Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2024; 19(01): 19-22
DOI: 10.1055/a-2170-3446
Schritt für Schritt

Akromioklavikulargelenkarthrose – Schritt für Schritt

Felix Zeifang
,
Markus Loew

Resektionsarthroplastik

OP-Prinzip

Resektion des lateralen Klavikulaendes (Mumford-Operation) unter Erhaltung, Rekonstruktion oder plastischem Ersatz (OP nach Weaver-Dunn) des korakoklavikulären Bandapparats. Arthroskopische Methoden gewinnen hier gegenüber den offenen Verfahren zunehmend an Bedeutung, da sie ausreichende Übersicht und geringere Invasivität (geringere Narben, Erhalt der kranialen Kapsel und geringere Gefahr der Verletzung des korakoklavikulären Bandes) bieten.


#

Indikation

  • schmerzhafte Arthrose des Akromioklavikulargelenks

  • Osteolyse des lateralen Klavikulaendes („weightlifter’s shoulder“)

  • veraltete, schmerzhafte Schultereckgelenksprengung, bei Instabilität in Kombination mit einer Bandplastik


#

Kontraindikation

Bei subakromialem Impingement, verursacht durch kaudale Osteophyten von Akromion und lateralem Klavikulaende, ist neben der vorderen Akromioplastik nur eine lokale Exophytenabtragung erforderlich.


#

Spezielle Patientenaufklärung

Operationsrisiken: Infektion, geringer Kraftverlust, Kosmetik (Narbenkeloid) bei offenem Vorgehen, nicht ausreichende Knochenresektion.


#

OP-Planung

  • Klinische Diagnostik:

    • Horizontaladduktionstest

    • oberer Painful Arc (120–180°)

    • Lokalanästhetikum-Injektionstest

    • Sonografie (Rotatorenmanschette, korakoklavikulärer Bandapparat)

  • Röntgen:

    • AC-Zielaufnahme

    • Supraspinatus-Outlet-View

  • MRT:

    • intraartikulärer Erguss

    • intraossäre Zysten

    • Knochenödem

Bei unklarer Symptomatik Szintigrafie (lokale Mehrspeicherung bei aktiver ACG-Arthrose).


#

Spezielle Instrumente

Arthroskopisches Vorgehen: koro- oder tannenzapfenförmiger Shaver.

Bei offenem Vorgehen: oszillierende Säge, gebogene Kocher-Rinnen.

OP-Technik

Arthroskopische Technik der OP nach Mumford

Lagerung

Lagerung entsprechend [1]

Durchführung

Für die Optik Stichinzision 1 cm kaudal und 1,5 cm medial des posterolateralen Akromions. Ein zweiter, anterolateraler Zugang wird mithilfe einer Nadel so gesetzt, dass der Abstand weit genug zum lateralen Akromionrand liegt, so dass später bis zum AC-Gelenk mühelos vorgegangen werden kann und nicht über das Akromion gehebelt werden muss.

Es erfolgt dann zunächst eine subakromiale Bursektomie, danach Darstellung des AC-Gelenks. Mithilfe einer Nadel wird ein anteriorer Arbeitszugang direkt im anterioren Verlauf des AC-Gelenks gesetzt, von wo aus dann zunächst mittels Elektrogerät die inferiore Kapsel von ventral inzidiert und dann mithilfe eines koro- oder tannenzapfenförmigen Shavers die laterale Klavikula reseziert wird. Üblicherweise wird bis zu 1 cm reseziert, so dass mindestens 2 Shaver-Breiten in den geschaffenen Spalt passen. Die oberen Anteile der akromioklavikulären Kapsel werden verschont. Im Anschluss wird die spongiöse Oberfläche an den angrenzenden Knochen mittels Elektrogerät zur Blutstillung und Neurolyse koaguliert. Mit dem Tasthaken muss nochmals eine genaue Überprüfung auf verbliebene Osteophyten erfolgen.

Offenes Vorgehen

Lagerung

Lagerung halbsitzend in Liegestuhlposition mit frei beweglichem Arm.

Zugang

Einzeichnen der knöchernen Landmarken. 6–8 cm lange Hautschnittführung sagittal, etwa 1 cm medial des Schultereckgelenks auf den Processus coracoideus zu. Unterminieren der Haut zur Darstellung der Gelenkkapsel und des lateralen Klavikulaendes. Spalten der Muskelaponeurose über dem AC-Gelenk in Verlaufsrichtung der Klavikula, longitudinale Inzision der kranialen Gelenkkapsel mit Verlängerung der Schnittführung über das laterale Klavikulaende ([Abb. 1]). Mit dem Raspatorium sparsames Abschieben des Muskelperiostlappens von der Klavikula und Umfahren des lateralen Endes mit 2 Kocher-Rinnen, wobei der Trapeziusansatz nach dorsal, der Deltoideusansatz nach ventral abgehalten wird. Die ventral eingesetzte Kocher-Rinne liegt lateral den korakoklavikulären Bändern an.

Durchführung

Osteotomie

Mit einer oszillierenden Säge wird das laterale Klavikulaende etwa 1,5 cm medial des Gelenkspalts osteotomiert, wobei die Schnittführung schräg nach kraniodorsal verläuft ([Abb. 2]), um den Ansatz des korakoklavikulären Bandapparats sicher zu schonen. Die Weite des entstandenen Spaltes wird digital überprüft, dabei Palpation der Unterfläche des Akromions und der Klavikula, um verbliebene osteophytäre Ausziehungen zu entdecken und mit Luer oder Feile zu glätten. Die Kanten der Klavikula werden ebenfalls geglättet. Mit durchgreifenden resorbierbaren Nähten der Stärke 1 wird die kraniale Gelenkkapsel verschlossen und der Muskelperiostlappen readaptiert ([Abb. 3]). Dadurch wird die entstandene Lücke ausgefüllt und das laterale Klavikulaende vollständig bedeckt. Schichtweiser Wundverschluss. Besteht zusätzlich ein subakromiales Impingement mit oder ohne Ruptur der Rotatorenmanschette, wird nach Durchführung der Klavikularesektion der M. deltoideus unter Ausbildung eines myoperiostalen Lappens vor der Akromionspitze abgelöst (OP-Technik s. [2]). Dann erfolgt die Akromioplastik mit Resektion des Lig. coracoacromiale. Gegebenenfalls kann nach Revision der Rotatorenmanschette die Sehnennaht durchgeführt werden (OP-Technik s. [3]).

