Aktuelle Neurologie 2007; 34 - V247
DOI: 10.1055/s-2007-987566

In-vivo-Untersuchung der Wirkung unterschiedlicher Dosierungen des VEGF-Antikörpers Bevacizumab auf Gefäßsystem und Tumorzellen des Glioblastoms

L von Baumgarten 1, Y Kienast 1, J Herms 1, F Winkler 1
  • 1München

Die ausgeprägte Gefäßneubildung (Angiogenese) ist ein wichtiger Faktor für das Wachstum von Glioblastomen, der Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) spielt hierbei eine zentrale Rolle. Antiangiogenen Therapieansätzen kommt daher in klinischen Studien eine zunehmende Bedeutung zu. Unklar ist bisher, ob und wie unterschiedliche Substanzdosierungen 1.) die Gefäßregression, 2.) die transiente Gefäßnormalisierung, und 3.) die Regression von Tumorzellen, auch im Verhältnis zum Gefäßsystem, beeinflussen.

Daher wurden unterschiedliche Dosierungen des anti-VEGF-Antikörpers Bevacizumab (Avastin©) hinsichtlich ihrer Wirkung auf die drei Parameter getestet (hohe Dosis, 50mg/kg; mittlere, 5mg/kg; geringe, 0,5mg/kg, je n=4 bzw. Kontroll-IgG von Tag 1 bis Tag 12 alle 48 Stunden i.p.). Untersucht wurden orthotop in das Gehirn der Nacktmaus implantierte U87-Gliome, die mit rotfluoreszierendem Protein (RFP) stabil transfiziert wurden. Die repetitive Verlaufsuntersuchung des tumortragenden Gehirns erfolgte durch ein chronisches kranielles Fenster mittels in vivo-Zweiphotonenmikroskopie. Das Wachstum von rotfluoreszierenden Tumorzellen im Verhältnis zu FITC-Dextran-markierten Tumorgefäße konnte über einen Zeitraum von bis zu 4 Wochen dargestellt werden. Nach Erreichen einer Tumorgröße von 1,5mm wurden die Tiere alle 72 Stunden mikroskopisch untersucht.

Wie erwartet stellten sich die Gefäße unbehandelter Tiere erweitertet, chaotisch organisiert und mit stark erniedrigter Blutflussgeschwindigkeit dar. Die VEGF-Blockade mit Bevacizumab führte in den Therapiegruppen dosisabhängig mit unterschiedlicher Kinetik und Ausprägung zu einer stark verminderten Gefäßdichte im Tumor. Gewundenheit und Verzweigtheit der Tumorgefäße nahmen in den Therapiegruppen signifikant ab, die Gefäßhistogramme normalisierten. Die zunehmende Verlangsamung des Blutflusses in Tumorgefäßen im Rahmen fortgeschrittenen Tumorwachstums konnten durch die Therapie mit Avastin deutlich aufgehalten werden. Die Tumorzellen zeigten dosisabhängig unterschiedliche Muster der Regression unter Therapie, die teils perivaskulär, teils intervaskulär akzentuiert war.

Zusammenfassend verursacht die hohe Bevacizumab-Dosierung einen maximalen direkten Effekt auf Tumorzellen und Gefäße, die geringe Dosis eine maximal lange Gefäßnormalisierung. Diese Informationen sind hilfreich für den Einsatz antiangiogener Substanzen als Monotherapie, aber auch in Kombination mit Chemo- oder Strahlentherapie.