Journal Club AINS 2023; 12(03): 122
DOI: 10.1055/a-2146-0857
Highlight

Second-Victim-Phänomen häufig bei Notfallmediziner*innen

Die präklinische Notfallversorgung wird häufig unter widrigen Bedingungen wie Zeit- und/oder Informationsmangel oder in einer gefährlichen Umgebung durchgeführt, was dieses Fachgebiet fehleranfällig macht. Inzwischen ist es eine wohlbekannte Tatsache, dass Schuldzuweisungen und Isolation angesichts medizinischer Fehler zu emotionalen Verletzungen führen können, wie sie durch das sog. Second-Victim-Phänomen“ (SVP) dargestellt werden. Gemäß der zuletzt veröffentlichten Definition ist ein zweites Opfer (second victim, SV) jedes medizinische Personal, das direkt oder indirekt an einem unvorhergesehenen unerwünschten Ereignis für den Patienten, einem unbeabsichtigten Behandlungsfehler oder einer Verletzung des Patienten beteiligt ist und in dem Sinne zum Opfer wird, dass die Person ebenfalls negativ beeinträchtigt wird. Das SVP kann zu negativen Folgen für die Mitarbeiter führen, die von einer Beeinträchtigung der Lebensqualität über eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) bis hin zu Selbstmord reichen.

Fazit

Nach Kenntnis der Autoren legen sie mit ihrer Arbeit eine der ersten Untersuchungen zum SVP im Umfeld medizinischer Rettungsdienste weltweit vor. Ihre Daten deuten darauf hin, so die Autoren, dass das SVP bei präklinischen Notärzten häufig vorkommt. Um Mitarbeiter vor zusätzlichem Schaden zu bewahren, sind formell etablierte Unterstützungsnetzwerke, z. B. der Zugang zu psychologischer und rechtlicher Beratung, dringend erforderlich. Um den Status quo in diesem speziellen Bereich der medizinischen Versorgung weiter zu bewerten, sollen in naher Zukunft Folgebefragungen unter Rettungsdienstdisponenten und Sanitätern durchgeführt werden.



Publication History

Article published online:
06 September 2023

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