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DOI: 10.1055/s-2007-986356
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Initiative „MDK-Forum” der Kommission 1.03 „Qualitätssicherung/Anhaltszahlen” der DGN
Quality Control of In-Patient Treatment by the Medical Centres of the German Statutory Health Insurances - A Survey of Complaints from Hospital NeurologistsPublication History
Publication Date:
28 February 2008 (online)
Der Vorstand der DGN hat im Sommer 2007 der Kommission „Qualitätsicherung/Anhaltszahlen” den Auftrag erteilt, eine Stellungnahme zu Strategien der Krankenkassen und der MDKs bei der Begutachtung der Notwendigkeit der stationären Behandlung zu erarbeiten. Die Kommission hat sich daher mit Strukturen und Prozessen der MDK-Begutachtung befasst. Dabei ergibt sich folgendes Bild:
Es gibt in Deutschland über 200 Krankenkassen, die unterschiedliche Algorithmen der Identifizierung von „Verdachts-/möglicherweise für die Kasse lukrativen” Fällen verwenden. Es gibt 15 MDKs, die unterschiedliche Meinungen hinsichtlich der Begründung der stationären Behandlungsnotwendigkeit vertreten (z. B.: Macht die Durchführung einer Lumbalpunktion eine stationäre Behandlung erforderlich?) Es gibt zwar einen Medizinischen Dienst der Spitzenverbände, der für die Begutachtung bestimmter Konstellationen Empfehlungen gibt, der einzelne MDK ist an diese Empfehlungen jedoch nicht gebunden. Sofern sozialgerichtliche Entscheidungen vorliegen, entfalten diese wegen niedriger entscheidender Instanz keine Bindungswirkung.
Die Herbstumfrage 2007 der Deutschen Gesellschaft für Medizincontrolling an 90 Krankenhäusern aus 13 Bundesländern mit insgesamt 33 350 Betten und 1,15 Millionen Patienten [1] ergab im Median MDK-Prüfquoten von 10 - 15 %. Die MDK-Prüfung ergab in etwa 1/3 der Fälle eine Empfehlung „pro Kostenträger”, in 2/3 „pro Krankenhaus”. Die häufigsten Prüfgründe waren (Erfolgsquote für die Krankenkasse in %):
untere Grenzverweildauer (34 %) CCL-Diagnosen (37 %) Hauptdiagnose (32 %).
Dabei ist die Codierqualität der Krankenhäuser noch verbesserungsbedürftig. In 42 % der Fälle führte die MDK-Prüfung zu einer Abänderung der DRG, in 47 % zu einer Änderung des Effektivgewichtes, davon nur in 7 % (knapp über 3 % aller Prüfungen) zugunsten des Krankenhauses. Widersprüchen der Krankenhäuser wird hingegen in knapp der Hälfte der Fälle stattgegeben [2]. Krankenhäuser sind also gut beraten, ihre Widersprüche sorgfältig zu formulieren.
Durchschnittlich verloren die Krankenhäuser je geprüftem Fall 0,122 Relativgewichte, also ca. € 300,-. Die MDK-Prüfung bleibt für die Kostenträger also auch nach Einführung der Gebühr von € 100,- pro „verlorenem” Fall potenziell lukrativ (den Arbeitsaufwand in den Krankenhäusern - ca. 100 - 250 € pro Fall - müssen diese selbst finanzieren). Bereits etwa ein Viertel der Krankenhäuser erlaubt den MDKs zur Verringerung ihrer Kosten den Zugriff auf das KIS (Krankenhaus-Informations-System) [1], was datenschutzrechtlich nicht unproblematisch erscheint (dem MDK müssen nur die zur Beantwortung der Fragestellung notwendigen Informationen überlassen werden).
Die MDKs beschäftigen bundesweit mittlerweile ca. 2000 Ärzte und 1200 Pflegekräfte [2]. Da die MDKs vielfältige Aufgaben zu erfüllen haben, wird jedoch auch von dieser Seite Kritik an den ausufernden Prüfaufträgen der Krankenkassen laut [2].
Angesichts der unübersichtlichen, je nach Kasse und Region anscheinend unterschiedlichen und sich im Fluss befindenden Situation hat die Kommission 1.03 vom ursprünglichen Gedanken, eine Umfrage zu Art und Umfang der MDK-Prüfungen an neurologischen Kliniken durchzuführen, zunächst Abstand genommen. Diese würde bei großem Auswertungsaufwand nur eine Momentaufnahme ergeben.
Stattdessen bittet die Kommission um die Übersendung der Dokumentationen anonymisierter Fälle, deren Begutachtung bei den behandelnden Krankenhausärzten auf Unverständnis gestoßen ist und die als Präzedenz- oder als exemplarische Dissensfälle angesehen werden. Die Dokumentationen sollten enthalten:
den Arztbrief, den Prüfauftrag der Krankenkasse, das MDK-Erstgutachten, den Widerspruch, den Widerspruchsbescheid, soweit vorhanden: die abschließende Regelung.
Auf der Grundlage der übersandten Fälle wird die Kommission in regelmäßigen Abständen im Mitgliederteil der DGN-Internetseite berichten. Dabei soll zumindest in der nahen Zukunft der regionale und Kassenbezug genannt werden. Man kann dieses Vorgehen als „Pranger” bezeichnen, die Minderheit „schwarzer Schafe” soll durchaus benannt werden. Dabei verkennen wir nicht, dass seitens der Krankenhäuser und auch im Fach Neurologie noch erhebliche Dokumentations- und Codierungsdefizite bestehen. Auch hier sollen einschlägige Fälle präsentiert werden.
Wir versprechen uns von dieser Initiative, zu einer Vereinheitlichung der Verfahren und der Begutachtungsergebnisse beizutragen, was sowohl im Interesse der Krankenhäuser, als auch der MDKs und letztlich auch im Interesse der Kostenträger liegen sollte.
Die Kommission bittet um Übersendung von Falldokumentationen an: Prof. Dr. C. W. Wallesch, Sprecher der Kommission 1.03 der DGN, Universitätsklinik für Neurologie, Leipziger Str. 44, 39120 Magdeburg
Literatur
- 1 Thieme M, Schikowski J, Hohmann D. MDK-Prüfung in deutschen Krankenhäusern - Bestandsaufnahme 2006 - Trend 2007. http://www.medinfoweb.de 26.10.2007
- 2 Hübner M. MDK-Prüfungen in Hessen nach Einführung des GKV-WSG 2007. Berlin; Vortrag Ständige Fachkommission DRG der BÄK und AWMF 17.10.2007
Prof. Dr. C.-W. Wallesch
Sprecher der Kommission 1.03 der DGN, Universitätsklinik für Neurologie
Leipziger Straße 44
39120 Magdeburg
Email: neuro.wallesch@medizin.uni-magdeburg.de