Z Gastroenterol 2023; 61(04): e92-e156
DOI: 10.1055/a-2026-1240
Leitlinie

S3-Leitlinie Diagnostik und Therapie biliärer Karzinome – Langversion

Michael Bitzer
1   Abteilung für Gastroenterologie, Gastrointestinale Onkologie, Hepatologie, Infektiologie und Geriatrie, Eberhard-Karls Universität, Tübingen
,
Sabrina Groß
1   Abteilung für Gastroenterologie, Gastrointestinale Onkologie, Hepatologie, Infektiologie und Geriatrie, Eberhard-Karls Universität, Tübingen
,
Jörg Albert
2   Katharinenhospital, Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Pneumologie, Stuttgart
,
Judit Boda-Heggemann
3   Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Universitätsklinikum Mannheim
,
Thomas Brunner
4   Universitätsklinik für Strahlentherapie-Radioonkologie, Medizinische Universität Graz
,
Reiner Caspari
5   Klinik Niederrhein Erkrankungen des Stoffwechsels der Verdauungsorgane und Tumorerkrankungen, Bad Neuenahr-Ahrweiler
,
Enrico De Toni
6   Medizinische Klinik und Poliklinik II, LMU München
,
Frank Dombrowski
7   Institut für Pathologie, Universität Greifswald
,
Matthias Evert
8   Institut für Pathologie, Universität Regensburg
,
Andreas Geier
9   Medizinische Klinik und Poliklinik II, Universitätsklinikum Würzburg
,
Eleni Gkika
10   Klinik für Strahlenheilkunde, Department für Radiologische Diagnostik und Therapie, Universitätsklinikum Freiburg
,
Martin Götz
11   Medizinische Klinik IV – Gastroenterologie/Onkologie, Klinikverbund Südwest, Böblingen
,
Thomas Helmberger
12   Institut für Radiologie, Neuroradiologie und minimal invasive Therapie, München Klinik Bogenhausen
,
Ralf-Thorsten Hoffmann
13   Institut und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Dresden
,
Peter Huppert
14   Radiologisches Zentrum, Max Grundig Klinik, Bühlerhöhe
,
Achim Kautz
15   Deutsche Leberhilfe e. V.
,
David Krug
16   Strahlentherapie Campus Kiel, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein
,
Christian La Fougère
17   Nuklearmedizin und Klinische Molekulare Bildgebung, Eberhard-Karls Universität, Tübingen
,
Hauke Lang
18   Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz
,
Philipp Lenz
19   Zentrale Einrichtung Palliativmedizin, Universitätsklinikum Münster
,
Tom Lüdde
20   Medizinische Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie, Universitätsklinikum Düsseldorf
,
Andreas Mahnken
21   Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Marburg
,
Silvio Nadalin
22   Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschrirugie, Eberhard-Karls Universität, Tübingen
,
Hoa Huu Phuc Nguyen
23   Institut für Humangenetik, Ruhr-Universität, Bochum
,
Johann Ockenga
24   Medizinische Klinik II, Gesundheit Nord, Klinikverbund Bremen
,
Karl Oldhafer
25   Klinik für Leber-, Gallenwegs- und Pankreaschirurgie, Asklepios Klinik Barmbek
,
Philipp Paprottka
26   Sektion für Interventionelle Radiologie, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München
,
Philippe Pereira
27   Zentrum für Radiologie, Minimal-invasive Therapien und Nuklearmedizin, SLK-Klinken Heilbronn
,
Thorsten Persigehl
28   Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Köln
,
Ruben Plentz
29   Klinik für Innere Medizin, Gesundheit Nord, Klinikverbund Bremen
,
Jürgen Pohl
30   Abteilung für Gastroenterologie, Asklepios Klinik Altona
,
Heinrich Recken
31   Hamburger Fern-Hochschule
,
Peter Reimer
32   Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Städtisches Klinikum Karlsruhe
,
Jutta Riemer
33   Lebertransplantierte e. V.
,
Ulrike Ritterbusch
34   Hospizarbeit am Universitätsklinikum Essen
,
Elke Roeb
35   Medizinische Klinik II Pneumologie, Nephrologie und Gastroenterologie, Universitätsklinikum Gießen
,
Jörn Rüssel
36   Medizinische Klinik IV Hämatologie und Onkologie, Universitätsklinikum Halle (Saale)
,
Barbara Schellhaas
37   Medizinische Klinik I Gastroenterologie, Pneumologie und Endokrinologie, Friedrich-Alexander-Universität, Erlangen
,
Peter Schirmacher
38   Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie, Universitätsklinikum Heidelberg
,
Hans Jürgen Schlitt
39   Klinik und Poliklinik für Chirurgie, Universitätsklinikum Regensburg
,
Irene Schmid
40   Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital, LMU München
,
Andreas Schuler
41   Medizinische Klinik, Gastroenterologie, Alb-Fils-Kliniken, Geislingen an der Steige
,
Daniel Seehofer
42   Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Transplantations-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum Leipzig
,
Marianne Sinn
43   II. Medizinische Klinik und Poliklinik (Onkologie, Hämatologie, Knochenmarktransplantation mit Abteilung für Pneumologie), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
,
Andreas Stengel
44   Innere Medizin VI – Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Eberhard-Karls Universität, Tübingen
,
Christoph Stoll
45   Klinik Herzoghöhe Bayreuth
,
Andrea Tannapfel
46   Institut für Pathologie, Ruhr-Universität Bochum
,
Anne Taubert
47   Klinische Sozialarbeit, Universitätsklinikum Heidelberg
,
Reina Tholen
48   Deutscher Bundesverband für Physiotherapie (ZVK) e. V.
,
Jörg Trojan
49   Medizinische Klinik 1: Gastroenterologie und Hepatologie, Pneumologie und Allergologie, Endokrinologie und Diabetologie sowie Ernährungsmedizin, Goethe-Universität, Frankfurt
,
Ingo van Thiel
15   Deutsche Leberhilfe e. V.
,
Arndt Vogel
50   Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, Medizinische Hochschule Hannover
,
Thomas Vogl
51   Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Goethe-Universität, Frankfurt
,
Frank Wacker
52   Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Medizinische Hochschule Hannover
,
Oliver Waidmann
53   Onkologie Bethanien, Frankfurt am Main
,
Heiner Wedemeyer
50   Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, Medizinische Hochschule Hannover
,
Henning Wege
54   Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Onkologie/Hämatologie, Gastroenterologie und Infektiologie, Klinikum Esslingen
,
Dane Wildner
55   Innere Medizin, Krankenhäuser Nürnberger Land GmbH, Standort Lauf
,
Marcus-Alexander Wörns
56   Klinik für Gastroenterologie, Hämatologie und internistische Onkologie und Endokrinologie, Klinikum Dortmund
,
Peter Galle
57   1. Medizinische Klinik und Poliklinik, Gastroenterologie, Hepatologie, Nephrologie, Rheumatologie, Infektiologie, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz
,
Nisar Malek
1   Abteilung für Gastroenterologie, Gastrointestinale Onkologie, Hepatologie, Infektiologie und Geriatrie, Eberhard-Karls Universität, Tübingen
› Author Affiliations
 

Wesentliche Neuerungen

Wesentliche Neuerungen in der Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der biliären Karzinome

  • „Kapitel 4.5: Zwischenzeitlich wurde die Therapie mit Pemigatinib bei Vorliegen einer Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor-2 (FGFR2) Fusion oder eines FGFR“-Rearrangements als Zweitlinientherapie beim Cholangiokarzinoms zugelassen, sodass dies auch in der Leitlinie empfohlen wird. Bisher wurde in der Zweitlinientherapie FOLFOX empfohlen. Eine Erweiterung der chemotherapeutischen Optionen erfolgte durch die Aufnahme einer konsensbasierten Empfehlung zu einer Irinotecan-haltigen Therapie. Im Kapitel Systemtherapien erfolgte im Hintergrundtext eine Aktualisierung zum Thema Therapie-relevante molekulare Veränderungen.

Eine detaillierte Übersicht der Änderungen befindet sich Kapitel 6.2


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1 Informationen zu dieser Leitlinie

1.1 Herausgeber

Leitlinienprogramm Onkologie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF), Deutschen Krebsgesellschaft e. V. (DKG) und der Stiftung Deutsche Krebshilfe (DKH).


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1.2 Federführende Fachgesellschaft(en)

Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e. V. (DGVS)

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1.3 Finanzierung der Leitlinie

Diese Leitlinie wurde von der Deutschen Krebshilfe im Rahmen des Leitlinienprogramms Onkologie gefördert.


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1.4 Kontakt

Office Leitlinienprogramm Onkologie
c/o Deutsche Krebsgesellschaft e. V.
Kuno-Fischer-Straße 8
14 057 Berlin
leitlinienprogramm@krebsgesellschaft.de
www.leitlinienprogramm-onkologie.de


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1.5 Zitierweise

Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Diagnostik und Therapie des Hepatozellulären Karzinoms und biliärer Karzinome Langversion 3.0, 2022, AWMF-Registernummer: 032/053OL, https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/hcc-und-biliaere-karzinome/; Zugriff am [tt.mm.jjjj]


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1.6 Besonderer Hinweis

Die Medizin unterliegt einem fortwährenden Entwicklungsprozess, sodass alle Angaben, insbesondere zu diagnostischen und therapeutischen Verfahren, immer nur dem Wissensstand zur Zeit der Drucklegung der Leitlinie entsprechen können. Hinsichtlich der angegebenen Empfehlungen zur Therapie und der Auswahl sowie Dosierung von Medikamenten wurde die größtmögliche Sorgfalt beachtet. Gleichwohl werden die Benutzer aufgefordert, die Beipackzettel und Fachinformationen der Hersteller zur Kontrolle heranzuziehen und im Zweifelsfall einen Spezialisten zu konsultieren. Fragliche Unstimmigkeiten sollen bitte im allgemeinen Interesse der OL-Redaktion mitgeteilt werden.

Der Benutzer selbst bleibt verantwortlich für jede diagnostische und therapeutische Applikation, Medikation und Dosierung.

In dieser Leitlinie sind eingetragene Warenzeichen (geschützte Warennamen) nicht besonders kenntlich gemacht. Es kann also aus dem Fehlen eines entsprechenden Hinweises nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Bestimmung des Urhebergesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung der OL-Redaktion unzulässig und strafbar. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung der OL-Redaktion reproduziert werden. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung, Nutzung und Verwertung in elektronischen Systemen, Intranets und dem Internet.

In dieser Leitlinie wird aus Gründen der Lesbarkeit die männliche Form verwendet, nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben auf Angehörige aller Geschlechter.


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1.7 Ziele des Leitlinienprogramms Onkologie

Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V., die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. und die Stiftung Deutsche Krebshilfe haben sich mit dem Leitlinienprogramm Onkologie (OL) das Ziel gesetzt, gemeinsam die Entwicklung und Fortschreibung und den Einsatz wissenschaftlich begründeter und praktikabler Leitlinien in der Onkologie zu fördern und zu unterstützen. Die Basis dieses Programms beruht auf den medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen der Fachgesellschaften und der DKG, dem Konsens der medizinischen Fachexperten, Anwender und Patienten sowie auf dem Regelwerk für die Leitlinienerstellung der AWMF und der fachlichen Unterstützung und Finanzierung durch die Deutsche Krebshilfe. Um den aktuellen Stand des medizinischen Wissens abzubilden und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen, müssen Leitlinien regelmäßig überprüft und fortgeschrieben werden. Die Anwendung des AWMF-Regelwerks soll hierbei Grundlage zur Entwicklung qualitativ hochwertiger onkologischer Leitlinien sein. Da Leitlinien ein wichtiges Instrument der Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements in der Onkologie darstellen, sollten sie gezielt und nachhaltig in den Versorgungsalltag eingebracht werden. So sind aktive Implementierungsmaßnahmen und auch Evaluationsprogramme ein wichtiger Bestandteil der Förderung des Leitlinienprogramms Onkologie. Ziel des Programms ist es, in Deutschland professionelle und mittelfristig finanziell gesicherte Voraussetzungen für die Entwicklung und Bereitstellung hochwertiger Leitlinien zu schaffen. Denn diese hochwertigen Leitlinien dienen nicht nur dem strukturierten Wissenstransfer, sondern können auch in der Gestaltung der Strukturen des Gesundheitssystems ihren Platz finden. Zu erwähnen sind hier evidenzbasierte Leitlinien als Grundlage zum Erstellen und Aktualisieren von Disease-Management-Programmen oder die Verwendung von aus Leitlinien extrahierten Qualitätsindikatoren im Rahmen der Zertifizierung von Organtumorzentren.


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1.8 Weitere Dokumente zu dieser Leitlinie

Bei diesem Dokument handelt es sich um die Langversion der S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Hepatozellulären Karzinoms und biliärer Karzinome“. Neben der Langversion wird es folgende ergänzende Dokumente zu dieser Leitlinie geben:

  • Kurzversion der Leitlinie

  • Laienversionen (Patientenleitlinie)

  • Leitlinienreport zum Aktualisierungsprozess der Leitlinie

  • Evidenzberichte zu Literaturrecherchen und Evidenztabellen

Diese Leitlinie und alle Zusatzdokumente sind über die folgenden Seiten zugänglich.

Dokumente zu den Vorgängerversionen der Leitlinie sind im Leitlinienarchiv unter:

https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/hcc-und-biliaere-karzinome/ abrufbar.

Die Leitlinie ist außerdem in der App des Leitlinienprogramms Onkologie enthalten.

Weitere Informationen unter: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/app

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1.9 Zusammensetzung der Leitliniengruppe

1.9.1 Koordination

Prof. Dr. Nisar P. Malek
Ärztlicher Direktor Medizinische Klinik Universitätsklinikum Tübingen

Prof. Dr. Michael Bitzer
Stellvertretener Ärztlicher Direktor Medizinische Klinik Universitätsklinikum Tübingen

Prof. Dr. Peter R. Galle
Ärztlicher Direktor Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Sabrina Groß
Ärztin in Weiterbildung Medizinische Klinik Universitätsklinikum Tübingen


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1.9.2 Beteiligte Fachgesellschaften und Organisationen ([Tab. 1], [2])

Tab. 1

Beteiligte Fachgesellschaften und Organisationen.

Beteiligte Fachgesellschaften und Organisationen (alphabetisch)

Personen

Arbeitsgemeinschaft Bildgebung in der Onkologie der DKG (ABO)

PD Dr. Thorsten Persigehl

Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie in der DKG (AIO)

Prof. Dr. Arndt Vogel

Prof. Dr. Henning Wege

Arbeitsgemeinschaft Onkologische Rehabilitation und Sozialmedizin (AGORS)

PD Dr. Reiner Caspari

Arbeitsgemeinschaft Palliativmedizin in der DKG (APM)

Ulrike Ritterbusch

Arbeitsgemeinschaft Prävention und integrative Medizin in der Onkologie der Deutschen Krebsgesellschaft (PRiO)

Dr. Christoph Stoll

Arbeitsgemeinschaft Psychoonkologie der Deutschen Krebsgesellschaft (PSO)

Prof. Dr. Andreas Stengel

Arbeitsgemeinschaft Radiologische Onkologie (ARO)

Prof. Dr. Thomas Brunner

PD Dr. Eleni Gkika[1]

Arbeitsgemeinschaft Supportive Maßnahmen in der Onkologie (AGSMO)

Dr. Jörn Rüssel

Arbeitsgemeinschaft Tumorklassifikation in der Onkologie der DKG (ATO)

Prof. Dr. Andrea Tannapfel

Berufsverband Deutscher Pathologen e. V.

Prof. Dr. Peter Schirmacher

Prof. Dr. Matthias Evert

Chirurgische Arbeitsgemeinschaft Onkologie – Viszeralchirurgie (CAO-V)

Prof. Dr. Hans Jürgen Schlitt

Deutsche Gesellschaft für Allgemein- u. Viszeralchirurgie (DGAV)

Prof. Dr. Daniel Seehofer

Prof. Dr. Karl-Jürgen Oldhafer

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie e. V. (DGC)

Prof. Dr. Hauke Lang

Deutsche Gesellschaft für Endoskopie und bildgebende Verfahren (DGE-BV)

Prof. Dr. Jörg Albert

Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM)

Prof. Dr. Mathias Plauth[2]

Prof. Dr. Johann Ockenga

Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e. V. (DGVS)

Prof. Dr. Nisar P. Malek

Prof. Dr. Peter Galle

Prof. Dr. Andreas Geier

Prof. Dr. Martin Götz

Prof. Dr. Ruben Plentz

Prof. Dr. Arndt Vogel

Prof. Dr. Tom Lüdde

Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. (DGHO)

Prof. Dr. Marianne Sinn

Deutsche Gesellschaft für Humangenetik (GfH)

Prof. Dr. Huu Phuc Nguyen

Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM)

Prof. Dr. Jörg Trojan

Prof. Dr. Michael Bitzer

Deutsche Gesellschaft für Interventionelle Radiologie und minimal-invasive Therapie (DeGIR)

Prof. Dr. Philippe L. Pereira

Prof. Dr. Andreas Mahnken [1]

Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin e. V. (DGN)

Prof. Dr. Christian la Fougère

Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin e. V. (DGP)

Prof. Dr. Philipp Lenz

Deutsche Gesellschaft für Pathologie e. V. (DGP)

Prof. Dr. Peter Schirmacher

Prof. Dr. Matthias Evert

Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft e. V. (DGP)

Heinrich Recken B. A.

Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie e. V. (DEGRO)

Dr. David Krug

PD Dr. Judit Boda-Heggemann [1]

Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e. V. (DEGUM)

Dr. Andreas Schuler

PD Dr. Barbara Schellhaas [1]

Deutsche Krebsgesellschaft – AG Onkologische Pathologie

Prof. Dr. Frank Dombrowski

Deutsche Leberhilfe e. V.

Ingo van Thiel

Achim Kautz [1]

Ingo van Thiel

Achim Kautz

Deutsche Leberstiftung

Prof. Dr. Elke Roeb

Prof. Dr. Heiner Wedemeyer

Deutsche Röntgengesellschaft e. V. (DRG)

Prof. Dr. Thomas Helmberger

Prof. Dr. Thomas J. Vogl

Prof. Dr. Philipp Paprottka

Prof. Dr. Frank Wacker

Prof. Dr. Peter Huppert [1]

Deutsche Transplantationsgesellschaft (DTG)

Prof. Dr. Silvio Nadalin

Deutsche Vereinigung für Soziale Arbeit im Gesundheitswesen e. V. (DVSG)

Anne Taubert

Deutscher Verband für Physiotherapie (ZVK) e. V.

Reina Tholen

Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH)

Prof. Dr. Irene Schmid

Lebertransplantierte Deutschland e. V.

Jutta Riemer

1 Stellv.


2 Mandatsträger hat an diesem Update nicht mitgewirkt.


Tab. 2

Arbeitsgruppen und deren Mitglieder.

Arbeitsgruppe

Mitglieder der Arbeitsgruppe

AG I. Risikofaktoren, Prävention und Früherkennung

Leitung: Prof. Dr. Jörg Trojan, Prof. Dr. Andreas Geier

Achim Kautz

Prof. Dr. Elke Roeb

Prof. Dr. Irene Schmid

Dr. Andreas Schuler

Ingo van Thiel

Prof. Dr. Heiner Wedemeyer

Prof. Dr. Daniel Wildner

AG II.I. Histopathologische und molekulare Diagnostik

Leitung: Prof. Dr. Peter Schirmacher

Prof. Dr. Frank Dombrowski

Prof. Dr. Matthias Evert

Prof. Dr. Huu Phuc Nguyen

Prof. Dr. Andrea Tannapfel

AG II.II Bildgebende Diagnostik

Leitung: Prof. Dr. Martin Götz, Prof. Dr. Philipp Paprottka

PD Dr. Thorsten Persigehl

Prof. Dr. Jürgen Pohl

Prof. Dr. Peter Reimer

PD Dr. Barbara Schellhaas

Dr. Andreas Schuler

Prof. Dr. Thomas J. Vogl

Prof. Dr. Frank Wacker

AG III.I. Operative und Interventionelle Therapieverfahren

Leitung: Prof. Dr. Silvio Nadalin, Prof. Dr. Daniel Seehofer, Prof. Dr. Philippe L. Pereira, Prof. Dr. Thomas Helmberger

Prof. Dr. Jörg Albert

Prof. Dr. Thomas Brunner

Prof. Dr. Enrico De Toni

PD Dr. Eleni Gkika

Prof. Dr. Ralf-Thorsten Hoffmann

Prof. Dr. Peter Huppert

Dr. David Krug

Prof. Dr. Christian la Fougère

Prof. Dr. Hauke Lang

Prof. Dr. Andreas Mahnken

Prof. Dr. Karl-Jürgen Oldhafer

Jutta Riemer

AG III.II. Systemtherapie

Leitung: Prof. Dr. Michael Bitzer, Prof. Dr. Peter Galle

Prof. Dr. Ruben Plentz

Prof. Dr. Irene Schmid

Prof. Dr. Marianne Sinn

Prof. Dr. Arndt Vogel

Prof. Dr. Henning Wege

Prof. Dr. Marcus-Alexander Wörns

AG IV. Supportivtherapie

Leitung: Prof. Dr. Philipp Lenz

PD Dr. Reiner Caspari

Prof. Dr. Johann Ockenga

Heinrich Recken B. A.

Ulrike Ritterbusch

Prof. Dr. Andreas Stengel

Dr. Christoph Stoll

Anne Taubert

Reina Tholen

Prof. Dr. Oliver Waidmann

AG V. Qualitätsindikatoren

Leitung: Dr. Markus Follmann MPH, MSc, PD Dr. Simone Wesselmann MBA

Prof. Dr. Michael Bitzer

Dr. Susanne Blödt

Prof. Dr. Nisar P. Malek

Prof. Dr. Silvio Nadalin

Prof. Dr. Philippe L. Pereira

Prof. Dr. Ruben Plentz

Christine Sandu

Prof. Dr. Peter Schirmacher

Dr. Andreas Schuler

Prof. Dr. Andreas Stengel

Sabrina Groß

Prof. Dr. Thomas J. Vogl

Prof. Dr. Frank Wacker

Prof. Dr. Henning Wege


#

1.9.3 Weitere Beteiligte (ohne Stimmrecht)

Beteiligte Experten

Beteiligte Experten

Arbeitsgruppe

Wildner, Daniel

AG I. Risikofaktoren, Prävention und Früherkennung

Pohl, Jürgen

AG II.II. Bildgebende Diagnostik

Reimer, Peter

AG II.II. Bildgebende Diagnostik

De Toni, Enrico

AG III.I. Operative und interventionelle Therapieverfahren

Hoffmann, Ralf-Thorsten

AG III.I. Operative und Interventionelle Therapieverfahren

Wörns, Marcus-Alexander

AG III.II. Systemtherapie

Waidmann, Oliver

AG IV. Supportivtherapie

Sandu, Christine

AG V. Qualitätsindikatoren – ADT-Vertretung


#

1.9.4 Patientenbeteiligung

Die Leitlinie wurde unter direkter Beteiligung von vier Patientenvertretern erstellt.

Herr Ingo van Thiel, Herr Achim Kautz und Frau Jutta Riemer waren von Beginn an in die Erstellung der Leitlinie eingebunden und nahmen mit eigenem Stimmrecht an der Konsensuskonferenz teil. Herr Kautz war der Stellvertreter von Herrn Thiel und hat daher nicht abgestimmt.


#

1.9.5 Methodische Begleitung

  1. Durch das Leitlinienprogramm Onkologie:

    • Dr. med. Markus Follmann, MPH, MSc (OL Office c/o Deutsche Krebsgesellschaft)

    • Thomas Langer, Dipl. Soz. Wiss. (OL Office c/o Deutsche Krebsgesellschaft)

  2. Durch die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V.:

    • Dr. rer. medic. Susanne Blödt, MScPH (AWMF-IMWI)

  3. Durch die Firma Clinical Guideline Service – User Group:

    • Dr. Nadine Steubesand

    • Dr. Paul Freudenberger

  4. Durch die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen:

    • PD Dr. Petra Lynen Jansen

    • Pia Lorenz, M.Sc.


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#

1.10 Abkürzungsverzeichnis ([Tab. 3])

Tab. 3

Abkürzungsverzeichnis.

Abkürzung

Erläuterung

18F-FDG PET-CT

Fluorine-18-Fluordesoxyglucose Positron-Emissionstomographie

AASLD

American Association for the Study of Liver Diseases

AFP

α-Fetoprotein

AG

Arbeitsgruppe

AK

Antikörper

ARID1A

AT-reiches interaktives Domänen-haltiges Protein 1A

AST

Aspartat-Aminotransferase

AWMF

Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften

BAP1

Breast Cancer 1, early-onset-assoziiertes Protein-1

BCLC

Barcelona Clinic Liver Cancer

BD

biliäre Drainage

BilIN

Biliäre intraepitheliale Neoplasie

BRAF

B- rapidly accelerated fibrosarcoma

BSC

Best Supportive Care

CA19–9

Kohlenhydrat-Antigen 19–9 (Engl.: Carbohydrate-Antigen 19–9)

CCA

Cholangiokarzinom

CECT

Kontrastmittelverstärktes CT

CEUS

Kontrastverstärkte Sonographie

CI

Konfidenzintervall

CR

Complete response

CT

Computertomographie

cTACE

konventionelle transarteriellle Chemoembolisation

DAAD

Direct-acting antiviral Drugs

dCCA

Distales Cholangiokarzinom

DCP

Diphencyprone

DEB-TACE

Drug-eluting Bead TACE

DE-TACE

Drug-eluting TACE

DFS

krankheitsfreies Überleben (disease-free survival)

DGVS

Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten

DKG

Deutsche Krebsgesellschaft e. V.

