Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P726
DOI: 10.1055/s-2007-987996

Kognitive Defizite im Frühstadium der Multiplen Sklerose

JH Faiss 1, A Apel 1, K Baum 1, D Dähne 1, R Deppe 1, F Hoffmann 1, W Köhler 1, A Kunkel 1, M Sailer 1, H Schilling 1, U Wachowius 1, UK Zettl 1
  • 1Teupitz, Rostock, Hennigsdorf, Halle, Wermsdorf, Magdeburg

Fragestellung: Kognitive Defizite bei Multipler Sklerose (MS) finden sich bei ca. 50% aller betroffenen Patienten im Verlauf der Erkrankung. Häufig sind die Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsleistungen sowie exekutiven Funktionen beeinträchtigt. Zahlreiche Studien belegten bisher das Auftreten kognitiver Störungen in den späteren Erkrankungsphasen. Wenig ist bisher noch über die Frühphase der Erkrankung bekannt.

Daraus leitet sich die Fragestellung nach dem Vorliegen früher kognitiver Defizite zum Zeitpunkt des Auftretens eines klinisch isolierten Syndroms (CIS) bzw. der Erstmanifestation einer MS entsprechend der McDonald-Kriterien ab.

Methoden: Die untersuchte Stichprobe umfasst 47 Patienten (15Männer, 32 Frauen) in einem Alter zwischen 16 und 45 Jahren (M=31,2±8,9 Jahre). 53% der Patienten wiesen ein klinisch isoliertes Syndrom auf, 47% hatten eine schubförmige MS. Der mittlere EDSS betrug 1,5 (0–4,0). Die Untersuchung der kognitiven Leistungen erfolgte mit einer definierten neuropsychologischen Testbatterie im Zeitraum zwischen 3 und 6 Monaten nach erstem klinischem Ereignis. Dabei wurden verschiedene Aufmerksamkeitsleistungen, das verbale und figurale Gedächtnis, exekutive Funktionen und das intellektuelle Niveau untersucht. Parallel wurden Depressivität, Fatigue und Lebensqualität erfasst. Ergänzend wurde der Grad der Behinderung mit dem Multiple Sclerosis Functional Composite (MSFC) untersucht.

Ergebnisse: Kognitive Leistungen, die 2 Standardabweichungen unter dem Normwert lagen, wurden als pathologisch gewertet. Die Analysen ergaben, dass 22 der untersuchten 47 Patienten (46,8%) in mindestens einem Testparameter pathologische Leistungen erzielten. Davon waren 50% leicht, 31,8% moderat und 18,2% stark betroffen. Es dominierten Beeinträchtigungen in der Aufmerksamkeitsteilung, im figuralen Gedächtnis und divergenten Denkvermögen. Eine isolierte klinisch relevante depressive Störung wurde nicht festgestellt. Bei 36,2% der Patienten fand sich eine erhöhte Fatigue-Symptomatik.

Schlussfolgerungen: Bereits nach Auftreten eines ersten klinischen Ereignisses bei Verdacht auf Multiple Sklerose finden sich Evidenzen für kognitive Störungen und Fatigue. In einem zweiten Auswertungsschritt werden den kognitiven Leistungen bildmorphologische Befunde gegenübergestellt.