Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P459
DOI: 10.1055/s-2007-987730

Die Rolle der Läsionslokalisation beim multimodalen Neglect – Ergebnisse einer klinischen Analyse

V Völzke 1, L Wischnjak 1, W Ischebeck 1, A Turek 1, J Reil 1, F Treitz-Riedel 1, P Ziffling 1, M Rittierodt 1
  • 1Hattingen

Fragestellung: Die Läsionslokalisation bei Patienten einem multimodalen Neglect bezieht sich in der Regel auf relativ kleine Stichproben. Zusammenhänge von Läsionslokalisation und Rehabilitationsverlauf sind kaum analysiert worden. Unsere prospektive Studie soll Ergebnisse zu Zusammenhängen erbringen.

Methoden: In unserer klinischen Stichprobe aus 89 Patienten wurden die Kernspinaufnahmen und der neuropsychologische Befund (Tiere-Zeigen, Behavioral Inattention Test, Tischtest etc.) ausführlich analysiert. Ergänzend wurden Fremdeinschätzungen durch die Physiotherapeuten und das Pflegeteam durchgeführt. In die Analyse wurden lediglich Erwachsene mit einem rechtshirnigen Befund eingeschlossen. Alle Patienten mussten wach und kooperativ sein.

Ergebnisse: Wie zu erwarten, zeigten die Patienten besonders häufig parietale (74,1%) und temporale (63%) Läsionen. Bei 49,1 Prozent waren speziell der Gyrus temporalis superior und bei 57,4 Prozent der Gyrus supramarginalis betroffen. Lediglich 30,5 Prozent der Patienten wiesen okzipitale Läsionen (primäre visuelle Areale; BA 17, 18, 19) auf. Hinsichtlich der Ätiologie zeigten sich häufig Patienten mit einem Infarkt der Arteria cerebri media rechts (60,2%), einer intracerebralen Blutung (36,1%). Als Ursache war ein Schädel-Hirn-Trauma nur sehr selten (2,8%) objektivierbar.

Eine Analyse der Korrelation von Läsionslokalisation mit neuropsychologischen Parametern erbrachte bei Patienten mit einer frontalen Läsionen Hinweise auf eine signifikant stabilere Fehlein- und Selbstüberschätzung.

Schlussfolgerung: Die Verbesserung der Awareness und damit oft einhergehende bessere Compliance in den verschiedenen Therapien sind zentrale Ziele der Rehabilitation bei Neglectpatienten. Daher ist insbesondere bei Patienten mit frontalen Läsionen eine frühe multidisziplinäre Therapie mit konfrontativen und supportiven Elementen der Awarenessdysfunktion notwendig.