Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P652
DOI: 10.1055/s-2007-987923

Lagerungsabhängiger Konvergenznystagmus – eine organische Erkrankung?

W Heide 1
  • 1Celle

Hintergrund: Läsionen im Tectum und Tegmentum des Mittelhirns sind die häufigsten Ursachen von Vergenz-Augenbewegungsstörungen. So kann es im Rahmen eines dorsalen Mittelhirnsyndroms neben einer Blickparese nach oben zu einem Konvergenz- Retraktions-Nystagmus einem erhöhten Konvergenztonus kommen. Hier wird der Fall eines bislang nicht beschriebenen lagerungsabhängigen Konvergenznystagmus/Konvergenzspasmus vorgestellt, der bei Voruntersuchern wie eine mesenzephale Störung imponierte, sich letztlich aber differenzialdiagnostisch eindeutig davon abgrenzen ließ.

Kasuistik: Ein 33-jähriger Mann erkrankte vor 6 Monaten an bei Lagerung auf das linke Ohr auftretenden, mehrere Sekunden anhaltenden Drehschwindelattacken, die als sehr heftig und bedrohlich erlebt wurden, aber nach mehreren Tagen sistierten. Der Patient hatte allerdings weiterhin große Angst, sich auf die linke Seite zu legen und bemerkte in der Folge bei Einnehmen dieser Position in zunehmender Häufigkeit andersartige Schwindelattacken, in Form eines heftigen unsystematischen Schwindelgefühls mit Verschwommensehen, Doppelbildern, starker Angst ins Leere zu fallen sowie Herzrasen, Schweißausbruch und Kribbeln der Finger. Auswärtige Voruntersucher beschrieben bei Linlslagerung einen Konvergenznystagmus, und es erfolgte unter dem Verdacht auf eine Mittelhirnläsion eine ausführliche neurologische Abklärung mit MRT, Liquor, evozierten Potentialen, neurovaskulärer Diagnostik und Elektronystagmographie, die sämtlich Normalbefunde ergab. Bei der klinischen Untersuchung in unserer Schwindelambulanz kam es bei Lagerung nach links zu einer starken Angstreaktion des Patienten mit Zittern und den oben beschriebenen Begleitsymptomen, okulomotorisch zeigte sich mit und ohne Frenzelbrille ein irregulärer tonisch-klonischer Konvergenzspasmus, zum Teil mit Willkür-Nystagmus, wobei die Konvergenzbewegungen jeweils begleitet waren von einer Miosis und Nah-Akkommodation. Aufgrund dieser physiologischen Aktivierung der Nah-Triade ließ sich die Störung eindeutig als Akkommodations-Konvergenz-Spasmus einordnen. Hierbei handelt es sich immer um eine funktionelle oder psychogene Störung, die im vorliegendem Falle in die typische Symptomatik eines phobischen Attackenschwindel einbettet war. Letzterer ließ sich lagerungsabhängig provozieren, da er offensichtlich als phobische Reaktion auf einen 6 Monate zuvor abgelaufenen, anamnestisch typischen peripheren paroxysmalen Lagerungsschwindel aufgetreten war.