Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P663
DOI: 10.1055/s-2007-987934

Benigne lymphatische Hyperplasie am Orbitaboden als Ursache einer Visusminderung

S Brock 1, O Gregor 1, J Klingelhöfer 1
  • 1Chemnitz

Der 69-jährige Patient stellte sich mit einer seit einem Jahr bestehenden, allmählich progredienten Visusminderung des rechten Auges vor. Zum Zeitpunkt der Vorstellung war lediglich noch das Erkennen von Silhouetten auf kurze Distanzen möglich, das linke Auge zeigte sich bis auf gelegentliches Verschwommensehen unbeeinträchtigt. Weitere neurologische Defizite bestanden nicht. Es imponierte jedoch ein Exophtalmus des rechten Auges, in der Funduskopie war eine beginnende Opticusatrophie rechts auffällig. Die VEP erbrachten links einen Normalbefund, während rechts kein reproduzierbares Potential abzuleiten war. Die MRT zeigte einen Tumor am Orbitaboden beidseits, der sich unter Usurierung des Knochens, aber nicht über eine Destruktion, in die Kieferhöhle beidseits ausdehnte und sich dabei am Nervus infraorbitalis orientierte. Die Mm. recti lateralis beidseits wiesen, rechts deutlicher als links, eine mäßige Verbreiterung und aufgelockerte Struktur auf. Die durchgeführte Biopsie des Tumors erbrachte eine unspezifische chronische, sklerosierende Entzündung, jedoch keinen Anhalt für Malignität. Diagnostisch war also von einer chronischen gutartigen lymphatischen Hyperplasie mit Infiltration beider Nervi infraorbitalis sowie einer Begleitmyositis der Mm. recti lateralis auszugehen. Diese hatte über einen Exophtalmus zu einer Schädigung des rechten Nervus opticus und somit zur Visusminderung geführt. Therapeutisch war eine operative Entfernung des Tumors aufgrund der engen, langstreckigen topographischen Beziehung zum Nervus infraorbitalis nicht praktikabel. Als Therapieoptionen bestehen eine Low-dose-Bestrahlung, sowie eine Behandlung mit Kortikoiden. Unter Hochdosiskortisongabe über fünf Tage mit 1000mg Urbason kam es zur deutlichen Besserung des Visus des rechten Auges.