Endoskopie heute 2007; 20 - V104
DOI: 10.1055/s-2007-974167

Der „verlorene“ Clip – Perforation und Clipmigration nach Polypektomie und Blutstillung

M. Peter 1, S. Uebach 1, A. Jung 1, D. Nürnberg 1
  • 1Ruppiner Kliniken GmbH, Medizinische Klinik B (Gastroenterologie)

a) Durch die zentrale Erfassung der Komplikationen der Früherkennungskoloskopie (ZI der KV) sind umfangreiche Daten zugänglich. Die Perforation ist eine seltene Komplikation (0,6 ‰). Blutungen werden bis zu 8,6 ‰ beobachtet. Ein wesentliches Manko des ZI-Registers ist die unzureichende Erfassung der sog. „Spätkomplikationen“. Eine solche wird im vorliegenden Fall beschrieben in Form einer Perforation mit Clipmigration. Das Besondere des Falles ist das erfolgreiche konservative Therapiemanagement.

b) Eine 61-jährige Frau mit Hypertonus und Z.n. Knie-TEP geht zur „Vorsorge“-Koloskopie in eine Praxis. Im Sigma (30cm) wird ein gestielter Polyp (1,5cm) gesehen. Es erfolgt die Überweisung zur Polypektomie in die Klinik. Hier wird der Polyp bei kurzem Stiel mit der Schlinge relativ basisnah abgetragen. Die Prozedur wird als „unkompliziert“ beschrieben. Bei mäßiger Blutung nach Polypektomie wird zur Sicherheit ein Clip gesetzt. Die Blutung steht. Nach einer Nachbeobachtung von 4h wird die Patientin beschwerdefrei entlassen.

c) Nach 7d stellt sich die Patientin erneut in der NFA vor. Sie berichtet über zunehmende Schmerzen im linken Unterbauch seit 3d. Der linke Unterbauch ist druckschmerzhaft, jedoch ohne Abwehrspannug, CRP 142mg/l, Leuco 19 Gpt. In der Sonographie ist perikolisch freie Luft zu sehen und die Zeichen einer lokalen Peritonitis mit Mesenterialraffung und -ödem. Die veranlasste Röntgenleeraufnahme zeigt wenig freie Luft unter dem linken Diaphragma. Das CT bestätigt diesen Befund neben der lokalen extraluminalen Luftansammlung im linken Unterbauch. Der Clip wird als extraenteral gelegen beschrieben. Die Klinik ist erstaunlich blande. Der CRP steigt zwar auf 232mg/l am Folgetag, der Bauch bleibt aber weich ohne Zeichen eines akuten Abdomens. Gemeinsam mit den Viszeralchirurgen wird unter engmaschigem klinischen, laborchemischen und bildgebenden Monitoring ein zunächst konservatives Vorgehen verabredet. Unter parenteraler Ernährung und Antibiose (Ciprofloxacin + Metronidazol) sinken die Entzündungswerte innerhalb von 4d deutlich (CRP 27mg/l). Die Patientin ist beschwerdefrei, die Gasansammlung geht in Sono und Rö zurück. Der Kostaufbau beginnt nach 6d. Die Entlassung erfolgt nach 9d mit anschließender ambulanter Weiterbehandlung. Im CT ist keine Abszessbildung um den extramuralen Clip darzustellen.

d) Der demonstrierte Kasus zeigt, dass Spätkomplikationen nach „unkomplizierter“ Polypektomie durchaus möglich sind. Die Spätperforation und Migration des Clips sind am ehesten mit einer Nekrose an der Abtragungsstelle zu erklären. Das konservative Management scheint gewagt, war aber möglich bei einer sehr engen gastroenterologisch-viszeralchirurgischen Kooperation.