Was wissen Medizinstudierende im ersten Semester über das deutsche Sozialversicherungssystem?

Die Kenntnis der Grundlagen unseres Sozialversicherungswesens ist für jeden einzelnen als Versicherten wichtig, um Leistungsansprüche zu erkennen, und insbesondere für Beschäftigte im Gesundheitswesen, damit sie Patienten oder Klienten mit Hilfebedarf adäquat beraten können. Dennoch wird das Thema in den meisten Rahmenlehrplänen der Schulen nur gestreift. Ziel eines kurzen Surveys war es, das Wissen zum Sozialversicherungssystem bei Medizinstudierenden an der Charité-Universitätsmedizin Berlin im 1. Fachsemester zu erheben. Dafür wurde ein Fragebogen im Multiple-Choice-Format entwickelt, der je eine Frage zur Selbsteinschätzung des eigenen Wissens und zur Notwendigkeit des Wissens in der späteren ärztlichen Praxis stellte sowie 6 Fragen zum aktuellen Wissensstand, zu Grundprinzipien der Sozialversicherung, aber auch spezielleren Aspekten wie der Riester-Rente oder dem Angebot von Rehabilitation für chronisch Kranke. An der Befragung nahmen 162 Studierende, über 50% der Erstsemester an der Charité im Wintersemester 2017/18, teil.

Der Großteil der Befragten schätzte das eigene Wissen gering ein, die Erfordernis von Kenntnissen im späteren Berufsalltag jedoch als hoch. Nur 35% konnten die 2 Fragen zu den Grundprinzipien richtig beantworten. Unter 10% erkannten 3 grundlegende Probleme des Systems, und unter den Teilnehmenden war niemand in der Lage, drei spezifische Fragen zur Altersvorsorge und Kostenübernahme richtig zu beantworten. Die Arbeit zeigt eine deutliche Diskrepanz zwischen gewünschtem und tatsächlich vorhandenem Wissen. Es sollte eruiert werden, wie Rahmencurricula optimiert und vereinheitlicht werden können, um Abiturienten auf den gleichen Wissensstand zu bringen. Zusätzlich müssen der Nationale Lernziel Katalog Medizin und Medizinstudium-Curricula, insbesondere wenn Modellstudiengänge wie an der Berliner Charité entwickelt werden, so gestaltet werden, dass sie die basalen Wissenslücken zum Sozialversicherungswesen schließen.

Lioba Unkel, Peter Tinnemann, Anne Berghöfer