DWI

Diffusion-weightend imaging

EASL

European Association for the Study of the Liver

ECOG

Eastern Cooperative Oncology Group

EORTC QLQ-C30

European Organisation for Research and Treatment of Cancer Quality of Life Questionnaire 30 Items

ERBB2

Siehe HER2

ERC

Endoskopische retrograde Cholangiographie

ERCP

Endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikographie

ESMO

European Society of Medical Oncology

FGFR

Fibroblast Growth Factor Receptor

FIB-4

Fibrosis-4

GB-CA

Gallenblasenkarzinom

GF

Gesichtsfeld

GOT

Glutamat.Pyruvat-Transaminase

GPT

Glutamat-Pyruvat-Transaminase

HBV

Hepatitis-B-Virus

HCC

Hepatocellular carcinoma (Hepatozelluläres Karzinom)

HCV

Hepatitis-C-Virus

HR

Hazard ratio

iCCA

Intrahepatisches Cholangiokarzinom

IDH

Isocitrat-Dehydrogenase

IPNB

intraduktale papilläre Neoplasie der Gallenwege

ITT

Intention To Treat

LI-RADS

Liver Imaging /Reporting and Data System

LRT

Lokoregionäre Therapie

LT

Lebertransplantation

MCN

muzinösen zystischen Neoplasie

MPH

Master of Public Health

MRCP

Magnetresonanzcholangiopankreatikographie

mRECIST

modifizierte Response Evaluation Criteria in Solid Tumors (Kriterien)

MRT

Magnetresonanztomographie

MSc

Master of Science

MWA

Mikrowellenablation

NAFLD

nicht-alkoholische Fettlebererkrankung

NASH

nicht-alkoholische Steatohepatitis

NCCN

National Comprehensive Cancer Network

NW

Nebenwirkungen

OL

Leitlinienprogramm Onkologie der DKG

OP

Operation

OR

Quotenverhältnis (Odds-Ratio)

OS

Gesamtüberleben (Overall Survival)

PAGE-B

Platelet Age GEnder–HBV

PAI

Perkutane Alkoholinjektion

PBD

Präoperative biliäre Drainage

pCCA

Perihiläres Cholangiokarzinom

PD

Privat Dozent

PD-L1

Programe Death Ligand 1

PDT

Photodynamische Therapie

PEI

perkutane Ethanolinjektion

PES

Postembolisationssyndrom

PET

Positronen-Emissions-Tomographie

PFS

progressionsfreies Überleben (progression-free survival)

PIVKA

protein induced by vitamin K absence or antagonist

PR

Partial remission, partielle Remission

PS

Performance Status

PSC

Primär sklerosierende Cholangitis

PTCD

perkutane transhepatische Cholangiodrainage

PVA

Polyvenylalkohol-Partikel

R0

Resektion im Gesunden

R1

mikroskopischer Residualtumor (nach R-Klassifikation)

RCT

Radiotherapie/ Radiochemotherapie

RECIST

Response Evaluation Criteria in Solid Tumors

RFA

Radiofrequenzablation

SBRT

stereotaktische Bestrahlung

SD

stable disease

SEMS

Selbstexpandierende Metallgitterstents

STIKO

ständige Impfkommission des Robert-Koch-Institut

SVR

Substained Virological Response

TACE

trans-arterial Chemoembolisation

TAE

Transarterielle Embolisation

TARE

Transarterielle Radioembolisation

TTP

Time To Progression

UCSF

University of California, San Francisco

US

Ultraschall

USA

United States of America

WHO

World Health Organization (Welt-Gesundheitsorganisation)


#
#

2 Einführung

2.1 Geltungsbereich und Zweck

2.1.1 Zielsetzung und Fragestellung

Die interdisziplinäre S3-Leitlinie ist ein Instrument, um die Diagnostik und Therapie des Hepatozellulären Karzinoms (HCC), des Cholangiokarzinoms (CCA) und des Gallenblasenkarzinoms zu verbessern. Fachgruppen aller Disziplinen, die Patienten mit chronischen Lebererkrankungen, Verdacht auf oder bereits diagnostizierten hepatobiliäre Tumoren ambulant und/oder stationär behandeln, sollen durch die Leitlinie unterstützt werden. Die Leitlinie soll dazu beitragen, eine angemessene Gesundheitsversorgung dieser Patientengruppen sicherzustellen. Es ist weiterhin die Aufgabe der Leitlinie, betroffenen Patienten angemessene, wissenschaftlich begründete und aktuelle Verfahren in der Diagnostik, Therapie und Rehabilitation anzubieten. Dies gilt sowohl für lokal begrenzte oder lokal fortgeschrittene Erkrankungen als auch bei Vorliegen eines Rezidivs oder von Fernmetastasen. Die Leitlinie soll neben dem Beitrag für eine angemessene Gesundheitsversorgung auch die Basis für eine individuell zugeschnittene, qualitativ hochwertige und kosteneffiziente Therapie bieten. Mittel- und langfristig sollen so die Morbidität und Mortalität von Patienten mit hepatobiliären Tumoren gesenkt und die Lebensqualität erhöht werden.


#

2.1.2 Adressaten

Die Leitlinie richtet sich an Internisten, Gastroenterologen und Hepatologen, Onkologen, Radiologen, Chirurgen, Palliativmediziner, Pathologen, Nuklearmediziner und Strahlentherapeuten, Psychoonkologen, onkologisch tätige Pflegekräfte und Physiotherapeuten sowie alle an einem HCC oder biliärem Karzinom erkrankten Patienten und deren Angehörige. Sie soll außerdem Allgemeinmedizinern und übergeordnete Organisationen (z. B. Krankenkassen) des Gesundheitswesens zur Information dienen.

Sie soll entsprechend der Definition einer Leitlinie Entscheidungshilfen geben, jedoch keine Richtlinie sein. Der behandelnde Arzt ist weiterhin verpflichtet, unter Würdigung der Gesamtsituation des Patienten und mit diesem gemeinsam, die für die individuelle Situation angemessene Vorgehensweise zu finden.


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2.1.3 Gültigkeitsdauer und Aktualisierungsverfahren

Die S3-Leitlinie ist bis zur nächsten Aktualisierung maximal aber 5 Jahre gültig. Es sind jährliche Updates der Leitlinie vorgesehen. Bei dringendem Änderungsbedarf zwischen den jährlichen Updates werden diese im Rahmen von Amendments durchgeführt. Kommentare und Hinweise für den Aktualisierungsprozess sind ausdrücklich erwünscht und können an die folgende Adresse gesendet werden:
hcc-und-biliaere-karzinome@leitlinienprogramm-onkologie.de


#
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2.2 Grundlagen der Methodik

Die methodische Vorgehensweise bei der Erstellung der Leitlinie ist im Leitlinienreport dargelegt. Dieser ist im Internet z. B. auf den Seiten des Leitlinienprogramms Onkologie (http://leitlinienprogramm-onkologie.de/Leitlinien.7.0.html) und den Seiten der AWMF (http://www.awmf.org/) frei verfügbar.

2.2.1 Schema der Evidenzgraduierung

Zur Klassifikation des Verzerrungsrisikos der identifizierten Studien wurde in dieser Leitlinie das in der folgenden Tabelle aufgeführte System des Oxford Center for Evidence-based Medicine in der Version von 2011 verwendet. Dieses System sieht die Klassifikation der Studien für verschiedene klinische Fragestellungen (Nutzen von Therapie, prognostische Aussagekraft, diagnostische Wertigkeit) vor ([Tab. 4]).

Tab. 4

Schema der Evidenzgraduierung nach Oxford (Version 2011).

Frage

Level 1[*]

Level 2[*]

Level 3[*]

Level 4[*]

Level 5

Wie verbreitet ist das Problem?

Lokale und aktuelle Zufallsstichprobe oder Zählung (Vollerhebung)

Systematische Übersichtsarbeit von Erhebungen, die auf die lokalen Umstände übertragen werden können[**]

Lokale Erhebung, die nicht auf einer Zufallsstichprobe basiert[**]

Fallserie[**]

Nicht anwendbar

Ist dieser diagnostische oder kontrollierende Test genau? (Diagnose)

Systematische Übersichtsarbeit von Querschnitt-studien mit durchgehend angewandtem Referenzstandard und Verblindung

Einzelne Querschnittsstudie mit durchgehend angewandtem Referenzstandard und Verblindung

Nicht konsekutive[***] Studie oder Studie ohne angewandten Referenz-standard[**]

Fall-Kontroll-Studie oder Studie mit ungeeignetem oder nicht unabhängigem Referenz-standard[**]

Expertenmeinung basierend auf pathophysiologischen Überlegungen

Was würde passieren, wenn wir keine Therapie anwenden würden? (Prognose)

Systematische Übersichtsarbeit von Kohorten-studien, die Patienten im Anfangsstadium der Erkrankung beobachten (Inception cohort study)

Einzelne Kohortenstudie von Patienten im Anfangsstadium der Erkrankung (Inception cohort study)

Kohortenstudie oder Kontrollarm einer randomisierten Studie[*]

Fallserie oder Fall-Kontroll-Studie oder eine prognostische Kohortenstudie mit niedriger methodischer Qualität[1] [**]

Nicht anwendbar

Hilft dieses Vorgehen? (Nutzen der Intervention)

Systematische Übersichtsarbeit von randomisierten Studien oder N-von-1-Studien[2]

Randomisierte Studie oder Beobachtungs-studie mit dramatischen Effekten

Kontrollierte Kohortenstudie/ Follow-up-Studie[3] [**]

Fallserien oder Fall-Kontroll-Studien oder Studien mit historischen Kontrollen[**]

Expertenmeinung basierend auf pathophysiologischen Überlegungen

Was sind häufige Neben-wirkungen? (Schaden der Intervention)

Systematische Übersichtarbeit von entweder randomisierten Studien oder eingebetteten Fall-Kontroll-Studien[4] oder N-von-1-Studie mit zur Fragestellung passenden Patienten oder beobachtende Studie mit dramatischen Effekten

Randomisierte Studie oder (ausnahmsweise) Beobachtungsstudie mit dramatischen Effekten

Kontrollierte Kohortenstudie/ Follow-up-Studie (Post-Marketing-Überwachung), mit ausreichender Fallzahl, um eine häufige Nebenwirkung zu identifizieren. Sollen Langzeitneben-wirkungen erfasst werden, muss das Follow-up ausreichend sein[**]

Was sind seltene Neben-wirkungen? (Schaden der Intervention)

Systematischer Überblick über randomisierte Studien oder N-von-1-Studien

Randomisierte Studie oder (ausnahmsweise) Beobachtungsstudie mit dramatischen Effekten

Ist dieser Früher-kennungs-Test sinnvoll? (Screening)

Systematische Übersichtsarbeit von randomisierten Studien

Randomisierte Studie

Kontrollierte Kohortenstudie/Follow-up-Studie[**]

Übersetzung des englischen Originaltextes von Dr. M. Nothacker, MPH (AWMF); Dr. M. Follmann, MPH, MSc (OL) und Dipl.-Soz.Wiss. T. Langer (OL).

* Level kann ggf. wegen der Studienqualität, wegen ausgedehnter Konfidenzintervalle (unpräzise Effektschätzer), Inkonsistenzen zwischen Studien, oder weil der absolute Effektwert sehr klein ist, sowie wegen mangelnder Übertragbarkeit (Fragestellung der Studie entspricht nicht der klinischen relevanten Frage) abgewertet werden. Eine Aufwertung des Evidenzlevels ist möglich bei großen oder sehr großen Effekten.


** Grundsätzlich gilt: Ein systematischer Überblick ist immer besser als eine Einzelstudie.


*** Konsekutiver Einschluss = Patienten werden fortlaufend rekrutiert.


1 Zur Qualitätsbeurteilung kann u. a. das STROBE-Statement verwendet werden: http://www.strobe-statement.org/index.php?id = strobe-aims.


2 Einzelpatientenstudien, bei denen die Patienten abwechselnd Intervention und Kontrollintervention erhalten.


3 Nachbeobachtungsstudie einer Population aus einem abgeschlossenen RCT.


4 Studie, bei der aus einer laufenden Kohortenstudie Fälle und Kontrollen gezogen werden.



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2.2.2 Schema der Empfehlungsgraduierung

Die Methodik des Leitlinienprogramms Onkologie sieht eine Vergabe von Empfehlungsgraden durch die Leitlinienautoren im Rahmen eines formalen Konsensusverfahrens vor. Dementsprechend wurde ein durch die AWMF und DKG moderierter, nominaler Gruppenprozess bzw. strukturierte Konsensuskonferenz durchgeführt. Im Rahmen dieser Prozesse wurden die Empfehlungen von den stimmberechtigten Mandatsträgern (siehe Kapitel 1.9.2) formal abgestimmt. Die Ergebnisse der jeweiligen Abstimmungen (Konsensstärke) sind entsprechend den Kategorien in [Tab. 6] den Empfehlungen zugeordnet.

Tab. 5

Schema der Empfehlungsgraduierung.

Empfehlungsgrad

Beschreibung

Ausdrucksweise

A

Starke Empfehlung

soll

B

Empfehlung

sollte

0

Empfehlung offen

kann

Tab. 6

Konsensstärke.

Konsensstärke

Prozentuale Zustimmung

Starker Konsens

> 95 % der Stimmberechtigten

Konsens

> 75–95 % der Stimmberechtigten

Mehrheitliche Zustimmung

50–75 % der Stimmberechtigten

Dissens

< 50 % der Stimmberechtigten

In der Leitlinie werden zu allen evidenzbasierten Statements (siehe Kapitel 2.2.3) und Empfehlungen das Evidenzlevel der zugrunde liegenden Studien sowie bei Empfehlungen zusätzlich die Stärke der Empfehlung (Empfehlungsgrad) ausgewiesen. Hinsichtlich der Stärke der Empfehlung werden in dieser Leitlinie drei Empfehlungsgrade unterschieden (siehe [Tab. 5]), die sich auch in der Formulierung der Empfehlungen jeweils widerspiegeln.

Die Entscheidungskriterien für die Festlegung der Empfehlungsgrade werden im Leitlinienreport zu dieser Leitlinie erläutert.


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2.2.3 Statements

Als Statements werden Darlegungen oder Erläuterungen von spezifischen Sachverhalten oder Fragestellungen ohne unmittelbare Handlungsaufforderung bezeichnet. Sie werden entsprechend der Vorgehensweise bei den Empfehlungen im Rahmen eines formalen Konsensusverfahrens verabschiedet und können entweder auf Studienergebnissen oder auf Expertenmeinungen beruhen.


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2.2.4 Expertenkonsens (EK)

Statements/Empfehlungen, für die eine Bearbeitung auf der Grundlage von Expertenkonsens der Leitliniengruppe beschlossen wurde, sind als Expertenkonsens ausgewiesen. Für diese Empfehlungen wurde keine systematische Literaturrecherche durchgeführt (die in den Hintergrundtexten ggf. angeführten Studien wurden von den beteiligten Fachexperten ausgewählt). Bei Empfehlungen, die auf einem Expertenkonsens basieren, werden keine Symbole bzw. Buchstaben verwendet, um die Empfehlungsstärke und die Qualität der Evidenz darzustellen. Die Stärke der Empfehlung ergibt sich hier allein aus der verwendeten Formulierung (soll/sollte/kann) entsprechend der Abstufung in [Tab. 5].


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2.2.5 Unabhängigkeit und Umgang mit Interessenkonflikten

Die Deutsche Krebshilfe stellte die finanziellen Mittel über das Leitlinienprogramm Onkologie (OL) zur Verfügung. Diese Mittel wurden eingesetzt für Personalkosten, Büromaterial, Literaturbeschaffung und die Konsensuskonferenzen (Raummieten, Technik, Verpflegung, Moderatorenhonorare, Reisekosten der Teilnehmer). Die Erarbeitung der Leitlinie erfolgte in redaktioneller Unabhängigkeit von der finanzierenden Organisation. Alle Mitglieder legten während des Leitlinienprozesses mittels des AWMF Formblatts eine schriftliche Erklärung zu eventuell bestehenden Interessenkonflikten (zu Beginn, Aktualisierung vor der Konsenskonferenz) vor. Die Interessenerklärungen sind im Leitlinienreport zu dieser Leitlinie (https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/hepatozellulaeres-karzinom-hcc/) aufgeführt.

Der Umgang mit Interessenkonflikten wurde analog der Vorgaben der AWMF gemeinsam in unserem Steuergruppentreffen vom 24.06.2021 konsentiert. Zusätzlich wurde dieses Vorgehen mit Vertretern der DKG und der AWMF besprochen. Hier wurde folgendes Vorgehen festgehalten:

  • Es wurden alle direkten finanziellen und indirekten sekundären Interessen der letzten drei Jahre im Formular der Interessenkonflikte oder online über das AWMF-Portal „Interessenerklärung online“ angegeben. Unmittelbar vor der Konsensuskonferenz erfolgt eine Aktualisierung der Erklärung.

  • Entscheidend für die Bewertung war der thematische Bezug zur Leitlinie.

  • Die Interessenskonflikte sind im Leitlinienreport im Kapitel 12.1 aufgeführt.

Umgang mit direkten finanziellen Interessenkonflikten:

  • Es kam bei finanziellen Vergütungen durch Ad-Board, Beratertätigkeit und Industriedrittmittel in verantwortlicher Position unabhängig von der Höhe der monetären Zuwendung zur Feststellung eines moderaten Interessenkonfliktes.

  • Vortragstätigkeit wurden als geringer Interessenkonflikt bewertet.

  • Wurde ein moderater Interessenkonflikt festgestellt, enthielt sich der Mandatsträger bei einzelnen Fragen oder Themenbereichen, je nach festgestelltem Interessenkonflikt.

  • Bei zwei Mandatsträgern wurden Patente festgestellt. Diese haben jedoch keinen thematischen Bezug zur Leitlinie, noch sind diese kommerzialisiert. Es erfolgte daher kein Ausschluss von der Leitlinienarbeit.

  • Ein Aktienbesitz lag bei keinem Mandatsträger vor. Falls Eigentümerinteressen festgestellt worden wären, hätte dies zu einem Ausschluss der Leitlinienarbeit geführt.

Umgang mit indirekten sekundären Interessenkonflikten:

  • Mitgliedschaften in Fachgesellschaften und Beteiligung an Fortbildungen und Ausbildungsinstituten wurden nicht als Interessenkonflikt für diese Leitlinie bewertet, da dies ein essentieller Teil der wissenschaftlichen und klinischen Arbeit ist.

  • Ebenso wurde der Schwerpunkt der wissenschaftlichen und klinischen Tätigkeit in diesem Feld erwartet, um eine wissenschaftliche und praktikable Leitlinie zu erstellen.

  • Eine persönliche Beziehung (Partner oder Verwandter 1. Grades) zu einem Vertretungsberechtigten eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft lag bei keinem Mandatsträger vor.

Der Vorschlag der Steuergruppe zum Management wurde zu Beginn der Konsenskonferenz diskutiert und umgesetzt. Bei allen Empfehlungen, bei denen Enthaltungen aufgrund von Interessenkonflikten vorlagen, wurden die Ergebnisse mit und ohne Enthaltungen publiziert. Für die Festlegung der Konsensusstärke war das Ergebnis mit Enthaltung entscheidend, jedoch ergab sich bei keiner Empfehlung ein relevanter Unterschied im Ergebnis mit und ohne Enthaltungen.

Als protektive Faktoren gegen eine Verzerrung durch Interessenkonflikte kann die systematische Evidenzaufbereitung, die pluralistische Zusammensetzung der Leitliniengruppe, die neutrale Moderation, die Diskussion der Bewertung der Interessen und des Umgangs mit Interessenkonflikten zu Beginn der Konsenskonferenz sowie die öffentliche Konsultation gewertet werden.


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3 Diagnostik und Therapie der biliären Karzinome

3.1 Risikofaktoren, Prävention und Früherkennung

3.1.1 Risikofaktoren

4.1

Evidenzbasiertes Statement

geprüft 2022

Level of Evidence

2

Risikofaktoren für die Entwicklung eines intra- oder extrahepatischen Cholangiokarzinoms sind:

  • Adipositas

  • Alkoholabusus

  • Choledochus-Zysten

  • Cholelithiasis

  • Chronisch bakterielle Cholangitis

  • Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

  • Chronische Hepatitis B-Virusinfektion

  • Chronische Hepatitis C-Virusinfektion

  • Diabetes mellitus

  • Leberegel

  • Leberzirrhose

  • Nichtalkolische Fettlebererkrankung

  • Parasitäre Cholangitiden

  • Primär sklerosierende Cholangitis

  • Rauchen

  • Rezidivierende pyogene Cholangitiden

[470] [471] [472] [473] [474] [475] [476]

LoE 2–3 (Oxford 2011)

Starker Konsens

4.2

Evidenzbasiertes Statement

geprüft 2022

Level of Evidence

2

Risikofaktoren für die Entwicklung eines Gallenblasenkarzinoms sind:

  • Anatomische Anomalien der intra- und extrahepatischen Gallenwege

  • Cholelithiasis

  • Chronisch bakterielle und parasitäre Cholangitis

  • Diabetes mellitus

  • Gallenblasenpolypen

  • Porzellangallenblase

  • Primär sklerosierende Cholangitis

[470] [471] [474] [475] [477] [478]

LoE 2–3 (Oxford 2011)

Starker Konsens

Cholangiokarzinome (CCA, synonym maligne biliäre Tumoren) sind eine heterogene Gruppe epithelialer Neoplasien, die meistens eine cholangiozytentypische Differenzierung aufweisen [479]. Je nach anatomischer Lokalisation des Primärtumors werden intrahepatische (iCCA) von extrahepatischen (eCCA) CCA und vom Gallenblasenkarzinom unterschieden. Extrahepatische Tumoren werden weiter in perihiläre (synonym Klatskin-Tumor, pCCA) und distale CCA (dCCA) aufgeteilt. Diese Unterscheidung ist aufgrund unterschiedlicher Risikofaktoren, Unterschiede in Bezug auf molekulare und klinische Charakteristika und unterschiedlicher Therapieansätze relevant [480] [481].

In Deutschland wurden im Jahr 2016 etwa 5290 Menschen mit einem eCCA (etwa 68 %; darunter etwa 11 % pCCA) oder einem Gallenblasenkarzinom (etwa 32 %) diagnostiziert. Hinzu kommen etwa 2000 Patienten mit einem iCCA, die aufgrund der ICD-Kodierung als primäre maligne Lebertumoren erfasst werden. Somit liegt die Gesamtinzidenz in Deutschland bei mehr als 7000 Neuerkrankungen/Jahr (http://krebsdaten.de). Die Inzidenz in Deutschland ist in den letzten 20 Jahren aufgrund der Zunahme des iCCA angestiegen. Mit zunehmendem Lebensalter steigt das Risiko kontinuierlich an. In den letzten 20 Jahren ist die Inzidenz des CCA bei Frauen, insbesondere durch die sinkende Gallenblasenkarzinom-Inzidenz, leicht rückläufig.

Die Inzidenz der verschiedenen anatomischen Tumorlokalisationen variiert weltweit erheblich, vermutlich aufgrund unterschiedlicher Prävalenzen von Risikofaktoren [482]. In Südostasien ist die CCA-Inzidenz höher als in anderen Ländern. Ein wichtiger Risikofaktor dort sind parasitäre Infektionen mit Leberegeln wie Opisthorchis viverrini oder Clonorchis sinensis, die zu chronischen Cholangitiden führen [483] [484]. Infektionen mit Opisthorchis viverrini oder Clonorchis sinensis sind endemisch in Südostasien und sind mutmaßlich jährlich für mehr als 7000 CCA-Neuerkrankungen in dieser Region verantwortlich [485]. In westlichen Ländern spielen Leberegel-Infektionen als CCA-Risikofaktor keine nennenswerte Rolle. Weitere etablierte Risikofaktoren mit deutlich höherer Inzidenz in Südostasien sind eine Cholelithiasis, Choledochus-Zysten, ein Caroli-Syndrom und rezidivierende pyogene Cholangitiden [482] [486]. Kongenitale Anomalien, wie z. B. Choledochuszysten oder ein Caroli-Syndrom, weisen ein hohes CCA-Risiko mit einer Prävalenz von bis zu 11 % auf [487] [488].

Die primäre sklerosierende Cholangitis (PSC) ist in westlichen Ländern ein relevanter Risikofaktor sowohl für intra- und extrahepatische Cholangiokarzinome als auch für Gallenblasenkarzinome. Das kumulative 10-Jahresrisiko für ein Cholangiokarzinom bei PSC liegt bei 9 % und ist damit deutlich höher als in der Allgemeinbevölkerung [489]. Ob bei PSC-Patienten Alkoholkonsum und Nikotin weitere Ko-Risikofaktoren darstellen, ist weiter unklar. Ebenso bleibt unklar, ob eine chronisch entzündliche Darmerkrankung ohne Vorhandensein einer PSC einen relevanten Risikofaktor darstellt [490]. Eine Leberzirrhose, eine chronische Hepatitis-C-oder Hepatitis-B-Virusinfektion, Alkoholkonsum und Diabetes sind in westlichen Ländern wichtige Risikofaktoren für die Entwicklung eines iCCA [475] [482] [491]. Insbesondere ist das Risiko für das intrahepa iCCA bei Diabetes und/oder Adipositas erhöht [84]. Bei nichtalkoholischer Fettlebererkrankung (NAFLD) ist das iCCA-Risiko leicht erhöht [476]. Ebenso weisen Raucher ein gering erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines intra- und extrahepatischen CCAs, jedoch nicht für ein Gallenblasenkarzinom auf [491]. Weitere etablierte Risikofaktoren sind eine Cholelithiasis und biliäre Zysten. Das höchste Risiko sowohl für die Entwicklung eines iCCA als auch eines eCCA weisen Patienten mit Choledochuszysten auf (relatives Risiko 26,7 bzw. 34,9) [492].

Frauen erkranken häufiger als Männer an einem Gallenblasenkarzinom. Der wichtigste Risikofaktor für die Entwicklung eines Gallenblasenkarzinoms jedoch sind Gallensteine. Etwa 70–90 % aller Patienten mit einem Gallenblasenkarzinom weisen eine Cholelithiasis auf. Insbesondere findet sich eine hohe Gallblasenkarzinom-Inzidenz in der indigenen Bevölkerung Nord- und Lateinamerikas und Neuseelands. Weitere wichtige Risikofaktoren für die Entwicklung eines Gallenblasenkarzinoms sind ein höheres Alter, Adipositas, eine familiäre Häufung und Gallenblasenpolypen [493] [494]. Gallenblasenpolypen können eine Wachstumstendenz aufweisen und so schließlich entarten. Genaue Daten hierzu sind jedoch aufgrund des langsamen Wachstums – oftmals über Dekaden – schwer zu interpretieren [494]. In einer großen Kohortenstudie mit Langzeitverlauf zeigte sich eine Detektionsrate neoplastischer Polypen (Adenom oder Gallenblasenkarzinom) von 1,7 % nach einem Jahr, von 2,8 % nach 5 Jahren und von 4 % nach 8 Jahren nach erstmaliger Diagnosestellung eines Gallenblasenpolypen [477]. Die Prävalenz von Gallenblasenpolypen in Deutschland beträgt bis zu 6 %. Die Adenom-Prävalenz liegt unter 5 % [495]. Als Risikofaktoren für einen neoplastischen Polypen zeigten sich das gleichzeitige Vorhandensein einer Cholelithiasis und die Polypengröße. Polypen mit ≥ 10 mm weisen ein 24-fach erhöhtes Risiko für eine Malignität auf [477].

