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DOI: 10.1055/a-1024-4526
Caroli-Syndrom
Caroli’s syndromePublication History
Publication Date:
28 November 2019 (online)
Das Caroli-Syndrom wurde erstmals 1958 von Jacques Caroli als seltene angeborene Fehlbildung beschrieben, die sich durch nichtobstruktive segmentale oder diffus-zystische Dilatation der intrahepatischen Gallenwege charakterisiert [Caroli J, Couinaud C, Soupault R et al. Sem Hop 1958; 34: 496–502/SP]. Zu den weiteren Merkmalen der Caroli-Krankheit zählen eine gehäufte Inzidenz einer intrahepatischen Cholelithiasis, einer Cholangitis, hepatischer Abszesse sowie das gleichzeitige Fehlen von Leberzirrhose und portaler Hypertonie. Die Erkrankung ist assoziiert mit renaler tubulärer Ektasie, Markschwammnieren, der autosomal-rezessiven polyzystischen Nierenerkrankung (ARPKD) und selten auch Pankreaszysten [Hasegawa E, Sawa N, Hoshino J et al. Intern Med 2016; 55: 3009–3012. doi:10.2169/internalmedicine.55.6818]. Die Inzidenz des Caroli-Syndroms wird auf 1/1000 000 geschätzt.
2 Arten von Caroli-Fehlbildungen sind bekannt: Typ I, auch als Caroli-Krankheit bezeichnet, umfasst die rein zystische Erweiterung der Gallenwege. Im Gegensatz hierzu steht Typ II, das sogenannte Caroli-Syndrom, welches zusätzlich mit Leberfibrose oder sogar -zirrhose sowie portaler Hypertonie assoziiert ist [Wang ZX, Li YG, Wang RL et al. HPB (Oxford) 2015; 17: 278–283. doi:10.1111/hpb.12 330]. Typ II geht außerdem gehäuft mit einer renalen Beteiligung einher. Eine andere Klassifizierung unterscheidet zwischen unilobären und bilobären (diffusen) Gallengangerweiterungen.
Die Caroli-Krankheit und das Caroli-Syndrom gehören beide zum Spektrum der Fehlbildungen der duktalen Platte. Der Vorgang der Differenzierung der bipotenten embryonalen Zellen (Hepatoblasten) in Cholangiozyten, welcher sich in der achten Schwangerschaftswoche vollzieht, wurde detailliert von Lefere et al. beschrieben [Lefere M, Thijs M, De Hertogh G et al. Eur J Gastroenterol Hepatol 2011; 23: 578–585. doi:10.1097/MEG.0b013e3283 470fcd]. Im weiteren Verlauf findet die Umgestaltung der duktalen Platte in reifere Gallenwege statt. Dabei handelt es sich um einen hochsensiblen Prozess, dessen Störung zu Anomalien der Gallengänge und der Nieren führen kann. Die ARPKD und die kongenitale Leberfibrose stellen somit beide Erkrankungen dar, die durch eine Mutation im polycystic-kidney-and-hepatic-disease-1-Gen hervorgerufen werden [Lefere M, Thijs M, De Hertogh G et al. Eur J Gastroenterol Hepatol 2011; 23: 578–585. doi:10.1097/MEG.0b013e3283 470fcd]. Dieses kodiert für das Protein Fibrozystin, ein Protein ähnlich dem Hepatozyten-Wachstumsfaktorrezeptor. Treten beide Erkrankungen kombiniert auf, ist eine familiäre Häufung zu erwarten.
Histopathologisch zeigen sich erweiterte Gallengänge mit oder ohne Vorkommen intraduktaler Gallensteine; zusätzlich kann sich eine Fibrose zeigen. Die Portalbereiche können einen unterschiedlichen Grad an fibrotischem Umbau und chronischer Entzündung mit lymphozytärer und neutrophiler Infiltration aufweisen.
Klinisch zeigt das Caroli-Syndrom in der Regel einen langjährigen asymptomatischen Verlauf, welcher zu einer verzögerten Diagnose führen kann. Die Erstsymptomatik manifestiert sich meist in Form einer Infektion, wie einer Cholangitis, Abszessbildung oder gar Sepsis. Häufig treten ein Ikterus oder Schmerzen im rechten Hypochondrium auf, die meist durch Cholestase und begleitende Steinbildung verursacht werden. Beim Caroli-Syndrom können die Symptome im Verlauf auch mit Zirrhose oder Portalhypertonie einhergehen.
