PPH 2019; 25(03): 105
DOI: 10.1055/a-0864-7383
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Publication Date:
23 May 2019 (online)

In der Ruhe liegt die Kraft.

Konfuzius (chinesischer Philosoph; lebte vermutlich von 551 bis 479 vor Christus)

Liebe Leserinnen und Leser,

ich erinnere mich, dass ich als frisch examinierte Krankenschwester mit flottem Tempo, ein steriles chirurgisches Verbandset in der Hand, zu einem Patienten eilte. Ich war so schnell unterwegs, weil ich so viele Sachen zu tun wusste und zu tun hatte. Ein Kollege, der mir begegnete, sagte: „Niemals rennen auf der Psychiatrie. Immer die Ruhe behalten."

Heute weiß ich das. Bei allen psychiatrischen Themen – bei allem, wie schwierig es auch ist – erstmal die Ruhe behalten. Dann kann ich Menschen begegnen und gemeinsam nach Lösungen suchen. Hilfreich können Fragen in der Situation sein. Da wird die Ruhe zu einem Anker – und zu einer Hilfestellung in bewegter Zeit: „Wie schlimm ist das Stimmenhören für Sie? Wie kann ich Ihnen helfen? Was hilft Ihnen? Ich kann Ihnen da ein Angebot machen, wenn Sie mögen, probieren Sie vielleicht …" Oder: „Sind Sie jetzt wütend? Ist es richtig, dass ich eben auch etwas Angst bei Ihnen gesehen habe? Was ist passiert?" Oder ganz klassisch, wenn man es selbst tut (sonst einfach mitgehen): „Kommen Sie, wir gehen mal eine rauchen." Wenn ich die Begegnung habe, dann können wir gemeinsam arbeiten: im Recovery-Prozess, in der Gesundheitsförderung, im Gewinnen von Sinn. Dabei sollte nicht der Gedanke „Das muss ich alles tun" federführend sein, sondern eher die Einstellung: „Ich sehe Sie!“

Ich wünsche Ihnen bei der Lektüre neue Perspektiven für Ihre Arbeit – sowohl für die schwierigen Situationen als auch für das, was Ihnen in der Begegnung Freude macht.

Ihre

Dagmar Weiße