Aktuelle Neurologie 2006; 33 - P1447
DOI: 10.1055/s-2006-953491

Familiärer isolierter Kopftremor

C. Gräßler 1, H. Herath 1, A. Ferbert 1
  • 1Kassel

Einleitung: Beim essentiellen Tremor dominiert der Tremor meist in den Händen; es kann zusätzlich zu einem Kopftremor kommen. Ob allerdings der isolierte Kopftremor eine Sonderform des essentiellen Tremors ist, oder ob er der Gruppe der dystonen Tremores zuzuordnen ist, ist noch offen.

Patienten und Methode: Wir untersuchten 3 Familien mit einem Kopftremor. In allen 3 Familien wurden sowohl betroffene wie nicht betroffene Familienmitglieder untersucht. Bei 2 weiteren Familien konnte nur ein betroffener Familienangehöriger untersucht werden; jedoch ergab die Stammbaumanalyse anamnestisch, dass es weitere Familienmitglieder mit Kopftremor gab. In allen Familien war der Erbgang autosomal-dominant.

Ergebnisse: In Familie 1 (Propositus I. M.) konnten 8 Familienangehörige untersucht werden. Von diesen hatten 3 einen isolierten Kopftremor. 3 hatten keinen Tremor. 1 Patient hatte einen Tremor in der rechten Hand und 1 Patientin hatte vor einer Schilddrüsenoperation einen Tremor, der nach der Schilddrüsenoperation nicht mehr vorhanden war. Bei Familie 2 (Propositus F. K.) konnten 6 Familienmitglieder untersucht werden. 3 Geschwister (2 Schwestern und 1 Bruder) hatten einen isolierten Kopftremor. 3 weitere Familienmitglieder der nächsten und übernächsten Generation hatten keinen Tremor. Bei der 3. Familie (Propositus M. S.) fand sich die 78jährige Patientin mit isoliertem Kopftremor, den auch ihr Vater und ihr Großvater hatten. Ihre Schwester berichtet über ein „inneres Zittern“.

Bei den meisten der Betroffenen begann der Tremor erst mit 55 bis 60 Jahren. In Familie 2 hatte der Propositus eine leichte Torticollis-Komponente, während seine ebenfalls betroffene Schwester zwar keinen Torticollis hatte, aber eine geste antagoniste ausführte, um den Tremor zu lindern.

Unsere Ergebnisse sprechen dafür, dass es einen autosomal-dominant vererbten, isolierten Kopftremor gibt. Die Schwierigkeit bei der geplanten Kopplungsanalyse liegt darin, dass

  • der Tremor erst im höheren Lebensalter beginnt und damit jüngere Familienmitglieder nicht sicher als betroffen oder nicht betroffen klassifiziert werden können und

  • die Penetranz der Erkrankung nicht vollständig ist.

Zumindest in einer Familie gibt es zusätzliche Zeichen, die für eine dystone Genese des Tremors sprechen (geste antagoniste, Torticollis).