Ein weiterer Risikofaktor für ein Gallenblasenkarzinom ist eine chronische Entzündung, verursacht durch Salmonella typhi bzw. parathyphi oder Helicobacter bilis [478]. Eine Besiedelung der Gallenblase mit Salmonella typhi bei Dauerausscheidern ist mit einem 12-fach erhöhtem Risiko für die Entwicklung eines Gallenblasenkarzinoms assoziiert [494].

Die als klassische Präkanzerose angesehene Kalzifizierung der Gallenblasenwand, die sogenannte Porzellangallenblase, wird in der jüngeren Literatur als Risikofaktor für ein Gallenblasenkarzinom differenzierter betrachtet [496] [497]. Das relative Risiko für ein Gallenblasenkarzinom liegt bei 4,6 [498] und ist niedriger als in älteren Arbeiten angegeben [499].


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3.1.2 Prophylaktische und therapeutische Maßnahmen zur Reduktion des Risikos der Entstehung von biliären Karzinomen

4.3

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Gallenblasenpolypen bei Patienten mit PSC sollten regelmäßig sonographisch überwacht werden.

In allen Fällen sollte die Indikation zur Cholezystektomie diskutiert werden, bei Polypen über 8 mm oder Größenprogredienz sollte aufgrund des erhöhten Karzinomrisikos unter Berücksichtigung der Leberfunktion eine Cholezystektomie erfolgen.

Starker Konsens

Für die asymptomatische Bevölkerung ist eine CCA-Früherkennung aufgrund der niedrigen Inzidenz nicht sinnvoll.

Gallenblasenpolypen treten bei bis zu 13,7 % der PSC-Patienten auf, das Risiko für ein Gallenblasenkarzinom ist hoch und steigt mit zunehmender Größe. Die Empfehlung zur Cholezystektomie ab einer Größe von 8 mm basiert auf einer retrospektiven Kohortenstudie mit 57 PSC-Patienten [500]. Eine frühzeitige Cholezystektomie kann auch bei kleineren Polypen diskutiert werden. Für detaillierte Empfehlungen zum Management von Patienten mit PSC wird auf die aktuelle S2-Leitlinie „Autoimmune Lebererkrankungen“ verwiesen [501].

4.4

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Patienten mit Gallenblasenpolypen ≥ 10 mm sollte unabhängig von der Symptomatik eine Cholezystektomie angeboten werden.

Starker Konsens

Die Indikationsstellung zur Therapie bei Cholezystolithiasis und Gallenblasenpolypen erfolgt gemäß der aktuellen S3-Leitlinie zur Prävention, Diagnostik und Behandlung von Gallensteinen [499]. Aufgrund des deutlich erhöhten Malignitätsrisikos bei Polypen ≥ 1 cm Durchmesser bei gleichzeitig vorhandener Cholezystolithiasis als weiteren Risikofaktor wird eine Cholezystektomie unabhängig von der Symptomatik empfohlen. Bei fehlender Indikation für eine Cholezystektomie wird ein individuelles Vorgehen, basierend auf dem Vorhandensein von Risikofaktoren für neoplastische Gallenblasenpolypen (Alter > 50 Jahre, bekannte PSC, Zugehörigkeit zu einer indigenen Population oder Vorhandensein eines sessilen Polypen) in Analogie zu einem Delphi-Methode-basierten Expertenkonsens empfohlen [502].

4.5

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Bei Patienten ohne Risikofaktoren* für ein Gallenblasenkarzinom mit Nachweis eines Gallenblasenpolypen von < 9 mm sollte eine sonographische Kontrolle in 6 Monaten (Polyp 6–9 mm) bzw. 12 Monaten (Polyp < 6 mm) erfolgen.

*Risikofaktoren für neoplastische Polypen: Alter > 50 Jahre, bekannte PSC, Zugehörigkeit zu einer indigenen Population oder Vorhandensein eines sessilen Polypen

Konsens


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3.1.3 Früherkennung

4.6

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Bei Patienten mit PSC sollte halbjährlich eine Bildgebung im Rahmen der Cholangiokarzinom-Früherkennung durchgeführt werden.

Starker Konsens

Im Gegensatz dazu besteht aufgrund des deutlich erhöhten CCA-Risikos bei Patienten mit einer PSC ein hoher Bedarf für eine effektive Früherkennung. Daten, die einen Überlebensvorteil einer CCA-Früherkennung bei Patienten mit PSC aufzeigen, fehlen jedoch [501]. In vielen Zentren erfolgt heute bei Patienten mit gesicherter PSC eine CCA-Früherkennung mittels Magnetresonanztomographie (MRT) und Magnetresonanzcholangiopankreatikographie (MRCP) in 6- bis 12-monatlichem Abstand und zusätzlich die serielle Bestimmung des Tumormarkers CA19–9 [503]. Für eine MRT/MRCP-basierte Früherkennung spricht eine hohe Sensitivität von 89 % bei einer Spezifität von 75 %. Die Sensitivität des Ultraschalls ist niedriger, aufgrund der Verfügbarkeit, der niedrigeren Kosten und der hohen Akzeptanz findet die Sonographie jedoch breite Anwendung bei der Überwachung von PSC-Patienten [504].

Im Rahmen der Konsensuskonferenz wurde festgehalten, dass aufgrund der höheren Sensitivität eine Abdomensonographie im Wechsel mit einem nativen MRT inklusive MRCP erfolgen sollte. Hierbei soll sowohl die Leber als auch die Gallenblase mitbeurteilt werden.


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3.2 Histopathologische und molekulare Diagnostik

3.2.1 Typisierung und Staging von biliären Karzinomen

4.7

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Vor oder im Rahmen einer Tumortherapie sollen Tumoren der Gallenwege und Gallenblase histologisch oder ggf. zytologisch gesichert werden

Konsens

Aufgrund des Fehlens beweisender positiver bildgebender diagnostischer Kriterien ist die histologische Sicherung der intrahepatischen Cholangiokarzinome grundsätzlich erforderlich (s. [Abb. 1]: Diagnosealgorithmus eines Patienten mit Verdacht auf ein Cholangiokarzinom). Dies ist besonders relevant, da in der Mehrzahl der Cholangiokarzinome keine spezifische chronische Vorerkrankung zugrunde liegt, sodass deren positive prädiktive Aussagekraft, anders als z. B. beim HCC, nicht mit in Betracht gezogen werden kann. Dennoch treten intrahepatische Cholangiokarzinome auch bei den zum HCC prädisponierenden chronischen Lebererkrankungen und der Zirrhose vermehrt auf, sodass die Möglichkeit eines intrahepatischen Cholangiokarzinoms, auch bei bildgebendem Verdacht auf ein HCC, differenzialdiagnostisch zu berücksichtigen ist. Grund hierfür sind v. a. Fälle intrahepatischer Cholangiokarzinome, welche die bildgebenden Kriterien eines HCC zeigen können. Umgekehrt können bei einzelnen HCCs, insbesondere vom sklerotischen Subtyp, die bildgebenden Kriterien eines HCC fehlen und zum Verdacht auf ein iCCA führen.

Zoom Image
Abb. 1 Diagnosealgorithmus eines Patienten mit einem Verdacht auf ein Cholangiokarzinom. [rerif]

Bei Tumoren der extrahepatischen Gallenwege kann die Sicherung eines invasiven Karzinoms in Abgrenzung von entzündlich bedingten Veränderungen und nichtinvasiven prämalignen Veränderungen problematisch sein, dies gilt besonders auch für die Abklärung dominanter Stenosen bei der PSC. Die Sensitivität histologischer und zytologischer Verfahren in der Detektion invasiver Karzinome der distalen Gallenwege ist derzeit noch begrenzt und überschreitet auch im kombinierten Einsatz gemäß der meisten Untersuchungen nicht 60–70 % [505] [506]. Zusätzliche Verfahren, wie FISH-Analysen und auch molekulare Analysen am Gallesekret mögen in Einzelfällen unterstützende Informationen liefern, können aber weder die histologische oder zytologische Diagnostik ersetzen, noch kann mangels entsprechender Validierung ihr diagnostischer Einsatz derzeit generell empfohlen werden.

In Fällen einer anstehenden Resektion bei hochgradigem Verdacht auf ein Karzinom der extrahepatischen Gallenwege kann angesichts der eingeschränkten Sensitivität zytologischer und bioptischer Nachweise auf eine präoperative bioptische Sicherung zugunsten einer umfassenden Aufarbeitung des Resektionspräparates verzichtet werden, wenn die Abwägung der möglichen Vor- und Nachteile keine Verbesserung für den Patienten erwarten lässt. Die Entscheidungsfindung sollte durch ein interdisziplinäres Tumorboard abgesichert sein.

Bei nichtoperablen intra- und extrahepatischen Cholangiokarzinomen und Karzinomen der Gallenblase soll vor Einleitung einer Therapie eine histologische Sicherung erfolgen, wobei das hierbei gewonnene Gewebe in der Regel zusätzlich auch für eventuelle weiterführende, z. B. molekularpathologische Untersuchungen ausreichen sollte und hierfür bei Bedarf einzusetzen ist.

4.8

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Die Typisierung der Karzinome der Gallenwege und der Gallenblase soll nach der anatomischen Lokalisation (intrahepatisch, perihilär, distale Gallenwege, Gallenblase) und gemäß der histologischen Differenzierung nach der aktuellen WHO-Klassifikation erfolgen. Bei intrahepatischen Cholangiokarzinomen sollte eine Unterscheidung von „small duct„ und „large duct„ Typ erfolgen.

Starker Konsens

Klinisch, bildgebend und beim Staging werden die Karzinome der Gallenwege und der Gallenblase gemäß der anatomischen Lokalisation des Ausgangstumors beschrieben [93], [507]. Karzinome des distalen extrahepatischen Gallengangs liegen distal der Mündung des D. cysticus in den D. choledochus. Karzinome der Gallenblase umfassen die Tumoren der Gallenblase und des D. cysticus. Karzinome der perihilären Gallenwege umfassen Tumoren des D. hepaticus dexter und sinister sowie des D. hepaticus communis. Intrahepatische Cholangiokarzinome (iCCA) haben ihren Ausgang von den intrahepatischen Gallenwegen proximal des D. hepaticus dexter bzw. sinister.

Gemäß der WHO-Klassifikation (5. Auflage) ist bei iCCA ein phänotypisch den kleinen Gallengängen ähnlicher „small duct„ Typ von einem den Karzinomen der extrahepatischen Gallengänge vergleichbaren, „large duct„ Typ zu unterscheiden [93]. Beide Tumortypen sind ätiologisch, molekular, histologisch, bildgebend und klinisch in ihrer typischen Ausprägung verschieden, sodass ihre Unterscheidung von prognostischer und zunehmend auch therapeutischer Bedeutung ist ([Tab. 7]: Typische Merkmale der CCA-Subtypen [93] [504] [505] [506]). Diagnostisch können beide Tumortypen histologisch und ggf. immunhistologisch oder aufgrund ihrer molekularen Eigenschaften unterschieden werden.

Tab. 7

Typische Merkmale der CCA-Subtypen.

Kriterien

Small-duct Type iCCA

Large-duct Type iCCA, distales CCA

Prädisponierende Erkrankungen

Chronische Hepatitis B/C, NASH, andere chronische Lebererkrankungen, (Zirrhose)

PSC, biliäre Helminthosen (C. sinensis, O. viverrini), Konkremente

Prämaligne Läsionen

unbekannt

BilIN, IPNB, MCN

Makroskopie

Primär knotenbildend („mass forming“)

Primär periduktal infiltrierend

Histologie

Zellreicher, weniger Stroma, kein Muzin, kohärenter wachsend

Tumorzellärmer, stromareich, (extrazelluläre) Muzinbildung; verstreutes Wachstum

Molekulare Veränderungen

FGFR2-TL, IDH1/2, BAP1, p53, KRAS, ARID 1A

KRAS, p53, ARID1B, SMAD4

Systemtherapeutische Zielstrukturen

Ergiebig; v. a. IDH1/2-Mut; FGFR-2-TLs, andere TLs (incl. NTRK), BRAF-Mut; MSI-high

Weniger; BRCA-1/2-Mut; Her-2-Amp; MSI-high

Differenzialdiagnostisch müssen iCCAs vor allem von Metastasen extrahepatischer Karzinome in der Leber unterschieden werden. Metastasen sind in der Summe erheblich häufiger als iCCAs, so dass die möglichst sichere Unterscheidung wichtig ist. Vor allem Metastasen eines Pankreaskarzinoms aber auch anderer Karzinome (besonders Lunge, Magen, Mamma) und seltener Metastasen neuroendokriner Neoplasien sind zu berücksichtigen. Eine definitive Unterscheidung einer Lebermetastase eines exokrinen Pankreaskarzinoms (oder eines Karzinoms der extrahepatischen Gallenwege oder Gallenblase) von einem iCCA (v. a. „large duct“-Typ) ist an der Biopsie in den meisten Fällen weder histologisch noch immunhistologisch sicher möglich, so dass die Diagnose im Kontext des klinisch-bildgebenden Befundes zu stellen ist.

Ferner sollten bei gesicherter intrahepatischer Tumorlokalisation seltenere gemischte Tumorformen (gemischt neuroendokrine/nichtneuroendokrine Neoplasien (MINEN) und kombinierte Hepato-Cholangiokarzinome (c(ombined) HCC/CCA)) vom iCCA unterschieden werden. Das früher dem cHCC/CCA zugeschlagene Cholangiokarzinom wird aufgrund neuer molekularer Befunde [508] heute als Sonderform des iCCA klassifiziert. Solide wachsende iCCA sind insbesondere vom sklerosierten Subtyp des HCC zu unterscheiden; hierfür sind in der Regel zusätzliche immunhistologische Untersuchungen erforderlich (s. u.). Diese Unterscheidung ist auch deshalb wichtig, da HCCs vom sklerosierten Subtyp auch bildgebend meist nicht als HCCs erkannt werden. Seltener stellen die meist als Zufallsbefunde bei Laparotomien erfassten Gallengangsadenome eine Differenzialdiagnose zu kleinen hochdifferenzierten iCCA dar.

Karzinommetastasen in die distalen Gallenwege oder die Gallenblase sind extrem selten und treten nicht isoliert und nur im terminalen Krankheitsstadium auf, so dass sich diagnostisch bei gesicherter Lokalisation diese differenzialdiagnostische Frage nicht stellt. Hier müssen die Karzinome ggf. von seltenen neuroendokrinen Neoplasien, mesenchymalen und neuroektodermalen Tumoren unterschieden werden [509].


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3.2.2 Zytologische und histopathologische Untersuchungen zur Diagnostik eines CCA, eines Gallenblasenkarzinoms

4.9

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Die Bearbeitung und Befundung eines Resektats soll die Ausdehnung des Tumors (Staging) gemäß der aktuellen TNM-Klassifikation, seinen Typ (Typing) und Differenzierungsgrad (Grading) und den Status des Resektatrandes (R-Klassifikation) sowie bei intrahepatischen Cholangiokarzinomen den Status der nichttumorösen Leber ermitteln.

Bei Präparaten mit prämalignen Läsionen soll durch genaue Aufarbeitung ein möglicher Übergang in ein invasives Karzinom abgeklärt werden.

Starker Konsens

Das pathohistologische Staging eines Karzinoms der Gallenwege hat unabhängige prognostische Bedeutung und erfolgt gemäß der geltenden TNM-Klassifikation (derzeit 8. Auflage), wobei für alle vier anatomischen Lokalisationen (intrahepatisch, perihilär, distal, Gallenblase) eigene TNM-Klassifikationen existieren [510]. Zusätzlich zu den Hauptkriterien, sollten auch die Nebenkriterien Lymphgefäßeinbruch (L), Veneneinbruch (V) und vor allem bei perihilären und distalen Cholangiokarzinomen auch die Nervenscheideninfiltration (Pn) beurteilt werden. Bezüglich des Typings sollte die aktuelle WHO-Klassifikation Berücksichtigung finden [93] [507]. Das Typing hat prognostische und in einem Teil der Fälle (siehe z. B. molekulare Diagnostik und gezielte Therapieansätze) prädiktive Bedeutung. Die prognostische Bedeutung des Gradings ist nach bisherigen Daten gering; es existiert kein uniform akzeptiertes, spezifisches Gradingschema für die einzelnen Cholangiokarzinomtypen und -lokalisationen, sodass das allgemeine UICC-Gradingschema [510], ggf. gemäß der Anweisungen der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren [511], angewandt werden sollte. Insbesondere extrahepatische Cholangiokarzinome neigen, vergleichbar zu exokrinen Pankreaskarzinomen zu periduktaler, lymphangischer, perineuraler und vereinzelt auch diskontinuierlich erscheinender Ausbreitung, sodass an eine in-sano-Resektion und die entsprechende histologische Aufarbeitung der gesamten Resektionsränder eine hohe Anforderung besteht. Es wird daher wegen der Bedeutung für die Tumorrekurrenz empfohlen, den genauen Abstand zum Resektionsrand (in mm) anzugeben und hierbei die „R0 wide„ Definition (1 mm) zu beachten.

Biliäre intraepitheliale Neoplasien (BilIN), intraduktale papilläre Neoplasien der Gallenwege (IPNB), Muzinös-zystische Neoplasien (MCN) und Adenofibrome sind benigne Läsionen, die ein unterschiedlich hohes, jedoch signifikantes, malignes Entartungspotenzial in ein Cholangiokarzinom aufweisen. Bei Vorliegen einer derartigen prämalignen Läsion ist der Dysplasiegrad (niedrig, hoch) anzugeben und durch eine entsprechend ausreichende makroskopische und histologische Aufarbeitung der Übergang in ein invasives Karzinom auszuschließen.

Auch wenn sich bei der Mehrzahl der Cholangiokarzinome keine prädisponierende Grunderkrankung eruieren lässt, bedingen chronische Lebererkrankungen und die Zirrhose, vergleichbar dem HCC, ein erhöhtes Risiko auch an einem iCCA zu erkranken. Ferner kann der Status der nichttumorösen Leber ggf. Prognose und Therapie beeinflussen und sollte daher, wenn immer er ausreichend beurteilbar ist, diagnostisch festgehalten werden.

4.10

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Die Diagnose eines Cholangiokarzinoms kann bei klarer Konstellation durch die konventionelle Histologie gestellt werden.

In unklaren Fällen, insbesondere bei intrahepatischen Tumoren, soll die Diagnose durch geeignete immunhistologische und oder molekularpathologische Untersuchungen abgesichert werden.

Starker Konsens

In der Regel weisen Cholangiokarzinome ein duktales Wachstumsmuster und eine typischerweise ausgeprägte tumorassoziierte Stromareaktion auf, wobei letztere beim iCCA vom „small-duct“ Typ geringer ausgebildet ist. Sowohl beim intra- als auch beim extrahepatischen Cholangiokarzinom sind jedoch seltenere histologische Subtypen bekannt, die ein hiervon abweichendes histologisches oder zytologisches Erscheinungsbild aufweisen. Die sichere Einordnung dieser Sonderformen als Cholangiokarzinom und ggf. Unterscheidung von Tumoren anderer Primärlokalisation kann zusätzliche Untersuchungen einschließlich des klinisch-bildgebenden Ausschlusses eines extrabiliären Primärtumors erfordern.

Die Immunhistologie kann die Diagnose eines Cholangiokarzinoms unterstützen, wobei es keine beweisende (liniendefinierende) immunhistologische Markerkonstellation gibt. Die Positivität für K7, K19 und Ca19–9 legt eine pankreato-biliäre (d. h. eine dem exokrinen Pankreas und den Gallenwegen entsprechende) Differenzierung in der Unterscheidung von Metastasen anderer extrahepatischer Primärtumoren nahe. Ansonsten sollten die entsprechenden immunhistologischen linientypischen Nachweise der in Frage kommenden Differentialdiagnosen (bei HCC z. B. HepPar1, Arginase 1; bei anderen Adenokarzinomen die für sie typischen immunhistologischen Marker) eingesetzt werden. Sollte bei einem iCCA die Unterscheidung eines „large duct“-Subtyps von einem „small duct“-Subtyp histologisch nicht mit der gebotenen Sicherheit möglich sein, können Spezialfärbungen (Muzin-Produktion), Immunhistologie und in Ausnahmefällen auch die Molekularpathologie eine definitive Zuordnung ermöglichen.

Eine relevante klinische Fragestellung ist das sog. Adenokarzinom-Carcinoma of Unknown Primary (Adeno-CUP) der Leber [509]; hierunter versteht man ein für eine Metastasenleber typisches Bild, ohne dass sich ein extrahepatischer Primärtumor definieren lässt. Tatsächlich können sich neben verschiedenen, nichtdetektierten, extrahepatischen Primärtumoren (v. a. Pankreas, Gastrointestinaltrakt, Lunge, Mamma) hinter einem Adeno-CUP auch ein unerkanntes iCCA verbergen. Da CUPs, die sekundär einer definitiven Typisierung zugeführt werden können, wohl auch dank zunehmend erweiterter Therapieoptionen, gegenüber CUPs, die eine Standard-Chemotherapie erhalten, eine bessere Prognose aufweisen, sollte bei klinischer Relevanz die notwendige histologische, immunhistologische und ggf. molekularpathologische Differenzialdiagnostik durchgeführt werden.


#

3.2.3 Molekulare Diagnostik

4.11

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Cholangiokarzinome weisen potenzielle Zielstrukturen für eine molekular gesteuerte Systemtherapie auf, die im geeigneten Kontext getestet werden sollten.

Starker Konsens

Karzinome der Gallenwege und der Gallenblase können molekulare Veränderungen aufweisen, die Angriffspunkte für neue, teils zugelassene, teils in Zulassungsstudien befindliche, gezielte Therapeutika darstellen. Art und Häufigkeit der Veränderungen unterscheiden sich erheblich zwischen den verschiedenen Typen, so dass der präzisen morphologischen Typisierung auch Bedeutung für die Ausrichtung einer evtl. molekularen Testung und ggf. daraus abgeleiteten, therapeutischen Zielstruktur zukommt. Insbesondere das iCCA vom „small duct“ Subtyp zeigt derartige molekulare Veränderungen in besonders hoher Frequenz. Vor allem an spezialisierten Zentren wird zunehmend eine umfassende Testung eingesetzt, um primär therapeutisch angehbare und studiengängige Zielstrukturen zu erfassen. Die untenstehende Tabelle fasst die wichtigsten Zielstrukturen zusammen.

Wir möchten an dieser Stelle zur detaillierten Aufarbeitung auf die S1-Leitlinie „Tumorgenetik – Diagnostik im Kontext maligner Erkrankungen“ verweisen ([Tab. 8]).

Tab. 8

Molekulare Alterationen beim small duct iCCA.

Molekulare Alteration

Häufigkeit (%)

Zulassung

RAS-Mutation

10–20

TP53-Mutation

20–30

FGFR2-Translokation

15–30

Zulassung

IDH1/2

10–20

Zulassung außerhalb der EU

ARID1A

5–15

BAP1

5–15

BRAF V600E

3–6

Zulassung bei anderer Entität

ERBB2

2–3

Zulassung bei anderer Entität

MSI-H (MLH1, MSH2, MSH6, PMS2)

1–2

Zulassung

NTRK1–3

< 1

Zulassung

NRG1

< 1

Zulassung bei anderer Entität


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#

3.3 Bildgebende und endoskopische Diagnostik

3.3.1 Bildgebende und/oder endoskopische Untersuchungen zum Staging und zur Diagnosestellung eines biliären Karzinoms

4.12

Konsensbasiertes Statement

geprüft 2022

EK

Die Sonographie wird häufig zur initialen Einschätzung bei V. a. auf ein biliäres Karzinom verwendet.

Starker Konsens

Die abdominelle Sonographie wird meist initial eingesetzt zur Abklärung erhöhter Leberwerte und ist in Endemiegebieten Südostasiens Methode der Wahl zum jährlichen Screening auf biliäre Karzinome [512]. Das intrahepatische CCA ist meist iso- bis hypoechogen, gelegentlich ist zusätzlich oder bei periduktal infiltrierendem Tumorwachstum als alleiniges Merkmal eine umschriebene Gangdilatation stromaufwärts des iCCA darstellbar. In der Kontrastmittelsonographie (CEUS) ist das Hyperenhancement uneinheitlich und abhängig von Tumorzelldichte und Fibrose des Tumors sowie Entzündung und Fibrose in der umgebenden Leber [513] [514]. In einer DEGUM-Multizenterstudie zeigte sich eine in der Tumorperipherie betonte initiale Kontrastmittelanflutung bei 75 % der iCCA, mit früh-portalvenöser Auswaschung vor allem im Tumorzentrum bei 85,8 % und Auswaschung in der Spätphase bei 92,9 % [515]. Das iCCA zeigt im Unterschied zum HCC häufig ein früh (< 60 Sekunden) beginnendes, deutlich ausgeprägtes Auswaschen. In älteren Studien war die Pfortaderinfiltration mit hoher Genauigkeit darstellbar [516]. Die Darstellung von Gallenblasenpolypen gelingt mit dem Ultraschall mit relativ hoher Genauigkeit, die Differenzierung von malignen und nichtmalignen Polypen wird in einem 2018 publiziertem Cochrane-Review mit einer Sensitivität von 0,79 und Spezifität von 0,89 angegeben [517].

Neben der mittels Ultraschalles geäußerten Verdachtsdiagnose auf ein iCCA handelt es sich auch oft um einen Zufallsbefund in aus anderen Gründen durchgeführten bildgebenden Untersuchungen. Die bildgebenden Merkmale der iCCA sind oft suggestiv für die Diagnose, aber nicht definitiv genug, um eine Biopsie überflüssig zu machen (siehe [Abb. 1]: Diagnosealgorithmus eines Patienten mit Verdacht auf ein cholangiozelluläres Karzinom).

