Endoskopie heute 2008; 21 - P26
DOI: 10.1055/s-2008-1061295

AL-Amyloidose – eine seltene Blutungsursache des Gastrointestinaltrakts

D Schick 1, M Wehrmann 1, M Gregor 1, F Graepler 1
  • 1Medizinische Universitätsklink Tübingen

Ein 59-jähriger Patient, der sich zur Therapie eines Leichtkettenplasmozytoms mit begleitender AL-Amyloidose in stationärer Behandlung befand, entwickelte am Vorabend der geplanten Entlassung Abdominalbeschwerden, Übelkeit und Hämatinerbrechen. In der Ösophagogastroduodenoskopie zeigten sich in der Magenschleimhaut diffuse Schleimhauteinblutungen, kleine Ulzera mit aufliegenden Koageln (Forrest IIb) und polypoide Protrusionen. Im Duodenum fand sich eine verdickte, wulstige Schleimhaut mit feingranuliertem Charakter. Aufgrund des diffusen Musters ergab sich keine endoskopische Interventionsmöglichkeit zur Blutstillung. Es wurde eine hochdosierte Pantoprazol-Therapie begonnen. Nach klinischer Besserung wurde eine Kontrollgastroskopie durchgeführt, bei der Biopsien entnommen wurden. Histologisch ließen sich in der Kongorotfärbung Amyloid-typische doppelbrechende Ablagerungen in der Mukosa und Submukosa sowie in den Gefäßwänden nachweisen. Der weitere klinische Verlauf war unauffällig.

Bei den Amyloidosen handelt es sich um Ablagerungen – extrazellulär oder intrazellulär, systemisch oder lokalisiert – von unlöslichen fibrillären Protein-Aggregaten infolge von Störungen der Proteinfaltung. Bis heute sind mehr als 20 amyloidogene Proteine bekannt und das klinische Bild ist vielgestaltig und uncharakteristisch. Der AL-Amyloidose liegt eine monoklonale Plasmazellerkrankung zugrunde. Während eine Beteiligung des Magen-Darm-Trakts bei AA-Amyloidosen mit 60% angegeben wird, ist eine Beteiligung im Rahmen einer AL-Amyloidose selten (1–8%). Mögliche Symptome sind Gewichtsverlust, Malabsorption, hypomotile Funktionsstörung (Dysphagie, Obstipation, Pseudoobstruktion) und gastrointestinale Blutungen. An endoskopischen Befunden können ein feingranuliertes Schleimhautmuster, polyploide Protrusionen, erhöhte Kontaktvulnerabilität, Petechien, Sugillationen, Erosionen und Ulzera erhoben werden. Obwohl die beschriebenen gastrointestinalen Komplikationen einer AL-Amyloidose eine signifikante Morbiditätsrate aufweisen können, sind diese nur selten prognoseführend. Die Prognose einer systemischen Beteiligung wird meist durch die Nieren- und Herzbeteiligung bestimmt.

Trotz der seltenen Beteiligung des Gastrointestinaltrakts im Rahmen einer AL-Amyloidose muss bei Vorliegen von abdominellen Beschwerden, insbesondere bei gastrointestinalen Blutungen bei Patienten mit Plasmazellerkrankung an eine gastrointestinale Manifestation der AL-Amyloidose gedacht werden (laut Literaturangaben 70% im Ösophagus, 100% im absteigenden Duodenum und 90% im Kolorektum). Die Therapie besteht in der Symptomkontrolle bezüglich der gastrointestinalen Manifestation und in der Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung, wie sie in unserem Fall erfolgte.

Keywords: obere gastrointestinale Blutung, Amyloidose, Plasmozytose, dyspeptische Beschwerden, systemische Erkrankungen & GI-Beteiligung