JuKiP - Ihr Fachmagazin für Gesundheits- und Kinderkrankenpflege 2023; 12(06): 266
DOI: 10.1055/a-2174-8563
BHK-Mitteilungen

Mitteilungen für die Mitglieder des Bundesverbands Häusliche Kinderkrankenpflege e. V.

One Minute Wonder – Therapieentscheidungen für Kinder

Behandlungsentscheidungen sind in der Regel das Ergebnis eines gemeinsamen Entscheidungsprozesses ([ Abb. 1 ]). Welche Therapie ein Kind bei schwerer Krankheit oder in einem Notfall erhalten soll, ist oft eine schwierige Entscheidung. Wir stellen zentrale Konzepte des Entscheidungswegs vor.

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Abb. 1 Entscheidungsprozess.

Aufklärung

Jede medizinische Behandlung setzt voraus, dass der Patient oder seine Vertreter über das Vorgehen, die Folgen, Vor- und Nachteile der Therapie oder ihrer Unterlassung ärztlich aufgeklärt wurden. Der Arzt klärt über Therapieoptionen auf, die nach ärztlicher Beurteilung medizinisch indiziert sind. Das heißt, sie haben eine ausreichende Erfolgschance bei vertretbaren Risiken. Nicht indizierte Therapien werden weder angeboten noch durchgeführt.


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Einwilligung

Die zweite Voraussetzung jeder medizinischen Behandlung ist die Einwilligung des Patienten oder seiner Vertreter nach ärztlicher Aufklärung. Die rechtmäßigen Vertreter von Kindern sind meist ihre sorgeberechtigten Eltern. Der Patient oder sein Vertreter kann nur in eine Therapie einwilligen, für die eine medizinische Indikation besteht. Wenn ein Patient oder seine rechtmäßigen Vertreter sich in einem Notfall nicht äußern können, ist der Arzt verpflichtet, den mutmaßlichen Willen des Patienten oder seiner Vertreter zu beachten. Er soll nach zuverlässigen Anhaltspunkten dafür suchen, welche Notfallbehandlung dieser Patient für sich wünschen würde. Gibt es dafür keine Anhaltspunkte, muss er nach allgemeinen Kriterien entscheiden, im Zweifel für das Leben.


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Gemeinsame Entscheidungsfindung

Weitreichende Therapieentscheidungen werden meist in einem mehrschrittigen Entscheidungsprozess (engl.: shared decision making) getroffen: In mehreren Gesprächen versteht der Arzt, was dem Patienten wichtig ist, und der Patient erfährt, welche Behandlungsmöglichkeiten grundsätzlich zur Verfügung stehen. Gemeinsames Ziel ist, eine mit guten Chancen und vertretbaren Belastungen verbundene Therapie auszuwählen, die den Werthaltungen des Patienten und seinen persönlichen Lebenszielen entspricht.


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Vorausschauende Versorgungsplanung

Durch eine vorausschauende Versorgungsplanung (engl.: advance care planning) sollen zukünftige Entscheidungen vorbereitet und, wenn gewünscht, vorausschauend getroffen werden. Wenn das Kind eine lebenslimitierende Erkrankung hat, sollte den Eltern das Angebot gemacht werden, den erwarteten Krankheitsverlauf zu besprechen und sich eine Meinung zu zukünftigen Therapieentscheidungen zu bilden. Voraussetzungen solcher Gespräche sind eine familienzentrierte, respektvolle Haltung und eine vertrauensvolle Gesprächssituation. Die Eltern müssen bereit sein, sich kognitiv und emotional mit zukünftigen belastenden Situationen auseinanderzusetzen. Schließlich muss der aufklärende Arzt mit der Grundkrankheit und den Vor- und Nachteilen zukünftiger Behandlungsoptionen vertraut sein.


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Vorausverfügung für Notfallsituationen

Wenn ein Patient oder sein Vertreter nach ärztlicher Aufklärung eine gefestigte Überzeugung dazu hat, welche medizinisch indizierte Behandlung er in einer konkreten zukünftigen Behandlungssituation wünscht oder ablehnt, kann dies in Form einer Vorausverfügung dokumentiert werden. Eine solche Vorausverfügung erleichtert es Betreuungspersonen, Pflegenden und Ärzten, in einem Notfall gemäß den dokumentierten Wünschen des Patienten zu handeln. Es gibt jedoch keine Verpflichtung, eine Vorausverfügung zu erstellen. Nicht wenige Familien wollen weitreichende Entscheidungen erst in konkreten Entscheidungssituationen treffen. Eine Vorausverfügung kann vom Patienten oder seinem Vertreter jederzeit – auch mündlich – widerrufen werden.

Georg Rellensmann, Andrea Beissenhirtz, Kinderpalliativzentrum, Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln, Datteln, Deutschland

Zusätzliches Material finden Sie unter https://doi.org/10.1055/a-2174-8563

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Redaktion BHK-Mitteilung: Corinne Ruser

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i. A. Corinne Ruser.


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Publication History

Article published online:
07 December 2023

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