Ein typisches kontrastverstärktes CT-Protokoll für die Diagnose und das initiale Staging eines Cholangiokarzinoms umfasst eine arterielle Phase (20–30 Sekunden nach der Injektion), eine portalvenöse Phase (60 Sekunden nach der Injektion) und eine Spätphase (mindestens 3 Minuten nach der Injektion) [518] [519] [520]. CT-morphologisch ist das typische Erscheinungsbild eine hypodense Leberraumforderung mit unregelmäßigen Rändern in der nativen Phase, einem hypervaskulären Saum in der arteriellen Phase und ein zunehmendes Enhancement in der venösen Phase und den Spätphasen [521]. Mittels CT kann auch der Grad der biliären Obstruktion, der Kapselretraktion oder der hepatischen Atrophie erkannt werden. Die dynamische CT-Untersuchung kann bei der Unterscheidung zwischen iCCA und HCC helfen. Bis zu 81 % der iCCA sind durch eine progressive Kontrastmittelaufnahme von der arteriellen zur venösen Phase und insbesondere in der Spätphase gekennzeichnet. Dieser Effekt kann auf eine Fibrose zurückzuführen sein, die das intravenöse Kontrastmittel zurückhält. Im Gegensatz dazu ist das HCC durch eine arterielle Hypervaskularisation während der arteriellen Phase und einem Auswaschen in der venösen Phase oder in der Spätphase charakterisiert. Einige kleine iCCA können aber auch eine arterielle Hypervaskularisation aufweisen und können hierdurch ein Hepatozelluläres Karzinom imitieren [522] [523]. Die arterielle Phase hilft nicht nur bei der diagnostischen Unterscheidung zwischen einem HCC und einem iCCA sondern auch bei der klareren Abgrenzung der vaskulären Anatomie vor der chirurgischen Resektion [518] [519] [520].

Im Vergleich zur MRT ist die kontrastverstärkte CT nur begrenzt in der Lage, die Ausbreitung des Tumors entlang der Gallengänge zu erkennen [524]. Die MRT zeichnet sich bei dieser Aufgabe durch ihren überlegenen Weichteilkontrast aus und gilt daher als das bildgebende Verfahren der Wahl für die Diagnose und das lokale Staging des Cholangiokarzinoms. Ihre Genauigkeit ist vergleichbar mit der Genauigkeit der kontrastverstärkten CT und der direkten Cholangiographie in Kombination [524]. Ein optimales Protokoll für die Beurteilung von Cholangiokarzinomen sollte MRCP, konventionelle T1- und T2-gewichtete abdominelle MRT-Sequenzen (einschließlich T1 „in- und out-of-phase“ Bildgebung), diffusionsgewichtete Bildgebung (DWI) und mehrphasige kontrastverstärkte Sequenzen in der arteriellen, portalen, venösen und verzögerten Phasen beinhalten [520] [524]. Die dynamischen Sequenzen können zu vorher festgelegten Zeitpunkten oder mittels Bolus-Tracking-Technik angefertigt werden [520]. In der MRT erscheinen iCCA in nativen T1-gewichteten Sequenzen hypointens und auf T2-gewichteten Sequenzen hyperintens [525] [526] [527]. In T2-gewichteten Bildern kann sich auch eine zentrale Hypointensität zeigen, die einem Fibrosegebiet entspricht. Dynamische kontrastverstärkte Sequenzen zeigen eine periphere Hyperintensität in der arteriellen Phase, gefolgt von einer progressiven und konzentrischen Auffüllung des Tumors mit Kontrastmittel. Das Kontrastmittelpooling in der Spätphase ist ein Hinweis auf eine Fibrose und deutet auf ein iCCA hin.

Die Magnetresonanztomographie mit Cholangio-Pankreatographie (MRT/MRCP) ist hilfreich, um das Gallengangssystem und die Gefäßstrukturen zu visualisieren und dadurch die anatomische Ausdehnung des Tumors genauer zu bestimmen. Die MRCP ist eine kontrastfreie MR-Technik. Hierbei wird der T2-gewichtete Kontrast zwischen Galle (langes T2) und angrenzendem Gewebe (kurzes T2) durch die Verwendung stark T2-gewichteter Sequenzen akzentuiert. Die dünne Multi-Slice-MRCP ermöglicht eine hochauflösende Visualisierung über dreidimensionale Bilddatensätze [524]. Im Gegensatz zur endoskopischen retrograden Cholangiopankreatographie ist die MRCP nichtinvasiv und erlaubt die Visualisierung der Gallenwege proximal einer Obstruktion [520]. In Vorbereitung auf die MRCP sollen die Patienten mindestens 4 Stunden lang fasten, um die Darmperistaltik und Magensekretion zu minimieren und die Gallenblasenauftreibung zu maximieren. Negative Kontrastmittel können hinzugefügt werden, um das Flüssigkeitssignal im Magen und Zwölffingerdarm zu reduzieren. Die DWI kann die MRCP bei der Erkennung von Tumoren in erweiterten oder verschlossenen Gallengängen unterstützen, wenn eine Kontrastmittelinjektion nicht möglich ist [524]. Es ist gut dokumentiert, dass die DWI die diagnostische Sensitivität der MRT für das Cholangiokarzinom erhöht. Frühere Studien haben eine Überlappung der dynamischen Kontrastverstärkungsmuster von kleinen raumfordernden intrahepatischen Cholangiokarzinomen (< 3 cm) und Hepatozellulären Karzinomen dokumentiert [506] [512] [528] [529]. In solchen Fällen kann eine diffusionsgewichtete Bildgebung, die bei einer Anzahl verschiedener b-Werte im Bereich von 0–800 s/mm² durchgeführt wird, helfen, das iCCA von HCC zu unterscheiden [530] [531] [532] [533]. In ähnlicher Weise kann die DW-MRT helfen, benigne von malignen Strikturen zu unterscheiden, was für die Diagnose periduktal infiltrierender Subtypen des iCCAs von entscheidender Bedeutung ist [520] [534]. Im Allgemeinen tendieren die ADC-Werte von iCCAs dazu, signifikant niedriger zu sein als die des benachbarten normalen Leberparenchyms, wie es bei den meisten bösartigen Lebertumoren der Fall ist. Die Dokumentation einer Reihe von ADC-Werten, die spezifisch für iCCAs sind, wurde durch die große Variabilität der berichteten ADC-Werte eingeschränkt. Diese Variabilität, die weitgehend auf technische Unterschiede der Bild-Akquirierung zurückzuführen ist, hat Forscher veranlasst, sich für die Verwendung normalisierter ADC-Werte zur optimalen quantitativen Charakterisierung von Leberläsionen, einschließlich des iCCA, einzusetzen. Studien haben dennoch gezeigt, dass die DW-MRI im Vergleich zu anderen MRT-Sequenzen trotz der hohen Varianz der b-Werte eine hohe diagnostische Genauigkeit für iCCAs aufweist. In einer Studie waren alle Cholangiokarzinome bei b = 0 s/mm² sichtbar, und die Mehrheit blieb bei der DW-MRT bei steigenden b-Werten hyperintens, was darauf hindeutet, dass die Verwendung des früheren b-Wertes in MR-Protokollen zur Erkennung von Cholangiokarzinomen in Betracht gezogen werden sollte. Dieselbe Studie legte nahe, dass die Normalisierung auf das Leber-Hintergrundparenchym zu einer minimalen Variabilität der ADC-Werte im Vergleich zu anderen Indexorganen wie der Milz führte [531] [532]. Der Grad der Diffusionsbeschränkung im DW-MRI kann als somit unabhängiger präoperativer prognostischer Marker bei Patienten mit iCCA dienen. In einer anderen Studie zeigten Patienten, bei denen weniger als ein Drittel des Tumors eine Diffusionsrestriktion aufwies, im Vergleich zu Patienten, bei denen mehr als ein Drittel des Tumors eine Diffusionsrestriktion aufwies, ein fortgeschritteneres baseline TNM-Stadium, eine häufigere lymphatische Invasion und Lymphknotenmetastasen sowie eine häufigere stromale Metaplasie. Sowohl das krankheitsfreie als auch das Gesamtüberleben waren in der ersten Patientengruppe im Vergleich zur zweiten Gruppe signifikant niedriger [520] [535] [536].

4.13

Evidenzbasierte Empfehlung

geprüft 2022

Empfehlungsgrad

A

Zur initialen Diagnostik und zum Staging bei kurativer Intention eines Cholangiokarzinoms sollen eine mehrphasische hepatische MRT-Untersuchung sowie ein kontrastverstärktes CT des Thorax und des Abdomens* vorliegen.

*Wenn komplettes MRT-Abdomen vorliegt, muss kein CT des Abdomens ergänzt werden.

Level of Evidence

1

[537]

Konsens

Die Rolle der 18F-FDG-PET bei der Diagnose und dem Staging von Patienten von iCCAs wurde bis dato kontrovers diskutiert. In einer neuen Metaanalyse wurde die Rolle der 18F-FDG-PET für Staging und Re-Staging bei insgesamt 2125 Patienten aus 47 Studien untersucht [538]. Die Sensitivität und Spezifität der 18F-FDG-PET in der Initialdiagnose betrug je 91,7 % (95 % CI: 89,8; 93,2) bzw. 51,3 % (95 % CI: 46,4; 56,2); für einen Lymphknotenbefall lag die Sensitivität bei 88,4 % (95 % CI: 82,6; 92,8) und die Spezifität bei 69,1 % (95 % CI: 63,8; 74,1); für das Vorliegen von Fernmetastasen lag die Sensitivität bei 85,4 % (95 % CI: 79,5; 90,2) und die Spezifität bei 89,7 % (95 % CI: 86,0; 92,7). Bei einem Verdacht auf ein Rezidiv betrug die Sensitivität 90,1 % (95 % CI: 84,4; 94,3) und die Spezifität 83,5 % (95 % CI: 74,4; 90,4). Somit weisen diese aktualisierten Daten darauf hin, dass der Einsatz von 18F-FDG-PET für das Staging (Lymphknoten und Fernmetastasen) und die Identifizierung von Rezidiven bei selektierten Patienten mit CCA für die Therapiestratifizierung sinnvoll sein kann, insbesondere wenn die Identifizierung okkulter Krankheitsherde das therapeutische Vorgehen verändern würde oder wenn die Diagnose eines Rezidivs nach der Standard-Bildgebung weiterhin unklar bleibt. Insofern kann der Einsatz der 18F-FDG-PET bei CCA nach interdisziplinären Tumorboardempfehlung für Staging und Re-Staging indiziert sein.


#

3.3.2 Untersuchungsmethoden zur Darstellung der maximalen Ausbreitung des Tumors

4.14

Konsensbasiertes Statement

geprüft 2022

EK

Für die Erfassung der maximalen Ausbreitung des Tumors inklusive Gefäßinvasion soll, wenn eine kurative Behandlungsoption besteht, mindestens ein dynamisches kontrastverstärktes MRT eingesetzt werden.

Starker Konsens

Insbesondere vor kurativen Resektionen oder minimalinvasiven interventionellen Therapien sind eine exakte Erfassung der maximalen Ausbreitung des Tumors sowie der Bezug zu allen anatomisch wichtigen Strukturen unabdingbar.

Die MRT zeichnet sich bei dieser Aufgabe durch ihren überlegenen Weichteilkontrast aus und gilt daher als das bildgebende Verfahren der Wahl für die Diagnose der maximalen Ausdehnung des Cholangiokarzinoms [524]. Ein optimales Protokoll für die Beurteilung der maximalen Ausdehnung des Cholangiokarzinomen sollte MRCP, konventionelle T1- und T2-gewichtete abdominelle MRT-Sequenzen (einschließlich T1 „in- und out-of-phase“ Bildgebung), diffusionsgewichtete Bildgebung (DWI) und mehrphasige kontrastverstärkte Sequenzen in der arteriellen, portalen, venösen und verzögerten Phase beinhalten [520] [524]. Für die weiteren Details siehe bitte auch das Kapitel „Welche bildgebenden und/oder endoskopischen Untersuchungen müssen zum Staging und zur Diagnose eines biliären Karzinoms durchgeführt werden?“. Neben dem Einsatz der MRCP und diffusionsgewichteter MRT-Sequenzen kann die Nachkontrastdarstellung mit traditionellen, extrazellulären Kontrastmitteln auf Gadoliniumbasis (Gd-DTPA) oder Derivaten wie Gadoliniummethoxybenzyldiethylentriamin-Penta-Essigsäure (Gd-EOB-DTPA) genauere Informationen bezüglich der Tumorausdehnung liefern.

Gd-EOB-DTPA kombiniert die Eigenschaften eines herkömmlichen extrazellulären Kontrastmittels auf Gadoliniumbasis mit denen von hepatozytenspezifischen Kontrastmitteln. Frühere Studien haben die Überlegenheit von Gd-EOB-DTPA beim Nachweis und bei der Charakterisierung von Leberläsionen bei Patienten mit diffusen Lebererkrankungen dokumentiert. Da die Nachkontrastsignalintensität der Leber bei Verwendung hepatozytenspezifischer Kontrastmittel wie Gd-EOB-DTPA im Vergleich zu herkömmlichen extrazellulären Kontrastmitteln auf Gadoliniumbasis höher ist, werden Cholangiokarzinome sowohl bei frühen als auch bei verzögerten Phasensequenzen als hypointens sichtbar [539]. Dadurch entsteht ein scharfer Kontrast zwischen der Läsion und dem Leberhintergrund, was eine genauere Beurteilung der Tumorausdehnung sowie das Vorhandensein assoziierter Satellitenläsionen ermöglicht, die in 10–20n% der Fälle von metastasiertem CCA gesehen werden [539]. Die erhöhte Sichtbarkeit von Cholangiokarzinomen in dieser Umgebung ist besonders hilfreich für Patienten mit einem Hintergrund diffuser Lebererkrankungen, bei denen metastasierte CCA nach Verabreichung traditioneller extrazellulärer Kontrastmittel auf Gadoliniumbasis atypische Enhancement-Muster aufweisen können [520] [540]. Bei der Gd-EOB-DTPA können auch die relative Signalintensität der Leber und die Sichtbarkeit der Gallenwege auf der hepatobiliären Phase als quantifizierbare Surrogatmarker der Gallenfunktion dienen. Gd-EOB-DTPA wird von Hepatozyten aufgenommen und in das Gallensystem ausgeschieden. Eine verminderte Signalintensität der Hintergrundleber und eine verringerte Sichtbarkeit der Gallenwege in der hepatobiliären Phase weisen auf eine gestörte Gallenfunktion hin und korrelieren quantitativ mit dem Gesamtbilirubinspiegel und könnten somit ein ergänzender Leberfunktionsparameter vor ausgedehnten Resektionen sein [539].


#

3.3.3 Diagnostikalgorithmus

4.15

Evidenzbasierte Empfehlung

geprüft 2022

Empfehlungsgrad

A

Bei Verdachtsdiagnose auf ein Cholangiokarzinom soll eine Schnittbildgebung zur Beurteilung der Tumorausdehnung verwendet werden.

Level of Evidence

1

[537]

Starker Konsens

Die Diagnose eines Cholangiokarzinoms basiert auf kontrastverstärkten bildgebenden Untersuchungen und histologischen Analysen. Der Diagnosealgorithmus eines Patienten mit Verdacht auf ein Cholangiokarzinom ist in der [Abb. 1] dargestellt. Aufgrund der erhöhten Ansprüche bezüglich der lokalen Tumorausdehnung wird nach dem Staging des Thorax sowie Abdomens mittels CT ein je nach Subtyp spezifiziertes MRT präoperativ empfohlen.


#

3.3.4 Endoskopische Diagnostik

4.16

Evidenzbasierte Empfehlung

geprüft 2022

Empfehlungsgrad

0

Der endoskopische Ultraschall kann zur Diagnose, lokalem Staging und Gewebegewinnung beim biliären Karzinom verwendet werden.

Level of Evidence

1

[541]

Starker Konsens

Die endosonographiegestützte Feinnadelaspirationszytologie (EUS-FNA) hatte in einer Metaanalyse von 6 Studien, die z. T. auch PSC-Patienten einschlossen, eine Sensitivität von 66 % und eine Spezifität von 100 % für die Diagnose eines CCA [532]. Auch bei Fehlen einer Läsion in der Schnittbildgebung konnte noch eine Sensitivität von 45 % erreicht werden. Bei Patienten mit negativer Bürstenzytologie konnte aus drei Studien eine Sensitivität von 59 % (Spezifität 100 %) errechnet werden. Damit ist die EUS-FNA eine valide Methode auch und insbesondere dann, wenn eine histologische Bestätigung erforderlich ist. Einschränkend sei eine Studie erwähnt, bei der von 191 Patienten i. R. eines neoadjuvanten Therapieprotokolls vor Lebertransplantation bei 16 eine perkutane (n = 13) oder EUS-gesteuerte (n = 3) Gewebegewinnung erfolgte [542]. Bei fünf von sechs Patienten mit definitiv maligner Histologie traten peritoneale (Stichkanal-)Metastasen auf (die Verteilung perkutan vs. EUS-FNA ist nicht aufgeführt, vs. 14/175 ohne Biopsie). Dies konnte in einer jüngeren Studie an 150 Patienten, von denen 61 präoperativ EUS-gesteuert biopsiert worden waren, nicht nachvollzogen werden [543].

4.17

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Wenn im Rahmen einer ERCP der V. a. ein extrahepatisches Cholangiokarzinom gestellt wird, sollte im Rahmen einer ERCP eine Zangenbiospie oder eine Bürstenzytologie entnommen werden.

Starker Konsens

Die endoskopische Bürstenzytologie während der ERC hat in verschiedenen Studien eine Sensitivität von 30–78 % [544] [545] [546] (Anm: Review, höchste und niedrigste Sensitivität, bei gleichen Werten jeweils neueste) und eine Spezifität von 90–100 % [547] [548]. Der positive Prädiktivwert lag bei 94–100 %, der negative Prädiktivwert jedoch nur bei 8–62 % [548] [549]. In einer Metaanalyse zu Studien, die die Bürstenzytologie und die transpapilläre Biopsie verglichen, betrug die kombinierte Sensitivität und Spezifität der Bürstenzytologie zur Diagnose einer malignen Gallengangsstenose 45 % (95 % CI: 40–50 %) und 99 % (98–100 %) [506]. Bei Patienten mit PSC war in einer Metaanalyse zu 11 retrospektiven und prospektiven Studien mit insgesamt 747 Patienten die Sensitivität der Bürstenzytologie für ein CCA 43 % (35–52 %), die Spezifität 97 % (95–98 %) [550]. Damit sichert die Bürstenzytologie im Falle eines Nachweises die Diagnose eines biliären Karzinoms, ist jedoch bei negativer Histologie nicht zum Ausschluss eines biliären Karzinoms geeignet.

Die endobiliäre, transpapilläre Zangenbiopsie während der ERC hat in verschiedenen Studien eine Sensitivität von 29–81 % [544] [551] [552] und eine Spezifität von 90–100 % [553] [554]. Der positive Prädiktivwert lag bei 94–100 % [553] [554], der negative Prädiktivwert jedoch nur bei 31–81 % [553] [554].

In der bereits oben aufgeführten Metaanalyse [506] war die kombinierte Sensitivität und Spezifität der transpapillären Biopsie zur Diagnose einer malignen Gallengangsstenose 48,1 % (95 % CI: 42,8–53,4 %) und 99,2 % (97,6–99,8 %), lag somit geringgradig höher als die der Bürstenzytologie. Die diagnostische Genauigkeit ist für CCAs etwas höher als für das Pankreaskarzinom, am ehesten aufgrund des oberflächlicheren, somit besser zugänglichen Tumorwachstums des CCA. Ähnlich wie für die Bürstenzytologie gilt für die Zangenbiopsie, dass bei positiver Histologie die Diagnose eines biliären Karzinoms zwar gesichert ist, bei negativer Histologie jedoch nicht ausgeschlossen werden kann. Gallengangsperforationen durch die Zangenbiopsien wurden beschrieben [555] [556], jedoch insgesamt nur selten berichtet.

Die Kombination von Bürstenzytologie und transpapillärer endobiliärer Zangenbiopsie wurde in 6 Studien untersucht [506]. Sie kann die Sensitivität der Diagnose einer malignen Striktur mit einer kombinierten Sensitivität von 59,4 % (53,7–64,8 %) erreichen, die Spezifität bleibt hoch (100 % (98,8–100,0 %)). Somit wird die diagnostische Genauigkeit durch die Kombination beider Verfahren zur Histologiegewinnung gesteigert, jedoch nicht in dem Maße, dass ein Ausschluss eines Karzinoms durch die Histologie in sicherer Weise möglich ist.

4.18

Evidenzbasiertes Statement

geprüft 2022

Level of Evidence

1

Bei V. a. ein extrahepatisches Cholangiokarzinom kann durch Einsatz der Cholangioskopie in Kombination mit visuell gezielter Biopsie die Sensitivität der Diagnose gesteigert werden.

[557]

Starker Konsens

Die meisten Studien zum Einsatz der Cholangioskopie verwendeten die Single-Operator-Cholangioskopie (mit SpyGlass®). In einer systematischen Übersicht [557] wurden insgesamt 10 Studien identifiziert, die die Cholangioskopie mit visuell-endoskopisch gezielter Biopsieentnahme bei Gallengangsstrikturen evaluierten. Die kombinierte Sensitivität der so gewonnenen Histologie zur Diagnose maligner Strikturen war 60,1 % (95 % CI: 54,9–65,2 %) bei einer Spezifität von 98,0 % (96,0–99,0 %). Etwas bessere Werte ergaben sich, wenn nur die Biopsien bei CCA ausgewertet wurden (Sensitivität 66,2 % (59,7–72,3 %), Spezifität 97,0 % (94,0–99,0 %)).

Die Hinzunahme des visuell-endoskopischen Eindrucks konnte die Sensitivität erheblich steigern (84,5 % (79,2–88,9 %)), allerdings zulasten der Spezifität (82,6 % (77,1–87,3 %)). Letztlich sind die endoskopischen Kriterien für Malignität nicht abschließend evaluiert, insbesondere vor dem Hintergrund entzündlicher Veränderungen (z. B. bei PSC). Interessant ist der Einsatz der Cholangioskopie bei Strikturen mit zuvor nicht eindeutiger Histologie durch Bürste u./o. Biopsie: Hier konnte dennoch mit einer Sensitivität von 67,3 % (52,5–80,1 %) und Spezifität von 93,3 % (83,1–98,7 %) ein CCA diagnostiziert werden. Bei direktem Vergleich zwischen Bürstenzytologie, Zangenbiopsie und Cholangioskopie mit Biopsieentnahme war die Cholangioskopie den beiden anderen Verfahren in Sensitivität, Genauigkeit und negativem Prädiktivwert signifikant überlegen [551].

Der Einsatz der nächsten Gerätegeneration oder die Verwendung der direkten peroralen Cholangioskopie könnte theoretisch sowohl die endoskopische Visualisierung als auch die Größe und Anzahl der Biopsien verbessern. Hierzu liegen noch keine vergleichenden Studien mit älteren Cholangioskopen vor. Eine 2019 publizierte Studie hat randomisiert die konventionelle Bürstenzytologie-Entnahme mit der digitalen Cholangioskopie mit visuell gestützter Biopsie verglichen. Hier war die Sensitivität der Cholangioskopie-gesteuerten Biopsie signifikant höher als die der Bürstenzytologie (68,2 % vs. 21,4 %), ebenfalls die Sensitivität der visuellen Einschätzung (95,5 % vs. 66,7 %) und die Genauigkeit insgesamt (87,1 % vs. 65,5 %) bei allerdings nicht gesteigertem PPV (positiv predictive value) und NPV (negativ predictive value) [558]. Zusätzliche Methoden zur Verbesserung der Visualisierung biliärer Veränderungen, wie die Chromoendoskopie, virtuelle Chromoendoskopie oder die Verwendung sondenbasierter Endomikroskopiesysteme, sind in Einzelstudien gut evaluiert, jedoch nicht in der Routinediagnostik verfügbar. Grundsätzlich sind all die genannten Verfahren der Bürstenzytologie, Biopsie und Cholangioskopie auch perkutan, z. B. über einen PTCD-Zugang, einsetzbar.

4.19

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Patienten mit primär sklerosierender Cholangitis und Erstmanifestation einer dominanten Stenose sollen mittels MRT/MRCP und ERCP/Histologie weiter abgeklärt werden.

Bei weiterbestehendem Verdacht auf ein CCA trotz negativer Diagnostik sollte eine kurzfristige erneute Reevaluation, ggf. mit Wiederholung der Untersuchungen, oder bei therapeutischer Relevanz eine Klärung im Rahmen einer explorativen Laparotomie erfolgen.

Konsens

Zur Überwachung von Patienten mit PSC darf auf die „S2k-LL Autoimmune Lebererkrankungen“ [501] der DGVS verwiesen werden, die schreibt: „Die Unterscheidung der benignen von der malignen Stenose ist eines der klinisch relevantesten Probleme bei Patienten mit PSC. Es sollten möglichst verschiedene Verfahren angewendet werden, um den Verdacht eines CCA weitestgehend zu bestätigen oder auszuschließen. Eine Cholangioskopie wird von einigen Zentren insbesondere zur gezielten Gewebeentnahme favorisiert. Auch eine Wiederholung bereits erfolgter Untersuchungen erzielt in manchen Fällen eine Diagnosesicherung.“ Eine ausführliche Aufstellung zur Genauigkeit der Bürstenzytologie zur Diagnose des CCA bei Patienten mit PSC in Einzelstudien und in Reviews findet sich außerdem in der ESGE-Leitlinie „Role of Endoscopy in Primary Sclerosing Cholangitis“ [559] ([Tab. 6], [7]), zusammenfassend s.unter Kapitel Bürstenzytologie. Interessant ist, dass in einer deutschen Studie bei Patienten mit PSC diejenigen Patienten, die eine regelmäßige Dilatation dominanter Stenosen erhielten, mit 5,3 % (n = 7) zwar nicht signifikant (p = 0,1), aber möglicherweise doch relevant seltener ein CCA entwickelten als die Patienten, die nur bei Beschwerden dilatiert wurden, mit 9,8 % (n = 15) [536]. Ob dies ein Effekt der verminderten Anzahl von Cholangitis-Episoden ist (im Sinne einer Unterbrechung der Inflammations-Karzinom-Sequenz), muss abgewartet werden.

