physiopraxis 2019; 17(07/08): 44-45
DOI: 10.1055/a-0900-1971
Therapie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Übung des Monats – Der Wall Drill

Matthias Keller
,
Hacker Volker

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Publication History

Publication Date:
19 July 2019 (online)

 

Der Wall Drill kommt ursprünglich aus dem Athletik- und Sprinttraining. Doch auch im Reha-Prozess eignet sich die Übung, um dynamische Bewegungsmuster und Belastungen wie Joggen oder Rennen vorzubereiten.


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Matthias Keller

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Matthias Keller ist Physiotherapeut, B.A., leitet das OSINSTITUT – Bewegung für Orthopädie und Sportmedizin und ist bei OSPHYSIO als Physiotherapeut tätig. Er arbeitet als Dozent für medizinische Trainingstherapie und ist Mitglied der Komitees „Prävention, konservative Therapie und Rehabilitation“ der Deutschen Kniegesellschaft e. V. und „Rehabilitation“ der Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie. Er ist Herausgeber der Thieme Zeitschrift „Sportphysio“.

Volker Hacker

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Volker Hacker ist Physiotherapeut und im Dozententeam des OSINSTITUTs. Er ist mitverantwortlich für die Konzeption der Seminare und leitet diese an verschiedenen Standorten. Bei seiner Tätigkeit bei OSPHYSIO liegen seine Schwerpunkte in der Manuellen Therapie, der Medizinischen Trainingstherapie und dem Functional Training.

Coaching Cues

1. Triple Extension: „Stelle dich eine Armlänge entfernt vor eine Wand. Gehe nun 1,5 Fußlängen zurück. Stütze dich mit gestreckten Armen auf Schulterhöhe an die Wand. Kopf, Rumpf und Beine bilden eine Gerade. Halte Hüft- und Kniegelenke gestreckt und hebe die Fersen leicht an.“

2. Kniehub ([ABB. 1]): „Ziehe nun das linke Knie so weit hoch, wie du Becken und Wirbelsäule in einer neutralen Position halten kannst. Deine Unterschenkel sind parallel, dein linker Fuß hochgezogen. Drücke die Arme aktiv gegen die Wand und den Vorfuß deines Standbeins in die Unterlage.“

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Abb.: OSINSTITUT

3. Impact ([ABB. 2]): „Führe das linke Bein schnell zum Boden und tippe mit dem Vorfuß explosiv neben dem Standbein auf. Ziehe es dann sofort wieder hoch. Kontrolliere dabei Kopf-, Rumpf- und Standbeinpositionen.

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Abb.: OSINSTITUT

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Background

Der Wall Drill ist eine wichtige Übung im Athletik- und Sprinttraining und trainiert vor allem die Streckung in Hüft-, Knie- und Sprunggelenk („Triple Extension“). Mithilfe der Übung lässt sich eine optimale Körperposition für die Beschleunigungsphase im Sprint erarbeiten.

In der Reha der unteren Extremität ist der Übergang vom Gehen zum Joggen eine große Herausforderung. Durch die Flug- bzw. Landephase beim Joggen ist die Impact-Belastung (Stoß-/Stauchbelastung) auf die untere Extremität wesentlich höher als beim normalen Gehen. Diese Impact-Belastungen können mit dem Wall Drill aus einer funktionellen Ausgangsstellung erarbeitet und kontrolliert gesteigert werden. Dazu absolviert der Trainierende die Bewegung des Spielbeins zunächst ohne und dann mit zunehmend „härterem“ Bodenkontakt mit dem (Vor-)Fuß. Je härter der Bodenkontakt, desto größer der Impact. Beim Fortbewegen in der Sagittalebene überträgt der Rumpf die Kraft zwischen Ober- und Unterkörper, ohne selbst bewegt zu werden. Die Stützposition innerhalb des Wall Drills erleichtert es, die einzelnen Körperabschnitte zueinander korrekt zu positionieren und muskulär zu kontrollieren.

Der dynamische Wechsel von Stand- und Schwungphase beim Gehen, Joggen und Sprinten lässt sich mit Athleten und Patienten mit dem Wall Drill für das Spielbein entkoppelt trainieren.


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Regression

Trainierenden, denen es schwerfällt, die korrekte Ausgangsstellung einzunehmen bzw. Kopf-, Rumpf- und Standbeinposition während der Bewegung zu kontrollieren, können den Wall Drill auf die Phase der Triple Extension reduzieren. Dazu nehmen sie die Position des Kniehubs ([ABB. 3A]) ein und versuchen vorerst nur, diese zu kontrollieren.

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Abb.: OSINSTITUT

Dann senken sie die Ferse des Standbeins ab ([ABB. 3B]) und lösen sie sofort wieder vom Boden. Dabei drücken sie sich aktiv von der Unterlage ab, um die Abdruckphase beim Joggen zu simulieren. Kopf-, Rumpf- und Standbeinposition werden während der gesamten Bewegung aktiv kontrolliert.

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Abb.: OSINSTITUT

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Progression

Um beim Wall Drill den Fokus auf die Reaktionsschnelligkeit, verkürzte Bodenkontaktzeit und Reaktivkraft zu legen, kann man die Übung um ein akustisches Signal ergänzen. Bei jedem Klatschen des Coaches führt der Trainierende aus dem Kniehub heraus ([ABB. 4A]) den Fuß schnellstmöglich Richtung Boden (Impact) ([ABB. 4B]) und dann zurück in den Kniehub. Durch den zusätzlichen Reiz steigt die kognitive Anforderung.

Der Coach kann dabei den Klatschrhythmus und somit Anforderungsprofil und Schwierigkeitslevel beliebig anpassen. Variiert er den Rhythmus, betont er die Reaktionsschnelligkeit. Bei kürzeren Abständen zwischen den akustischen Signalen rückt die Reaktivkraft mehr in den Fokus. Dabei sollte man immer darauf achten, dass die Qualität der Bewegung trotz Progression erhalten bleibt.

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Abb.: OSINSTITUT
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Abb.: OSINSTITUT

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Häufige Fehler und Korrekturmöglichkeiten

Fehler 1: BWS und LWS sind im Kniehub flektiert und der Kopf steht in Protraktion.

Korrektur: Der Therapeut legt dem Trainierenden einen Stab als taktilen Reiz an den Rücken, zu dem dieser während der Bewegung mit Hinterhaupt, BWS und Kreuzbein Kontakt halten soll.

Fehler 2: Die Arme des Trainierenden sind nicht gestreckt, wodurch Rumpf- und Schultergürtelmuskulatur nicht optimal aktiviert werden.

Korrektur: Der Therapeut bittet den Trainierenden, sich vorzustellen, dass er ein Auto anschieben muss.

Fehler 3: Das Standbein des Trainierenden ist nicht gestreckt. Meist ist dies mit einem anterior gekippten Becken und einer lordosierten LWS gekoppelt.

Korrektur 1: Der Therapeut verstärkt den Fehler, indem er das Knie des Standbeins in Flexion zieht. Der Trainierende streckt das Knie gegen diesen Widerstand (reaktives neuromuskuläres Training).

Korrektur 2: Um das Hüftgelenk des Standbeins zu strecken, stimuliert der Therapeut die Gesäßmuskulatur des Trainierenden über einen taktilen Reiz (Tapping) mit dem Kommando „Spanne hier an!“.

Die Übung im Video

Auf www.osinstitut.de finden Sie unsere „Übungen des Monats“ auch im Video, inklusive Beispiele von beliebten Fehlern und wie man sie in der Therapie korrigiert.


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Abb.: OSINSTITUT
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