Der Klinikarzt 2018; 47(09): 398-402
DOI: 10.1055/a-0686-5746
Schwerpunkt
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Myeloproliferative Neoplasien (MPN)

Neue Entwicklungen in Diagnostik und Therapie
Steffen Koschmieder
Klinik für Onkologie, Hämatologie und Stammzelltransplantation, Uniklinik der RWTH Aachen
,
Tim H. Brümmendorf
Klinik für Onkologie, Hämatologie und Stammzelltransplantation, Uniklinik der RWTH Aachen
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Publication Date:
19 September 2018 (online)

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Zusammenfassung

Myeloproliferative Neoplasien (MPN) sind klonale Stammzellerkrankungen, die typischerweise mit der Vemehrung einer oder mehrerer Blutzellreihen, einer Knochenmarkhyperplasie und einer (Hepato)-Splenomegalie als Zeichen der extramedullären Hämatopoese einhergehen. Gefürchtete Komplikationen der MPN sind Thromboembolien und schwergradige Blutungen, eine Knochenmarkverfaserung (Myelofibrose) mit konsekutiver hämatopoetischer Insuffizienz sowie der Übergang in eine akute Leukämie. Man unterscheidet die 4 klassischen MPN (Chronische Myeloische Leukämie [CML], Polycythämia vera [PV], Essentielle Thrombozythämie [ET], Primäre Myelofibrose [PMF]) von den nicht-klassischen MPN (Chronische Eosinophilen-Leukämie [CEL], Chronische Neutrophilen-Leukämie [CNL] und MPN-unklassifizierbar [MPN-U]). Sowohl der Verlauf der Erkrankungen als auch deren Symptomatik sind sehr heterogen, und eine exakte Diagnosestellung ist wichtig für die adäquate Einschätzung der Prognose und für die Beratung und Behandlung der betroffenen Patienten. Zur Diagnostik gehören neben Anamnese und ausführlicher körperlicher Untersuchung die Erhebung von Blutbild und Differenzialblutbild, eine Knochenmarkuntersuchung (Zytologie, Histologie, Chromosomenanalyse) sowie die molekulargenetische Untersuchung des peripheren Blutes (je nach MPN-Subtyp Bcr-Abl- oder Fip1L1-PDGFRA-Transkripte, JAK2617F-, CALR- und MPL-Mutationen, CSF3R- und SETBP1-Mutationen, etc). Differenzialdiagnostisch müssen u. a. die systemische Mastoztyose und die MDS/MPN-Overlap-Syndrome von den MPN abgegrenzt werden. Die Therapie ist abhängig von der Prognose der Erkrankung (Abschätzung durch verschiedene Prognose-Scores) und reicht von „Watchful waiting“ über Aderlässe, Thrombozytenaggregationshemmung und Antikoagulation bis hin zur medikamentösen Zytoreduktion, Entzündungshemmung und allogenen Stammzelltransplantation. Die Diagnose und Therapieweichenstellung gehört in die Hände des erfahrenen Spezialisten, und vor Therapiebeginn sollten dem Patienten die Teilnahme an Bioregistern und klinischen Studien erläutert werden. Informationen hierzu sind über die „German Study Group for MPN“ (GSG-MPN) erhältlich (https://www.cto-im3.de/gsgmpn/).