Bei hochgradigem Verdacht auf ein biliäres Karzinom (iCCA, pCCA, dCCA) und als resektabel eingeschätztem Befund muss eine histologische Sicherung nicht regelhaft präoperativ erfolgen, da ein fehlender Tumornachweis in der Histologie/Zytologie aufgrund der niedrigen Sensitivität das therapeutische Vorgehen nicht verändert. Häufig wird die Erstdiagnose eines pCCA oder dCCA bei der ERC zur Ableitung bei Cholestase gestellt, dann kann ggf. eine Bürstenzytologie u./o. Zangenbiopsie zur Histologiegewinnung eingesetzt werden. Sensitivität und Spezifität der Verfahren zur histologischen Sicherung in Studien war in hohem Maße abhängig von der Prätestwahrscheinlichkeit der Studienpopulation (z. B. PSC- vs. non-PSC-Patienten, Patienten mit unklarer Striktur vs. Patienten mit jeglicher Striktur, symptomatische vs. asymptomatische Striktur, nur dCCA vs. dCCA und Papillen- und Pankreaskarzinom). Bei unklaren Befunden kann die Cholangioskopie mit endoskopisch-visuell gezielter Biopsieentnahme eingesetzt werden, die die diagnostische Ausbeute erhöht (s. u.).

Bei Verdacht auf IgG4-assoziierte Cholangitis kann die bioptische Sicherung die probatorische Einleitung einer spezifischen Therapie begründen. Bei Patienten mit PSC empfiehlt die DGVS-Leitlinie „Autoimmune Lebererkrankungen“ bei dominanter Stenose eine histologische Sicherung, bei weiterhin bestehendem Verdacht auf ein CCA trotz negativer Histologie eine kurzfristige Reevaluation [501]. Vor Einleitung einer palliativen Chemotherapie ist die histologische Sicherung der Tumorentität erforderlich, die im Rahmen einer ERC oder durch perkutane oder endosonographische Punktion erfolgen kann (s. u.). Ob in Zukunft der Einsatz neoadjuvanter (Chemo-)Therapieansätze häufiger eine histologische Sicherung auch bei resektablem Befund erforderlich machen wird, bleibt aktuell ebenso spekulativ wie das Potenzial repetitiver Biopsien zur Identifikation eines molekular gestützten Therapieansatzes in der palliativen Situation.

Hinsichtlich der histopathologischen Sicherung s. auch das Kapitel „Histopathologische und molekulare Diagnostik“.


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3.4 Operative und interventionelle Therapieverfahren

3.4.1 Resektion

4.20

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Eine Resektion eines pCCA, dCCA oder iCCA soll erfolgen, wenn eine komplette Resektion (R0-Resektion) möglich erscheint.

Starker Konsens

Die radikale chirurgische Entfernung allen Tumorgewebes stellt gegenwärtig die einzige kurative Behandlung des nicht fernmetastasierten iCCA und pCCA dar. Multifokalität (bei iCCA), Lymphknotenmetastasen (N1) und eine Gefäßinvasion sind die wichtigsten prognoserelevante Faktoren, stellen jedoch keine Kontraindikation dar, sofern eine R0-Resektion erreichbar scheint [560] [561] [562] [563] [564] [565] [566]. Häufig erfordert die chirurgische Behandlung von iCCA und pCCA ausgedehnte Leberresektionen [567] [568] [569]. Postoperativ sollte eine adjuvante Therapie erfolgen (siehe BILCAP-Studie (Capecitabine compared with observation in resected biliary tract cancer)) [570]. Bei initial irresektablem oder sogenanntem borderline-resektablem iCCA kann nach einer Downsizing Therapie eine Resektion erwogen werden [571].

4.21

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Eine Resektion eines Gallenblasenkarzinoms soll erfolgen, wenn klinisch keine Fernmetastasen vorliegen (cM0) und eine komplette Resektion (R0-Resektion) möglich erscheint.

Starker Konsens

Die langfristige Prognose des Galleblasenkarzinoms ist insgesamt sehr schlecht, mit einer 5-Jahre-Überlebensrate zwischen 5–15 %. Wenn der Krebs jedoch in einem frühen Stadium erkannt und angemessen behandelt wird, können 5-Jahres-Überlebensraten von 75 % erreicht werden [572] [573]. Es besteht ein internationaler Konsens darüber, dass die R0-Resektion der stärkste prognostische Faktor für das Langzeitergebnis und die Heilungschancen bei Patienten mit Gallenblasenkarzinom ist [573]. In diesem Zusammenhang bestimmt die Tiefe der Invasion durch die Gallenblasenwand die chirurgische Standardbehandlung des Gallenblasenkarzinoms [572] [573] [574].

Bei Tis- und T1a-Tumoren ist eine Cholezystektomie ohne weitere Resektion erforderlich [573]. Beim Gallenblasenkarzinom der Kategorie ab T1b ist eine zusätzliche Leberresektion mit systematischer Lymphadenektomie indiziert, sofern der Patient für die Operation geeignet ist. Sowohl die Gallenblasenbettresektion, als auch die Segmentresektion IVb und V sind ein onkologisch akzeptables Verfahren, vorausgesetzt, es wird eine R0-Resektion durchgeführt. Eine erweiterte Hepatektomie ist in der Regel bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem Tumor mit biliärer und vaskulärer Beteiligung erforderlich, um eine R0-Resektion zu erreichen [572] [573].

Eine routinemäßige Resektion der Hauptgallengänge ist weder indiziert noch empfohlen, da sie die postoperative Morbidität erhöht, die Anzahl der entfernten Lymphknoten nicht erhöht und nicht mit einer Verbesserung des Gesamtüberlebens assoziiert ist. Eine Gallengangsresektion ist nur in Fällen indiziert, in denen ein positiver zystischer Ductusrand zum Zeitpunkt der ursprünglichen Resektion beseitigt werden muss, bei Gallenblasenkrebs mit direkter Infiltration des hepatoduodenalen Ligaments und in Fällen mit intensiver postoperativer Fibrose mit signifikanter Lymphadenopathie des hepatoduodenalen Ligaments, um eine adäquate Lymphadenektomie zu ermöglichen [573].

Beim Gallenblasenkarzinom der Kategorie 1b erfordert die „Standard“-Lymphknotendissektion die Entnahme von mindestens 6 Lymphknoten und umfasst N1 (zystische 12c, pericholedochale 12b, Hilusknoten 12 h, Knoten der eigentlichen Leberarterie 12a) und N2 (peripankreatische 13a, periportale 12 p, periduktale und gemeinsame Leberarterie). Eine Skelettierung der Leberarterie, der Pfortader und des Gallenganges wird empfohlen. Das Befallen von Lymphknoten aus Truncus coeliacus und para-aortal, sollte als M1-Krankheit betrachtet werden, und die Entnahme dieser Lymphknoten ist nicht mit einem verbesserten Überleben assoziiert [573].

4.22

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Wird bei einer Cholezystektomie intra- oder postoperativ ein Carcinoma in situ (Tis) oder ein Mukosakarzinom (T1a) festgestellt, sollte bei Vorliegen einer R0-Situation (D. cysticus) keine Nachresektion erfolgen.

Starker Konsens

Das inzidentelle Gallenblasenkarzinom ist definiert als ein Karzinom, das bei der histologischen Untersuchung der Probe nach Standard-Cholezystektomie entdeckt wird, da frühe Gallenblasenkarzinome keine spezifischen Symptome aufweisen. Das inzidentelle Gallenblasenkarzinom repräsentiert etwa 70 % der Gallenblasenkarzinome in nichtendemischen Gebieten und tritt zwischen 0,2 % und 3 % der Patienten auf, die sich einer Cholezystektomie unterziehen.

Ein Gallenblasenkarzinom der Kategorie T1a ist definiert als Karzinom, das auf die Schleimhaut beschränkt ist, und T1b als Karzinom, das auf die Muscularis-Schleimhaut beschränkt ist. Patienten mit einem auf die Schleimhaut beschränkten Karzinom (T1a oder weniger) zeigten 5-Jahres-Überlebensraten von bis zu 100 % nach alleiniger Cholezystektomie. Deshalb wird bei Patienten mit inzidentellem Gallenblasenkarzinom der Kategorie Tis und T1a eine einfache Cholezystektomie empfohlen. Eine erweiterte Resektion ist nicht erforderlich. [572] [573] [575]

4.23

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Bei intra- oder postoperativem Nachweis eines Gallenblasenkarzinoms der Kategorie ≥ T1b, soll bei kurativem Ansatz eine onkologische Resektion oder Nachresektion erfolgen.

Starker Konsens

Aktuelle Leitlinien für die Behandlung von inzidentellen Gallenblasenkarzinomen empfehlen eine Nachresektion bei T1b-, T2- und T3-Läsionen, es sei denn, dies ist durch eine fortgeschrittene Erkrankung oder einem schlechten Allgemeinzustandes des Patienten kontraindiziert [573] [576].

Es besteht Konsens, dass die R0-Resektion der stärkste prognostische Faktor für das Langzeitergebnis und die Heilungschancen bei Patienten mit Gallenblasenkarzinom ist [573] [577]. Diesbezüglich zeigten Lee et al. in einer multivariaten Analyse bei Patienten mit einem T1b-Tumor, dass die R1 / R2-Resektion und die Lymphknotenmetastasierung eine schlechte Prognose signifikant vorhersagten, wobei die 1-Jahres-Überlebensrate bei T1b-Tumoren, die sich keiner radikalen Exzision unterziehen, auf 50 % sank [578].

Die Reoperation sollte so früh wie möglich durchgeführt werden, sobald das endgültige histopathologische Staging vorliegt, die Metastasenaufarbeitung abgeschlossen ist und der Patient für die Reoperation geeignet ist, die je nach Überweisungszeitpunkt und Krankheitsstadium 2–4 Wochen nach der Cholezystektomie erfolgen kann. Eine radikale Reoperation wird für Patienten mit der Krankheit ≥ pT1b empfohlen. [573]

Eine radikale Cholezystektomie mit Lymphadenektomie sollte bei Patienten mit T1b-GBCA empfohlen werden, bei denen kein erhöhtes Risiko für postoperative Komplikationen besteht. [575] [577]

Die Resektion der extrahepatischen Gallenwege ist die Standardoperation bei Gallenblasenkarzinomen, die (makroskopisch oder mikroskopisch) den Hals der Gallenblase und/ oder den D. Cysticus betreffen [573].

4.24

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Bei einem isolierten intrahepatischen Rezidiv eines CCA kann eine erneute Resektion durchgeführt werden, wenn eine komplette Resektion (R0-Resektion) möglich erscheint.

Konsens

Nach Resektion eines iCCA kann bei einem auf die Leber beschränkten Tumorrezidiv ein erneuter Resektionsversuch unternommen werden. Die Überlebensraten sind denen nach Primäroperation vergleichbar [579] [580]. Isolierte Rezidive eines perihilären Cholangiokarzinoms sind nur selten einer chirurgischen Therapie zugänglich.

4.25

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Wenn Rezidive nach einer vorangegangenen Operation nicht erneut operativ versorgt werden können, können diese mit thermischer Ablation behandelt werden, wenn hierdurch eine komplette Ablation möglich erscheint.

Starker Konsens

Für die thermische Ablation bei iCCA Rezidiven nach Resektion konnten in mehreren Studien gute Ergebnisse gezeigt werden [581] [582] [583] [584] [585] [586] [587] [588] [589]. Hier konnte in 2 kontrollierten Studien bei insgesamt 230 Patienten [582] [583] bei vergleichbaren Patientencharakteristiken ein vergleichbares progressionsfreies Gesamtüberleben von 31,3 Monaten für die Resektion versus 29,4 Monaten für die Ablation [582] bei deutlich höherer Komplikationsrate für die Resektion im Vergleich zur Ablation (13,8 %, vs. 5, 3 % in [582] und 46,9 % vs. 3,9 % in [583] erreicht werden. In einer weiteren Studie von Kim JH et al. [590] wurden insgesamt 20 Patienten mit 29 rezidivierenden iCCAs einer perkutanen RFA unterzogen. Alle Patienten hatten sich einer kurativen Resektion des primären iCCA unterzogen. Die Tumorgröße lag zwischen 0,7 cm und 4,4 cm in der maximalen Größe (Mittelwert 1,9 cm; Median 1,5 cm). Die technische Effektivität von der Ablation betrug 97 % (28/29) der rezidivierenden iCCAs. Das mittlere progressionsfreie Überleben des lokalen Tumors betrug 39,8 Monate, und die kumulative progressionsfreie 6-Monate- und 1-, 2- und 4-Jahres-Überlebensrate betrug 93 %, 74 %, 74 % und 74 %. Das mediane Gesamtüberleben nach Ablation betrug 27,4 Monate und die kumulative Gesamtüberlebensrate von 6 Monaten und 1, 2 und 4 Jahren betrug 95 %, 70 %, 60 % und 21 %. Es gab in dieser Fallserie zwei Komplikationen (einen Leberabszess und eine biliäre Striktur, somit 7 % pro Behandlung) während des Follow-ups, aber keine Todesfälle.


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3.4.2 Lebertransplantation

4.26

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Eine Lebertransplantation für das iCCA soll außerhalb von Studien nicht erfolgen.

Starker Konsens

Derzeitig stellt das iCCA eine Kontraindikation für eine Lebertransplantation in den meisten Ländern weltweit aufgrund früher Tumorrezidive und schlechten Überlebensraten (5-Jahres-Gesamtüberleben zwischen 35 % und 47 %) dar [479] [523] [591].

Zu beachten ist, dass dies nicht immer Intention-to-Treat Analysen sind, sondern die Diagnose eines iCCA vielfach erst nach der Lebertransplantation im finalen histologischen Befund der Explantatleber gestellt wird, die Lebertransplantation jedoch ursprünglich mit der Indikation eines HCCs durchgeführt wurde [592] [593].

Im Fall eines iCCA < 2 cm (d. h. „sehr frühes“ iCCA) scheint die Lebertransplantation jedoch mit ähnlichen Ergebnissen wie bei einem HCC innerhalb der Mailand-Kriterien einherzugehen [594]. Dieses Konzept wurde durch eine weitere Studie validiert [595].

Lunsford et al. haben vor kurzem ein Protokoll für die Lebertransplantation bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem, inoperablem iCCA nach neoadjuvanter Chemotherapie erstellt. Voraussetzung war eine dauerhafte Regression oder zumindest kein Tumorprogress unter Chemotherapie. 6 von 21 rekrutierten Patienten wurden transplantiert und hatten eine Gesamtüberlebensrate nach 5 Jahren von 83 % (5 der 6 Patienten), 3 davon ohne Rezidiv [596] ([Tab. 9]).

Tab. 9

Mayo-Kriterien.

Mayo-Kriterien

Irresektables pCCA oder pCCA in PSC-Zirrhose

Tumor-Durchmesser < 3 cm

keine LK-Metastasen (obligate chirurgische Exploration)

keine extrahepatische Tumormanifestation

histologisch/zytologisch bestätigtes pCCA oder CA19–9 > 1000 kU/L mit Vorliegen radiologischer Zeichen einer malignen Stenose

4.27

Evidenzbasierte Empfehlung

geprüft 2022

Empfehlungsgrad

0

Bei irresektablem, nichtmetastasiertem pCCA, welches die Mayo-Kriterien erfüllt, kann eine Lebertransplantation unter Studienbedingungen erwogen werden.

Level of Evidence

3

[597] [598]

Starker Konsens

Die Lebertransplantation scheint bei irresektablen, nichtmetastasierten pCCA eine valide Option mit vielversprechenden Ergebnissen (Gesamtüberlebensrate > 50 % nach 5 Jahren). Die Rolle der neoadjuvanten Therapie ist bislang nicht geklärt.

Die meisten Daten zur Lebertransplantation stammen aus den USA, u. a. aus dem Zentrum mit der größten Erfahrung, der Mayo Klinik in Rochester [599]. In diesem Zentrum wurde ein neoadjuvantes Protokoll etabliert, das auf einer Kombination aus Strahlentherapie (45 Gy external beam radiation mit ggf. intraluminaler Brachytherapie) und Chemotherapie (5-FU über 3 Wochen gefolgt von Capecitabin) basiert. Lymphknotenmetastasen stellen eine absolute Kontraindikation dar. Sie sollen im Rahmen einer explorativen Laparotomie vor Lebertransplantation ausgeschlossen werden. Bis dato wurden mehr als 160 Patienten gemäß diesem Protokoll transplantiert mit einem 5-Jahres-Gesamtüberleben zwischen 50 % bis 80 %, abhängig von verschiedenen Unter- und Risikogruppen [597] [598] [599] [600] [601]. Eine prospektiv-randomisierte Studie zum Vergleich Lebertransplantation versus palliative Therapie existiert bislang nicht.

In einer Analyse von Mantel et al. von ELTR-Daten (105 Patienten mit pCCA) konnte kein Nutzen durch eine neoadjuvante Therapie gefunden werden [602]. In einer Subgruppe von allerdings nur 28 Patienten, welche die Mayo-Auswahlkriterien erfüllten (d. h. Tumor-Durchmesser < 3 cm, keine LK-Metastasen, keine extrahepatische Erkrankung, histologisch bestätigtes pCCA oder CA19–9 > 100 kU/L mit Vorliegen radiologischer Zeichen einer malignen Stenose), wurde keine neoadjuvante Therapie durchgeführt. Dennoch wies diese Subgruppe eine 5-Jahres-Überlebensrate von 59 % auf. Die übrigen 77 Patienten, die die Mayo-Kriterien nicht erfüllten, zeigten schlechte Ergebnisse mit einem 5-Jahres-Gesamtüberleben < 20 % [602].


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3.4.3 Interventionelle Therapieverfahren

3.4.3.1 Perkutane Ablation

4.28

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Lokale Verfahren (RFA/MWA) können nach Beschluss des Tumorboards durchgeführt werden, falls keine Resektion möglich ist.

Starker Konsens

Grundsätzlich ist die thermische Ablation beim iCCA bis 3 cm Durchmesser möglich und klinisch effektiv [603] [604] [605] [606] [607] [608] [609] [610] [611] [612]. Mit modernen, effektiveren Ablationstechniken und in Kombination mit selektiver Embolisation ist eine Ablation beim iCCA auch bis 5 cm Durchmesser in Analogie zum Vorgehen beim HCC möglich [613]. Die thermische Ablation wird in den EASL guidelines mit einer Empfehlung C2 als „kann Option“ für „kleine Läsionen, die nicht chirurgisch zugänglich sind“ aufgeführt [614]. Es wird empfohlen, weitere klinische Studien durchzuführen“. Auch in den National Comprehensive Cancer Network (NCCN) guidelines V3–2019 ist die thermische Ablation als Therapie des irresektablen iCCA explizit genannt [615].

Mehrere retrospektive Studien liegen vor, die den Wert der thermischen Ablation im historischen Vergleich mit akzeptablen Überlebensraten zeigen. In der bisher größten single center Studie mit 107 Patienten und 171 Tumoren [612] zeigte die Ablation bei primärem iCCA ein PFS nach 6, 12, 18 und 24 Monaten von 67,4 %; 41,5 %; 18,2 % und 8,7 % und ein OS nach 1, 3 und 5 Jahren von 93,5 %, 39,6 % und 7,9 %. In einer Metaanalyse [605] betrugen die gepoolten 1-Jahres-, 3-Jahres- und 5-Jahres-Überlebensraten 82 % (95 % CI: 72 %; 90 %), 47 % (95 % CI: 28 %; 65 %) und 24 % (95 % CI: 11 %; 40 %).


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3.4.3.2 Intraaterielle Therapieverfahren

4.29

Evidenzbasierte Empfehlung

geprüft 2022

Empfehlungsgrad

0

Beim fortgeschrittenen iCCA ohne extrahepatischen Befall, können intraarterielle Verfahren ab der Zweitlinie oder additiv zur Chemotherapie, nach Vorstellung im Tumorboard, erfolgen.

Level of Evidence

3

[616] [617]

Starker Konsens (100 %, mit Enthaltungen aufgrund von Interessenkonflikten 100)

Die arteriellen Verfahren sind in zahlreichen Studien evaluiert. Aufgrund der geringen Patientenzahl des seltenen Tumors gibt es bisher weder für eine primäre noch für eine sekundäre lokale Therapie randomisierte Studien, allerdings zahlreiche Kohortenstudien, Metaanalysen und systematische Reviews. Auch in einer systematischen Recherche 2021 ergaben sich hier keine prospektiven Daten [616] [617]. Die aktuellen Studien schließen hauptsächlich Patienten mit einem Befund, der auf die Leber begrenzt ist, ein. Einzelne Subgruppen zeigen jedoch auch ein Ansprechen, wenn ein extrahepatischer Befall vorliegt, der jedoch nicht Prognose bestimmend ist. Im Tumorboard kann daher in Einzelfällen beim inoperablem iCCA auch bei extrahepatischem Befall, der nicht Prognose bestimmend ist, eine intraarterielle Therapie in Erwägung gezogen werden.

Als primäre Therapie werden selektive transarterielle Verfahren erwogen, falls bei Patienten eine Kontraindikation für eine systemische Chemotherapie vorliegt, bzw. eine systemische Chemotherapie abgelehnt wird. Als sekundäre Therapie werden TACE, TARE und hepatische arterielle Infusion (HAI) allein bei Nichtansprechen oder kombiniert mit systemischer Therapie in Einzelfällen diskutiert. In den von Bridgewater publizierten „Guidelines for the diagnosis and management of intrahepatic cholangiocarcinoma“ der International Liver Cancer Association (ILCA) aus dem Jahr 2014 [523] wurde folgende Einschätzung getroffen: TACE und TARE zeigen in Einzelfällen ein gutes Ansprechen mit vertretbarer Toxizität bei Patienten mit iCCA. Allerdings schließen die Autoren zum damaligen Zeitpunkt, dass aufgrund einer unzureichenden Studienlage noch keine allgemeine Empfehlung für diese Therapien ausgesprochen werden kann. Eine Phase-III-Studie zu dieser Fragestellung ist nach wie vor nicht berichtet worden, somit bleiben TACE und TARE derzeit Einzelfällen vorbehalten nach Besprechung im interdisziplinären Tumorbord.

Die lokoregionäre Therapie wird in mehreren Metaanalysen als wirksam hervorgehoben. Die TACE erreicht beim irresektablen iCCA allein ein medianes Gesamtüberleben von 12–17 Monaten und in Kombination mit systemischer Therapie einen zusätzlichen Überlebensvorteil von 2–12 Monaten [588] [590] [591] [592] [593] [599]. Cuchetti et al. [611] konnten in einer Metaanalyse bei Patienten mit „mass-forming“ iCCA (OS: 19,9 Monate), bei TARE-naiven Patienten (OS: 24 Monate) und in Kombination mit systemischer Chemotherapie (OS: 19,5 Monate) die besten Überlebensraten erreichen. Solitäre Tumoren haben nach TARE ein höheres OS als multifokale Tumoren [612] (25 vs. 6,1 Monate [613]). Ähnliche Unterschiede zeigen sich zwischen gut und gering differenzierter Histologie [613] (18,6 vs. 9,7 Monate [597]).

Yang et al. fassen in einem systematischen Review 20 Arbeiten zusammen, allerdings konnte aufgrund der Datenheterogenität keine Metaanalyse durchgeführt werden. Dennoch zeigt diese Arbeit, dass transarterielle Verfahren sicher und effektiv sein können mit einem medianen Überleben von 12,4 Monaten nach TARE, interessanterweise trotz 33 % der Patienten mit extrahepatischen Manifestationen [615]. Aufgrund der Daten einer gepoolten Analyse von 12 Studien mit einem medianen Überleben von 15,5 Monaten und einer Ansprechrate von 28 % erwähnt die 2016 erschienene ESMO-Leitlinie [481] explizit auch die Möglichkeit einer TARE nach Versagen der Systemtherapie. In einer multizentrischen Auswertung [618] in 5 Krankenhäusern zeigte sich kein OS Unterschied zwischen cTACE (13,4 Monate), DEB TACE (10,5 Monate), alleiniger Embolisation (TAE; 14,3 Monate) oder TARE (11,3 Monate) (p = 0,46). Vergleichbare Daten zum OS bei TACE und TARE hat auch Boehm et al. [608] in einer Metaanalyse berichtet, wobei hier die HAI zwar eine höhere Toxizität aber auch ein signifikant längeres OS aufwies.

Ein interessantes neues interventionell-radiologisches Konzept stellt die Chemosaturation mit einer Erhöhung der lokalen Dosis und Reduktion der Toxizität dar. Dieser Ansatz wird derzeit in Studien evaluiert und könnte in Zukunft einen Fortschritt für Patienten mit iCCA zeigen [619].

Sowohl mit TARE als auch mit HAI wurde in Studien [613] [620] [621] über Downstaging berichtet, das bei einigen Patienten eine R0-Resektion ermöglichte. [622]. Dies bestätigt die Notwendigkeit der erneuten Beurteilung der Patienten nach intraarteriellen Therapien in einem multidisziplinären Team bei gutem Ansprechen.


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3.4.4 Endoskopische Therapieverfahren

3.4.4.1 Präoperative biliäre Drainagen

4.30

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Die Indikation für eine präoperative biliäre Drainage sollte interdisziplinär getroffen werden.

Starker Konsens

4.31

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Bei Vorliegen einer Cholangitis sollte eine präoperative biliäre Drainage umgehend erfolgen.

Starker Konsens

Die Indikation zur biliären Drainage stellt sich entsprechend dem Behandlungsziel. Hierbei kann eine präoperative biliäre Drainage (PBD) bei kurativ intendierter Resektion oder eine palliative Drainage in Frage kommen. Darüber hinaus hängt die Behandlungsstrategie von der Lokalisation des Gallenwegverschlusses (intrahepatisch, hilär, extrahepatisch) ab. Ein weiterer Aspekt ist der Zugangsweg: Die BD kann grundsätzlich perkutan-transhepatisch, transpapillär oder transgastrisch/transduodenal erfolgen.

