon mit einfachen konservativen Maßnahmen eine deutliche Verbesserung der Beschwerden erreicht werden. Bei der Behandlung steht die Patientenzufriedenheit stets im Fokus.

Kernaussagen
  • Die Stuhlinkontinenz ist ein häufiges Krankheitsbild und betrifft bis zu 18,8% der befragten Bevölkerung.

  • Die Ursache einer Stuhlinkontinenz ist häufig multifaktoriell und selten isoliert.

  • Mit einer zielgerichteten Anamnese und einer fokussierten Untersuchung (ohne notwendiges Instrumentarium) kann die Diagnose Stuhlinkontinenz bereits gestellt und häufig auch eine Erstlinientherapie eingeleitet werden.

  • Die Anamnese sollte u.a. Aufschluss geben zu Stuhlkonsistenz, Schweregrad und Frequenz der Inkontinenz, Ernährungs- und Trinkgewohnheiten, Gebrauch von Nahrungsergänzungsmitteln, Dauermedikation, Voroperationen, Geburtsanamnese und ggf. zum gleichzeitigen Vorliegen einer rektalen Entleerungsstörung.

  • In der klinischen Untersuchung ist u.a. zu achten auf das Vorhandensein eines Prolapses, Narben nach Voroperationen und/oder Episiotomie, Vorlagen in der Unterwäsche/verschmutzte Unterwäsche, Ekzem/Hautirritationen/Exkoriationen, Descensus perinei, Sphinktertonus in Ruhe und nach Aufforderung zum Kneifen, Koordination des Beckenbodens, Impaktationen, Stenosen, Raumforderungen sowie Strikturen im Analkanal und distalen Rektum.

  • Die Erstlinientherapie umfasst u.a. Maßnahmen für eine konsequente Stuhlregulation und einen konsequenten Hautschutz sowie die Aufnahme von Beckenbodengymnastik mit/ohne Biofeedbacktherapie.

  • Zur weiterführenden Diagnostik gehören insbesondere der endoanale Ultraschall und die dynamische MRT.

  • In der Zweitlinientherapie steht als konservative Möglichkeit vorrangig die transanale Irrigation zur Verfügung.

  • Die operativen Therapiemöglichkeiten umfassen die operative Versorgung eines Rektumprolapses, die sekundäre Sphinkter-Rekonstruktion, die sakrale Nervenmodulation und als Ultima Ratio die Anlage eines Stomas.

  • Informationen für Patienten und Ärzte halten auch Fachgesellschaften (z.B. die Deutsche Kontinenz Gesellschaft e.V) bereit.



Publication History

Article published online:
12 August 2024

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