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DOI: 10.1055/s-2007-987783
Hereditäre spastische Spinalparalyse: türkische Familie mit Mutation im Spatacsin-Gen (SPG 11)
Die spastische Spinalparalyse mit atrophischem Corpus callosum ist genetisch heterogen. Einige Fälle koppeln an den Lokus SPG11, aber es gibt mindestens 2 weitere Gene.
Wir stellen eine türkische Familie mit einer komplizierten Form der hereditären spastischen Spinalparalyse vor. Die Eltern waren Cousin und Cousine ersten Grades. Neben 2 Fehlgeburten im 4. und 5. Schwangerschaftsmonat wurden 4 Kindern geboren, wobei 2 Töchter (19 und 25 Jahre) und ein Sohn (27 Jahre) eindeutige Krankheitssymptome aufwiesen. Alle 3 Betroffenen zeigten neben einer Paraspastik und kognitiven Veränderungen eine ausgeprägte Balkenatrophie im MRT. Im Gegensatz zur jüngsten Tochter, die nur milde klinische Symptome aufwies, zeigten die beiden älteren Geschwister bereits im Kleinkindalter eine geistige und körperliche Entwicklungsstörung, die sich rasch progredient zeigte. Während anfangs das Laufen verzögert im Alter von 2–3 Jahren erlernt wurde, fielen erstmals im Alter von 10–12 Jahren Zeichen einer Paraspastik auf, die sich innerhalb weniger Jahre bis zur Rollstuhlpflichtigkeit entwickelten. Lesen und Schreiben konnten nicht erlernt werden. Zusätzliche Symptome bestanden bei beiden in einer Harninkontinenz, Dysarthrie und Kyphoskoliosebildung. Kernspintomographisch wiesen sie, im Gegensatz zur jüngsten Schwester, neben der Balkenstörung eine leichte kortikale Atrophie auf. Marklagerveränderungen waren im MRT nur gering nachweisbar. Die Elektroneurographie einer Betroffenen zeigte keine Beteiligung des peripheren Nervensystems, während nach kortikaler Stimulation kein MEP vom Musculus tibialis anterior ableitbar war. Die molekulargenetische Untersuchung erbrachte eine Kopplung an den SPG11 Lokus. Es konnten Mutationen im neu entdeckten Spatacsin Gen gefunden werden.
Unsere Ergebnisse zeigen, dass SPG11 eine phänotypisch inhomogene Erkrankung ist, von leichter Beeinträchtigung bis hin zu schwerster Behinderung.