Aktuelle Ernährungsmedizin 2007; 32 - P23
DOI: 10.1055/s-2007-992249

Alters- und geschlechtsspezifische Perzentile für den Taillenumfang zur Identifikation von Adipositas

N Glässer 1, K Zellner 1, K Kromeyer-Hauschild 1
  • 1Universitätsklinikum Jena, Institut für Humangenetik und Anthropologie, Jena, Deutschland

Zielsetzung: Zielstellung dieser Studie war es, alters- und geschlechtsspezifische Perzentilwerte für den Taillenumfang 7- bis 18-jähriger Kinder und Jugendliche zu erarbeiten und die Eignung des Taillenumfanges zur Feststellung der kindlichen Adipositas zu untersuchen. Material und Methode: Im Rahmen der Jenaer Schulkinderuntersuchung 2005/06 und bei Untersuchungen an Jenaer Berufsschulen 2006 wurden dafür Daten von 1258 männlichen und 1212 weiblichen Individuen erfasst. Die Berechnungen der Perzentilkurven erfolgten nach der LMS-Methode von Cole (1990; Eur J Clin Nutr 44: 45–60). Ergebnisse: Jungen weisen in allen Altersgruppen größere Taillenumfangswerte als Mädchen auf, wobei die Geschlechtsunterschiede bis auf die Altersklassen zwischen 11 und 13 Jahren signifikant sind (U-Test; p < 0,05). Auch die Altersveränderungen unterscheiden sich deutlich zwischen den Geschlechtern (Prüfung mittels Varianzanalyse und Tamhane-T2-Test; p < 0,05). Der Taillenumfang der Mädchen steigt zwischen dem 7. und 13. Lebensjahr an und bleibt danach nahezu konstant. Der Anstieg zwischen dem 10. und 12. Lebensjahr fällt deutlich stärker aus (signifikante Unterschiede: 8/9, 10/11 und 11/12 Jahre). Bei den Jungen ist ein stetiger Zuwachs des Taillenumfangs beobachtbar (signifikante Unterschiede: 7/8 und 13/14 Jahre). Der Taillenumfang steht in enger Beziehung zur Gewichtsentwicklung. Dies wird durch hohe Korrelationen der SDS-Werte von Taillenumfang, BMI und Körpergewicht bestätigt. Die Einschätzung des Gewichtsstatus anhand des BMI bzw. des Taillenumfanges (jeweils P97 als Grenzwert) führt in 98,5% der Fälle zu übereinstimmenden Klassifikationen als nicht adipöse (96,2%) bzw. adipöse Probanden (2,3%). Bei alleiniger Betrachtung des BMI werden 2,6% (3,2% Jungen; 2,1% Mädchen) als adipös eingestuft, bei Verwendung des Taillenumfangs trifft dies für 3,6% (Jungen: 3,9%; Mädchen: 3,2%) zu. Wenn beide Methoden kombiniert berücksichtigt werden, dann sind 3,8% der Probanden adipös, allerdings weichen bei ca. einem Drittel die Einschätzungen voneinander ab. Einen BMI ≤ P97 aber hohe Taillenumfänge (>P97) weisen 1,2% der Probanden auf; während nur 0,3% einen hohen BMI (p > P97) und Taillenumfänge ≤ P97 haben. Zusammenfassung: Es empfiehlt sich, neben dem BMI den Taillenumfang zur Prädiktion der Adipositas heranzuziehen, da durch die alleinige Verwendung des BMI eine Risikogruppe mit hohem Taillenumfang und damit möglicherweise einer erhöhten Fettakkumulation im Abdominalbereich übersehen wird.