In der Bildgebung kommen verschiedene Techniken wie Ultraschall ([Abb. 1]), Computertomografie (CT) ([Abb. 2]) und Magnetresonanztomografie (MRT) zum Einsatz, die jede für sich unterschiedliche methodische Stärken und Schwächen aufweisen. Von den genannten bietet die MRT einschließlich der Magnetresonanz-Cholangiopankreatikografie (MRCP) aufgrund des hervorragenden Gewebekontrastes die größten Chancen, alle zu erwartenden Befunde (Gallengangdilatation ([Abb. 3]), Steine ([Abb. 4a, b]), Veränderungen der periduktalen parenchymalen Signalintensität oder Signalverstärkung durch Entzündung ([Abb. 5]) und sogar eine bösartige Transformation ([Abb. 6]) etc.) darzustellen. Neben der zystischen oder sackförmigen Gallengangerweiterung wird das „Central Dot Sign“ in der Fachliteratur wiederholt erwähnt und als hochsuggestiv für diese Pathologie angesehen [Lall NU, Hogan MJ. Pediatr Radiol 2009; 39: 754. doi:10.1007/s00 247-009-1147-3]. Das Central Dot Sign bezeichnet ein fibrovaskuläres Bündel, bestehend aus jeweils 1 Ast der Pfortader und der Leberarterie, umgeben von einem erweiterten Gallengang ([Abb. 7], [8]). Abhängig von der gewählten Querschnittsebene stellt sich das Bündel entweder als lineare Verdickung oder als Punkt dar.
Darüber hinaus ist die MRCP eine nichtinvasive Alternative zur direkten perkutanen Cholangiografie oder endoskopischen retrograden Cholangiografie (ERCP), die bei guter Patienten-Compliance meist problemlos gelingt und damit auf komplikationsträchtigere invasive Methoden verzichten lässt ([Abb. 9], [10], [11]). Die MRCP beherbergt zusätzlich das Potenzial, assoziierte Pathologien, wie beispielsweise Nieren-, Pankreas- oder Leberzysten sowie peribiliäre Zysten, darzustellen ([Abb. 12], [13], [14]). T2-gewichtete Bilder werden für die Gallengangdarstellung eingesetzt, während T1-gewichtete Bilder in der Regel zusätzlich für die Erkennung von intraduktalen Steinen und periduktalen Tumoren Verwendung finden. T1-gewichtete Post-Gadolinium-Bilder eignen sich zur Darstellung sekundärer Entzündungen und Tumoren auf dem Boden des Caroli-Syndroms. Mit hepatobiliären Kontrastmitteln können die Gallengänge optimal hervorgehoben und Abflussstörungen wie beim unilobären Caroli-Syndrom demonstriert werden ([Abb. 15]). Bei Verdacht auf maligne Transformation oder akute Entzündung kann zur weiterführenden Diagnostik mitunter eine FDG-PET Aufschluss geben ([Abb. 16]).
Unter den häufigsten Komplikationen stellt die Cholangitis die schwerwiegendste dar, weil sie zur Erschöpfung des Patienten, schwerer Sepsis und schließlich zum Organversagen führen kann. Die Häufigkeit einer malignen Entartung in ein cholangiozelluläres Karzinom wird auf 7–14 % geschätzt [Yonem O, Bayraktar Y. World J Gastroenterol 2007; 13: 1934–1937. doi:10.3748/wjg.v13.i13.1934; Yuan C, Liu J, Zhou X et al. Endoscopy 2018; 50: E276–E278. doi:10.1055/a-0640-2859]. Zu den selteneren Komplikationen des Caroli-Syndroms gehört wie bei anderen chronisch entzündlichen Erkrankungen die Amyloidose. Beschrieben wurde außerdem eine mögliche Assoziation des Caroli-Syndroms mit biliärer Papillomatose [Yuan C, Liu J, Zhou X et al. Endoscopy 2018; 50: E276–E278. doi:10.1055/a-0640-2859]. Eine extrem seltene Komplikation ist die spontane Ruptur eines Gallengangs mit der Gefahr einer konsekutiven biliären Peritonitis ([Abb. 17a, b]).
Differenzialdiagnosen umfassen Leberzysten, biliär-zystische Hamartome (Von-Meyenburg-Komplex) sowie intra- oder extrabiliäre Gallengangtumoren, die eine Cholestase, rezidivierende pyogene Cholangitiden und zystische Lebermetastasen verursachen können. Von besonderer Bedeutung ist die Abgrenzung gegenüber peribiliären Zysten; sie wird idealerweise mittels MRCP oder ERCP vorgenommen, da diese für gewöhnlich nicht mit den Gallengängen kommunizieren. Alle genannten Pathologien können mitunter jedoch auch gemeinsam auftreten.
Die Form der Behandlung beruht auf dem Ausmaß der Gallengangdilatation. Bei unilobärem Befall, insbesondere wenn dieser durch rezidivierende Cholangitiden begleitet wird, sollte ein operativer Ansatz als definitive Therapie erwogen werden. Dieser kann aus einer segmentalen oder lobären Resektion bestehen ([Abb. 18]). Bei der diffusen Caroli-Krankheit ist meist ein konservatives Management mittels Antibiose und Litolyse durch Ursodeoxycholsäure erforderlich. In fortgeschrittenen Stadien kann eine orthotope Lebertransplantation in Betracht gezogen werden [Moslim MA, Gunasekaran G, Vogt D et al. J Gastrointest Surg 2015; 19: 2019–2027. doi:10.1007/s11 605-015-2918-9].