Wenn eine kurativ intendierte Resektion möglich ist, ist diese die bevorzugte Behandlung für Patienten mit hilärem oder extrahepatischem Cholangiokarzinom. Etwa 25 % bis 35 % dieser Patienten sind Kandidaten für eine PBD beim hilären CCA. Die Frage der Indikationsstellung zu einer PBD ist allerdings nicht abschließend beantwortet. Die Evidenz ist beschränkt und fußt überwiegend auf retrospektiven Analysen und nur vereinzelt auf prospektiven randomisierten Studien. Die Hyperbilirubinämie wurde in einer kürzlich veröffentlichte single center Studie als wichtigster modifizierbarer Risikofaktor für das negative, frühe postoperative Outcome des Patienten beobachtet [623]. Es werden hierbei unterschiedliche cut-off levels (orientierend an unterschiedlichen Resektionsausmaßen) angegeben, eine ausreichende Evidenz für einen entsprechenden Wert gibt es nicht. Andererseits kann eine PBD selbst das frühe postoperative Outcome des Patienten negativ beeinflussen, bspw. durch Komplikationen der interventionellen Therapie. Es wird zudem eine erhöhte Morbidität auch bei erfolgreicher Drainage gefunden und bspw. eine Ursache im möglichen Einschleppen von Keimen in das Gallenwegsystem durch die interventionelle Therapie vermutet. Unstrittig ist aber die Notwendigkeit einer PBD wenn eine Cholangitis primär vorliegt.

Die PBD muss für das intrahepatische Gallengangskarzinom und das perihiläre Gallengangskarzinom getrennt betrachtet werden. Intrahepatische Gallengangskarzinome gehen nur selten mit einer Kompression der zentralen Gallenwegsstrukturen und einem Ikterus einher. Eine präoperative Gallengangsdekompression ist in diesen Fällen daher nur vor ausgedehnten Resektionen und Beteiligung der Gallenwege des „Future Liver Remnant“ erforderlich. Auch die Frage nach dem technischen Vorgehen bei der präoperativen Drainage ist nicht abschließend geklärt. Abgesehen von der lokalen Expertise im endoskopischen oder perkutanen Vorgehen, liegen auch im Studiensetting widersprüchliche Ergebnisse vor. Dies betrifft sowohl das Auftreten von Komplikationen durch die jeweilige Prozedur als auch die Erfolgsraten, wobei diese bei der PTCD etwas höher zu sein scheint.

Es liegen zwei Metaanalysen mit bis zu vier retrospektiven nicht-randomisierten Studien vor [624] [625]. In diesen wird eine vergleichbare bzw. etwas höhere Morbidität nach ERCP im Vergleich zur PTCD gefunden. Eine randomisierte Studie (Einschlusskriterien: Bilirubin > 2,9 mg/dl, geplante erweiterte Leberresektion) wurde vorzeitig beendet, da in der PTCD-Gruppe eine signifikant höhere (Gesamt)-Mortalität (41 % von 27 Patienten) als in der endoskopisch gelegten Drainage-Gruppe (11 % von 27 Patienten) (p = 0,03) vorlag. Allerdings war bei 56 % der Patienten zusätzlich zur endoskopisch gelegten Drainage eine perkutan gelegte Drainage erforderlich. Zudem entwickelten 16 (59 %) Patienten nach PTCD eine Cholangitis vs. 10 (37 %) nach ERCP [626].

Wahrscheinlich hat auch die jeweilige Expertise im Zentrum einen Einfluss auf das Outcome bei PBD. In einer multizentrischen, retrospektiven Analyse aus China zeigte sich im Vergleich einer ERCP vs. PTCD eine höhere periinterventionelle Morbidität in der ERCP Gruppe [627]: Nach ERCP hatten 37 % der Patienten eine Cholangitis und 17 % eine Pankreatitis gegenüber von 22 % mit Cholangitis und 2 % mit Pankreatitis nach PTCD-Anlage.

Die in Japan bevorzugt gelegte nasobiliäre Drainage erscheint in westlichen Ländern wenig praktikabel [628], zudem scheint sie keinen Vorteil gegenüber einer Plastikstentanlage zu bieten [629].

Das Risiko einer Tumorzellverschleppung durch den Zugangsweg der Drainage ist zwar selten, wird nach PTCD aber beobachtet – nicht aber nach endoskopischer Therapie [630] [631].

Vor Augmentationsverfahren der Leber (z. B. Pfortaderembolisation) sollte zumindest eine biliäre Drainage des zukünftigen Restlebergewebes (Future Liver Remnant) erfolgen [632]. Die Drainage des zu entfernenden Lebergewebes hat nur einen geringen Einfluss auf die Hypertrophieinduktion [633].

Zusammenfassend sollte die Indikation zu einer PBD in einem hepatobiliären Zentrum erfolgen; hier ist eine interdisziplinäre Planung der Behandlung unter Einschluss des chirurgischen, des interventionellen/endoskopischen und radiologischen Behandlers möglich. Die interventionelle Therapie muss hierbei auch durch alternative Drainagewege möglich sein, da eine primär insuffiziente Drainage nicht selten ist und dann eine alternative Therapiestrategie ergriffen werden muss.

Ergänzende Literaturübersicht s. Anhang ([Tab. 11]: Übersicht über Literatur zur präoperativen biliären Drainage (PBD)).


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3.4.4.2 Palliative biliäre Drainage

4.32

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Eine palliative biliäre Drainage soll Patienten mit symptomatischem Gallenwegsverschluss angeboten werden.

Starker Konsens

4.33

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Eine palliative Drainage sollte in einem erfahrenen Zentrum durchgeführt werden, da hier auch alternative Drainageverfahren zur Verfügung stehen.

Starker Konsens

Die interventionelle Drainage des Gallenwegsystems bei malignem Gallenwegsverschluss ermöglicht eine Symptomverbesserung, eine Verbesserung der Leberfunktion und die Behandlung einer Cholangitis. Mit einem dieser Therapieziele ist eine palliative biliäre Drainage bei biliären Karzinomen angezeigt. Die interventionelle Vorgehensweise ist hierbei abhängig von der Lokalisation des Verschlusses bzw. dem vorliegenden biliären Tumor (intrahepatisches vs. perihiläres vs. distales Cholangiokarzinom). Das Vorgehen wird darüber hinaus von der verfügbaren Technik mitbeeinflusst (ERCP, PTCD, EUS-gesteuertes biliäres Drainageverfahren). Eine detaillierte präinterventionelle Behandlungsplanung auf der Basis aussagekräftiger Bildbefunde (in der Regel MRCP) ist dabei unabdingbar [634]. Die Behandlungsintention sollte vor der Intervention definiert und dokumentiert werden und muss das Ziel einer kompletten vs. inkompletten Drainage einschließen.

Grundsätzlich kann die Lebensqualität bei Hyperbilirubinämie durch eine erfolgreiche Drainage verbessert werden [635]. Für ein verlängertes Überleben durch eine erfolgreiche Drainage in der Palliation gibt es zahlreiche Hinweise [636]. Es wird eine 30-Tages-Mortalität bei der distalen biliären Stenose von 2 bis 20 % und von 9 bis 20 % in der perihilären Stenose berichtet [637] [638] [640].

Randomisierte Studien fokussieren überwiegend auf den distalen, periampullären malignen Gallenwegsverschluss [641] [642]. Hier kann eine primär retrograde endoskopische Drainage in der Regel empfohlen werden. Ein selbstexpandierender Metallstent (SEMS) sollte als primäre Drainageoption gewählt werden und scheint einer Plastikendoprothese überlegen [643]. Bei palliativer Indikation kann ein ummantelter, entfernbarer oder nicht-ummantelter SEMS eingesetzt werden. Die Durchführung einer EUS-gesteuerten Drainage kann dann einer PTCD nach frustranem ERCP-Versuch überlegen sein [644] [645]. Erste randomisierte Studien sehen bereits im primären Drainageversuch die EUS-gesteuerte Technik der ERCP ebenbürtig [646] [647].

Beim perihilärem, symptomatischen Gallenwegsverschluss werden PTCD oder ERCP mit unilateraler oder bi-/trilateraler Drainage eingesetzt. Eine EUS-gesteuerte Drainage kommt nur in Ausnahmefällen (z. B. transgastrische Drainage der linken Leber) in Frage. Eine Drainage von mindestens 50 % des (mutmaßlich funktionalen) Leberanteils wird empfohlen, wobei eine Kontrastierung von nicht drainierten Gangsegmenten vermieden werden sollte [648].

Randomisierte Studien berichten von höherem Erfolg und niedrigeren Komplikationen der PTCD vs. ERCP beim perihilären Gallenwegsverschluss [636] [637] [649] [650], aber die Lebensqualität könnte bei dem inneren Drainageverfahren höher sein [651].

Einige frühere randomisierte Daten sprechen für eine unilaterale Drainage, indem auch nur dieser Gangabschnitt dargestellt und intubiert wird [634] [652]. Um eine Cholangitis durch abgehängte Gangareale zu vermeiden, ist allerdings eine effektive Drainage aller dargestellten Gänge hilfreich [653] [654]. Das weist auch auf die für die klinische Situation unzureichende Vereinfachung bei Studien und der einzelnen Patientenbehandlung hin, die im uni- vs. bilateralen Drainageansatz zu sehen ist. Da das Gallenwegsystem zumindest drei Doppelsegmente umfasst, kann eine komplette Drainage in fortgeschrittenen perihilären Obstruktionen erst mit einem Dreifach-Stenting erreicht werden. Ein uni- vs. bilateraler Ansatz in Studien sollte daher zukünftig für die Zielbestimmung einer kompletten vs. inkompletten Drainage verlassen werden. Dies wird in der Studienkonzeption wie auch in der Behandlungsplanung in der Klinik nicht immer berücksichtigt. Randomisierte Studien konnten die effektive Drainage mittels – in der Regel bilateralen – SEMS zeigen [636] [644] [655]. Dabei scheint eine „SEMS-neben-SEMS„ einer „SEMS-in-SEMS„ Technik gleichgestellt zu sein [644]. Es kommen nur nicht-ummantelte, damit nicht entfernbare SEMS in Frage, damit Seitenäste durch die Maschen des Stents drainiert werden können. Eine komplette Drainage muss als Ziel erreichbar sein. Das Outcome im weiteren Verlauf nach SEMS Einlage im Vergleich zu Plastikstents ist nicht belegt. Eine Reintervention bei Komplikationen oder erneuter Symptomatik scheint nach Implantation von permanenten SEMS erschwert. Eine primäre Therapie mit multisegmentaler Plastikstenteinlage kann beim perihilären biliären Verschluss damit auch weiterhin als vorrangiger Therapieansatz gesehen werden.

Die Drainage eines Gangabschnitts, bei dem bereits eine Atrophie der abhängigen Lebersegmente eingetreten ist, sollte nicht erfolgen, da erhöhte Komplikationsraten und keine wesentliche Verbesserung des Patienten-Outcomes zu erwarten sind [656].

Da ein Drainageversuch mit einer Technik – bspw. der ERCP – frustran verlaufen kann, sollte zumindest eine alternative Technik – bspw. PTCD und/oder EUS-gesteuerte biliäre Drainage – verfügbar sein. Die Häufigkeit, mit der eine biliäre Drainage im Zentrum vorgenommen wird, scheint einen wesentlichen Einfluss auf den Erfolg des Eingriffs und das Outcome beim Patienten zu haben [639] [657]. Beides spricht für eine Behandlung dieser Patienten im erfahrenen Zentrum.

Literaturübersicht s. Anhang ([Tab. 12]: Übersicht über Literatur zur biliären Drainage (BD) bei Cholangiokarzinom)


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3.4.4.3 Intraduktale lokoregionäre Therapieverfahren

4.34

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Intraduktale, lokalablative Verfahren (Photodynamische Therapie und intraduktale RFA) können nach Beschluss des Tumorboards durchgeführt werden, um eine effektive Palliation zu ermöglichen.

Starker Konsens

Intraduktale, lokalablative Verfahren können bei einem lokal begrenzten Tumor in Betracht gezogen werden. Es handelt sich hierbei um eine palliative Behandlungsform. Für eine Outcome-Verbesserung mit einer lokalablativen Therapie bei einem metastasierten Tumor finden sich keine Belege. Es stehen die Photodynamische Therapie (PDT) und die intraduktale Radiofrequenzablation (iRFA) zur Verfügung, wobei letztere sich von der perkutanen RFA wesentlich unterscheidet. Die lokalablativen Therapien werden in aller Regel mit einer endoskopischen Stenttherapie kombiniert und sind nur in dieser Kombination durch Studien geprüft. Hierdurch ist eine lokale Tumordestruktion über wenige Millimeter zu erreichen. Die iRFA wird nach Heranführen einer bipolaren Sonde mittels ERCP in den tumorös stenosierten Gallenwegsabschnitt durch Anwendung von hochfrequentem Wechselstrom durchgeführt [658]. Mit der PDT wird ebenfalls eine lokale Tumordestruktion über wenige Millimeter Eindringtiefe erreicht. Hierfür muss allerdings einige Zeit vor einer lokalen Lichtbestrahlung des Tumorareals in einer ERCP ein Photosensitizer intravenös appliziert werden, der die Tumorzellen besonders lichtempfindlich werden lässt und diese sowie Zellen der Neovaskularisation zerstört [659]. Bei der PDT werden unterschiedliche Photosensitizer eingesetzt. Porfimer-Natrium (Photofrin) ist der am häufigsten genutzte Sensitizer, Temoporfin (Foscan) und Dihematoporphin Ether (Photosan-3) sind weitere Produkte. Photofrin ist zugelassen für die Behandlung von Patienten mit nicht resezierbarem perihilären Cholangiokarzinom. 5-Aminolävulinsäure scheint beim Gallenwegskarzinom nicht wirksam [660]. Vergleiche einer Effektivität der Sensitizer liegen nicht vor.

Eine randomisierte Studie zeigte ein verbessertes Überleben im Vergleich zu einer alleinigen Stenttherapie für die iRFA [294] und zwei randomisierte Studien einen Überlebensvorteil für die PDT [661] [662]. Eine randomisierte Studie zeigte ein schlechteres Outcome für die PDT im Vergleich zum Stent bei Patienten mit lokal fortgeschrittenen und metastasierten perihilären Tumoren [663]. In einer gepoolten Analyse wird ein Überleben von 413 Tage vs. 183 Tage für die PDT gegenüber der alleinigen Stenttherapie gefunden [659]. In der Kombination mit einer systemischen Chemotherapie zeigte sich die PDT der PDT + Stent-Gruppe und der „Stent-allein“ Gruppe in retrospektiver Analyse überlegen [664] [665].

Die Auswahl einer PDT gegenüber einer IRFA ist durch direkte Vergleichsstudien nicht abgesichert [666] [667]. Die IRFA scheint technisch einfacher und mit hoher primärer Erfolgsrate verbunden; ob die Komplikationsrate der iRFA gegenüber der PDT vergleichbar ist, ist nicht klar [658]. Für die PDT sprechen die breitere Erfahrung und die größere Anzahl an in Studien eingeschlossenen Patienten [668], sowie retrospektive Daten für die Kombination mit der systemischen Chemotherapie.

Literaturübersicht s. Anhang ([Tab. 13]: Übersicht über Literatur zu intraduktalen, lokalablativen Verfahren (PBD))


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3.4.5 Stereotaxie

4.35

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Eine Hochpräzisionsradiotherapie (Stereotactic Body Radiotherapy; SBRT) kann nach Beschluss in einer Tumorkonferenz bei fehlenden alternativen Therapieoptionen angeboten werden.

Starker Konsens

Eine Reihe von Autoren hat in den vergangenen Jahren berichtet, dass nach einer definitiven Radiotherapie die Höhe der Dosis mit einer hohen Lokalkontrollrate und auch mit dem Überleben der Patienten korreliert [669] [670] [671]. Obwohl das zunächst mit einer konventionell fraktionierten Radio(chemo)therapie beobachtet wurde [669] [671], hat die Mehrzahl der Studien der letzten Jahre eine SBRT dafür eingesetzt, welche typischerweise eine Dosiseskalation im Zentrum der Bestrahlungsvolumina verwendet [670] [672] [673]. Die Dosisabhängigkeit gilt sowohl für intrahepatische wie auch für perihiläre CCA. Darüber hinaus ist eine sequentielle Chemotherapie vor und/oder nach der Radiotherapie ein weiterer Faktor für die Verlängerung des Überlebens, und einige Studien haben eine Kombination der Radiotherapie mit einer sequentiellen Chemotherapie durchgeführt [671] [672].

Die Erfahrungen mit SBRT zur Behandlung von Cholangiokarzinomen sind begrenzt. Eine Metaanalyse fasst 226 Patienten in 4 prospektiven [674] [675] [676] [677] und 7 retrospektiven Studien zusammen [672]. Die gepoolte 1-Jahres-Lokalkontrollrate war 81,8 % (95 % CI: 69,4; 89,9 %) wenn die 2 Gy-Äquivalenzdosis (EQD2) ≥ 71.3 Gy war und darunter bei 74,7 % (95 % CI: 57,1 %; 86,7 %). Das mediane Überleben lag bei 13,6 Monaten (10–35,5 Monate). Die berichteten Toxizitäten waren moderat mit < 10 % Akuttoxizität ≥ 3 und 10–20 % Spättoxizität, v. a. als duodenale und gastrale Ulzera.

Die Protonenstrahlbestrahlung ist eine weitere Methode zur Anwendung einer hochdosierten Radiotherapie. Die meisten Daten beschränken sich auf retrospektive Studien mit nur einer Institution. Eine prospektive, multi-institutionelle Phase-II-Studie untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit einer hochdosierten hypofraktionierten Protonentherapie bei intrahepatischen Cholangiokarzinomen (n = 37; daneben auch bei 44 Patienten mit HCC). Eine Dosis von 67,5 Gray-Äquivalenten wurde in 15 Fraktionen angewendet. Die 2-Jahres-Lokalkontroll- und Gesamtüberlebensrate betrug in der Cholangiokarzinom-Kohorte 94,1 % bzw. 46,5 % [337].

Zur interstitiellen Brachytherapie von Cholangiokarzinomen ist die Evidenzlage niedrig. In einer monozentrischen, retrospektiven Serie wurden 15 Patienten mit histologisch gesicherten Tumoren an insgesamt 27 Läsionen mit einer interstitiellen Brachytherapie behandelt. Die mediane Dauer der lokalen Tumorkontrolle betrug 10 Monate und die mediane Überlebenszeit 14 Monate nach der Behandlung [678].


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3.4.6 Nachsorge

4.36

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Nach Resektion/Ablation eines CCA sollte nach 4–12 Wochen erstmals, im ersten Jahr alle 3 Monate und im zweiten Jahr alle 3–6 Monate ein biphasisches CT oder ein dynamisches MRT durchgeführt werden.

Starker Konsens

Es liegt keine Evidenz hinsichtlich des genauen Vorgehens bei der Nachsorge vor. Beim praktischen Vorgehen wird nach einer Resektion und Ablation eines Cholangiokarzinoms nach 4–12 Wochen ein biphasisches CT oder dynamisches MRT empfohlen. Im weiteren ersten Jahr alle 3 Monate, im zweiten Jahr alle 3–6 Monate. Die Nachsorge sollte für insgesamt 5 Jahre durchgeführt werden und ab dem dritten Jahr eine jährliche Schnittbildgebung beinhalten. Dieses Vorgehen erfolgt analog der NCCN guideline 2019 [604].


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3.5 Systemtherapie

3.5.1 Adjuvante Therapie

4.37

Konsensbasiertes Statement

geprüft 2022

EK

Nach chirurgischer Tumorentfernung besteht ein Rezidivrisiko von 40–80 %. Insbesondere Patienten mit Lymphknotenmetastasen (N1), positiven Resektionsrändern (R1) oder niedrigem Differenzierungsgrad (G3) haben ein hohes Rezidivrisiko.

Starker Konsens

4.38

Evidenzbasierte Empfehlung

geprüft 2022

Empfehlungsgrad

B

Aufgrund des hohen Rezidivrisikos sollten Patienten nach chirurgischer Tumorentfernung (R0, R1) eine adjuvante Systemtherapie mit Capecitabin angeboten werden.

Level of Evidence

2

[570]

Starker Konsens

Aufgrund des subendothelialen Wachstums entlang der Perineuralscheiden beträgt das Rezidivrisiko nach radikaler chirurgischer Tumorentfernung für ein perihiläres Cholangiokarzinom (CCA) 40–80 % (Auflistung der Studienergebnisse siehe [679]). Auch für andere Lokalisationen des CCA und für Gallenblasenkarzinome (GB-CA) ist das Rezidivrisiko ähnlich hoch. Risikofaktoren für ein frühes Rezidiv sind vor allem Lymphknotenmetastasen (N1), R1-Status und ein niedriger Differenzierungsgrad (G3). Eine Metaanalyse retrospektiver und einarmiger Studien mit mehr als 6000 Patienten mit CCA oder GB-CA ergab für Patienten mit einem dieser Risikofaktoren einen Vorteil für eine adjuvante Therapie [680]. Zusätzlich liegen mit den Ergebnissen der BILCAP-Studie jetzt auch erstmals Daten einer randomisierten Phase-III-Studie vor, die den Nutzen einer adjuvanten Chemotherapie zeigen [570]. In dieser Studie wurde bei 447 Patienten mit CCA oder muskelinvasivem GB-CA sowie vollständiger makroskopischer Tumorentfernung (R0 oder R1) die Gabe von Capecitabin (1250 mg/m² zweimal täglich an Tag 1 bis 14 bei einer Zyklusdauer von 21 Tagen, insgesamt 8 Zyklen) mit der alleinigen Nachsorge verglichen. Der Therapiebeginn sollte innerhalb von 12 Wochen postoperativ bei Patienten mit ECOG 0–1 erfolgen, erlaubt war eine Ausdehnung des Zeitraumes bis auf 16 Wochen.

In der Per-Protokoll-Analyse ergab sich ein signifikanter Unterschied im medianen Gesamtüberleben von 53 versus 36 Monate (HR: 0,75; 95 % CI: 0,58; 0,97, p = 0,028). In der Intention-to-Treat-Analyse war der Unterschied zwischen beiden Gruppen vergleichbar mit 51 versus 36 Monate (HR: 0,81; 95 % CI: 0,63; 1,04, p = 0,097), allerdings nicht signifikant. Die mediane Zeit von der OP bis zum Therapiebeginn lag bei 10,3 Wochen. Die französische PRODIGE 12-Studie konnte ebenfalls durch Gemcitabin und Oxaliplatin im Vergleich zur alleinigen Nachsorge keine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens erzielen [681]. Zurzeit wird in der internationalen ACTICCA-1-Studie unter Beteiligung fast aller universitären Zentren in Deutschland die Wirksamkeit einer adjuvanten Chemotherapie mit Gemcitabin und Cisplatin gegen Capecitabin getestet [682].

Auf Basis der zitierten Metaanalyse und der BILCAP-Daten sollte allen Patienten und insbesondere denjenigen mit einem der genannten Risikofaktoren (N1, R1 oder G3) eine adjuvante Therapie mit Capecitabin oder ein Einschluss in die ACTICCA 1-Studie angeboten werden. Aufgrund fehlender Evidenz besteht außerhalb von klinischen Studien zurzeit keine Indikation für eine adjuvante Strahlentherapie.


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3.5.2 Neoadjuvante Therapie primär resektabler Tumoren

4.39

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Eine neoadjuvante Chemotherapie soll bei primär resektablen Tumoren nicht außerhalb von klinischen Studien erfolgen.

Starker Konsens


#

3.5.3 Systemtherapie lokal fortgeschrittener Tumoren

4.40

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Bei primär irresektablen Tumoren sollte unter einer Tumortherapie eine erneute Vorstellung im Tumorboard mit der Frage einer sekundären Resektabilität erfolgen.

Starker Konsens

Bei Patienten mit grenzwertig resektablen Tumoren, kann als individuelles Konzept eine Chemotherapie mit kurzfristiger erneuter Evaluation der Operabilität durchgeführt werden. Hierbei liegen weder Daten zu einer standardisierten Definition der Resektabilität noch zur systemischen palliativen Therapie vor. Die Chemotherapie sollte in Analogie zur palliativen Chemotherapie erfolgen. In der Phase-III-Studie von Valle et al. lagen allerdings die objektiven Ansprechraten für Gallenwegskarzinome bei lediglich 19 % und bei Gallenblasenkarzinome bei 38 % [683]. In einer neueren einarmigen Phase-II-Studie mit 60 inoperablen oder metastasierten Patienten (39 mit intrahepatischem, 9 mit extrahepatischem CCA und 13 mit GB-CA) wurde das Ansprechen auf eine Dreifachtherapie mit Gemcitabin, Cisplatin und nab-Paclitaxel untersucht [684]. 45 % der Patienten erreichten eine partielle Remission und 12 Patienten konnten einer sekundären Operation zugeführt werden. Daher kann in ausgewählten Einzelfällen eine intensivierte Chemotherapie bei lokal fortgeschrittenen Tumoren mit dem Ziel einer sekundären Operation durchgeführt werden.

Prinzipiell gilt jedoch auch für alle anderen eingesetzten Systemtherapien, z. B. in klinischen Studien, dass bei gutem Ansprechen die Resektabilität nach 2–3 Monaten erneut evaluiert werden sollte.


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3.5.4 Palliative Systemtherapie

4.41

Evidenzbasierte Empfehlung

geprüft 2022

Empfehlungsgrad

A

Allen Patienten mit Cholangio- oder Gallenblasenkarzinom soll bei adäquatem Allgemeinzustand in der inoperablen lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Situation eine palliative Systemtherapie angeboten werden.

Level of Evidence

2

[683] [685] [686] [687] [688]

Konsens

Bei der Indikationsstellung zur Chemotherapie sind der Allgemeinzustand des Patienten, die Komorbiditäten, die Patientenpräferenzen sowie die Toxizität der geplanten Schemata zu berücksichtigen [523] [689]. In der ABC-02-Studie (s. u.) zeigte sich ein Überlebensvorteil für alle Tumorlokalisationen. Der Vorteil war am deutlichsten für Patienten mit einem ECOG Performance Status (PS) 0 oder 1.

3.5.4.1 Erstlinientherapie

4.42

Evidenzbasierte Empfehlung

geprüft 2022

Empfehlungsgrad

A

Als Systemtherapie soll in der Erstlinie die Kombination Gemcitabin und Cisplatin angeboten werden.

