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DOI: 10.1055/s-2007-992294
Binge Eating-Verhalten bei Normal- und Übergewicht/Adipositas bleibt in der ärztlichen Praxis oft lange unerkannt – Ein diagnostischer Kurzfragebogen (KFzE)
Hintergrund und Ziel: Unkontrollierbare Essanfälle (Binge Eating), Leitsymptom der Binge Eating Störung bei Adipositas (BES) und bei der Bulimie (BN), werden von den Betroffenen in der ärztlichen Praxis oft (lange) geheimgehalten. Es wurde deshalb zur Früherkennung ein Kurz-Fragebogen zum Essverhalten (KFzE, 1 Seite, 8 Items, 7-stufige Skalierung) entwickelt, in dem zur Vermeidung jeglicher Stigmatisierung psychopathologische Fragen ausgeklammert, dafür aber typische Merkmale vor, während und nach Essattacken dargestellt sind. Methode und Ergebnisse: Getestete Gruppen: Gr. I mit Übergewicht/Adipositas und einer BES (n = 80, BMI 34,1 ± 7,3), Gr. II mit BN (n = 51, BMI 21,0 ± 2,3), Gr. III Übergew./Adipos. ohne BES (n = 60, BMI 34,2 ± 5,8), Gr. IV weibliche Kontrollpersonen (n = 119, BMI 21,7 ± 2,1). Die Mittelwerte aller 8 Einzelitems unterscheiden sich bei Patienten mit BES und BN hochsignifikant (p < 0.001) von denen mit Adipos./Übergew. ohne BES und den Kontrollen. Dementsprechend gibt auch der Gesamt-Summenscore (GSc8) beweiskräftige Resultate: Gr. I 34,4 ± 4,9; Gr. II 38,4 ± 4,4; Gr. III 17,7 ± 6,0; Gr. IV 15,7 ± 5,3. Items wie mangelndes Sättigungsgefühl, permanente Essgedanken, Schuldgefühl wegen undisziplinierten Essens werden neben dem anfallsartig unkontrollierbaren Drang auf Essbares in Gr. I und II besonders hoch eingestuft. Bei grenzwertigen Testergebnissen in Gr. I (2,5%) in Gr. IV (3,4%) ist ein klärendes Interview unerlässlich, da das Spektrum und Ausmaß der Essabnormitäten vor allem bei subklinischen Fällen (der EDNOS-Gruppe zugehörig) variieren und ein alleiniger Screening-Test unsicher bleibt. Der KFzE weist gute psychometrische Charakteristika (Retest-Reliabilität rtt = 0.92 und interne Konsistenz α = 0.87) auf. Schlussfolgerungen: Der Fragebogen stellt einen einfachen Zugang zu Patienten mit Übergewicht/Adipositas und Verdacht auf BES auch mit BN dar, ermöglicht die Früherkennung des zentralen Leitsymptoms großer Gruppen Essgestörter beiderlei Geschlechts in den Altersklassen ab 18J. Er ist in der ärztlichen Praxis leicht zu bearbeiten (1–2 Min.), für Verlaufskontrollen geeignet, problemlos auszuwerten, dazu kostenneutral.