Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P678
DOI: 10.1055/s-2007-987949

Progressive Demenz mit Aphasie und passagerer Quadrantenanopsie – Variante einer sporadischen Creuztfeld-Jakob-Erkrankung

O Crome 1, H Schönborn 1, M Reuter 1, A Jödicke 1, H Kretzschmar 1, I Zerr 1, F van Landeghem 1, D Nabavi 1
  • 1Berlin, München, Göttingen

Wir berichten von einem 75-jährigen Patienten mit einem seit 6 Monaten progredienten dementiellen Abbauprozess. Zur Aufnahme führte eine neu aufgetretene amnestisch fluente Aphasie. Weitere fokal neurologische Defizite lagen nicht vor. Quantitative Demenztests erbrachten eine leicht bis mittelschwere Beeinträchtigung, die qualitative Untersuchung zusätzlich Störungen des Abstraktions- und Umstellungsvermögens, sowie der höheren visuo-perzeptiven Funktionen.

Der Liquorbefund war außer einem grenzwertig erhöhten p-TAU unauffällig. EEGs zeigten eine leichte Allgemeinveränderung und einen intermittierenden Theta-Delta-Verlangsamungsherd links fronto-temporal.

Kernspintomographisch war eine links kortikale parieto-tempero-occiptital betonte Diffusionsstörung ohne Korrelat in den übrigen Wichtungen nachweisbar (Abb.1). Nach Auftreten einer passageren Quadrantenanopsie nach rechts oben fand sich eine frische occipitale Diffusionsstörung mit lokaler Schrankenstörung (Abb.2 und 3). Bei auffälligen Immunparametern erfolgte hier nach unauffälliger DSA eine Hirnbiopsie. Widererwartend war in dem Biopsat morphologisch und immunhistochemisch eine spongiforme Enzephalopathie entsprechend einer sporadischen Creutzfeld Jakob Erkrankung (sCJK) nachweisbar.

Diskussion: Neben einer progressiven Demenz bestanden lediglich passagere visuelle Symptome. Zusatzkriterien wie periodische Komplexe im EEG oder das 14–3-3 Protein sind bisher negativ. Nach den klinischen Klassifikationskriterien besteht trotz pathologisch belegter Diagnose somit nicht einmal ein mögliches Diagnose-Niveau für eine sCJK.

Der Phänotyp entspricht bei eher langsamer Progredienz und kortikalen Symptomen am ehesten einer MM2-Variante der sCJK. Aufgrund der occipital betonten kortikalen Diffusionsstörung und der visuellen Symptome bestehen aber auch Charakteristika der ebenso seltenen Heidenhain-Variante. Die Genotypisierung erfolgt zur Zeit.

Fazit: Bei jeder atypischen progressiven Demenz ist eine sCJK zu erwägen, auch wenn die klinischen Diagnosekriterien nicht erfüllt sind. Dies gilt insbesondere aufgrund der damit verbundenen hygienischen Implikationen im Falle einer Hirnbiopsie oder Elektrophysiologie. Da klinisch eher das Bild einer Demenz vom Alzheimer Typ (SDAT) besteht, ist zu vermuten das manche sCJK Fälle als SDAT verkannt werden. Bei raschen „Alzheimer-Verläufen“ sollte die Diagnose auch bei negativem 14–3-3 angezweifelt und eine Diffusionswichtung ergänzt werden.