Level of Evidence

2

[683] [685] [686] [687] [688]

Konsens

Zwei Studien, die britische ABC-02-Studie [683] und die japanische BT22-Studie [686], haben in einer gemeinsamen Auswertung bei insgesamt fast 500 Patienten die Überlegenheit einer Kombinationstherapie bestehend aus Gemcitabin und Cisplatin gegenüber einer Monotherapie mit Gemcitabin gezeigt. In der im Vorfeld geplanten gemeinsamen Auswertung beider Studien [687] konnte das mediane Gesamtüberleben von 8,0 auf 11,6 Monate (HR = 0,65, 95 % CI: 0,54; 0,78, p < 0,001) gesteigert werden. Die beiden Studien führten auch separat zu einer signifikanten Verlängerung des medianen Gesamtüberlebens im Therapiearm mit Gemcitabin und Cisplatin. Hierbei ist besonders zu berücksichtigen, dass mit der Applikation von Gemcitabin 1000 mg/m² und Cisplatin 25 mg/m² an den Tagen 1 und 8 bei einer Zyklusdauer von 21 Tagen ein gut verträgliches Therapieschema implementiert wurde. So zeigten sich keine Unterschiede in beiden Therapiegruppen in Bezug auf das Auftreten von schwergradigen (CTCAE Grad 3 und 4) Nierenfunktionsstörungen (Gemcitabin und Cisplatin versus Gemcitabin: 1,5 % vs. 1 %, p = 0,83) sowie von Übelkeit (4,0 % versus 3,5 %, p = 0,78) und Erbrechen (5,1 vs. 5,5 %, p = 0,65). Eine Metaanalyse aus 2015 bestätigte Gemcitabin und Cisplatin als wirksame Therapie bei diesen Tumoren [688].

Bei Patienten mit ECOG 2 kann alternativ eine Monotherapie mit Gemcitabin erfolgen und bei eingeschränkter Nierenfunktion kann Oxaliplatin statt Cisplatin eingesetzt werden [689]. Die Lebenserwartung bei symptomorientierter Therapie beträgt nach historischen Daten dagegen nur ca. 2,5 bis 4,5 Monate [687].

Alternativ zu dieser Erstlinientherapie wird die Teilnahme an klinischen Studien empfohlen.


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3.5.4.2 Therapie nach Versagen der Erstlinientherapie

4.43

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Nach Versagen oder Unverträglichkeit der Erstlinientherapie soll Patienten mit adäquatem Allgemeinzustand eine weitere Therapie angeboten werden.

Konsens

4.44

Konsensbasierte Empfehlung

neu 2022

EK

Bei Patienten mit ECOG 0–2 soll spätestens nach Versagen der Erstlinientherapie ein Test auf das Vorliegen einer Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor-2 (FGFR2) Fusion oder eines FGFR2-Rearrangements durchgeführt werden.

Starker Konsens (100 %, mit Enthaltungen aufgrund von Interessenkonflikten 100 %)

4.45

Evidenzbasierte Empfehlung

neu 2022

Empfehlungsgrad

A

Patienten deren Tumoren eine Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor-2 (FGFR2) Fusion oder ein FGFR2-Rearrangement aufweisen und die nach mindestens einer Systemtherapie progredient sind, soll eine Therapie mit dem FGFR-Inhibitor Pemigatinib angeboten werden.

Level of Evidence

3

[690]

Starker Konsens (97 %, mit Enthaltungen aufgrund von Interessenkonflikten 97)

Die Zulassung von Pemigatinib beruht auf der einarmigen Phase II Studie FIGHT-202 [692]. Als primärer Endpunkt zeigten 38 von 107 Patienten (36 %) ein Ansprechen auf die Tumortherapie, davon 35 Patienten mit einer partiellen und 3 Patienten mit einer kompletten Remission. Die mediane Dauer des Therapieansprechens war 7,5 Monate (95 % CI: 5,7; 14,5) [692]. In den USA wurde in der Zwischenzeit für einen weiteren FGFR-Inhibitor, Infigratinib, eine Zulassung in dieser Indikation, ebenfalls basierend auf einer einarmigen Phase II Studie [691], erteilt. Diese weitere Studie unterstreicht die Bedeutung des FGFR2-Signalweges für eine Supgruppe von Cholangiokarzinomen mit FGFR2-Fusion oder -Rearrangement (s. auch Hintergrundtext zu Empfehlung 4.46). Aufgrund der guten Ansprechraten wurde hier bei einem Level of Evidence 3 eine starke Empfehlung ausgesprochen.

4.46

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

In einer palliativen Situation bei Patienten mit ECOG 0–1 sollte eine molekulare Charakterisierung des Tumors und Vorstellung in einem Interdisziplinären/Molekularen Tumorboard erfolgen.

Konsens

Die Daten zu Tumoren mit FGFR2-Fusionsgenen zeigen, dass molekulargenetische Marker eine zunehmend größere Rolle für die Therapieauswahl spielen. Die molekulare Charakterisierung von Cholangiokarzinomen deutet darauf hin, dass diese Tumorentität sich in besonderem Maße für eine molekular gerichtete Therapie eignet [698] und dass diese Patienten bei gutem Allgemeinzustand (ECOG 0–1) nach einem Versagen von verfügbaren Therapien in einem molekularen Tumorboard vorgestellt werden sollten. Beispiele für molekulare Veränderungen, die therapeutisch genutzt werden können, sind neben FGFR2 insbesondere die Untersuchung auf Mikrosatelliteninstabilität, NTRK-Fusionsgene, Amplifikationen von HER2, die BRAF V600E Mutation oder Mutationen im IDH1-Gen.

  • Die Bestimmung auf Mikrosatelliteninstabilität soll Tumoren mit funktionsgestörten DNA-Reparatursystemen (sog. MSI high Tumoren) identifizieren, die von einer Immuntherapie mit PD-1 Checkpoint-Inhibitoren profitieren [699] [700] [701]. Diese machen in frühen Krankheitsstadien bis zu 1 % und bei fortgeschrittenen Tumoren bis zu 2 % aller biliärer Karzinome aus [700] [702]. Zum Einsatz immunonkologischer Substanzen auch bei Patienten ohne MSI high-Status laufen derzeit Studien.

  • Genetische Veränderungen des Fibroblast Growth Factor Receptor (FGFR) werden gehäuft bei Cholangiokarzinomen beschrieben [703], insbesondere Fusionsgene mit FGFR2 wurden zwischen 13 % und 17 % bei intrahepatischen CCA beschrieben [704] [705]. Neben den oben genannten Substanzen Pemigatinib und Infigratinib wurden weitere vielversprechende erste klinische Daten z. B. auch für Derazantinib [706], Futibatinib [697] oder Erdafitinib [707] vorgestellt. Medikamente aus dieser Substanzgruppe werden derzeit in zahlreichen Studien und unterschiedlichen Situationen, z. T. auch in der Erstlinie, untersucht. Neben Fusionsgenen sich auch aktivierende Mutationen oder Inframe-Deletionen als relevant für Thearpieansätze beschrieben worden [695] [696].

  • Fusionsgene mit dem Neurotrophin-Rezeptoren TRKA, TRKB und TRKC, sog. NTRK-Genfusionen [708] sind seltene Veränderungen bei CCA, die in Einzelfällen beschrieben worden sind [709] [710]. Die hohe Relevanz dieser Veränderungen liegt allerdings in der hohen Ansprechrate solche Tumoren [711], die zur Tumor-unabhängigen Zulassung von Larotrectinib geführt hat.

  • Amplifikationen von HER2 (ERBB2) finden sich bei 5–15 % aller Gallenwegstumoren, am häufigsten bei Karzinomen der Gallenblase [712]. Erste vielversprechende Fallberichte zur Therapierelevanz dieser Veränderungen liegen vor [713] [714] [715]. In der Phase 2-Studie "MyPathway" wurden Patienten mit einem metastasierten biliären Karzinom und einer Her2-Amplifikation und/oder Her2-Überexpression im ECOG Performance Status 0–2 mit Pertuzumab in Kombination mit Trastuzumab behandelt. Es konnte bei 9 von 39 Patienten ein partial response (23 % [95 % CI: 11–39 %] festgestellt werden [694].

  • Für Patienten mit der BRAF-Mutation V600E wurde ein Ansprechen auf den BRAF-Inhibitor Vemurafenib zunächst in Einzelfällen beschrieben [716]. Inzwischen gibt es weitere Daten für ein gutes Ansprechen mit einer Kombination aus dem BRAF-Inhibitor Dabrafenib und dem MEK-Inhibitor Trametinib in einem frühen Bericht aus der „NCI-MATCH“ Studie [717], weiteren Fallberichten [718] [719] [720] und der Phase II Studie ROAR. In dieser Studie wurden 43 Patienten mit einer BRAF-V600E Mutation behandelt. Insgesamt wurde bei 20 Patienten (47 %) ein Therapieansprechen beobachtet, 15 Patienten zeigten einen stabilen Krankheitsverlauf (35 %) und bei 6 Patienten wurde ein Progress (14 %) als "best response" dokumentiert. Das Gesamtüberleben nach 12 Monaten betrug 56 %, nach 24 Monaten 36 % und das mediane Gesamtüberleben in dieser Kohorte war 14 Monate [693].

  • Für Patienten mit einer Mutation im Isocitrat Dehydrogenase 1 (IDH1) Gen zeigen Ergebnisse der Phase-III-ClarIDHy-Studie ein signifikant längeres medianes PFS mit 2,7 unter Ivosidenib vs. 1,4 Monaten mit Placebo, allerdings separieren sich die Kurven deutlich im längerfristigen Verlauf [721]. Das mediane Gesamtüberleben in der Studie war nicht signifikant unterschiedlich mit 10,8 Monaten mit Ivosidenib vs. 9,7 Monaten mit Placebo, allerdings wurden aus dem Placeboarm mehr als die Hälfte der Patienten nach Progress mit Ivosidenib behandelt (cross-over Studiendesign). Somit scheint eine Subgruppe der Patienten deutlich von der Therapie zu profitieren. Die „Disease Control Rate“, d. h. der Anteil an Patienten mit mindestens stabiler Erkrankung oder partieller Remission lag für Ivosidenib bei 53 % und für Placebo bei 28 %. In den USA hat die FDA eine Zulassung für eine Therapie von metastasiertem und vorbehandeltem CCA im August 2021 erteilt.

4.47

Evidenzbasierte Empfehlung

modifiziert 2022

Empfehlungsgrad

0

Als medikamentöse Zweitlinientherapie kann bei Patienten mit ECOG 0–1 eine Therapie mit FOLFOX angeboten werden.

Level of Evidence

2

[722]

Starker Konsens (96 %, mit Enthaltungen aufgrund von Interessenkonflikten 97 %)

4.48

Konsensbasierte Empfehlung

neu 2022

EK

Nach Versagen mindestens einer vorherigen Therapielinie kann eine Irinotecan-haltige Therapie angeboten werden.

Starker Konsens (96 %, mit Enthaltungen aufgrund von Interessenkonflikten 97 %)

Für den Nutzen einer Zweitlinientherapie bei radiologisch progredienter Tumorerkrankung unter der Erstlinientherapie liegen Daten aus der ABC-06-Studie vor [722]

In der randomisierten Phase-III-Studie ABC-06 wurde ein modifiziertes FOLFOX-Regime gegen eine alleinige symptomorientierte Therapie verglichen und eine moderate Verbesserung des medianen Gesamtüberlebens von 5,3 Monate auf 6,2 Monate mit Chemotherapie erreicht (HR: 0,69 (95 % CI: 0,50; 0,97; p = 0,032) [722]. Die 1-Jahres-Überlebensrate für FOLFOX war mit 25,9 % etwas mehr als doppelt so hoch wie in der Kontrollgruppe mit 11,4 %.

Die Kombination von Irinotecan und Capecitabin führte im Vergleich zu einer Irinotecan Monotherapie in einer randomisierten Phase II Studie aus China mit 60 Patienten nach Progress unter Gemcitabin und Cisplatin zu einer Verlängerung des mOS (10,1 vs 7,3 Monate) bei einer 9-Monate Überlebensrate von 60,9 % vs. 32 % [723]. Diese Ergebnisse wurden durch die NIFTY Studie aus Süd-Korea bei 178 Patienten bestätigt. In dieser Phase-IIb Studie wurde die Kombination von 5-FU/Leukovorin und liposomalem Irinotecan gegenüber 5-FU/Leukovorin alleine untersucht. Das mPFS bei Patienten, die mit der Kombination behandelt wurden, betrug 7,1 Monate im Vergleich zu 1,4 Monaten für Patienten, die nur mit 5-FU/Leukovorin behandelt wurden. Das mediane OS lag bei 8,6 Monate im experimentellen Arm und 5,5 Monate im Kontrollarm [724]. In einer weiteren Phase II Studie mit 98 Patienten aus Indien wurde der Überlebensvorteil durch die Hinzunahme von Capecitabin zu Irinotecan gegenüber einer Irinotecan-Monotherapie bei Patienten mit einem Gallenblasenkarzinom nicht bestätigt (5,2 vs 6,3 Monate) [725], sodass auch die Monotherapie eine valide Option sein kann.

Angesichts der überweigend moderaten Vorteile von "klassischen" Chemotherapieregimen ab der Zweitlinie ist für Patienten mit gutem Allgemeinzustand daher die oben empfohlene molekulare Charakterisierung des Tumors und Vorstellung in einem Molekularen Tumorboard ein wichtiger zusätzlicher diagnostischer Schritt.


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3.5.5 Verlaufskontrollen unter Systemtherapie

4.49

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Bei biliären Karzinomen unter Systemtherapie sollte alle 6–12 Wochen die diagnostisch am besten geeignete Schnittbildgebung durchgeführt werden. Die Interpretation im klinischen Alltag sollte sich an den Auswerteprinzipien von RECIST 1.1 orientieren.

Konsens


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3.6 Supportivtherapie des Hepatozellulären Karzinoms und der biliären Karzinome

Zur supportiven Therapie von onkologischen Patienten gibt es eine S3-Leitlinie des Leitlinienprogramms Onkologie, die auch für Patienten mit HCC/CCA gültig ist: Siehe: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/supportive-therapie/.

In der S3-Leitlinie zur supportiven Therapie von onkologischen Patienten wird auf die folgenden Themen detailliert eingegangen:

  • Tumortherapie-induzierte Anämie

  • Prophylaxe der Tumortherapie-induzierten Neutropenie mit granulopoetischen Wachstumsfaktoren

  • Tumortherapie-induzierte Nausea und Emesis

  • Tumortherapie-induzierte Diarrhoe

  • Orale Mucositis durch systemische Tumortherapie

  • Tumortherapie-induzierte Hauttoxizität

  • Neurotoxizität – Chemotherapie-induzierte periphere Neuropathie (CIPN)

  • Ossäre Komplikationen

  • Ossäre Manifestationen

  • Medikamentöse Intervention

  • Chirurgische Intervention

  • Strahlentherapeutische Intervention

  • Radionuklidtherapie

  • Therapieassoziierte Osteoporose

  • Paravasate

  • Supportive Maßnahmen in der Radioonkologie

  • Radiogene Enteropathie/ Enteritis

  • Chronische Enteropathie/ Enteritis- Therapie der chronischen Diarrhoe

  • Radiogene Proktitis

  • Späte radiogene Proktitis

  • Radiodermatitis

  • Osteoradionekrose (ORN)

  • Radiogene Mukositis

  • Radiogene Xerostomie

  • Radiogene Pneumonitis

  • Radiotherapie-induzierte Nausea und Emesis

  • Strahlenfolgen an Gehirn und Rückenmark

3.6.1 Ernährung

3.89

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Mangelernährung beeinträchtigt die Lebensqualität und Therapietoleranz.

Eine Mangelernährung sollte erfasst und behandelt werden.

Starker Konsens

Mangelernährung bei Krebserkrankungen, wie sie auch bei HCC Patienten oftmals vorliegt [399] [400], wird mit vermehrten Komplikationen, längerer Krankenhausverweildauer, schlechterer Lebensqualität, höheren Toxizitäten der Antitumortherapie und Mortalität in Verbindung gebracht [401]. Das Vorliegen einer präoperativen Mangelernährung bei HCC Patienten mit Leberresektion ist assoziiert mit erhöhter postoperativer Komplikationen und längere Krankenhausverweildauer [400] [402].

Mangelernährung sollte anhand der Global Leadership Initiative on Malnutrition (GLIM) Criteria diagnostiziert werden [403]. In der aktuellen ESPEN Leitlinie „klinische Ernährung bei Lebererkrankungen“ wird zur Bestimmung der Mangelernährung der Nutritional Risk Score (NRS 2002) oder Minimal Nutrition Assessment (MUST) oder The Royal Free Hospital Nutrition Prioritizing Tool (RFH-NPT) empfohlen. Sarkopenie bei Patienten mit HCC ist mit schlechter Therapieverträglichkeit sowie erhöhter Mortalität assoziiert [404] [405] [406] [407] [408]. Geringe Handkraftstärke und niedriger Phasenwinkel alpha (gemessen mit der Body Impedance Analyse) können Auskunft über ein erhöhtes Mortalitätsrisiko geben [409]. Da in den meisten Fällen das HCC in einer zirrhotischen Leber vorliegt, können bei Sarkopenie Ernährungsmaßnahmen wie ausreichende Energie und Eiweißzufuhr sowie Bewegung in Analogie zu dem Empfehlungen für Leberzirrhose gegeben werden [409]. Patienten mit einem HCC oder CCA und Mangelernährung sollten eine prozessorientierte Ernährungsberatung von qualifizierten Ernährungsfachkräften erhalten, ggf. Einsatz von enteraler/parenteraler Ernährung [401].


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3.6.2 Palliativmedizinische Behandlung beim HCC/CCA

Palliativversorgung ist definiert als ein Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit Problemen konfrontiert sind, welche mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung einhergehen. Dies geschieht durch Vorbeugen und Lindern von Leiden durch frühzeitige Erkennung, sorgfältige Einschätzung und Behandlung von Schmerzen sowie anderen Problemen körperlicher, psychosozialer und spiritueller Art.

Beim Leberzellkarzinom und Gallengangskarzinom sollten hier vor allem die Empfehlungen zum Thema Pruritus, Inappetenz, Übelkeit und Schmerzen Beachtung finden.

An dieser Stelle sei auf die allgemeinen Empfehlungen hingewiesen, wie sie in der „Erweiterten S3-Leitlinie Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung“ (AWMF-Registernummer: 128/001OL) ausführlich beschrieben werden und im September 2020 veröffentlicht wurden. (https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/palliativmedizin/).

Dort finden sich auch wichtige Empfehlungen zu Versorgungsstrukturen in der Palliativmedizin, inklusive eines Behandlungspfades für Patienten und Angehörige, da den Angehörigen bei der Betreuung dieser Patientengruppe eine wichtige Rolle zukommt.


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3.6.3 Integration von Palliativversorgung

Eine Palliativversorgung kann nur bei rechtzeitiger Einbeziehung in den Behandlungsverlauf von Patienten besonders wirksam sein. Es gelten daher auch hier die allgemeinen Empfehlungen für die Integration von Palliativversorgung, gemäß der o. g. S3-Leitlinie.

3.90

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Alle Patienten mit einer Krebserkrankung sollen unabhängig vom Krankheitsstadium Zugang zu Informationen über Palliativversorgung (z. B. durch Auslage von Flyern) haben.

Starker Konsens

3.91

Evidenzbasierte Empfehlung

geprüft 2022

Empfehlungsgrad

A

Allen Patienten soll nach der Diagnose einer nichtheilbaren Krebserkrankung eine Palliativversorgung angeboten werden, unabhängig davon, ob eine tumorspezifische Therapie durchgeführt wird.

Level of Evidence

1

[410] [411] [412] [413] [414] [415] [416] [417] [418]

Leitlinienadaptation S3-Leitlinie Palliativmedizin Langversion 2.2.-September 2020

Konsens

3.6.3.1 Zeitpunkt der Integration von Palliativversorgung beim HCC/CCA

3.92

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Allen Patienten mit einem HCC im Stadium BCLC D sollte aktiv eine Palliativversorgung angeboten werden.

Starker Konsens

3.93

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Allen Patienten mit einem Cholangiokarzinom im Stadium IV nach UICC-Klassifikation soll eine Palliativversorgung angeboten werden.

Starker Konsens

Die Surprise-Question: „Würde ich mich wundern, wenn der Patient in den nächsten 12 Monaten verstirbt“ ist ein Screening-Tool zur Identifikation von Patienten mit einem palliativmedizinischen Versorgungsbedarf. Beantwortet man diese Frage mit „Nein“, sollte man über eine palliativmedizinische Erstvorstellung nachdenken [419] [420] [421] [422]. Die Beantwortung dieser Frage und die Einschätzung der Prognose sind bei der großen Auswahl neuer Therapiemöglichkeiten nicht immer einfach.

Minimalstandard sollte jedoch sein, in Anlehnung an die Leitlinie der „European Association for the Study of the Liver“, dass allen Patienten ab einem Stadium D nach BCLC, aktiv eine Palliativversorgung angeboten wird [5]. Beim Cholangiokarzinom, sollten Patienten ab einem Stadium IV nach UICC (Union for International Cancer Control) eine palliativmedizinische Vorstellung angeboten werden.


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3.6.4 Palliative Symptomkontrolle bei Patienten mit HCC/CCA

Allgemeine Symptomkontrolle

Für die palliative Symptomkontrolle verweisen wir hier auf die aktuellen Empfehlungen der „Erweiterten S3-Leitlinie Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung" (AWMF-Registernummer: 128/001OL). Nur auf die Behandlung des Pruritus, als häufiges und belastendes Symptom, wird hier gesondert und gezielt eingegangen.

Pruritus

3.94

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Der Pruritus sollte analog der AWMF-S2k-Leitlinie Pruritus behandelt werden.

Starker Konsens

Pruritus ist ein häufiges Symptom beim fortgeschrittenen HCC und CCA. Dabei ist der Pruritus wahrscheinlich nicht alleine als Begleiterscheinung des Ikterus infolge einer mechanischen Cholestase oder eines Leberzellzerfalls zu werten, sondern kann unabhängig davon auch Teil des paraneoplastischen Syndroms bei malignen Grunderkrankungen sein [423]. Dabei können die interindividuelle Wahrnehmung und Beeinträchtigung von Pruritus stark variieren. Eine zirkadiane Rhythmik mit Verschlimmerung am späten Nachmittag bis in die Nacht ist häufig. Im Einzelfall kann Pruritus die Lebensqualität derart beeinträchtigen, dass Depression und Suizidalität die Folgen sind. Die Quantifizierung des Schweregrades von Pruritus zu wissenschaftlichen Zwecken erfolgt indirekt durch Messung der Kratzaktivität. Therapiestudien zur Behandlung des Pruritus beim Hepatozellulären Karzinom liegen nicht vor. Die hier aufgeführten Daten beziehen sich auf chronische, nichtmaligne Lebererkrankungen [424] [425]. Bezüglich der medikamentösen Behandlung des Pruritus ist die Studienlage begrenzt. Rifampicin in einer Dosierung von 300–600 mg/d bzw. 10 mg/kg KG/d oral [426] [427], Naltrexon 25–50 mg/d oral [428] oder Cholestyramin 10–15 mg/kg KG/d oral zeigten in mehreren Studien Wirksamkeit. Die Wirksamkeit von Naloxon 0,2 µg/kg KG/min intravenös [429] und des Serotonin Reuptake Inhibitors Sertralin 75–100 mg/d [430] konnten in jeweils einer randomisierten Studie gezeigt werden. Die Studienlage für Ursodesoxycholsäure bezüglich der Verbesserung des Pruritus ist nicht überzeugend. Während Ursodesoxycholsäure bei der primären biliären Zirrhose (primären) und der primären skleorisierenden Cholangitis (PSC) in dieser Hinsicht nicht wirksam ist [431] [432], führt es bei Frauen mit intrahepatischer Schwangerschaftscholestase zu einer Besserung [433]. Die Ergebnisse zu Ondansetron sind widersprüchlich. Einzelfallbeschreibungen oder Fallserien gibt es für Propofol intravenös, Lidocain intravenös, Dronabidol oral, Butorphanol nasal sowie Phenobarbital oral.

Nichtmedikamentöse Behandlungsversuche umfassen die Phototherapie, Plasmapherese- und separation, die extracorporeale Albumin-Dialyse (MARS), nasobiliäre Sonden zur Ableitung und topische Behandlungen, z. B. mit Lokalanästhetika oder Glucocorticoiden. Empfehlungen zur Behandlung des Pruritus finden sich zusammengefasst in der aktuellen AWMF-S2k-Leitlinie (http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/013-048.html).


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3.6.5 Rehabilitation, Sport- und Bewegungstherapie

3.95

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Patienten mit HCC/CCA sollten zu körperlichen Aktivitäten und/oder Bewegungstherapie motiviert werden.

Starker Konsens

Es gibt keine spezifischen Studien zu Patienten mit HCC und dieser Fragestellung. In einer kleinen Studie mit 20 Patienten vor und nach orthotoper Lebertransplantation wird die aerobe Kapazität von Patienten mit chronischen Lebererkrankungen untersucht [434]. Die verminderte Sauerstoffkapazität wird als ein prognostischer Faktor angesehen und korreliert mit der Mortalität nach Lebertransplantation [435] [436]. Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Peak-Flow und dem Stadium der Lebererkrankung [434] [435]. Ein spezielles Rehabiliationsprogramm für diese Patienten wird vorgeschlagen [436]. Um die Muskelmasse der Patienten mit chronischen Lebererkrankungen und HCC zu erhalten, sollten ein leichtes Ausdauer- und ein spezielles Muskelaufbautraining empfohlen werden.

3.96

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Der Nutzen einer Anschlussheilbehandlung und von Rehabilitationsmaßnahmen (hinsichtlich Lebensqualität, Leistungsfähigkeit, krankheitsfreiem Überleben, Gesamtüberleben) ist für das HCC/CCA nicht ausreichend evaluiert. Dennoch sollte den Patienten, die die Voraussetzungen erfüllen, eine AHB oder Rehabilitation angeboten werden.

Starker Konsens

AHB: Anschlussrehabilitation

3.97

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Die rehabilitative Therapie soll medizinische, pflegerische, aufklärende, trainierende und psychosoziale Maßnahmen umfassen, die dem individuellen Rehabilitationsbedarf angepasst werden.