OP nach Weaver-Dunn

Liegt der Indikation zur Operation eine veraltete komplette Schultereckgelenksprengung mit Instabilität des Klavikulaendes bei Insuffizienz des korakoklavikulären Bandapparats zugrunde, erfolgt nach Durchführung der lateralen Klavikularesektion ein plastischer Bandersatz. Dazu wird die Muskelaponeurose am lateralen Ende der ersten Schnittführung rechtwinklig nach vorn durchtrennt und anschließend der Ansatz des M. deltoideus subperiostal vom medialen Akromion abgelöst. Dann wird das Lig. coracoacromiale durch stumpfes Abschieben der Weichteile komplett bis zu den Ansätzen an Akromion und Korakoid dargestellt. Das Band wird mit einer feinen Knochenlamelle mit dem Meißel vom Akromion abgelöst und nach kranial geschlagen. Mit einem Bohrer der Stärke 3,5 mm wird durch die kraniale Kortikalis des Klavikulastumpfes ein transossärer Kanal gebohrt. Das freie Bandende wird mit einem nicht resorbierbaren Faden der Stärke 2–0 angeschlungen und durch den Bohrkanal am lateralen Klavikulaende fixiert ([Abb. 4]). Nach Reposition des AC-Gelenks erfolgt eine temporäre Transfixation durch 2 von lateral-transakromial eingebrachte Kirschner-Drähte der Stärke 2–0.

Zoom Image
Abb. 1 Längsinzision der kranialen Kapsel mit Darstellung des AC-Gelenks und des lateralen Klavikulaendes.
Zoom Image
Abb. 2 Schräg nach kraniodorsal verlaufende Osteotomie.
Zoom Image
Abb. 3 Adaptation des Muskelperiostlappens von M. deltoideus und M. trapezius.
Zoom Image
Abb. 4 Transposition des Lig. coracoacromiale auf das laterale Klavikulaende (Weaver-Dunn).

#

Tipps und Tricks

Verzicht auf die Drahtfixation durch temporäre Sicherung der Bandplastik durch ein resorbierbares Kunststoffband, das in einer Achtertour um das Korakoid und das laterale Klavikulaende geschlungen wird.


#

Alternativmethoden

Hautschnittführung im Verlauf des lateralen Klavikuladrittels, verlängert bis zum äußeren Rand des Akromions (führt häufig zu störender Keloidbildung). Die Resektion des lateralen Klavikulaendes mit oder ohne Dekompression des Subakromialraums kann auch vollständig endoskopisch ausgeführt werden. Vorteil ist ein geringeres Weichteiltrauma. Nachteile sind eine längere Operationsdauer und kraniale Osteophyten am lateralen Klavikulaende können schlecht erreicht werden.


#

Nachbehandlung

  • Bei alleiniger Resektion des lateralen Klavikulaendes kurzfristige symptomatische Ruhigstellung im Desault-Verband. Aktive Bewegungsübungen für 2 Wochen nur bis zur Schulterhöhe.

  • Bei zusätzlicher Bandplastik Gilchrist-Verband für 4 Wochen, anschließend passive Bewegungsübungen mit Abduktion und Flexion bis Schulterhöhe bis zur Drahtentfernung 6 Wochen postoperativ. Kein Wurf- oder Kraftsport für 12 Wochen.

  • Bei zusätzlicher Sehnennaht vergleiche „Nachbehandlung“ im Kapitel „Rotatorenmanschettenruptur“ [3].


#

Ergebnisse

Gute funktionelle und kosmetische Ergebnisse in ca. 80 % der Fälle, geringer Kraftverlust.


#

Zitierweise für diesen Artikel

Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2024; 19: 19–22

Dieser Beitrag wurde erstveröffentlicht in: Zeifang F, Loew M. Akromioklavikulargelenkarthrose. In: Ewerbeck V, Wentzensen A, Grützner P, Holz F, Krämer K, Pfeil J, Sabo D, Hrsg. Standardverfahren in der operativen Orthopädie und Unfallchirurgie. 4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2014.


#

Publication History

Article published online:
09 February 2024

© 2024. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

 
  • Literatur

  • 1 Zeifang F, Loew M. Schulterinstabilität. In: Ewerbeck V, Wentzensen A, Grützner P, Holz F, Krämer K, Pfeil J, Sabo D. Standardverfahren in der operativen Orthopädie und Unfallchirurgie. 4. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage Stuttgart: Thieme; 2014
  • 2 Raiss P, Loew M. Subakromiale Enge. In: Ewerbeck V, Wentzensen A, Grützner P, Holz F, Krämer K, Pfeil J, Sabo D. Standardverfahren in der operativen Orthopädie und Unfallchirurgie. 4. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage Stuttgart: Thieme; 2014
  • 3 Raiss P, Loew M. Rotatorenmanschettenruptur. In: Ewerbeck V, Wentzensen A, Grützner P, Holz F, Krämer K, Pfeil J, Sabo D. Standardverfahren in der operativen Orthopädie und Unfallchirurgie. 4. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage Stuttgart: Thieme; 2014