Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/a-1900-2284
Kommentar zu Urolithiasis: Behandlungsmethoden im Vergleich
Anhand eines beeindruckend großen Satzes von Abrechnungsdaten der AOK untersuchen Schulz et al. die Anwendung, Kosten und Komplikationen von unterschiedlichen Modalitäten zur Steintherapie in Deutschland.
In weiten Teilen zeigen die Daten was die Urologen bereits länger vermuten und zunehmend auch praktizieren: Die URS scheint der effektivere Eingriff im Vergleich zur ESWL zu sein mit kumulativ geringerer Krankenhausaufenthaltsdauer und interessanterweise auch geringeren Kosten für das Gesundheitssystem. Auffällig ist, dass die Liegedauer für die unterschiedlichen Eingriffe im internationalen Vergleich ausgesprochen lang erscheinen. Die ESWL hat eine mittlere Liegedauer von >4 Tagen, die URS gar >7 Tage, während diese Eingriffe in vielen anderen Ländern ambulant oder mit einer Übernachtung durchgeführt werden [1]. Dies sollte sowohl behandelnden Ärzten als auch Krankenkassen zu denken geben, und stellt die Frage ob hier ggf. falsche Anreize gesetzt wurden.
Während geringere Kosten für die ambulante ESWL im Vergleich zur stationären ESWL nicht überraschen, schlussfolgern die Autoren auch eine massiv geringere Komplikationsrate. Der Grund dafür bleibt jedoch unklar. Während ein Selektionsbias wahrscheinlich ist (kleinere Steine und gesündere Patienten erhalten eher eine ambulante ESWL als multimorbide Patienten mit großen Steinen), erklärt dies alleine nicht den eklatanten Unterschied. Wahrscheinlicher ist ein underreporting im ambulanten Sektor. Dies offenbart auch exemplarisch die Schwäche von Studien mit Abrechnungsdaten: Zusammenhänge bleiben unklar, nur was kodiert wurde, taucht in der Statistik auf. Trotz riesiger Datenmengen besteht so das Risiko für Fehlinterpretationen [2] [3].
Zurückhaltung ist dabei geboten Rückschlüsse auf die Indikationsstellung oder Therapieentscheidung zu ziehen. Obwohl ESWL, URS und PCNL alle für die Behandlung von Harnsteinen geeignet sind, ist die Indikation alles andere als identisch. So wird die PCNL in der Regel bei größeren Nierensteinen eingesetzt, bei denen die URS oder ESWL gar nicht in Frage kämen. Somit ist es nicht verwunderlich, dass Kosten, Komplikationen und die Krankenhausaufenthaltsdauer für die PCNL höher ausfallen als für die URS oder ESWL. Dies liegt jedoch am Stein und nicht primär an der Behandlungsmodalität.
Zusammenfassend ergibt sich ein umfassender, informativer und repräsentativer Überblick über die gängige Behandlungspraxis von Harnsteinen in Deutschland und deren Kosten für das Gesundheitssystem. Rückschlüsse für die klinische Praxis ergeben sich anhand der präsentierten Daten jedoch leider keine.
Publication History
Article published online:
24 November 2022
© 2022. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
-
Literatur
- 1 Mi Y, Ren K, Pan H. et al. Flexible ureterorenoscopy (F-URS) with holmium laser versus extracorporeal shock wave lithotripsy (ESWL) for treatment of renal stone <2 cm: a meta-analysis. Urolithiasis 2016; 44: 353 DOI: 10.1007/s00240-015-0832-y. (PMID: 26530230)
- 2 Shih YT, Liu L. Use of Claims Data for Cost and Cost-Effectiveness Research. Semin Radiat Oncol 2019; 29: 348 DOI: 10.1016/j.semradonc.2019.05.009. (PMID: 31472737)
- 3 Behrendt C-A, Debus ES, Mani K. et al. The Strengths and Limitations of Claims Based Research in Countries With Fee for Service Reimbursement. European Journal of Vascular and Endovascular Surgery 2018; 56: 615 DOI: 10.1016/j.ejvs.2018.06.001. (PMID: 29960853)