Starker Konsens

Patienten mit chronischen Lebererkrankungen im fortgeschrittenen Stadium leiden unter Fatigue, welche auch bei der Mehrheit der Patienten nach einer Lebertransplantation bestehen bleibt [436] [437]. Dabei verspüren die Patienten weniger eine psychovegetative Erschöpfung, sondern vermehrt eine körperlich eingeschränkte Leistungsfähigkeit [437]. Daher sollte ein spezielles Rehabilitationsprogramm zur Verbesserung der kardiorespiratorischen Leistungsfähigkeit angeboten werden [436] [438]. Auftrag der Rehabilitation ist die möglichst weitgehende Beseitigung – zumindest aber Kompensation – tumor- oder therapiebedingter Folgen sowie die Hilfestellung bei der Akzeptanz verbleibender Behinderungen mit dem Ziel einer selbstbestimmten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Zum Stellenwert rehabilitativer Maßnahmen bei Patienten mit hepatozellulärem oder biliären Karzinom liegt keine auswertbare Literatur vor. Für die rehabilitative Maßnahme sind ausgewiesene Reha-Zentren bzw. Kliniken mit gastrointestinaler und onkologischer Expertise zu bevorzugen, die den Standards des Qualitätssicherungsverfahrens der Deutschen Rentenversicherung entsprechen. Ziel jeder Rehabilitation sind Sicherung und erforderlichenfalls Verbesserung der Lebensqualität des Betroffenen, wobei die Notwendigkeit dieser Maßnahmen individuell einzuschätzen ist.

Rehabilitation ist vom Gesetzgeber als sozialer Anspruch definiert (SGB I, § 19). Art und Umfang der erforderlichen Leistungen werden im SGB I (§ 29), SGB V (Krankenversicherung), SGB VI (Rentenversicherung), SGB III (Arbeitsförderung), ferner im RehAnglG und im SGB IX konkretisiert. Der Rehabilitationsbedarf nach Behandlung von hepatozellulären oder biliären Karzinomen ist äußerst variabel und im Wesentlichen abhängig von Art und Ausmaß des operativen Vorgehens sowie der Therapiefolgen. Rehabilitationsverfahren sollten bei definiertem Rehabilitationsbedarf und individueller Rehabilitationsfähigkeit möglichst im Anschluss an die Primärtherapie stattfinden. Daten, die die Wertigkeit von Rehabilitationsverfahren ausreichend belegen, existieren nicht.

Eine psychosoziale Beratung und gegebenenfalls Betreuung ist wünschenswert bei Problemen der psychischen Verarbeitung des Tumorleidens, bei Therapiefolgen, bei sozialen Anpassungsstörungen sowie bei der beruflichen Wiedereingliederung [418] [439]. Kontakte mit erfahrenen Gleichbetroffenen können gerade bei der psychischen Verarbeitung oder der Anpassung an eine veränderte Lebenssituation die wesentliche Hilfe für einen Neubetroffenen darstellen. Gleichbetroffene können durch ihr eigenes Beispiel sowie ihre Erfahrungen im Alltagsleben mit Krankheit und Behinderung glaubwürdig vermitteln, dass eine hohe Lebensqualität auch dann möglich ist. Deswegen sollten Kontaktaufnahmen oder Vermittlung zu Selbsthilfeorganisationen erfolgen. Hier sei auf die parallel entstehende Patientenleitlinie verwiesen sowie auf die Homepages der an der Leitlinie beteiligten Patientenvertreter (http://www.lebertransplantation.eu, www.deutsche-leberstiftung.de/ und www.leberhilfe.org/).


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3.6.6 Psychoonkologie

Zur psychoonkologischen Versorgung liegt ebenfalls eine S3-Leitlinie des Leitlinienprogramms Onkologie vor, die auch für Patienten mit HCC/CCA gültig ist: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/psychoonkologie/.

3.98

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Die Erfassung der psychischen Belastung sowie die psychoonkologische Behandlung sollten, wie in der S3-Querschnittsleitlinie Psychoonkologie beschrieben, erfolgen.

Starker Konsens

Patienten mit HCC beschrieben eine schlechtere gesundheitsbezogene Lebensqualität im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung [440]. Schmerzen, Fatigue, Übelkeit und Leistungsfähigkeit waren mit der schlechteren gesundheitsbezogenen Lebensqualität assoziiert [441]. Es ist wichtig zu bemerken, dass die gesundheitsbezogene Lebensqualität sich mit zunehmendem TNM-Stadium weiter verschlechterte [442]. Darüber hinaus zeigten Patienten mit HCC eine höhere Prävalenz von depressiven Symptomen [443] und Ängstlichkeit [444] im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung, wobei die Depressivität zu Schlafstörungen und Fatigue beitrug [445]. Nicht zuletzt hatten die Patienten mit einer fortgeschrittenen HCC-Erkrankung bei Diagnosestellung ein höheres Risiko für einen Suizid während des ersten Jahres nach Diagnosestellung [446].

Wie erwartet, führten die Chirurgie [447], Interventionen wie Chemoembolisation [448] und Radiotherapie [441] zu einer Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei Patienten mit HCC:

Patienten mit HCC berichteten häufig von einer mangelnden Information [449], was auf die Wichtigkeit der Psychoedukation in der Supportivtherapie des HCC hinweist. Dies sollte frühzeitig angeboten werden [449]. Darüber hinaus sollten Ängstlichkeit und Depressivität frühzeitig erhoben und ein psychoonkologisches Behandlungsangebot zeitnah erfolgen, da sich Ängstlichkeit und Depressivität maßgeblich auf das Behandlungsergebnis über einen längeren Zeitraum – mehrere Jahre – auswirken, was mit dem „Functional Assessment of Cancer Therapy- Hepatobiliary„ (FACT-H) erhoben wurde [444]. Die psychoonkologische Behandlung verbesserte nicht nur Depressivität, Ängstlichkeit und gesundheitsbezogene Lebensqualität [443] sondern auch Nebenwirkungen der Tumortherapie sowie krankheitsassoziierte Symptome wie Schmerzen [450] im Vergleich zur Kontrollgruppe welche keine psychoonkologische Behandlung erhielt.

3.6.6.1 Patientenzentrierte Kommunikation, Information und Aufklärung

3.99

Konsensbasierte Empfehlung

geprüft 2022

EK

Die Kommunikation mit Patienten mit HCC/CCA und ihren Angehörigen soll wiederholt in allen Phasen der Erkrankung und durch alle behandelnden Berufsgruppen patientenzentriert erfolgen und soll sich an deren individuellen Anliegen, Bedürfnissen und Präferenzen orientieren, welche Information, Aufklärung und Beteiligung an Entscheidungen betreffen.

Starker Konsens

Befragungen von Krebspatienten ergeben übereinstimmend Defizite hinsichtlich ihrer Bedürfnisse nach Information; diese zählen zu den wichtigsten und häufigsten „unmet needs’ von Krebspatienten aller Diagnosen und Krankheitsstadien [451] [452]. Studien belegen günstige Auswirkungen angemessener Aufklärung und Informationsvermittlung hinsichtlich Krankheitsverarbeitung, besserem psychischen Befinden und höherer Lebensqualität [453] [454] [455] [456]. Professionelle kommunikative Kompetenz von Ärzten gewährleistet, dass Informationen im gesamten Krankheits-und Behandlungsverlauf angemessen, orientiert am jeweiligen Bedürfnis und auf eine für Patienten verständliche Weise vermittelt werden [456] [457] [458]. Patienten sollten ermutigt werden, dem Arzt mitzuteilen, welche Informationen aktuell für sie wichtig sind, wie umfassend und wie detailliert diese sein sollen. Ebenso ist ihre individuelle Präferenz hinsichtlich geteilter Entscheidungsfindung (z. B. zur Tumorbehandlung) zu klären und zu berücksichtigen [459] [460]. Behandlungsoptionen und mögliche Alternativen sollen klar und verständlich vermittelt werden, mit realistischen Informationen zur Wirksamkeit und zu potenziell nachteiligen Auswirkungen auf verschiedene Lebensbereiche; dies trifft bei Patienten mit HCC im Besonderen für die adäquate Vorbereitung auf eine Lebertransplantation zu [461] [462] [463]. Angehörige und weitere Bezugspersonen sollen, wann immer möglich, einbezogen werden. Die Präferenzen hinsichtlich patientenzentrierter Kommunikation (PZK) variieren [464] bei Tumorpatienten und können sich im zeitlichen Verlauf verändern. Besonders bei ungünstiger Prognose oder in fortgeschrittenen Krankheitsphasen bevorzugen Tumorpatienten eine patientenzentrierte Haltung ihrer Ärzte in Form von Verständnis, Empathie und Unterstützung [465] [466] [467]. Patienten, die ihren Arzt als „empathisch“ und „aufmerksam“ empfanden, waren nach der Konsultation zufriedener, psychisch weniger belastet und hatten eine höhere Selbstwirksamkeit [465] [468] [469]. Diese individuellen Anliegen, Bedürfnisse und Präferenzen sollen wiederholt im Krankheitsverlauf, insbesondere in kritischen Krankheitsphasen (Diagnose, Rezidiv/Progredienz) erfragt werden.


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4 Qualitätsindikatoren

Die Qualitätsindikatoren wurden auf der Grundlage der Langversion 2.01 Juni 2021 erstellt und bei dieser Version nicht verändert.

Qualitätsindikatoren sind Messgrößen, deren Erhebung der Beurteilung der Qualität der zugrunde liegenden Strukturen, Prozesse bzw. Ergebnisse dient. Qualitätsindikatoren sind ein wichtiges Instrument des Qualitätsmanagements. Ziel ihres Einsatzes ist die stetige Verbesserung der Versorgung, indem die Ergebnisse der Versorgung dargestellt, kritisch reflektiert und wenn nötig verbessert werden. Die vorliegende Auswahl von Qualitätsindikatoren wurde gemäß der Methodik des Leitlinienprogramms Onkologie erstellt [726]. Für den Ableitungsprozess konstituierte sich eine „Arbeitsgruppe Qualitätsindikatoren“ (AG QI). Diese erstellte das finale Set der Qualitätsindikatoren auf Grundlage der bereits bestehenden Qualitätsindikatoren der Leitlinie HCC 2013, der neuen starken Empfehlungen („soll“) der aktualisierten Leitlinie HCC/CCA, der Ergebnisse der bestehenden Qualitätsindikatoren aus den zertifizierten Leberkrebszentren (nur HCC) der Deutschen Krebsgesellschaft sowie der Ergebnisse der Recherche nach bestehenden nationalen und internationalen Qualitätsindikatoren. Die genaue Vorgehensweise und die Zusammensetzung der AG QI sind im Leitlinienreport dargelegt.

Nach zwei Online-Sitzungen dieser AG wurden drei neue Qualitätsindikatoren (QI) angenommen, wobei zwei (QI 8 und 9) das bestehende Set ergänzen und ein QI (Typisierung CCA nach WHO-Klassifikation) den bestehenden QI 1 ergänzt. Zwei QI aus dem vorbestehenden Set (QI 3 Ausbreitungsdiagnostik, QI 5 Nachsorge nach kurativem Verfahren) wurden gestrichen ([Tab. 10]).

Tab. 10

Qualitätsindikatoren.

Qualitätsindikator

Referenz-Empfehlung

Evidenzgrundlage/weitere Informationen

QI 1: Typisierung nach WHO-Klassifikation (seit 2013; in 2020 ergänzt)

Zähler

Patienten des Nenners mit Typisierung nach aktueller WHO-Klassifikation

Nenner

N1: Alle Patienten mit histologisch gesichertem HCC N2: Alle Patienten mit histologisch gesichertem CCA

3.20

Die Typisierung des HCCs soll sich nach der aktuellen WHO-Klassifikation richten.

Hierbei sollten zum einen Sonderformen (z. B. fibrolamelläres HCC und mischdifferenzierte Tumoren (kombiniertes HCC/iCCA)) und wenn möglich auch das frühe HCC vom progredienten HCC und prämalignen Läsionen unterschieden werden.

Es sollte eine sichere Unterscheidung von Sonderformen des intrahepatischen Cholangiokarzinoms, Lebermetastasen und auch benignen Lebertumoren erfolgen.

4.8

Die Typisierung der Karzinome der Gallenwege und der Gallenblase soll nach der anatomischen Lokalisation (intrahepatisch, perihilär, distale Gallenwege, Gallenblase) und gemäß der histologischen Differenzierung nach der aktuellen WHO-Klassifikation erfolgen. Bei intrahepatischen Cholangiokarzinomen sollte eine Unterscheidung von „small duct„ und „large duct„ Typ erfolgen.

EK

Qualitätsziel: Möglichst häufig Typisierung nach WHO

QI 2: Inhalt Befundberichte HCC (seit 2013)

Zähler

Patienten des Nenners mit Befundberichten mit Angabe zu:• Staging (nach TNM-Klassifikation)• Typing (nach WHO-Klassifikation)• Grading• Resektionsrand• Status der Umgebungsleber

Nenner

Alle Patienten mit HCC und Leberresektion oder Leberexplantation

3.21

Die Bearbeitung und Befundung eines Resektats oder Explantats soll die Ausdehnung des Tumors (Staging) gemäß der aktuellen TNM-Klassifikation, seinen Typ (Typing) und Differenzierungsgrad (Grading) und den Status des Resektatrandes (R-Klassifikation) sowie den Status der nichttumorösen Leber ermitteln.

EK

Qualitätsziel: Möglichst häufig vollständige Befundberichte

QI 4 – Vorstellung Tumorkonferenz (seit 2013)

Zähler

Patienten des Nenners mit prätherapeutischer Vorstellung in der Tumorkonferenz

Nenner

Alle Patienten mit HCC

  • Teilnehmer TK: Gastroenterologe, Pathologe, interventioneller Radiologe, Viszeralchirurg

  • Videokonferenzen sind möglich

EK

Qualitätsziel: Möglichst häufig prätherapeutische Vorstellung in der Tumorkonferenz

QI 6 – Vorstellung Tumorkonferenz nach TACE (modifiziert 2020)

Zähler

Patienten des Nenners mit Vorstellung in der Tumorkonferenz nach zwei Behandlungszyklen

Nenner

Alle Patienten mit HCC und TACE

3.67

Die Indikation zur Fortführung der TACE soll nach zwei Behandlungszyklen im Tumorboard überprüft werden.

EK

Qualitätsziel: Möglichst häufig Vorstellung in der Tumorkonferenz nach TACE

QI 7 – mRECIST-/EASL-Klassifikation nach TACE (modifiziert 2020)

Zähler

Patienten des Nenners mit Beurteilung der Remission mittels mRECIST- oder EASL-Klassifikation

Nenner

Alle Patienten mit HCC und TACE

3.73

Die Remissionsbeurteilung nach Ablation/TACE/TARE soll nach mRECIST/EASL erfolgen.

EK

Qualitätsziel: Möglichst häufig Verwendung der mRESCIST- oder EASL-Klassifikation nach TACE

QI 8 – Bridging-Therapie (neu 2020)

Zähler

Patienten des Nenners, die eine Bridging-Therapie erhalten haben

Nenner

Alle Patienten mit HCC (BCLC A), Child A auf der Transplantationswarteliste

  • Bridging: Lokalablation, Resektion, oder transarterielle Verfahren (TACE, TARE)

  • BCLC A:

  • ECOG (PS): 0–2

  • Child-Pugh A bis C

  • Singulärer Tumor > 2 cm oder frühe multifokale Erkrankung mit bis zu 3 Tumoren < 3 cm

A, LoE 1

Qualitätsziel: Möglichst häufig Bridging-Therapie bei Patienten mit HCC (BCLC A) innerhalb der Mailand-Kriterien

QI 9 – Inhalt Befundberichte CCA (neu 2020)

Zähler

Patienten des Nenners, bei denen ein histopathologischer Befundbericht mit folgenden Angaben vorliegt:• Staging (TNM-Klassifikation)• Typing (WHO-Klassifikation)• Grading• Resektionsrand (R-Klassifikation)• Bei intrahepatischen Cholangiokarzinomen (C22.1): Status der nicht-tumorösen Leber

Nenner

Alle Patienten mit CCA und Resektion oder Explantation

EK

Qualitätsziel: Möglichst häufig vollständige Befundberichte


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5 Anhang

5.1 Kapitel 4.4. Operative und Interventionelle Therapie der biliären Karzinome ([Tab. 11], [12], [13])

Tab. 11

Übersicht über Literatur zur präoperativen biliären Drainage (PBD).

Autor

Design

Methode

Ergebnis

Coelen 2018 [626]

Randomisiert, multizentrisch

ERCP vs. PTCD für die voraussichtlich verbleibende Leberseite bei geplanter Hemihepatektomie

Höhere Mortalität in der PTBD Gruppe (41 % von 27 Patienten) als in endoskopischer BD Gruppe (11 % von 27 Patienten) mit einem relativen Risiko von 3,7 (p = 0,03).

Celotti 2017 [782]

Metaanalyse

PBD vs. keine PBD

Gleiche Mortalität, erhöhte Morbidität bei PBD

Ba 2020 [627]

Retrospektiv

PTCD vs ERCP

ERCP-Gruppe hatte im Vergleich zur PTBD-Gruppe eine höhere Inzidenz einer postprozeduralen Cholangitis (37 [37,37 %] vs. 18 [22,22 %], p = 0,028) und Pankreatitis (17 [17,17 %] vs. 2 [2,47 %], P = 0.001); diese Gruppe benötigte häufiger eine salvaged biliary drainage (18 [18,18 %] vs. 5 [6,17 %], P = 0.029), und erzeugten höhere Kosten (P < 0.05)

Ramanathan 2018 [783]

Retrospektiv

ERCP

Mehr postoperative Komplikationen bei PBD

Cai 2017 [784]

Retrospektiv, single-center

PBD empfohlen, falls Bilirubin > 12.4 mg/dL

Farges 2013 [785]

Retrospektiv, multi-center

ERCP

Erniedrigte postoperative Mortalität im Falle einer PBD, falls Hemihepatektomie rechts erfolgt ist

Xiong 2013 [786]

Retrospektiv, single-center

Wang 2019 [787]

Retrospektiv

„seeding metastasis„: ERCP vs. PTCD

ERCP besser als PTCD in Bezug auf Metastasenaussaat bei (10,5 % vs. 22,0 %, OR = 0,35, 95 % CI: 0,23; 0,53)

Wronka 2019 [623]

Retrospektiv, single-center

PBD vs. keine PBD

Erhöhte postop. Mortalität bei Bili > 6,2; erhöhte Morbidität bei Bili > 2,5 mg/dl

Kishi 2016 [788]

Retrospektiv

Nakai 2018 [629]

Retrospektiv

Nasobiliäre Sonde vs. Plastikstent transpapillär

Vergleichbar

Komaya 2017 [630]

Retrospektiv

PTCD vs. endoskopische Drainage

Das OS ist bei der PTBD signifikant niedriger als in der endoskopischen Drainage-Gruppe (37,0 % vs 44,3 % at 5 years, p = 0,019).

Die PTBD stellte einen Risikofaktor für Stichkanalmetastasen (p = 0,005).

Kim 2015 [631]

Retrospektiv

PTCD vs. endoskopische Drainage

Höhere Morbidität nach PTCD; In 2 von 62 Fällen Tumorzellverschleppung (seeding metastasis) nach PTCD.

PTBD = perkutane transhepatische biliäre Drainage, PBD = (präoperative) biliäre Drainage

Tab. 12

Übersicht über Literatur zur biliären Drainage (BD) bei Cholangiokarzinom.

Autor

Design

Methode

Ergebnis

Abraham 2002 [635]

Retrospektiv

„Quality of Life“ bei Hyperbilirubinämie schlechter und durch erfolgreiche Drainage zu verbessern

Paik 2009 [636]

Retrospektiv

PTCD vs. ERCP

Überleben nach erfolgreicher Drainage besser als keine Drainage

Smith 1994 [641]

RCT

Distaler maligner Gallenwegsverschluss: Chirurgie/bilio-dig. Anastomose vs.

Endoskopische Drainage

Endoskopie mit weniger (frühen) Komplikationen

Speer 1987 [642]

RCT

Palliative Drainage, PTCD vs. ERCP

PLASTIK UNI-lateral

Ikterus behob 81 % 61 % p = 0,017

30-d Mortalität 15 %

33 % p = 0,016

De Palma 2001 [652]

RCT

Uni- vs. bi-lateral

  • Unilateral kann genügen!

  • Hinweis auf Cholangitis durch Intervention

Saluja 2008 [637]

RCT

PTCD vs. ERCP bei hilär einwachsendem Gallenblasenkarzinom

  • PTCD erfolgreicher,

  • PTCD mit weniger Cholangitis

Sangchan 2012 [789]

SEMS vs. PLASTIK

  • SEMS bessere primäre Drainage

  • Aber: Plastik: 66 % 7Fr

Cheng 2002 [655]

Retrospektiv

SEMS vs. Plastik vs. PTCD

SEMS, Bihilär, 69 % ohne erneute Intervention

Lee 2019 [644]

RANDOMISIERTE STUDIE

Malignant hilar stricture: side-byside vs. stent in stent SEMS

Similar Efficacy

Uberoi 2012 [640]

Retrospektiv

Registerstudie Großbritannien

Krankenhausmortalität 19,8 % bei maligner Stenose

Paik 2018 [646]

RCT

EUS vs. ERCP bei distalem biliären Verschluss

Ebenbürtig

Bang 2018 [647]

RCT

EUS vs. ERCP bei distalem biliären Verschluss

Ebenbürtig

Tab. 13

Übersicht über Literatur zu intraduktalen, lokalablativen Verfahren (PBD).

Autor

Design

Methode

Ergebnis

Ortner 2003 [661]

Randomisiert

PDT+ Stent vs Stent

Überlebensvorteil PDT

Zoepf 2001 [660]

Kohortenstudie

PDT mit 5-ALA

nicht effektiv

Zoepf 2005 [662]

Randomisiert

PDT+ Stent vs. Stent

Überlebensvorteil PDT

Pereira 2018 [663]

Randomisiert

PDT+ Stent vs. Stent

Schlechteres Outcome bei Patienten mit lokal fortgeschrittenen und metastasierten perihilären Tumoren

Kahaleh 2008 [668]

Retrospektiv

PDT+ Stent vs. Stent

Überlebensvorteil PDT

Gonzalez-Carmona 2019 [664]

Retrospektiv

PDT + Ctx + Stent vs. Ctx + Stent

Überlebensvorteil PDT

Strand 2014 [666]

Retrospektiv

PDT vs. RFA

Überleben nach ERCP-geführter RFA und PDT ergab keinen signifikanten Unterschied bei Patienten mit einem irresektablen CCA.

Yang 2018 [294]

Randomisiert

RFA + stent vs. stent/Bismuth 1 + 2 perihiläres CCA

Überlebensvorteil RFA

Wentrup 2016 [665]

Retrospektiv

PDT+CTx vs. PDT alone

1-Jahres-Überlebensrate war signifikant höher in der PDT-CT-Gruppe verglichen mit der PDT alone Gruppe (88 % vs 58 %, p = 0,001).

Dolak 2017 [667]

Retrospektiv

PDT

PDT mit Polyhematoporphyrin war durchführbar und sicher

Tal 2014 [658]

Retrospektiv

Endoskopische RFA

Endoskopische RFA ist einfach und sicher. Hyperbilirubinämie war eine Nebenwirkung bei 3 Patienten. Größere Studienpopulationen sind notwendig zur weiteren Untersuchung der Sicherheit und Effizienz.


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5.2 Übersicht der Änderungen zur Version 2 ([Tab. 14])

Tab. 14

Änderungen gegenüber der Version 2.0.

Version 2.0

Version 3.0

4.44. Bei Patienten mit ECOG 0–2 soll spätestens nach Versagen der Erstlinientherapie ein Test auf das Vorliegen einer Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor-2 (FGFR2) Fusion oder eines FGFR2-Rearrangements durchgeführt werden.

4.45. Patienten deren Tumoren eine Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor-2 (FGFR2) Fusion oder ein FGFR2-Rearrangement aufweisen und die nach mindestens einer Systemtherapie progredient sind, soll eine Therapie mit dem FGFR-Inhibitor Pemigatinib angeboten werden.

4.44. Als medikamentöse Zweitlinientherapie kann eine Therapie mit FOLFOX angeboten werden.

4.47. Als medikamentöse Zweitlinientherapie kann bei Patienten mit ECOG 0–1 eine Therapie mit FOLFOX angeboten werden.

4.48. Nach Versagen mindestens einer vorherigen Therapielinie kann eine Irinotecan-haltige Therapie angeboten werden.


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6 Abbildungsverzeichnis

[Abb. 1] Diagnosealgorithmus eines Patienten mit einem Verdacht auf ein Cholangiokarzinom

e106


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7 Tabellenverzeichnis

[Tab. 1] Beteiligte Fachgesellschaften und Organisationen

e96

[Tab. 2] Arbeitsgruppen und deren Mitglieder

e97

[Tab. 3] Abkürzungsverzeichnis

e98

[Tab. 4] Schema der Evidenzgraduierung nach Oxford (Version 2011)

e101

[Tab. 5] Schema der Empfehlungsgraduierung

e102

[Tab. 6] Konsensstärke

e102

[Tab. 7] Typische Merkmale der CCA-Subtypen

e107

[Tab. 8] Molekulare Alterationen beim small duct iCCA

e108

[Tab. 9] Mayo-Kriterien

e115

[Tab. 10] Qualitätsindikatoren

e127

[Tab. 11] Übersicht über Literatur zur präoperativen biliären Drainage (PBD)

e128

[Tab. 12] Übersicht über Literatur zur biliären Drainage (BD) bei Cholangiokarzinom.

e129

[Tab. 13] Übersicht über Literatur zu intraduktalen, lokalablativen Verfahren (PBD).

e130

[Tab. 14] Änderungen gegenüber der Version 2.0

e131


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Interessenkonflikt

Die Übersicht über die Interessenskonflikte der Autorinnen und Autoren ist im Leitlinienreport veröffentlicht.


Korrespondenzadresse

Sabrina Groß
Abteilung für Gastroenterologie, Gastrointestinale Onkologie, Hepatologie, Infektiologie und Geriatrie, Eberhard-Karls Universität
Otfried-Müller-Str.10
72076 Tübingen
Deutschland   
Nisar Malek
Abteilung für Gastroenterologie, Gastrointestinale Onkologie, Hepatologie, Infektiologie und Geriatrie, Eberhard-Karls Universität
Otfried-Müller-Str.10
72076 Tübingen
Deutschland

Publication History

Received: 23 January 2023

Accepted: 02 February 2023

Article published online:
11 April 2023

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Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany


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Abb. 1 Diagnosealgorithmus eines Patienten mit einem Verdacht auf ein Cholangiokarzinom. [rerif]