Aktuelle Ernährungsmedizin 2006; 31 - P45
DOI: 10.1055/s-2006-954546

Unterschiedlicher Rehabedarf bei Adipositas und/oder Diabetes

D Rosemeyer 1, 2, B Jolivet 1, 2
  • 1Klinik Rosenberg der DRV Westfalen, Bad Driburg
  • 2Institut für Reha-Forschung, Norderney

Einleitung: Rehabilitation bei Stoffwechsel-Patienten betrachtet und behandelt insbesondere psychosoziale Belastungsbereiche. Bei Diabetikern steht die reine Blutzuckerverbesserung (durchschnittliches HbA1c von 7,6%) oft nicht im Mittelpunkt. Nach dem ICF Modell gehören insbesondere auch umweltbezogene und personelle Kontextfaktoren zu den Modifikatoren von Krankheitsauswirkungen. Patienten und Methoden: Untersucht und befragt anhand von normierten Megaredo-Fragebögen (Rosemeyer 2000) haben wir 2755 Patienten mit

A) Adipositas Grad II und III ohne Diabetes (796),

B) Typ2-Diabetes ohne Adipositas ohne Insulin (589),

C) Typ2-Diabetes mit Adipositas ohne Insulin (472)

D) Typ2-Diabetes ohne Adipositas mit Insulin (562)

E) Typ2-Diabetes mit Adipositas mit Insulin (336).

Aufgrund des Krankengutes der früheren Arbeiterrentenversicherung handelt es sich überwiegend um Männer (70%), mittleres Alter 48±10 Jahre. Ergebnisse: Ein Rehabedarf nach IRES (Schmerzen / Burnout / Risikofaktoren / Berufssorgen) (Gerdes 1995) und Angaben zum subjektiven Gesundheitszustand ergaben die höchste Belastung bei Typ2-Diabetikern-mit-Adipositas-mit-Insulin und die geringste Belastung bei Diabetes-Typ2-ohne-Adipositas-ohne-Insulin.

  • Depressionshinweise waren in den Gruppen mit Adipositas am häufigsten vorhanden: Gruppe A 27%, C 28%, E 38%.

  • Auffällig sind auch Unterschiede in der Krankheitsakzeptanz („starke Schwierigkeiten“ bei 35% Adipösen versus 26% Diabetes-ohne Insulin-ohne-Adipositas, p<0,01), sowie bei Arbeitsplatz-Sorgen („sehr starke Schwierigkeiten“ bei 20% Adipösen versus 11% Diabetes-Typ2-ohne-Insulin-ohne-Adipositas, p<0,0001). Auch bei Fragen zur Einschränkung in Partnerschaft und Familie sowie zum Gefühl, durch die Krankheit weniger attraktiv zu sein, haben Adipöse die höchste Belastung.

  • Arbeitsunfähigkeit bei Aufnahme ist bei insulinpflichtigem Diabetes am häufigsten (40%).

  • Arbeitslosigkeit ist in den Gruppen mit Adipositas (A, C, E) am häufigsten (26 bis 27%).

Diskussion: Leidensbestimmend bei Adipösen und Diabetikern in der Rehabilitation sind Auswirkungen im psychosozialen Bereich: Schwierigkeiten bei der Krankheitsakzeptanz und beim Krankheitsumgang, Depression, negatives Selbstbild, Probleme der Leistungsfähigkeit und am Arbeitsplatz. Krankheitsbelastung und Einschränkungen sind überwiegend durch das Ausmaß der Adipositas und eine Insulinbehandlung hervorgerufen, nicht durch die Diagnose Diabetes oder eine damit notwendige Tablettenbehandlung. Durch multidisziplinäre Interventionen verbessern sich die subjektive Gesundheitseinschätzung und die Arbeitsfähigkeit. Problembezogene Rehaziele werden zu großen Teilen erreicht.