Sprache · Stimme · Gehör 2022; 46(02): 92
DOI: 10.1055/a-1760-5008
Interview

Arbeitsgedächtnis – Rückblick und Ausblick

Interview mit Prof. Dr. Marcus Hasselhorn
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In den letzten Jahren konnte die Bedeutung von Arbeitsgedächtnisleistungen für die typische und gestörte Sprachentwicklung vielfach gezeigt werden. Welche sind für Sie die wichtigsten Aspekte und Entwicklungen?

Das Arbeitsgedächtnis besteht aus verschiedenen Teilsystemen. Für die Sprachentwicklung ist das Teilsystem des phonologischen Arbeitsgedächtnisses relevant. Dieses ist für die Verarbeitung von klanglichen und sprachlichen Informationen zuständig. Es funktioniert wie eine Art Tonbandendlosschleife. Dort werden akustische Informationen aufgezeichnet und bereitgehalten, bevor sie wieder überschrieben werden. Zwei Komponenten sind dafür verantwortlich: ein phonologischer Speicher, der für 1,5–2 Sekunden aufzeichnen kann und ein Prozess des „inneren Nachsprechens“ (Rehearsal) der im Speicher aktuell repräsentierten Information. Dadurch bleiben Informationen viel länger als die 1,5–2 Sekunden verfügbar.Wichtig ist auch die Entwicklungsabhängigkeit des Rehearsals. Erst etwa im 6. Lebensjahr kommt es zur Automatisierung des inneren Nachsprechens und bis ins Jugendalter hinein steigert sich die Geschwindigkeit dieses Prozesses. Beide Entwicklungsveränderungen tragen zur Steigerung der Funktionstüchtigkeit des phonologischen Arbeitsgedächtnisses bei.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
09. Juni 2022

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