PSYCH up2date 2022; 16(02): 165-184
DOI: 10.1055/a-1403-5075
Angststörungen, Zwangsstörungen und stressassoziierte Störungen

Die soziale Angststörung – ein Update

Jens Plag
1   Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Alexianer Krankenhaus Hedwigshöhe, Berlin, Deutschland
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Jürgen Hoyer
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Es kann passieren, dass man sich vermeintlich peinlich oder insuffizient verhält; kurzfristige Gefühle wie Scham oder Selbstzweifel bleiben meist jedoch ohne Bedeutung. Kommt es aber zu überzogenen und überdauernden Befürchtungen oder signifikantem Vermeidungsverhalten, kann es sich um eine soziale Angststörung (SAS) handeln. Der vorliegende Artikel bietet eine Übersicht über den aktuellen Stand der Ätiologie, Diagnostik und Therapie der SAS.

Kernaussagen
  • Die Kriterien der SAS sind in der ICD-11 im Wesentlichen gleich geblieben.

  • Die Erkrankung beginnt häufig im Kindes- und frühen Erwachsenenalter und sollte aufgrund ihres hohen Chronifizierungsrisikos möglichst schnell behandelt werden.

  • Komorbide psychische Störungen sind häufig und können im Vordergrund stehen, wenn Betroffene therapeutische Hilfe suchen.

  • Die Diagnostik sollte standardisiert erfolgen und sowohl Instrumente zur Diagnosesicherung als auch zur Schweregradbestimmung umfassen.

  • In der Entstehung und Aufrechterhaltung der SAS spielen biologische, biografische und persönlichkeitsassoziierte Risikofaktoren, Konditionierungsprozesse sowie störungsspezifische kognitive Faktoren eine zentrale Rolle.

  • Die kognitive Verhaltenstherapie stellt (weiterhin) die Psychotherapieform der 1. Wahl dar und hat zum Ziel, störungsaufrechterhaltende Kognitionen und Verhaltensweisen zu korrigieren.

  • In der Therapie ist die Bereitschaft zu fördern, mehr oder weniger offensichtliches Vermeidungs- und Sicherheitsverhalten im Hinblick auf ihre vermeintlich positiven Wirkungen zu hinterfragen und zu überprüfen.

  • Im Rahmen der Pharmakotherapie sind Selektive Serotonin(-Noradrenalin-)Wiederaufnahmehemmer erstrangige Behandlungsoptionen. Durch eine Erhöhung des serotonergen Tonus führen sie am ehesten zu einer Deaktivierung des „Angstnetzwerks“.

  • Bei Non- oder Teilresponse kann Pregabalin als weitere Substanz mit empirisch belegter Wirksamkeit eingesetzt und die Pharmako- und Psychotherapie kombiniert werden.

  • Eine suffiziente medikamentöse Erhaltungstherapie bzw. Rezidivprophylaxe kann die Auftretenswahrscheinlichkeit von Rezidiven deutlich reduzieren.



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Article published online:
16 March 2022

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